Archiv der Kategorie: Logopädie für Kinder

Sprachstörungen bei Kindern

Unter Sprachentwicklungsverzögerungen (SEV) versteht man zeitliche und/oder strukturelle Abweichungen von der normalen Sprachentwicklung.  

Sprachstörungen bei Kindern basieren auf Störungen des Spracherwerbsprozesses. Sie können alle Bereiche des Sprachsystems betreffen: Lautsystem/Aussprache (Phonetik/Phonologie), Wortschatz (Semantik/Lexikon), Grammatik/Satzbau (Morphologie/Syntax) und allgemein die Kommunikationsfähigkeit (Pragmatik).

Störungen zeigen sich sowohl beim Verstehen und Sprechen, als auch in kommunikativen Situationen und/oder der Entwicklung von schriftsprachlichen Fertigkeiten, d. h. in allen expressiven und rezeptiven Modalitäten.

Ursachen

Ein Großteil kindlicher Sprachstörungen sind unklarer Genese, d. h. es liegt kein organischer Befund vor. Zu den bekannten Risikofaktoren zählen:

  • Allgemeine Entwicklungsstörungen
  • Hörstörungen
  • Hirnreifestörungen
  • Familiäre Sprachschwäche mit Krankheitswert
  • Geistige, körperliche Behinderungen, Mehrfachbehinderungen
  • Genetisch bedingte Krankheiten/Syndrome
  • (z.B. Down-Syndrom)
  • Schädel-Hirn-Traumata, entzündliche Hirnprozesse
  • Hirntumore, Hirnoperationen

Erscheinungsformen von Sprachentwicklungsstörungen

Störung des Lautsystems (Phonologie)

Bei einer phonologischen Störung hat das Kind Probleme beim Erwerb des Lautinventars, d.h. es erwirbt die Laute oder die Regeln zu ihrer Kombination fehlerhaft oder unvollständig. Dies äußert sich darin, dass es Wörter fehlerhaft ausspricht (z. B. Bume statt Blume). Kinder, bei denen mehr als 5 Laute gestört sind, werden in der Regel von Fremden und z.T. auch in der Familie nicht verstanden. Phonologische Störungen der Aussprache sind von der sprechmotorischen Artikulationsstörung abzugrenzen.

Wortschatzdefizit (Lexikon/Semantik)

Das Kind hat quantitative und/oder qualitative Probleme beim Erwerb des Wortschatzes. Dies betrifft einerseits das Sprachverständnis für die Wortbedeutung, andererseits die Kategorisierung von Wörtern (z. B. Tier – Hund). Daneben treten Wortabruf- und –speicherstörungen auf. Kinder kompensieren ihr Wortschatzdefizit häufig über Gestik und Mimik. Sie erschließen sich die Bedeutung der Worte und Sätze teilweise nur aus dem situativen Zusammenhang.

Dysgrammatismus (Morphologie/Syntax)

Der Erwerb des grammatischen Regelsystems ist gestört, d.h. Kinder können Probleme mit der Deklination und Konjugation haben. Der korrekte Satzbau kann ebenfalls gestört sein. Hierzu zählen Umstellungen und Auslassungen von Satzelementen, wobei die falsche Stellung des Verbs besonders auffällig ist.

Pragmatische Störungen

Erkennbar sind pragmatische Störungen an einer nicht altersentsprechenden Kompetenz in folgenden Bereichen:

  • Herstellen von Blickkontakt, Gesprächsverhalten (z.B. Beginnen und Aufrechterhalten eines Gesprächs),
  • Beherrschung von Redekategorien (z.B. Frage-Antwort) und
  • unterschiedliche Spielformen (z.B. Rollenspiel, Regelspiel).

Lese-Rechtschreibschwäche (LRS): Entwicklungsdyslexie/-dysgraphie

Hierunter versteht man eine Störung im Erwerb des Lesens und Schreibens. Dabei kommt es (u.a. infolge auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsdefizite) zu Lautverwechslungen und –auslassungen und Fehlern bei der lautgetreuen und/oder orthographischen Umsetzung der gesprochenen in die geschriebene Sprache (Schreiben) und umgekehrt (Lesen).

Folgen kindlicher Sprachstörungen

Unbehandelte Sprachstörungen ziehen sehr häufig unterschiedliche Störungen in anderen Entwicklungsbereichen nach sich, die sich nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken. Dazu zählen insbesondere Verhaltensauffälligkeiten, psychische Störungen, sozial-kommunikative Störungen und Lernstörungen mit Auswirkungen auf die Schul- und Berufslaufbahn. Die Lese-Rechtschreibschwäche – LRS – (Entwicklungsdyslexie/-dysgraphie) tritt nicht nur als eigenständiges Störungsbild, sondern auch als häufige Folge einer Sprachentwicklungsstörung auf.

Ziel der logopädischen Behandlung

Behandlungsziel jeder logopädischen Therapie ist die optimale Förderung der Kommunikationsfähigkeit des Kindes in unterschiedlichen sozialen Kontexten (Familie, Freundeskreis, Kindergarten, Schule). Dabei wird die sprachliche Entwicklung/Kompetenz des Kindes soweit gefördert, wie es seine individuellen Möglichkeiten zulassen.

Die Therapie soll die eigene Entwicklung des Kindes in Gang setzen/unterstützen, seine Entwicklungsbedingungen verbessern und nach Möglichkeit Sekundärschäden vermeiden.

Behandlungsformen

Vor jeder Behandlung wird eine der Störung und dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechende Diagnostik durchgeführt. Danach wird die Behandlung in der Regel in Einzeltherapie begonnen und parallel dazu Elternberatung durchgeführt. Die Mitarbeit der Eltern ist von entscheidender Bedeutung, da viele Übungen mit dem Kind täglich durchgeführt werden müssen bzw. ein spezielles Sprachvorbild durch die Eltern erforderlich ist.

Zielbereiche

  • Wahrnehmung
  • Sprachverständnis
  • Sprachproduktion (Wortschatz, Lautinventar, Grammatik)
  • Kommunikationsfähigkeit
  • Hilfsmittelversorgung
  • Störungsspezifische Krankheitsverarbeitung
  • Störungsspezifische kognitive Fähigkeiten
  • Lesen/Schreiben

Zeitpunkt und Dauer der Behandlung

Die logopädische Therapie sollte so frühzeitig wie möglich beginnen, d.h. sobald eine Entwicklungsstörung von einer Entwicklungsvariante differenzialdiagnostisch unterschieden werden kann. Logopäden behandeln Kinder im Alter von 0 – 3 Jahren (Frühförderbereich), 3 – 6 Jahren (Vorschulbereich) und Schulkinder.

Eine Therapieeinheit beträgt in der Regel 45 Minuten. In Einzelfällen sind auch Therapieeinheiten von 30 oder 60 Minuten sinnvoll (in Abhängigkeit von der Therapiehäufigkeit und dem Störungsbild). Die wöchentliche Therapiefrequenz ist abhängig vom Entwicklungsstand des Kindes, den häuslichen Gegebenheiten, der Art der Therapie und beträgt in der Regel 1 – 3 mal pro Woche.

Quelle: dbl

Schluckstörungen bei Kindern

Schluckstörungen sind funktionell oder organisch bedingte Störungen der orofacialen Muskulatur (Mundmuskulatur) und aller am Schluckvorgang beteiligten Strukturen. Man unterscheidet die Störung der Nahrungsaufnahme (Dysphagie) von der isolierten Form der Störung der orofacialen Muskulatur (Myofunktionelle Störungen), die häufig mit Zahn- und Kieferfehlstellungen verbunden ist.

Ursachen

Folgende Ursachen können der Grund einer Myofunktionellen Störung und/oder einer Schluckstörung (Dysphagie) sein:

  • Frühgeburt
  • angeborenes, fehlerhaftes Schluckmuster
  • unphysiologische Kopf- und Körperhaltung
  • dauerhafte Mundatmung
  • vergrößerte Mandeln, vergrößerte Polypen
  • Daumenlutschen
  • Wahrnehmungsstörungen
  • Lippen-Kiefer-Gaumensegelspalten
  • angeborene und erworbene Hirnschädigungen
  • Tumorerkrankungen im Kopf-Hals-Bereich

Leitsymptome der Dysphagie

Störungen des Schluckvorgangs in der oralen Phase (Mundraum):

  • Austritt von Speichel und/oder Nahrung aus der Mundhöhle
  • veränderte Sensibilität im Mundraum (dadurch unter Umständen Verbleiben von Nahrungsresten im Mundraum)
  • eingeschränkte Kieferbeweglichkeit und -kraft
  • Probleme beim Nahrungstransport mit der Zunge
  • zum Teil übersteigerte orale Reflexe (z. B. Beißreflex, Würgreflex) 

Störungen des Schluckvorgangs in der pharyngealen Phase (Rachen):

  • fehlender Abschluss zum Nasenraum (Gaumensegelschwäche)
  • eingeschränkte Funktion der Schlundmuskulatur (zu spät ausgelöste Reflexe, fehlende Reflexe)
  • eingeschränkte Kehlkopfbewegung
  • Speichel- oder Nahrungseintritt in die unteren Luftwege durch fehlende Schutzreflexe (Verschlucken mit Husten, Niesen, Würgen und/oder Erbrechen)
  • Nahrung bleibt im Pharynx (Rachen) hängen
  • gurgelnde Stimme, unter anderem als Hinweis auf stille Aspiration (unbemerktes Verschlucken)
  • Probleme bei der Öffnung der Speiseröhre zum Nahrungseintritt

Störungen des Schluckvorgangs in der ösophagealen Phase (Speiseröhre):

  • Behinderung des Nahrungstransportes in der Speiseröhre (Verengung der Speiseröhre, Bewegungsstörung)

Weitere Aspekte bei Dysphagien

Die Konsistenz der Nahrung (flüssig, fest, breiig) stellt unterschiedliche Anforderungen an den Schluckvorgang:

  • Das Schlucken von Flüssigkeiten ist oft problematisch, da Flüssigkeiten sehr schnell fließen, das Auslösen des Schluckens bei Patienten mit Schluckstörungen aber oft verzögert ist.
  • Das Bewältigen von fester Nahrung stellt hohe Anforderungen an die oralen Fähigkeiten (Kraft, Koordination, Zerkleinern der Nahrung, Transport der Nahrung)
  • Das Schlucken breiiger Nahrung stellt in der Regel den geringsten Schwierigkeitsgrad dar.
  • Die Nahrungsaufnahme sollte in einer angenehmen, ruhigen Situation stattfinden können.
  • Eine optimale Körperhaltung ist die beste Voraussetzung für Patienten mit einer Schluckstörung.
  • In manchen Fällen ist (zusätzlich) Sondenernährung erforderlich.

Nichtbehandelte Dysphagien können lebensbedrohliche Folgen haben:

  • Nahrungsverweigerung
  • Mangelernährung
  • Dehydratation (Flüssigkeitsmangel)
  • Fieber
  • Bronchitiden
  • Lungenentzündungen

Leitsymptome der Myofunktionellen Störung

Bei einer myofunktionellen Störung liegt im Wesentlichen eine Fehlfunktion aller beteiligten Muskeln im Mundbereich vor (Wangen-, Lippen-, Zungenmuskulatur).

  • Störungen des orofacialen Gleichgewichtes
  • Dauerhaft fehlender Mundschluss
  • Infantiles Schluckmuster (Zungenvorstoß beim Schlucken)
  • Vorverlagerung der Zunge (an oder zwischen die Zähne während des Schluckens und/oder Sprechens)

Folgen einer Myofunktionellen Störung

  • Zahnfehlstellungen

Durch Bewegungsabläufe während des Schluckens, bei denen die Zunge in unphysiologischer Weise gegen die Zähne drückt, kommt es oft zu Zahnfehlstellungen.

  • Artikulationsstörungen

Durch diese falsche Zungenhaltung kann es insbesondere zu hörbaren Fehlbildungen der Zischlaute (s, sch) kommen.


Quelle: dbl

Sprechstörungen bei Kindern

Sprechstörungen bei Kindern treten häufig im Rahmen von Entwicklungs-verzögerungen, -störungen oder -Behinderungen auf. Es handelt sich dabei um zentral oder peripher bedingte motorische Störungen der ausführenden Sprech-organe. Die Aussprache des Kindes ist gekennzeichnet durch falsch gebildete Laute und Lautersetzungen und/oder mangelnde Artikulationsgenauigkeit und -geschwindigkeit und/oder durch Störungen im Sprechablauf (Stottern, Poltern).

Ursachen
Ein Großteil kindlicher Sprechstörungen sind unklarer Genese. Zu den bekannten Ursachen von Sprechstörungen gehören:

  • Allgemeine Entwicklungsstörungen/-verzögerungen/-behinderungen
  • Familiäre Sprachschwäche mit Krankheitswert
  • Hörstörungen
  • Hirnreifestörungen
  • Geistige, körperliche Behinderungen, Mehrfachbehinderungen
  • Genetisch bedingte Krankheiten/Syndrome (z.B.Down-Syndrom, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten)
  • Schädel-Hirn-Traumata, entzündliche Hirnprozesse
  • Hirntumore, Hirnoperationen
  • Orofaciale Dysfunktionen (Störungen der Mundmotorik)

Erscheinungsformen

Störungen der Artikulation/Aussprachestörungen:
Es handelt sich hierbei um eine Störung des Lauterwerbs und Lautgebrauchs. Bei einer Artikulationsstörung ist die motorische Musterbildung betroffen, d.h. die Kinder bilden den Ziellaut nicht in der Weise, wie dies korrekt wäre (z.B. Sigmatismus interdentalis, „Lispeln“).

Leitsymptome bei Artikulationsstörungen:
Störungen in der Laut- und Lautverbindungsbildung (falsch gebildete Laute, Lautersetzungen) und Störungen des orofazialen Muskelgleichgewichts.

Dysarthrie:
Dysarthrien sind Störungen in der Ausführung von Sprechbewegungen und/oder der Koordination von Atmung, Stimme und Artikulation aufgrund angeborener oder erworbener Hirnstörungen.

Leitsymptome bei Dysarthrie:
Vermehrter oder verminderter Speichelfluss, gestörte Atemkontrolle, verminderte Atemkapazität, verlangsamte/eingeschränkte Beweglichkeit von Lippen, Zunge, Gaumen und Kiefer, veränderte Lautbildung/Artikulation, undeutliche Aus- sprache, Näseln, veränderter Stimmklang, eingeschränkte Prosodie (Sprechmelodie), veränderte Lautstärke, veränderter Sprechrhythmus.

Verbale Entwicklungsdyspraxie:
Verbale Entwicklungsdyspraxien sind zentrale Störungen der Planung der Sprechmotorik, die nicht durch eine Funktionseinschränkung der am Sprechakt beteiligten Organe zu erklären sind. Es handelt sich vielmehr um eine Störung
in der Planung der Sprechmotorik.

Leitsymptome bei verbaler Entwicklungsdyspraxie:
Auffälligkeit in der Lautbildung mit hoher Variabilität der Fehler, artikulatorische Suchbewegungen, deutliche Sprechanstrengung; unwillkürliche Bewegungs-muster können besser realisiert werden als willkürliche Sprechleistungen.

Störungen im Sprechablauf, Redeflussstörungen


Stottern:
Art und Ausmaß des Stotterns sind situationsabhängig und können großen Schwankungen unterworfen sein. Stotternde leiden häufig unter ausgeprägtem Störungsbewusstsein. Begleitsymptome resultieren aus dem Versuch, die eigentlichen Stottersymptome zu überwinden und sind erlernt.
5% aller Kinder haben, bedingt durch eine Veranlagung, in ihrer Entwicklung eine Phase, in der sie stottern. Der Beginn liegt meist zwischen dem 2. und 6. Lebens-
jahr, spätestens jedoch bis zum Alter von 12 Jahren. Stottern ist kein normales Phänomen der Sprechentwicklung. Ungefähr 75% dieser Kinder überwinden ihr
Stottern wieder. Eine logopädische Diagnostik mit Beratung und ggf. Therapie ist nötig, wenn das Kind unter seinem veränderten Sprechen leidet, oder Zeichen von
Anstrengung oder Vermeidung beim Sprechen sichtbar werden, oder wenn die Eltern verunsichert sind.

Leitsymptome bei Stottern:
Kernsymptome: unfreiwillige Wiederholungen von Teilwörtern, Silben oder Lauten, Dehnungen von Lauten und/oder Blockierungen von Wörtern.
Begleitsymptome: Sprechangst, Vermeidungsverhalten, Körpermitbewegungen, Einschieben von Füllwörtern.

Poltern:
Poltern ist im Gegensatz zum Stottern von einem überschießenden, sehr schnellen Sprechen gekennzeichnet. Die Aussprache ist aufgrund des Missverhältnisses von Sprechtempo und artikulatorischer Fähigkeit und Defi- ziten in der Wahrnehmung häufig sehr undeutlich und verwaschen. Ein Störungsbewusstsein oder Leidensdruck ist bei Polterern selten vorhanden.

Die logopädische Behandlung
Ziel der Behandlung
Das allgemeine Behandlungsziel ist, die sprachliche Entwicklung des Kindes soweit zu fördern, wie die individuellen Möglichkeiten es zulassen. Eine Therapie
soll die eigenen Entwicklung des Kindes in Gang setzen. Weiterhin soll eine Therapie die Entwicklungsbedingungen des Kindes verbessern, Sekundärschäden vermeiden und im Einzelfall die fehlenden sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten durch Hilfsmittel kompensieren. Dazu gehört auch der Einsatz unterstützender Kommunikationsmittel (z.B. Einsatz einer elektronischen Kommunikationshilfe) bei behinderten Kindern.

Behandlungsformen
Vor jeder Behandlung wird eine der Störung und dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechende Diagnostik durchgeführt. Danach wird die Behandlung in der Regel in Einzeltherapie begonnen und parallel dazu Elternberatung durchgeführt. Die Mitarbeit der Eltern ist von entscheidender Bedeutung, da viele Übungen mit dem Kind täglich durchgeführt werden müssen bzw. ein spezielles Sprachvorbild durch die Eltern erforderlich ist. Teilweise gibt es Angebote für Gruppentherapien. Bei Transport- oder Gehunfähigkeit kann die Behandlung im häuslichen Bereich des Kindes erfolgen.

Zielbereiche

  • Wahrnehmung
  • Atmung, Haltung/Tonus
  • Sprech-/Schluckmotorik
  • Artikulation/Lautbildung
  • Sprechablauf
  • Störungsspezifische kognitive Fähigkeiten
  • Störungsspezifische Krankheitsverarbeitung
  • Kommunikationsfähigkeit
  • Hilfsmittelversorgung

Zeitpunkt und Dauer der Behandlung
Die logopädische Therapie sollte so frühzeitig wie möglich beginnen, d.h. sobald eine Entwicklungsstörung von einer Entwicklungsvariante differenzialdia-gnostisch unterschieden werden kann. Logopäden behandeln Kinder im Alter von 0 – 3 Jahren (Frühförderbereich), 3 – 6 Jahre (Vorschulbereich) und Schulkinder. Eine Therapieeinheit beträgt in der Regel 45 Minuten. In Einzelfällen sind auch Therapieeinheiten von 30 oder 60 Minuten sinnvoll (in Abhängigkeit von der
Therapiehäufigkeit und dem Störungsbild). Die wöchentliche Therapiefrequenz ist abhängig vom Entwicklungsstand des Kindes, den häuslichen Gegebenheiten, der Art der Therapie und beträgt in der Regel 1 – 3 mal pro Woche.

Quelle: dbl

Stimmstörungen bei Kindern

Stimmstörungen bei Kindern können organisch oder funktionell bedingt sein und in engem Zusammenhang mit Faktoren ihrer Persönlichkeit und ihres Umfeldes stehen. Sie können durch Veränderungen im Stimmklang, in der Stimmmelodie, in der Belastbarkeit und durch Missempfindungen bis hin zu Schmerzen gekennzeichnet sein. Neben der gestörten Sprechstimme fällt immer auch eine verminderte Fähigkeit zum Singen auf. Mitunter sind Kinder wegen ihrer Stimmstörung schwer verständlich.

Ursachen

Bei folgenden Grunderkrankungen/Ursachen können Stimmstörungen auftreten:

Funktionell bedingte Störungen der Stimme

  • habituell (durch Gewohnheit erworben)
  • konstitutionell (Veranlagung)
  • ponogen (durch Überlastung erworben)
  • psychogen

Organisch bedingte Störungen der Stimme

  • entzündliche Erkrankungen (z.B. chronische Laryngitis)
  • sekundär organische Veränderungen der Stimmlippen (z.B. Schreiknötchen, Phonationsverdickungen, Ödeme)
  • traumatische Veränderungen des Kehlkopfes
  • Fehlbildungen des Kehlkopfes (z.B. Kehlkopfasymmetrien, Stimmlippenlähmung)
  • Gaumensegelinsuffizienz, z.B. bei Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten, Schonhaltung nach Operationen

Erscheinungsformen

Funktionelle Störungen der Stimme

Es handelt sich um Krankheiten der Stimme, bei denen der Stimmklang gestört und/oder die stimmliche Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist.

Leitsymptome hyperfunktioneller Störungen

Die Stimme kann heiser, rau, gepresst oder verhaucht bis aphon (tonlos) sein. Weitere Merkmale können eine Beeinträchtigung der Belastbarkeit mit schneller Stimmermüdung und/oder eine Störung der Sprechstimmlage sein (zu tief, zu hoch). Als weitere Begleitsymptome finden sich häufig unphysiologische Atmung, hörbares Einatemgeräusch bzw. erhöhtes Sprechtempo. Es können auch Missempfindungen wie Kratzen, Trockenheits- und/oder ein Fremdkörpergefühl im Rachenbereich auftreten.

Leitsymptome hypofunktioneller Störungen

Die Stimme klingt leise und behaucht mit geringer Steigerungsfähigkeit und matter Klangfarbe. Der Muskeltonus ist sowohl im Kehlkopfbereich als auch ganzkörperlich herabgesetzt.

Organische Störungen der Stimme

Als organische Stimmstörungen bezeichnet man Erkrankungen, bei denen eine strukturelle Veränderung im Bereich des Stimmapparates vorliegt, welche den normalen Funktionsablauf behindert.

Leitsymptome organischer Stimmstörungen

Die Leitsymptome entsprechen denen der funktionellen Stimmstörungen.

Rhinophonie (Näseln)

Unter Rhinophonie versteht man Störungen des Stimmklanges durch eine zu geringe (Rhinophonia clausa/geschlossenes Näseln) oder übermäßige (Rhinophonia aperta/offenes Näseln) Nutzung des nasalen Klangraumes. Rhinophonien treten als organische Störungen bei Lähmungserscheinungen des Velums (Gaumensegels), bei Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten oder als funktionelle Störungen auf. Die Veränderung der Luftstromführung (z.B. Nasalität) beeinträchtigt unter anderem auch die Artikulation.

Leitsymptome der Rhinophonie

Rhinophonia clausa

„verschnupfter“ Stimmklang; „Stockschnupfensprache“

Der Ausschluss der Resonanzräume im Nasen-Rachenraum beeinträchtigt den Stimmklang hinsichtlich der nasal gebildeten Laute.

Rhinophonia aperta

„offenes Näseln“

Beim Sprechen entweicht zu viel Luft durch die Nase.

Rhinophonia mixta

Mischform von beiden (s.o.)

Rhinolalie

Durch fehlenden Verschluss des Mund-Rachenraumes zum Nasenraum kommt es (z.B. bei Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten) neben einer Rhinophonia aperta zu einer Rhinolalie, d.h. zu Veränderungen der Artikulation, insbesondere der Konsonanten.

Die logopädische Behandlung

Ziel der Behandlung

Behandlungsziel der logopädischen Therapie ist der Aufbau und die Stabilisierung der stimmlichen Kommunikationsfähigkeit. Dies bezieht die Sensibilisierung und Kompetenzerweiterung der Eltern hinsichtlich des Stimmgebrauchs ihres Kindes mit ein.

Behandlungsformen

Vor jeder Therapie wird eine der Störung entsprechende Diagnostik durchgeführt. Die Behandlung wird in der Regel als Einzeltherapie durchgeführt, unter sozialkommunikativen Aspekten kann sie auch in der Gruppe erfolgen. Eine Elternberatung ist immer regelmäßiger Bestandteil der Behandlung.

Zielbereiche

  • Wahrnehmung
  • Atmung
  • Haltung/Tonusregulierung
  • Sprechmotorik/Sprechgestaltung/Artikulation
  • Phonation
  • Störungsspezifische Krankheitsverarbeitung
  • Kommunikationsfähigkeit

Zeitpunkt und Dauer der Behandlung

Die logopädische Therapie sollte so früh wie möglich beginnen, um einer Manifestation mit begleitender Sekundärsymtomatik vorzubeugen.

Eine Therapieeinheit am Patienten beträgt in der Regel 45 Minuten. In Einzelfällen sind auch Therapieeinheiten von 30 Minuten oder 60 Minuten sinnvoll (in Abhängigkeit von der Therapiehäufigkeit und der Störung des Patienten). Teilweise werden auch Intensivtherapien (tägliche Therapieeinheiten) durchgeführt. Die Häufigkeit der Therapie pro Woche ist abhängig vom Entwicklungsstand des Kindes, den häuslichen Gegebenheiten und sollte in der Regel mindestens 2x pro Woche betragen.

Quelle: dbl

Übungssammlung zur Förderung der phonologischen Bewusstheit

Wirksam und spielerisch die Lese-Rechtschreibkompetenzen fördern

Es ist erwiesen, dass Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten daraus entstehen können, dass Kinder die  Einzellaute, aus denen Wörter aufgebaut sind, nicht richtig wahrnehmen und verarbeiten können. Das kann man sich ja auch leicht vorstellen, dass ein Wort, wenn es nicht richtig gehört wird, auch nicht richtig geschrieben werden kann.

Ich vermute beispielsweise schon recht lang, dass die Tatsache, dass unglaublich viele Erstklässler das „Dativ-dem“ noch nicht verwenden, also „etwas liegt auf den Tisch“ statt  „auf dem Tisch“ sagen, in einem Verhörer begründet sein könnte und nicht unbedingt in Grammatikproblemen. Rund sechzig Prozent aller deutschen Worte werden lautgetreu geschrieben, also genau so, wie man sie hört. Diese sechzig Prozent hätte man also schon einmal gewonnen, wenn die Hörwahrnehmung klappt. Das reduziert die mögliche Fehlerzahl gewaltig!


Nachweislich erleichtern kann man Kindern den Einstieg in den Lese- und Rechtschreiberwerb, wenn man also bereits vorschulisch die Fähigkeiten der phonologischen Bewusstheit fördert. Zur phonologischen Bewusstheit gehören im weiteren Sinne das Reimen oder Silbenklatschen, das sogar schon Dreijährige meistern können. Die meisten sind in der Lage, den Satz „Ich kenne eine Maus, die wohnt in einem —-“ korrekt zu beenden.

Im engeren Sinne gehört dazu das Erkennen von gleichen Anlauten oder  die Fähigkeit, aus den Silben Mau – se – fal – le das Wort Mausefalle bzw. aus den Lauten W-a-l das Wort Wal zusammenzusetzen (und umgekehrt). Oder dass ein Kind, wenn ihm T- isch vorgesagt wird, auf den Tisch zeigt und nicht auf den Fisch. Und erst recht nicht auf den Stuhl. Dies ist schon deutlich schwerer. Es bedeutet jedenfalls, dass ein Kind in der Lage sein sollte, nur die Wortform unabhängig von der Bedeutung des Wortes betrachten zu können.


Ein weiterer Aspekt, der dazu gehört, ist die phonologische Verarbeitung im Arbeitsgedächtnis, sprich: die Merkfähigkeit. Und auch hier kann man sich wieder denken, dass es bei einer geringen Merkspanne schwierig sein sollte, kompliziertere Wortoperationen vorzunehmen wie zum Beispiel die Aufgabe: „Zeig mir „Bengel“, aber hexe vorher bitte das B weg!“ Abgesehen davon, dass das Anlaute-Manipulieren tatsächlich eine der schwierigsten Aufgaben ist, die einem in diesem Bereich begegnen kann, ist es schwer, auf den Engel zu zeigen, wenn man sich schon die Aufgabenstellung bzw. das Ausgangswort gar nicht richtig merken konnte.

Die phonologische Verarbeitung beim Zugriff auf den Wortspeicher ist ein weiterer Punkt. Das kann man z.B. daran erkennen, wie sehr man sich dabei verhaspelt oder vielleicht falsche Wörter sagt, wenn man schnell eine Reihe von Begriffen benennen lässt. Und zuletzt ist es auch wichtig, dass die Verknüpfung zwischen dem Laut mit dem dazugehörenden Buchstaben gut gefestigt ist, die sogenannte Paarassoziation. Es soll Kinder geben, die schlicht Probleme haben, sich den passenden Buchstaben zum passenden Laut zu merken.


Um dieses alles zu trainieren und die Kinder zu unterstützen gibt es einige Programme für Kindertagesstätten, wie zum Beispiel „Wuppi“ und „Lobo vom Globo“ oder die „Mutter aller Trainingsprogramme“, das „Würzburger Trainingsprogramm“ „Hören, lauschen, lernen“. Natürlich habe ich als Logopädin viele therapeutische Spiele und als Dozentin in der Kitaweiterbildung auch Anschauungsmaterial in dieser Richtung da. Weil ich mir aber gedacht habe, dass es doch immer etwas viel verlangt ist, sich gleich irgendwelche teuren Materialien anzuschaffen, sei es als Eltern oder als pädagogische Fachkraft, habe ich irgendwann angefangen, Spielideen, die ich mir entweder selbst ausgedacht hatte oder im Internet fand, einfach mit dem Material umzusetzen, das ich hatte.

Und eines der ältesten Spiele, das ich besitze, das es auch noch zu kaufen gibt, ist das Kinder Memory von Ravensburger. (Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass ich hier in keiner Weise vertraglich mit dem Verlag verbandelt bin –  Und ja, wie auf dem Photo zu erkennen ist, habe ich als Kind darauf wert gelegt, insbesondere ein gewisses Pärchen zu gewinnen: Die markierte Karte ist eine Katze.)

Ich begann, damit zu experimentieren, und machte es mir zusätzlich zur Gewohnheit, wann immer ich mein Seminar über phonologische Bewusstheit irgendwo hielt, allen Teilnehmerinnen die Zeit zu geben, ebenfalls ihre Spielideen miteinander auszutauschen und aufzuschreiben. Mit der Zeit ist dadurch eine recht ordentliche Spielesammlung zustande gekommen, die über den Bereich phonologische Bewusstheit deutlich hinaus geht. Und genau diese Sammlung stelle ich im Folgenden vor. Sie ist sicherlich auch auf andere Spiele übertragbar. Viel Spaß damit!

Ideensammlung für das „Kinder Memory“

Wortschatz und Sprachproduktion

  • Kartenklatschen
  • Bilder benennen
  • In vollständigen Sätzen erzählen, was man sieht: Der Luftballon ist rot. Der Feuerwehrmann löscht das Feuer.
  • Schneller Wortabruf: Normale Memoryregeln. Die gewonnenen Karten werden offen neben jeden Spieler abgelegt. Wer ein neues Pärchen gewinnt, muss so schnell wie möglich alle seine bislang gewonnenen Karten benennen
  • Bilder pantomimisch darstellen, raten lassen
  • Einzahl-Mehrzahl – lässt sich generell gut bei jedem Memoryspiel begleitend einsetzen
  • Sortieren nach Artikeln (gern auf farbigem Papier: blau = der, rot = die, gelb = das)
  • Erklären und Raten: Die Hälfte der Bilder offen auslegen, die andere Hälfte verdeckt stapeln. Abwechselnd eine Karte vom Stapel ziehen, erklären, wie es aussieht, was man damit machen kann… -(ohne den Begriff zu nennen) und erraten lassen
  • Variante: Ich sehe was, was Du nicht siehst…
  • Kategorien bilden: Tiere, was kann man essen, was fliegt, was hängt am Baum, was hat vier Beine, was schwimmt, was wächst, Fahrzeuge…
  • Variante: Finde aus einer Reihe den Gegenstand, der nicht dazu passt (Beispiel Oberbegriff Tiere: Flugzeug – Katze-Eule-Hund)
  • Größe und Gewicht: Was kann ich tragen?
  • Nach Möglichkeiten sortieren: Was kann alles in einem Haus sein? Was gehört nach drinnen, was nach draußen?
  • Was braucht: …ein Schiff? Wasser, … ein Hund? Wasser und Fressen, …die Blume? Wasser und Erde und Sonne
  • Was verbindest du mit dem Bild? Frosch = Froschkönig, Teich…
  • Gegensätze finden: heiß/kalt
  • Adjektive finden, Bilder beschreiben
  • Wortreihen zusammensetzen, auch Quatschwörter: Clowneis, Erdbeerhund,…
  • Ratz Fatz: Erwachsener erzählt eine Geschichte. Die Zielwörter liegen aus und sollen von den Kindern erkannt und aus der Mitte genommen werden.
  • Quatschgeschichten: Jeder Spieler bekommt von jedem Mitspieler eine Karte zugeteilt. Alle erhaltenen Wörter müssen in der Geschichte vorkommen
  • Koffer packen
  • Zicke Zacke Hühnerkacke: Die Hälfte der Karten offen im Außenring als Spielfeld auslegen, die andere Hälfte verdeckt in die Mitte legen. Mit Spielfiguren einen Weg erwürfeln und die Karte, auf der man gelandet ist, in der Mitte versuchen, wiederzufinden
  • zählen

Visuelle Wahrnehmung

  • Farben benennen
  • Variante: von fünf ausgelegten Karten die vier roten Gegenstände heraussuchen
  • Dalli Klick: Pappen ausschneiden, z.B. mit Symbolen in der Mitte. Die Bilder werden damit belegt und zum Teil verdeckt. Raten lassen, was darunter versteckt ist
  • Kim-Spiel: Eine zu steigernde Anzahl von Bildern auslegen. Davon nach einer Weile des Einprägens ein bis zwei der Bilder aus der Mitte entfernen und erraten lassen
  • Kim-Spiel-Variante: z.B. 3 Bilder in die Mitte legen, alle umdrehen: Was lag da? Anzahl steigern
  • Mit den Karten die Formen von Buchstaben auslegen

Hörwahrnehmung und Phonologische Bewusstheit

  • Geräusche produzieren und raten lassen: Die Hälfte der Bilder offen auslegen, die andere Hälfte verdeckt stapeln. Abwechselnd eine Karte vom Stapel ziehen und ein Geräusch produzieren
  • Geräusche vorher mit den Kindern aufnehmen. Abspielen lassen, dann raten
  • Lieder zu den Bildern finden und singen (dazu eignet sich insbesondere auch das „Nanu“-Mitbringspiel von Ravensburger)
  • Reime bilden, auch Quatschreime. Das entsprechende Bild erraten lassen und aus der Mitte sammeln: Ratze – Katze
  • Wettbewerb: Wer findet am schnellsten einen Reim?
  • Wettbewerb: Karten aufdecken – Wer klatscht am schnellsten die Silben?
  • Jeweils zwei Karten zur Auswahl geben und bestimmen lassen, welches länger und welches kürzer ist
  • Mit Bauklötzen, Legosteinen oder ähnlichem die Mengen 1 bis 5 darstellen. Die Bilder anhand der Silbenanzahl von Clown bis Mo – tor – rad – fah – rer sortieren.
  • Wer hat das längste Wort: Alle Bilder auf die Spieler austeilen, Stapel bilden. In jeder Runde geben die Spieler die oberste Karte in die Mitte. Wer das längste Wort bilden kann, gewinnt die Runde. Haben zwei Spieler die gleiche Silbenanzahl, gibt es zwischen den beiden ein Stechen. Wer am Ende den größten Stapel hat, gewinnt.
  • Alle Karten in einem Kreis verdeckt auslegen. Jeder hat eine Spielfigur auf einem eigenen Feld. Man dreht die Karte um, auf der man steht, und geht so viele Felder weiter, wie diese Silben hat. Dabei tritt man nur auf die noch verdeckten Karten
  • Variante: Jedes Kind erhält seine eigene „Bilderleiter“, die es auf diese Art hochklettert. Wer die längsten Wörter hat, ist demnach zuerst oben angekommen und gewinnt.
  • Einen Würfel dazunehmen und je nach Würfelpunkten ein Wort mit der passenden Silbenanzahl heraussuchen. Die 6 ist ein Joker. Mögliches Spielende: Wer zuerst alle 1- 5 Silben gesammelt hat
  • Die Karten statt eines Würfels in einem Brettspiel der Wahl verwenden und pro Silbe ein Feld weiterziehen: Dreht man das Flugzeug um, geht der Spieler zwei vor, etc.
  • Karte ziehen und die Anzahl der Silben auf Teppichfliesen hüpfen lassen. Daraus kann man ein Zielwetthüpfen machen: Wer zuerst ankommt
  • Silben vermischen: schen – lam  – ta – pe, beer – eis – erd, pe – tul, to – wehr – feu – au sollen trotzdem verstanden und herausgesucht werden
  • Sprachmelodie: Wörter verschiedener Silbenanzahl auslegen, vorsummen. „M – m – m“ für Feuwehr, „M“ für Bus sollen trotzdem verstanden und herausgesucht werden
  • Sich zu einer Karte einen Satz ausdenken. „Die Katze klettert eine Leiter hoch“. „Der Hund bellt“. Das Kind soll zählen, wie viele Wörter in dem Satz waren. Eine Handvoll Muggelsteine oder ähnliches zum Darstellen der Anzahl bereithalten
  • Sortierspiel: Anlaute nach dem ABC
  • Anlauterkennung: Generell gleiche Anlaute finden lassen
  • Variante: Bei zwei vorgelegten Karten erkennen lassen, ob sie gleich anfangen oder nicht
  • Variante: 4 Karten auslegen, von denen drei gleich anfangen. Welches gehört nicht dazu? z.B. Schloss – Schiff – Schlange – Maus oder Frosch – Feuerwehr – Hund – Flugzeug
  • Das gleiche mit Endlauterkennung
  • Endlaut-Anlaut-Wörterschlange: An ein Wort, das mit SCH endet, passt ein neues, das mit SCH anfängt: An Schiff passt Fisch, an Fisch passt Schlange, an Schlange passt Erdbeere etc.
  • Von zwei gleich anfangenden Wörtern nur den ersten Laut benennen: Fisch und Feuerwehr beginnen mit F
  • Vokalerkennung: An jeden Spieler 5 Karten austeilen. Einer beginnt, eine Karte in die Mitte zu legen, die nächsten müssen die Vokale bedienen. Katze passt auf Schlange. Wer nicht kann, nimmt eine Karte auf.
  • Variante: Vokalwechsel: Auf Lokomotive passen Wörter mit o, i und e
  • Drei Chinesen mit dem Kontrabass: Vokal aussuchen, alle Wörter damit sprechen. Maas, Aas, Krakadal
  • Nach einem bestimmten Ziellaut suchen, z.B. K, dann Katze, Schnecke etc. zusammentragen. Anschließend sortieren nach Anlaut – Mittellaut – Endlaut
  • Robotersprache: Karten auslegen und beim Benennen den Anlaut vom Reim trennen. Die Kinder sollen erkennen, welches Wort gesagt wurde, K-atze, H-und, Fl-ugzeug… Oder auch den Endlaut abtrennen: Mau-s, Eul-e
  • Robotersprache – erhöhter Schwierigkeitsgrad: Alle Laute voneinander getrennt vorsprechen und erraten lassen, Sch-i-ff, K-a-tz-e,…
  • Spoonerism: Weuerfehr, Schampfdiff, Spegenst, Fotorradmahrer sollen trotzdem verstanden und herausgesucht werden
  • Beide Karten eines Pärchens auslegen, eines der Wörter falsch aussprechen: Schiff oder Siff, Baum oder Paum, Apfel oder Afel. Entscheiden lassen, welches richtig war.
  • Wörter nach Anzahl der Laute sortieren, C-l-ow-n = 4, K-a-tz-e = 4
  • Quatschsuppe: die Karten werden sichtbar ausgelegt, der Spielleiter bestimmt einen Anlaut, z.B. L. Nun wird eine L-Suppe gekocht und alle Anlaute werden durch diesen ersetzt: Losch, Latze, Leuerwehr…
  • Geheimsprache: Seinen eigenen Namen aus den Anfangslauten legen, Gabi= Geldbeutel – Apfel – Baum – Indianer
  • Laute aus dem eigenen Namen wiedererkennen   
  • Laute manipulieren: Karte ziehen und benennen, Anlaut weghexen. Was bleibt?
  • Paarassoziation: Zu einzelnen Karten Laute erfinden oder Silben. Clown = mi, Ballon = la, Feuerwehrauto = ro. Auswendig lernen, dann Reihenfolge vertauschen. Was steht da jetzt? Gern auch die Pärchen doppelt verwenden: ro – mi – la – la – ro – mi

Auditive Merkfähigkeit

  • Bis auf eines alle Bilder in der Mitte benennen. Die Kinder raten, welcher Begriff fehlte. In jeder Runde eine Karte mehr dazunehmen und den Schwierigkeitsgrad steigern
  • Variante: Ein halbes Memoryspiel liegt offen in der Mitte, die andere Hälfte auf einem Stapel. Einer zieht mehrere Karten vom Stapel (Anzahl steigerbar) und „liest sie vor“. Anschließend werden die gehörten Bilder eingesammelt oder mit Muggelsteinen, Holzsteinen etc. belegt.
  • Variante: Alle Karten mischen und auslegen. Einer zieht nacheinander eine Karte nach der anderen und „liest sie vor“. Danach wird sie verdeckt wieder umgedreht. Die Kinder sollen sich Karten und Position merken. Wenn die erste doppelt vorgekommen ist, dürfen die anderen versuchen, sie abzuklatschen
  • Rollbrett-Memory: Die Karten im Raum verteilen und ansagen, welche das Kind auf seiner Runde auf dem Rollbrett (oder einem anderen vorhandenen Verkehrsmittel, z.B. Bobbycar) mitbringen soll. Anzahl steigern.

Ein Dank geht an alle weiteren Ideengeberinnen und Teilnehmerinnen der Seminare „Förderung der phonologischen Bewusstheit als Prävention von Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten“, und „Die Bedeutung des Hörens in der kindlichen Entwicklung“.

Faszination Aussprache

Ich werde sehr oft von Eltern oder Erzieherinnen zwischen Tür und Angel um die Einschätzung der Sprachentwicklung eines Kindes gebeten. Wenn Kinder Probleme mit verschiedenen Lauten haben und ständig falsch verstanden werden, dann machen sich die Angehörigen natürlich Sorgen. Selbstverständlich stelle ich keine Ferndiagnosen, aber es ist durchaus keine Zauberei, nach ein paar gezielten Nachfragen aus den geschilderten Eigenarten schließen zu können, ob genau dieses bestimmte Kind dringend einmal einem Arzt vorgestellt werden müsste, um frühzeitig einer Sprachentwicklungsstörung vorzubeugen. Ich möchte an dieser Stelle gern verraten, woran ich mich bei meiner Entscheidung orientiere, und konzentriere mich auf den Schwerpunkt Ausspracheentwicklung.

Ausspracheprobleme sind tatsächlich die häufigsten sprachlichen Schwierigkeiten, die Kinder zeigen (In einer Studie wurden bei einer Gruppe vier- bis sechsjähriger Kinder 15,1 Prozent als sprachauffällig eingestuft. Dies teilte sich auf in 13,3 Prozent mit Ausspracheproblemen und 1,8 Prozent mit sonstigen Sprachauffälligkeiten). Die differenzierte Steuerung der Sprechmuskulatur muss erst einmal koordiniert werden. Dabei wissen viele durchaus schon um die richtige Aussprache, können diese aber noch nicht bewältigen. Ich hörte einmal einer Erzieherin zu, die ein Kind, das noch gar keine Zischlaute bewältigen konnte, liebevoll in ihrer eigenen Aussprache aufforderte, sie solle doch bitte noch ihre „Nocken“ anziehen. Empört antwortete diese: „Das ist doch keine Nocke! Das ist eine NOCKE!“ Sie konnte Nocken sehr klar von Socken unterscheiden, nur eben noch nicht richtig aussprechen.

Kinder können hierbei Schwierigkeiten bei der Lautbildung (Phonetik), also der Artikulation an sich, oder der Lautverwendung, also der phonologischen Wahrnehmung zeigen. Welche der beiden Ursachen zutrifft – oder sogar beide – ist das, was unter anderem im Laufe einer logopädischen Diagnostik herausgefunden werden muss.

Aussprachestörungen

Barbara Dodd erforschte Aussprachestörungen in Newcastle in Großbritannien und konnte anhand ihrer internationalen Studenten beweisen, dass auf der ganzen Welt ein sprachenunabhängiges Klassifikationsmodell von Aussprachestörungen formuliert werden kann. Annette Fox-Boyer wendete diese Forschung auf die deutsche Sprache an. Als ich vor zwanzig Jahren meine Ausbildung als Logopädin beendete, wurde noch grob zwischen „Dyslalien“ unterschieden, die entweder universell (es sind so viele Laute betroffen, dass das Kind unmöglich zu verstehen ist), multipel (es sind viele Laute betroffen, aber Mama kann es verstehen) oder partiell (bissig: sogar Papa kann es verstehen) sein konnten.

Durch Fox-Boyers Studien seit 1999 wird im Bereich der phonologischen Auffälligkeiten nun zwischen einer verzögerten Entwicklung, einer konsequenten oder inkonsequenten phonologischen Störung unterschieden.

Vorab ein paar Definitionen. Ein Phonem (Laut) ist eine bedeutungstragende sprachliche Einheit, die sich nicht weiter in bedeutungsunterscheidende Einheiten zerlegen lässt. Es kann (phonetische) Varianten bilden, die zum Teil auch dialektal sind (Zungenspitzen- oder Zäpfchen-/r/, korrektes oder gelispeltes /s/). Spreche ich in meiner Muttersprache Friesisch, nenne ich meinen Namen mit einem vorn gebildeten /r/, spreche ich jedoch deutsch, verwende ich eigentlich automatisch das hinten gebildete /r/. Wenn ich es verwechseln sollte, würde das wahrscheinlich niemand wirklich bemerken. Der Inhalt der Aussage bleibt erhalten, egal, für welche dieser Varianten ich mich entscheide. Das Wort an sich wird nicht verändert.

Weicht die Aussprache jedoch phonologisch ab, dann wird entweder die Wortstruktur verändert oder Laute durch andere ersetzt. Wenn ein Kind kein /k/ sprechen kann, wird es dieses häufig durch ein /t/ ersetzen. So kann es nicht nach der „Kasse“ fragen, sondern sagt „Tasse“. Der Inhalt verändert sich – und der Zuhörer landet somit statt im Einkaufsladen plötzlich in der Puppenküche. Eine solche Abweichung von der regelhaften Aussprache wird „phonologischer Prozess“ genannt. In diesem Fall hat das Kind die Aussprache des /k/ (das mit dem Zungenrücken artikuliert wird) zum /t/ vorverlagert, das mit der Zungenspitze lautiert wird – ein Prozess, den viele Kinder im physiologischen Lautspracherwerb zeigen. Mit 3;0 Jahren haben die meisten Kinder diesen Prozess überwunden und können ein /k/ sprechen. Fox-Boyer hat für den Phonemerwerb einsprachig deutscher Kinder folgende Erwerbszeiträume dokumentiert:

Britta Weinbrandt - Praxis für Logopädie - Phonemerwerb im Deutschen

Als erworben gilt ein Phonem, wenn es von 90 Prozent der Kinder einer Altersgruppe in mindestens zwei von drei Fällen korrekt ausgesprochen wird.

Phonetische Störungen/Artikulationsstörungen

Von phonetischen Störungen/Artikulationsstörungen (am bekanntesten ist das Lispeln) sind ca. 5 bis 10 Prozent der ausspracheauffälligen Kinder betroffen. Die Zunge kann bei der multiplen Interdentalität beim Sprechen zwischen den Zahnreihen herausgucken. Dies betrifft alle Laute der 2. Artikulationszone, die hinter dem Zahndamm gebildet werden, wie /l, n, d, t, stimmhaftes und stimmloses s, ts/. Ebenso zählen dazu seitliche Bewegungen der Zunge, die sogenannte Lateralisation, die bei /sch, stimmhaftem und stimmlosem s, ts/ beobachtet wird.

Es muss gefragt werden, ob eine Störung der Mundmotorik vorliegt oder ob das Kind sich eventuell eine falsche Lautproduktionsstelle angewöhnt hat, was auch durch Imitation geschehen kann. Ein solches Phänomen  tritt manchmal auf, wenn ein neues Kind zuzieht, auf das die Liebe fällt, und das diese Angewohnheit zeigt. Das wird dann leicht mal nachgeahmt, damit man auch so cool ist!  Solche Kinder profitieren von der Förderung der Verbesserung der Wahrnehmung und Koordination im Mundraum und allgemein von der Förderung der Mundmotorik.

In meinem Artikel über Mundmotorik stelle ich ein paar Ideen vor, wie die Zungenfertigkeit spielerisch gefördert werden kann.

Phonologische Entwicklungsverzögerung

Die verzögerte phonologische Entwicklung betrifft etwa 50 Prozent der auffälligen Kinder. Sie haben weder mundmotorische Probleme noch Defizite in der phonologischen Bewusstheit. Sie zeigen ausschließlich physiologische phonologische Prozesse, ersetzen jedoch weiterhin Laute, die ihre Altersgenossen zu einem früheren Zeitpunkt bereits erworben haben. Bei ihnen muss man den Grund für die Entwicklungsbremse herausfinden. Sie profitieren jedoch sehr von Hörwahrnehmungsübungen.

Es passiert tatsächlich immer wieder, wenn ich z.B. nach der Diagnostikstunde einem fünfjährigen Kind, das kein /sch/ spricht, erklärt habe, dass es ein „Schlangengeräusch“ macht, wo andere ein „Lokgeräusch“ produzieren, und ich dann Schlange und Lok heraushole und den Unterschied erkläre, dass dann bereits der Knoten platzt. Es ist dann so, als müsste die Wahrnehmung für den Unterschied beider Laute erst angekurbelt werden und beide hätten sich für das Kind vorher gleich angehört. Manchmal kommen diese Kinder bereits in der nächsten Woche wieder und haben das /sch/ spontan umgesetzt. Das ist aber leider nicht die Regel, und viele brauchen deutlich länger dafür.

Annette Fox-Boyer fand in ihren Studien folgende phonologische Prozesse, die demnach physiologisch sind, also altersgemäß zu erwarten:

Britta Weinbrandt - Faszination Aussprache - Über sprachliche Entwicklung

Kinder, die über die angegebenen Zeitpunkte hinaus die geschilderten Prozesse zeigen, entwickeln sich immer noch physiologisch, sie sind jedoch phonologisch verzögert. Erst wenn ALLE Frikative vom Prozess der Plosivierung betroffen wären oder ALLE unbetonten Silben weggelassen würden, dann wäre es nicht mehr physiologisch sondern behandlungswürdig. Viele dieser nur entwicklungsverzögerten Kinder werden von einer Sprachförderung im Kindergarten gut erreicht. Eine Verzögerung von mehr als sechs Monaten gilt allerdings auch hier als signifikant und sollte ärztlich untersucht und logopädisch behandelt werden.

Konsequente phonologische Störung

Es gibt jedoch phonologische Prozesse, die in keiner physiologischen Ausspracheentwicklung vorkommen. Kinder mit einer konsequenten phonologischen Störung zeigen eine Phonologie, die in in mindestens einem Laut unphysiologisch, also sozusagen pathologisch ist. Solche nicht im regelrechten Phonologieerwerb beobachtbaren phonologischen Lautersetzungsprozesse sind z.B.:

  • Vokalveränderungen (Banane→ Bonane) (Veränderte Vokale sind ein generelles Warnzeichen, denn sie deuten sehr häufig auf eine Hörstörung hin)
  • Tilgung betonter Silben (Kanne → Ne)
  • Rückverlagerungen (sind nur bei /sch/ → /ch1/ („ich“) Tisch → Tich physiologisch) (häufig beobachtete pathologische phonologische Rückverlagerungsprozesse sind Tanne → Kanne, Trecker → Krecker, Fisch → Sisch, Ball → Baj, Teller → Tejer)
  • Anlautprozess: Tilgung von Konsonanten am Wort-/Silbenanfang (Kanne → Anne)
  • Silbenverdopplung (Die erste betonte Silbe wird vollständig wiederholt und dadurch wird das Wortende ersetzt: Teller → Tette, Ball →Baba)
  • Ersetzungen durch /h/ sind nur bei /r/ physiologisch (Schule → Hule)
  • Ersetzungen mehrerer Lautgruppen am Wortanfang durch /d/ (hier ist nicht die alleinige Vorverlagerung von /g/ wie in „dedangen“ gemeint, welches für sich genommen physiologisch wäre)
  • Reihenfolgenvertauschungen (Gabel → Bale)
  • Hinzufügungen von Vokalen und Konsonanten (Telefon → Telefron, blau → belau)

Störungen dieser Art zeigen ca. 20 bis 30 Prozent der ausspracheauffälligen Kinder. Wenn mir also ein solcher Prozess bei einem Kind geschildert wird, kann ich zumindest darum bitten, dass die Eltern es beim Kinderarzt oder HNO-Arzt vorstellig werden lassen.

Nie werde ich das Mädchen vergessen, das über ihre Schwester sagte, sie „i‘ au‘ ‚on ein ‚orul’in‘ – ist auch schon ein Vorschulkind“. Das ist dann wirklich keine Zauberei zu erkennen, dass hier der Ausspracherwerb therapeutisch unterstützt werden sollte.

Sehr häufig sind die Betroffenen im Alter von 2 Jahren erstmals als „Late Talker“ aufgefallen. Man hat herausgefunden, dass Kinder, die mit 24 Monaten noch keinen Wortschatz von über 50 Wörtern entwickelt haben und auch noch nicht beginnen, zwei Wörter miteinander zu kombinieren, gegenüber sich unauffällig entwickelnden Kindern ein 20-fach erhöhtes Risiko tragen, eine Sprachstörung zu entwickeln. Die Störungsursache liegt am phonologischen Erkennen und mangelnder Speicherung von Lautmaterial. Sie tragen gleichfalls das Risiko, später eine Lese-Rechtschreibschwäche auszubilden. 60 bis 70 Prozent dieser Kinder haben Legastheniker in der Verwandtschaft und zeigen demnach eine genetische Disposition. Als Vorschulkinder profitieren sie deutlich von Hörwahrnehmungsübungen.

Ich habe in einem weiteren Artikel weitere Informationen und eine umfangreiche Übungssammlung zur Förderung der phonologischen Bewusstheit gesammelt. Durch eine alleinige Sprachförderung im Kindergarten werden Kinder mit einer konsequenten phonologischen Störung ihre massiven Sprachverarbeitungsprobleme jedoch kaum überwinden können und benötigen dringend eine logopädische Therapie. Bei ihnen sind die Grenzen der Möglichkeiten von Sprachförderung im Kindergarten schnell erreicht.

Inkonsequente phonologische Störung

Bei der inkonsequenten phonologischen Störung treten physiologische und pathologische Lautveränderungsprozesse nebeneinander auf. Diese Gruppe macht zum Glück nur ca. 3 bis 5 Prozent der ausspracheauffälligen Kinder aus und ist damit eher selten. Häufig durchlebten die Betroffenen auffällige Schwangerschaften und Geburten, eventuell liegt eine minimale Hirnstörung vor. Die Störung liegt hier auf der Ebene des motorischen Programmierens. Die Kinder sprechen das gleiche Wort mehrfach verschieden aus. Innerhalb eines Benenntests werden von 25 Wörtern mindestens 40 Prozent inkonsequent ausgesprochen. So kann z.B. bei dreimaligem Benennen das Krokodil einmal richtig, einmal als Totodil und einmal als Kokodil bezeichnet werden, oder Wasser als Hatter, Waffer und sogar Laller. Frosch kann Fos, Rosch, Frot oder Fros werden. Es wird deutlich, dass das Kind noch kein System erworben hat, nach dem es phonologisch vorgeht. Dazu kommt meist ein äußerst eingeschränktes Arbeitsgedächtnis. Gleichzeitig haben diese Kinder häufig ein starkes Störungsbewusstsein. Sie sollten frühzeitig umfassend untersucht werden und Hilfe in Form von vielfältig möglichen Therapien erhalten.

Ein paar Worte zum Abschluss

Mir geht es nun nicht darum, den Leser zu einer eigenen Diagnostik bei seinen Kindern anzuregen. Ich weiß selbst, wie kompliziert das ist. Unter anderem die Tatsache, dass nach den Erkenntnissen von Dodd und Fox-Boyer sich die ganze Nomenklatur und auch die therapeutische Vorgehensweise änderte, führte dazu, dass ich mich nur 12 Jahre nach der Ausbildung für den Studiengang „Angewandte Therapiewissenschaft: Logopädie“ entschied. Dort hatte ich das große Glück, von Annette Fox-Boyer als Studiengangsleitung und Dozentin  direkt lernen zu können. Inzwischen fällt es mir nach jahrelanger Einarbeitung natürlich leicht. Aber es braucht eben diese Einarbeitung.

Ich möchte an dieser Stelle lediglich dafür sensibilisieren, dass Ausspracheprobleme bei Kindern unter Umständen sehr starke Auswirkungen auf den Erfolg im Schrifterwerb und die spätere Schullaufbahn haben können, und dass man diese ernst nehmen sollte. Manchmal sind Kinder im Bereich der phonologischen Bewusstheit weiterhin betroffen, selbst wenn sie inzwischen unauffällig sprechen gelernt haben.

Da man als Nichtlogopäde Kindern normalerweise nicht einfach anhört, um welche Art der Ausspracheproblematik oder Störung der phonologischen Bewusstheit es sich handelt, wenn sie Laute miteinander ersetzen (oder eben auch nicht mehr), ist es besonders wichtig, sich Rat und Hilfe zu suchen. Ich rate insbesondere dazu, wenn beim Kind Frustrationen auftreten, weil es nicht verstanden wird. Hier gilt: Je früher, desto besser. Die gute Nachricht ist: Je nach Studie sind nur 6 bis 15 Prozent der Kinder einer Altersgruppe überhaupt von Sprachentwicklungsstörungen betroffen!

Spaß verbreiten mit mundmotorischen Übungen für Kinder

Die Zungengeschichte von der Maus

Wenn es eine Sache gibt, die ich in meinen Kita-Seminaren als „Renner“ bezeichnen könnte, dann ist es meine Mundmotorikgeschichte. Ich führe sie meistens vor, wenn es um das Thema Sprachförderung (aber auch um Stimmprävention) geht. Wie mir zurückgemeldet wird, ist sie ist zum beliebten Spiel im Morgenkreis geworden.

Mundmotorische Übungen sind inzwischen selbst unter Logopäden umstritten. Ihre Wirksamkeit ist offenbar noch nicht in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen worden. Bei den meisten Ausspracheauffällgkeiten handelt es sich um phonologische Hörwahrnehmungsprobleme, sodass die Kinder von differenzierenden Lautwahrnehmungsübungen profitieren. In meinem Artikel „Faszination Aussprache“ habe ich ausführlich darüber geschrieben.

Mundmotorische Übungen werden also eher bei Kindern mit phonetischen Störungen eingesetzt, also den klassischen Artikulationsstörungen, bei denen die Zunge etwas anderes macht, als sie soll. Lispeln zum Beispiel. Es hilft auch bei bei Störungen des orofacialen Gleichgewichtes, also eines Ungleichgewichtes in der Gesichtsmuskulatur, weil hier gleichzeitig die Förderung der sensorischen Wahrnehmung, die Förderung der Koordination im Mundraum sowie die Förderung der Muskelfunktionen von Lippen, Zunge, Wangen- und Kaumuskulatur und dem Gaumensegel angesprochen werden.

Ich halte es so damit: Zungenspiele machen Spaß, also biete ich sie an und verschenke sie an meine Patientenkinder als Spiele im Hausaufgabenordner. Nebenbei benutze ich sie, um mir einmal die Situation beim einzelnen Kind entspannt anzugucken. Für mich gehört das Erzählen dieser Geschichte also zu meiner persönlichen Diagnostikroutine.

Laut Wolfgang Wendlandts Klassiker „Sprachstörungen im Kindesalter“ sollte ein Kind bereits am Ende des ersten Lebensjahres in der Lage sein, den Mund überwiegend geschlossen zu halten, seinen Speichel hinunterzuschlucken und den Löffel mit Zunge und Lippen abzulecken.

Die Realität sieht sehr oft anders aus.

Und es handelt sich hier durchaus nicht um eine Luxusangebot. Dies kann ich verdeutlichen, indem ich mir angucke, was denn eigentlich eine der Folgeauswirkungen einer nicht gut ausgereiften Mundmotorik ist:

Die Mundatmung.

Struck und Mols beschreiben in „Atem-Spiele“, was passieren kann, wenn ein Kind nicht lernt, durch die Nase zu atmen.

Da es zu Haltungsschäden durch die vernachlässigte oder behinderte Übung der Atemmuskulatur kommt, kann es zu Fehlformen der Wirbelsäule führen. Das habe ich in meiner Praxis schon gesehen.

Der Lymphfluss wird durch mangelnde Nasenbenutzung und pathologisches Schluckmuster nicht genügend angeregt, deswegen kommt es zu Lymphstau im Gesichtsbereich – was dann dazu führt, dass die Kinder durch ihre eingeschränkte Mimik etwas verlangsamt wirken und automatisch in die falschen Schubladen gesteckt werden.

Bedingt durch mangelnde Belüftung der Verbindung zum Mittelohr sammelt sich Schleim im Mittelohr, was wiederum die Hörfähigkeit einschränkt – und das ist bekanntlich der Killer jeglicher Sprachentwicklung und das erste, das bei jedem auffälligen Kind ausgeschlossen werden muss.

Unsere Atmung hat noch dazu die ganz wichtige Funktion, die Organtätigkeit anzuregen, und so kann es durch die verminderte Zwerchfelltätigkeit zu Darmträgheit und einem Blähbauch kommen, wenn diese massierende Wirkung auf Magen und Darm entfällt. Ein weiterer Faktor kann sein, dass zu wenig Kauarbeit geleistet wird und die Nahrung nicht genügend zerkleinert wird.

Es geht noch weiter.

Flache Atemweise führt zu Luftnot beim Sprechen und Singen, sodass stimmliche Fehlfunktionen entstehen und Stimmprobleme auftreten können. Dabei entsteht eine mangelnde Sauerstoffversorgung des Organismus, was Konzentrationsstörungen auslöst.

Schon überzeugt?

Es gibt schon ganz einfache Pusteübungen und Saugübungen. Die Arbeit mit Kindern darf sich für die Kinder nie wie Arbeit anfühlen. Ich verpacke also das meiste in Spiele – und kann nach über zwei Jahrzehnten inzwischen jedes Spiel irgendwie sinnvoll zum Erreichen eines Therapieziels umfunktionieren. Dabei bin ich ein großer Fan davon, bereits bestehendes Material zu verwenden.

So ist mein Artikel über die von mir zusammengetragenen Einsatzmöglichkeiten des Kinder Memory zur Förderung der Vorläuferfähigkeiten des Lese-Rechtschreiberwerbs mein bislang erfolgreichster Artikel gewesen.

Zur Förderung der mundmotorischen Fähigkeiten ist eine ganz beliebte Methode das Ansaugen von Gegenständen mit dem Strohhalm. Es dient nicht weniger als der Tonisierung und Kräftigung der Wangen-, Lippen- und Zungenmuskulatur, der Stärkung des Gaumensegels und der Aktivierung des Zwerchfells. Das empfohlene Mindestalter liegt hier bei vier Jahren.

Auch gilt es, dabei ein paar klitzekleine Regeln einzuhalten. Thoenes beschreibt in „Mundmotorik-Training rund ums Jahr“, wie wichtig es zum Beispiel ist, dass der Strohhalm sich in der Mitte der Lippen befindet, dass der Strohhalm mit den Lippen und nicht den Zähnen gehalten wird, dass das Kind eine lockere Lippenspannung aufweist, dass auf eine ökonomische Atmung geachtet wird, um Hyperventilation zu vermeiden, dass eine möglichst aufrechte Körperhaltung eingehalten wird, um die Atmung nicht zu beeinträchtigen.

Noch Fragen?

Wenn nicht: Schnappt euch euer Quips oder Colorama oder andere Spiele, die mit dem Einsetzen von Formen zu tun haben – und saugt sie, anstatt die Hände zu nehmen, einfach mal mit dem Strohhalm an. Viel Spaß!

Aber ich hatte versprochen, mich zu trauen, meine Mausgeschichte vorzumachen. Ich bin stolz, offenbar nur einen Punkt vergessen zu haben – das ist live. Findet jemand die fehlende Übung?

Hier ist sie nun:

Die Geschichte von der Maus

Es ist morgens, 7 Uhr. Unsere Maus hat verschlafen. Hier schläft sie:
(Zunge liegt auf dem Schlafplatz am Gaumen hinter dem Zahndamm)

Plötzlich wacht sie auf. Sie läuft zum Fenster und gähnt erst einmal

(Offener Mund)

und schaut rechts und links heraus.

(Zunge rechts/links aus dem Mund)

Doch weil sie nicht genug sehen kann, steigt sie auf das Balkongeländer und läuft dort hin und her,

(Zunge leckt Unterlippe ab)

um zu sehen, was draußen passiert. Weil das Wetter so schön ist, flitzt sie vor lauter Freude noch einmal um den Fensterrahmen herum – Und noch einmal anderen Weg herum!

(Oberlippe in beide Richtungen ablecken)

Da bekommt die Maus Lust, einen Spaziergang zu machen. Sie läuft ganz schnell aus dem Haus.

(Zunge gerade herausstrecken)

Doch kaum ist sie draußen, fällt ihr auf, dass sie ihre Sonnenbrille vergessen hat. Sie fährt mit dem Fahrstuhl wieder hoch, aber der spinnt.

(Lifteln: Zunge im Mund jeweils hinter den Schneidezähnen rauf und runter)

Endlich ist sie im zweiten Stock, Sonnenbrille holen.

(Zunge zur Nase)

Dann holt sie sich noch aus dem Keller etwas zu trinken.

(Zunge ans Kinn)

Sie wirft die Tür zu und – oh nein! Jetzt hat sie sich die Pfote eingeklemmt!

(vorsichtig auf die Zunge „beißen“)

Tat aber nicht weh! Die Maus kommt auf ihrem Spaziergang zuerst zum Spielplatz. Dort steigt sie auf die Wippe

(Zunge raus, rauf und runter)

und fährt Karussell.

(Lippen mit der Zunge umfahren)

Und weil es so schön war, nochmal anderen Weg herum!

(Lippen mit der Zunge anders herum umfahren)

Dann macht sie noch vor lauter Freude einen Handstand.

(Zunge an den Gaumen hinter den Zahndamm)

Die Maus geht weiter und trifft unterwegs eine andere Maus. Die beiden lächeln sich an.

(Lippen breitziehen)

„Hallo, willst du nicht mit mir spazieren gehen?“ Doch die andere Maus hat ein Gipsbein und kann nicht gut gehen. Sie humpelt nur.

(Schnalzen)

Die beiden winken sich zum Abschied nochmal zu.


(Zunge rausstrecken und schnell hin und her bewegen)

So geht unsere kleine Maus allein weiter. Sie klettert auf einen Berg


(Zunge an die Nase)

und taucht im Bach nach Fischen.

(Zunge ans Kinn)

Dort plappert sie ein wenig mit ihrem Kumpel, dem Karpfen


(Fischmaul auf und zu)

und ihrer Freundin, der Ente.

(Wangen einziehen, vorgestülpte Lippen auf und zu)

Als sie wieder rausklettert, wartet da schon eine Katze und faucht sie an.

(Fauchen)

Unsere Maus pfeift vor lauter Angst.

(Pfeifen)

Dann fasst sie allen Mut zusammen

(Bäh! – Zunge raus)

und beschließt, sich zu retten, und zwar so:

(Lippenflattern)

Danach will sie nur noch nach Hause und macht sich wieder auf den Heimweg. Unterwegs muss sie noch durch einen Tunnel.

(Lippen nach vorn stülpen)

Achtung, da kommt ein Zug!

(SCH SCH SCH)

Zu Hause angekommen, hat sie dann großen Hunger und isst sich ganz rund und dick.

(Achtung schwer: Zungenspitze abwechselnd breit und spitz machen)

Ein Nachtisch passt auch noch rein.

(Wangen aufblasen)

Jetzt erst einmal Zähne putzen.

(Mit der Zunge rundherum die Zähne ablecken, Richtungswechsel)

Danach sucht sie sich ein schönes Schlafplätzchen

(Zunge in rechte und linke Wangentasche)

und deckt sich gemütlich zu.

(Lippen einziehen über die Zähne – „Opamund“

Sie erinnert sich daran, wie aufregend ihr Tag war und bricht in ein Freudengeheul aus.

(Zunge bewegt sich zwischen den Lippen auf und ab, „bdlbdlbdl“)

Dann legt sich wieder hin zum Schlafen. Gute Nacht, Maus!

(Zunge liegt oben am Schlafplatz hinter dem Zahndamm)

Zum ersten mal ist mir eine sehr kurze Version dieser Geschichte bei Urike Franke in „Artikulationstherapie bei Vorschulkindern“ begegnet. Und da ich wiederum sehr vielen kreativen pädagogischen Fachkräften und phantasievollen Kindern begegne, wächst die Geschichte eigentlich immer noch weiter. Ich danke!

Wer mir also noch gern eine Erweiterung schenken möchte, oder die Geschichte für den Einsatz mit eigenen Kindern als pdf-Datei erhalten möchte (denn es geht natürlich nicht darum, mein Video zu zeigen, sondern es selbst zu machen!!!), nutze bitte unkompliziert mein Kontaktformular.

Viel Spaß beim Nachmachen!

    Diese Website ist durch reCAPTCHA geschützt und es gelten die Datenschutzbestimmungen und Nutzungsbedingungen von Google.