Praxis für Logopädie Britta Weinbrandet_ Informationen über Schrachstörungen bei Erwachsenen

Sprechstörungen bei Erwachsenen

Sprechstörungen im Erwachsenenalter sind zentral oder peripher bedingte motorische Störungen der ausführenden Sprechorgane. Sie äußern sich in mangelnder Artikulationsgenauigkeit und – geschwindigkeit und/oder durch Störungen im Sprechablauf (Stottern, Poltern). Man kann Sprechstörungen mit Problemen der Artikulation und Sprechstörungen mit Problemen des Sprechablaufs (Redeflussstörungen) unterscheiden.

Ursachen

Bei folgenden Grunderkrankungen/Ursachen können Sprechstörungen auftreten:

Störungen der Sprechmotorik:

  • Cerebrale Durchblutungsstörungen/Schlaganfall,
  • Schädel-Hirn-Traumata
  • Hirntumore
  • Hirnoperationen
  • Cerebrale entzündliche Prozesse (z.B. Enzephalitis)
  • Morbus Parkinson
  • Bulbärparalysen
  • Multiple Sklerose
  • Amyotrophe Lateralsklerose
  • Myastenia gravis
  • Ataxien, Dystonien
  • lokale organische Schädigungen

Störungen des Redeflusses:

  •  Audiogene Ursachen
  • Genetische Ursachen
  • Psychische Ursachen
  • Traumatische Ursachen
  • Neurologische Ursachen
  • Multifaktorielle Ursachen

Erscheinungsformen

Dysarthrie/Dysarthrophonie

Dysarthrien/Dysarthrophonien sind Störungen in der Ausführung von Sprechbewegungen aufgrund kortikaler bzw. subkortikaler Läsionen, die sowohl in der rechten als auch in der linken Hemisphäre des Gehirns, im Kleinhirn, im Hirnstamm und in den die Sprechmuskulatur versor genden Nerven auftreten können. Die Begriffe Dysarthrie und Dysarthrophonie werden z.Z. synonym gebraucht.

Leitsymptome bei Dysarthrie/Dysarthrophonie

Vermehrter oder verminderter Speichelfluss, gestörte Atemkontrolle, verminderte Atemkapazität, verlangsamte/eingeschränkte Beweglichkeit von Lippen, Zunge, Gaumensegel und Kiefer, veränderte Lautbildung/Artikulation, undeutliche Aussprache, Näseln, veränderter Stimmklang, eingeschränkte Prosodie (Sprechmelodie), veränderte Lautstärke, veränderter Sprechrhythmus.

Sprechapraxie

Sprechapraxien sind Störungen der Planung der Sprechmotorik, die nicht durch eine Funktionseinschränkung der am Sprechakt beteiligten Organe zu erklären sind. Es handelt sich vielmehr um eine Störung in der Planung der Sprechmotorik. Es besteht fast immer eine Kombination mit einer Aphasie (Sprachstörung).

Leitsymptome bei Sprechapraxie

Auffälligkeiten in der Lautbildung mit hoher Variabilität der Fehler, artikulatorische Suchbewegungen, deutliche Sprech anstrengung; unwillkürliche Bewegungsmuster können besser realisiert werden als willkürliche Sprechleistungen.

Audiogene Sprechstörungen

Audiogene Sprechstörungen sind Artikulationsstörungen infolge fehlender Rückkopplung bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder Taubheit.

Leitsymptome der audiogenen Sprechstörung

Undeutliche Aussprache, veränderter Stimmklang, fehlende Lautstärkeregulierung.

Störungen im Sprechablauf, Redeflussstörungen:

Stottern

Leitsymptome bei Stottern

Kernsymptome: unfreiwillige Wiederholungen von Teilwörtern, Silben oder Lauten, Dehnungen von Lauten und/oder Blockierungen von Wörtern.

Begleitsymptome: z.B. Sprechangst, Vermeidungsverhalten, Körpermitbewegungen, Einschieben von Füllwörtern. Art und Ausmaß des Stotterns sind situationsabhängig und können großen Schwankungen unterworfen sein. Stotternde leiden häufig unter ausgeprägtem Störungsbewusstsein. Begleitsymptome resultieren aus dem Versuch, die eigentlichen Stottersymptome zu überwinden und sind erlernt.

Poltern

Leitsymptome bei Poltern

Schnelle, überhastete Sprechweise, undeutliche Aussprache in Folge eines Missverhältnisses der motorischen Sprechfertigkeit zum Sprechtempo, häufig Auslassung

unbetonter Silben. Menschen, die poltern, haben in der Regel kein sehr ausgeprägtes Störungsbewusstsein.

Ziel der logopädischen Behandlung

Das allgemeine Behandlungsziel ist, dem Patienten sprachliche Kommunikation im Alltag wieder zu ermöglichen bzw. die sprechmotorischen Fertigkeiten des Patienten zu stabilisieren, zu verbessern oder zu normalisieren.

Da eine sprachliche Rehabilitation im Sinne einer wirklichen Heilung bei neurologisch bedingten Sprechstörungen oft nicht möglich ist, müssen diese Patienten lernen, mit ihren reduzierten sprechmotorischen und/oder gestischen Ausdrucksmöglichkeiten sowie mit Hilfe der Schriftsprache und/oder technischen Hilfsmitteln Gesprächssituationen zu bewältigen.

Der Erfolg der logopädischen Therapie kann nicht nur an der Verbesserung der artikulatorischen Fertigkeiten und der Sprechflüssigkeit des Patienten gemessen werden. Von entscheidender Bedeutung ist die Verbesserung der kommunikativen Kompetenz des Patienten, die sich positiv auf dessen allgemeine Lebensqualität aus wirkt.

Behandlungsformen

Vor jeder Behandlung wird eine der Störung und dem Leistungsvermögen des Patienten/der Patientin entsprechende logopädische Diagnostik durchgeführt. Danach wird die Behandlung in Einzeltherapie begonnen und parallel dazu Angehörigenberatung durchgeführt. Gegebenenfalls findet die Therapie in Intervallen und als Intensivtherapie statt. Bei Transport- oder Gehunfähigkeit kann die Behandlung im häuslichen Bereich des Patienten durchgeführt werden.

Zielbereiche

  • Wahrnehmung
  • Atmung
  • Haltung/Tonusregulierung
  • Sprechmotorik
  • Artikulation/Lautbildung
  • Phonation
  • Sprechablauf
  • Störungsspezifische kognitive Fähigkeiten
  • Störungsspezifische Krankheitsverarbeitung
  • Kommunikationsfähigkeit
  • Hilfsmittelversorgung

Zeitpunkt und Dauer der Behandlung

Die logopädische Therapie sollte so frühzeitig wie möglich beginnen, d.h. bei neurologischen Erkrankungen schon in der Akut- bzw. Anfangsphase, sobald es der Allgemeinzustand des Patienten erlaubt.

Eine Therapieeinheit beträgt in der Regel 45 Minuten (plus Vor- und Nachbereitungszeit). In Einzelfällen sind auch Therapieeinheiten von 30 Minuten oder 60 Minuten sinnvoll (in Abhängigkeit von der Therapiehäufigkeit und der Konzentrationsfähigkeit des Patienten).

Teilweise werden auch Intensivtherapien (tägliche Therapieeinheiten) durchgeführt. Die Häufigkeit der Therapie pro Woche ist abhängig vom Allgemeinzustand des Patienten und der Phase der Erkrankung:

Akutphase: 3-5 mal pro Woche

Rehabilitationsphase: 3-5 mal pro Woche

Konsolidierungsphase: 2-4 mal pro Woche

Langzeitbehandlung: 1-2 mal pro Woche

Im Allgemeinen ist eine Sprechtherapie ein langer und zeitaufwändiger Prozess, der von einigen Monaten bis hin zu mehreren Jahren dauern kann.

Quelle: dbl