Stimmstörungen bei Kindern können organisch oder funktionell bedingt sein und in engem Zusammenhang mit Faktoren ihrer Persönlichkeit und ihres Umfeldes stehen. Sie können durch Veränderungen im Stimmklang, in der Stimmmelodie, in der Belastbarkeit und durch Missempfindungen bis hin zu Schmerzen gekennzeichnet sein. Neben der gestörten Sprechstimme fällt immer auch eine verminderte Fähigkeit zum Singen auf. Mitunter sind Kinder wegen ihrer Stimmstörung schwer verständlich.
Ursachen
Bei folgenden Grunderkrankungen/Ursachen können Stimmstörungen auftreten:
Funktionell bedingte Störungen der Stimme
- habituell (durch Gewohnheit erworben)
- konstitutionell (Veranlagung)
- ponogen (durch Überlastung erworben)
- psychogen
Organisch bedingte Störungen der Stimme
- entzündliche Erkrankungen (z.B. chronische Laryngitis)
- sekundär organische Veränderungen der Stimmlippen (z.B. Schreiknötchen, Phonationsverdickungen, Ödeme)
- traumatische Veränderungen des Kehlkopfes
- Fehlbildungen des Kehlkopfes (z.B. Kehlkopfasymmetrien, Stimmlippenlähmung)
- Gaumensegelinsuffizienz, z.B. bei Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten, Schonhaltung nach Operationen
Erscheinungsformen
Funktionelle Störungen der Stimme
Es handelt sich um Krankheiten der Stimme, bei denen der Stimmklang gestört und/oder die stimmliche Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist.
Leitsymptome hyperfunktioneller Störungen
Die Stimme kann heiser, rau, gepresst oder verhaucht bis aphon (tonlos) sein. Weitere Merkmale können eine Beeinträchtigung der Belastbarkeit mit schneller Stimmermüdung und/oder eine Störung der Sprechstimmlage sein (zu tief, zu hoch). Als weitere Begleitsymptome finden sich häufig unphysiologische Atmung, hörbares Einatemgeräusch bzw. erhöhtes Sprechtempo. Es können auch Missempfindungen wie Kratzen, Trockenheits- und/oder ein Fremdkörpergefühl im Rachenbereich auftreten.
Leitsymptome hypofunktioneller Störungen
Die Stimme klingt leise und behaucht mit geringer Steigerungsfähigkeit und matter Klangfarbe. Der Muskeltonus ist sowohl im Kehlkopfbereich als auch ganzkörperlich herabgesetzt.
Organische Störungen der Stimme
Als organische Stimmstörungen bezeichnet man Erkrankungen, bei denen eine strukturelle Veränderung im Bereich des Stimmapparates vorliegt, welche den normalen Funktionsablauf behindert.
Leitsymptome organischer Stimmstörungen
Die Leitsymptome entsprechen denen der funktionellen Stimmstörungen.
Rhinophonie (Näseln)
Unter Rhinophonie versteht man Störungen des Stimmklanges durch eine zu geringe (Rhinophonia clausa/geschlossenes Näseln) oder übermäßige (Rhinophonia aperta/offenes Näseln) Nutzung des nasalen Klangraumes. Rhinophonien treten als organische Störungen bei Lähmungserscheinungen des Velums (Gaumensegels), bei Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten oder als funktionelle Störungen auf. Die Veränderung der Luftstromführung (z.B. Nasalität) beeinträchtigt unter anderem auch die Artikulation.
Leitsymptome der Rhinophonie
Rhinophonia clausa
„verschnupfter“ Stimmklang; „Stockschnupfensprache“
Der Ausschluss der Resonanzräume im Nasen-Rachenraum beeinträchtigt den Stimmklang hinsichtlich der nasal gebildeten Laute.
Rhinophonia aperta
„offenes Näseln“
Beim Sprechen entweicht zu viel Luft durch die Nase.
Rhinophonia mixta
Mischform von beiden (s.o.)
Rhinolalie
Durch fehlenden Verschluss des Mund-Rachenraumes zum Nasenraum kommt es (z.B. bei Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten) neben einer Rhinophonia aperta zu einer Rhinolalie, d.h. zu Veränderungen der Artikulation, insbesondere der Konsonanten.
Die logopädische Behandlung
Ziel der Behandlung
Behandlungsziel der logopädischen Therapie ist der Aufbau und die Stabilisierung der stimmlichen Kommunikationsfähigkeit. Dies bezieht die Sensibilisierung und Kompetenzerweiterung der Eltern hinsichtlich des Stimmgebrauchs ihres Kindes mit ein.
Behandlungsformen
Vor jeder Therapie wird eine der Störung entsprechende Diagnostik durchgeführt. Die Behandlung wird in der Regel als Einzeltherapie durchgeführt, unter sozialkommunikativen Aspekten kann sie auch in der Gruppe erfolgen. Eine Elternberatung ist immer regelmäßiger Bestandteil der Behandlung.
Zielbereiche
- Wahrnehmung
- Atmung
- Haltung/Tonusregulierung
- Sprechmotorik/Sprechgestaltung/Artikulation
- Phonation
- Störungsspezifische Krankheitsverarbeitung
- Kommunikationsfähigkeit
Zeitpunkt und Dauer der Behandlung
Die logopädische Therapie sollte so früh wie möglich beginnen, um einer Manifestation mit begleitender Sekundärsymtomatik vorzubeugen.
Eine Therapieeinheit am Patienten beträgt in der Regel 45 Minuten. In Einzelfällen sind auch Therapieeinheiten von 30 Minuten oder 60 Minuten sinnvoll (in Abhängigkeit von der Therapiehäufigkeit und der Störung des Patienten). Teilweise werden auch Intensivtherapien (tägliche Therapieeinheiten) durchgeführt. Die Häufigkeit der Therapie pro Woche ist abhängig vom Entwicklungsstand des Kindes, den häuslichen Gegebenheiten und sollte in der Regel mindestens 2x pro Woche betragen.
Quelle: dbl