Archiv der Kategorie: IMMER ALLES – BLOG

Wie Kinder lernen – Die Wahrnehmungsmuster nach Dawna Markova

Nachdenken über das Denken. Wie der Geist eines Kindes arbeitet

Das Denken verläuft keineswegs bei allen Menschen gleich. Offensichtlich denken wir alle unterschiedliche Gedanken. Weniger offensichtlich ist, dass jeder von uns auf einzigartige Weise denkt. In den meisten Lernsituationen zum Beispiel wird wenig darauf geachtet, wie Kinder denken. Gewöhnlich gehen die meisten von uns ohne darüber groß nachzudenken davon aus, dass die verschiedenen Menschen, denen wir begegnen, in ihren Denkweisen jeweils der unseren entsprechen. Tatsächlich gibt es aber sechs verschiedene Möglichkeiten zu denken. Es ist entscheidend, diese sechs Grundmuster der Informationsverarbeitung zu verstehen, damit ein Kind angemessen lernen kann.

Wechselnde Bewusstseinszustände

Dawna Markova erkannte aus ihrem Studium der Hypnotherapie, dass der Geist die Gedanken ‚verdaut‘, indem er sie auf drei verschiedenen Wegen, das heißt zwischen drei verschiedenen „Bewusstseinszuständen“, bewegt: durch das Bewusstsein, das Unterbewusstsein und das Unbewusste. Jeder dieser Bewusstseinszustände erfüllt beim Lernen seine spezifischen Aufgaben.

Ich zitiere in diesem Artikel aus ihren Büchern „Hausaufgaben ohne Stress“ und „Wie Kinder lernen – Eine Entdeckungsreise für Eltern und Lehrer“.

Probleme mit der Konzentrationen scheinen viele Kinder zu haben. Oft wirken sie abgelenkt, sprunghaft oder nicht so ganz bei der Sache. Lehrer und Eltern glauben dann meist, das Kind bekomme gar nichts mit. Doch das stimmt nicht immer.

Der Lernprozess vollzieht sich zum großen Teil im Verstand. Beim Lernen muss der Geist hellwach sein. Herrscht dort Verwirrung und Ablenkung vor, sprechen wir von Unaufmerksamkeit oder gar einer „Aufmerksamkeitsstörung“; doch genau genommen gehören diese Phasen des Abgelenktseins zum Lernen dazu. In dieser Zeit wendet sich die Aufmerksamkeit lediglich nach innen in einen anderen Bewusstseinszustand und verarbeitet die aufgenommenen Informationen.

Der Lernprozess ist viel komplexer als gemeinhin angenommen. Er besteht aus verschiedenen Phasen. Mit der Informationsaufnahme verhält es sich ähnlich wie mit der Nahrung: Damit neue Informationen vollständig verdaut werden können, müssen sie gekaut und geschluckt, vermischt und aussortiert, gespeichert und assimiliert werden. Genau dieser Prozess vollzieht sich im Verstand, wenn das Kind verwirrt, durcheinander oder unaufmerksam wirkt.

Betrachten wir diese Phasen also nicht als unproduktiv und „schädlich“. Geben wir stattdessen diesen verschiedenen Geisteszuständen neue Namen. Wir müssen diese Vorgänge in ihrer positiven Wirkung würdigen. Bei Konzentration, Verwirrung und Geistesabwesenheit handelt es sich letztlich um drei unterschiedliche Formen der Aufmerksamkeit: Konzentrierte, untersuchende und schöpferische Aufmerksamkeit. Sie vollziehen sich in verschiedenen Bewusstseinszuständen: dem Bewusstsein, dem Unterbewusstsein und dem Unbewussten. Alle drei Formen sind notwendig, wenn wir wirklich lernen, uns also neues Wissen aneignen wollen.

Was ich an diesem Ansatz so sehr mag, das ist der positive Blick und die damit einhergehende Entpathologisierung von Aufmerksamkeitsdefiziten aller Arten. Damit ist Markova im Bereich des Lernens für mich so wichtig wie Dabrowski, dessen Wirken im Bereich Intensität und Hochsensitivität Vergleichbares für Kinder erreicht hat – die Normalisierung von Ausnahmezuständen.

Stufe 1: Konzentrierte Aufmerksamkeit – Neues aufnehmen

Wenn wir den Lernprozess mit dem Verdauungssystem vergleichen, wäre das Bewusstsein der Mund: Dort beginnt man zu lernen: der Mund bildet den Eingang zum restlichen mentalen System, von dem die Informationen Aufgenommen und durchgekaut werden, während der Geist organisiert, wie jedes Detail vom Stoffwechsel verarbeitet wird. Mit dem Bewusstsein werden Informationen am leichtesten aufgenommen, organisiert, der Priorität nach geordnet, bewertet und wiedergegeben. Wenn ein Kind in dieser Modalität nicht denken kann, wird die Welt zu einem chaotischen Wirbel.

Üblicherweise nimmt man an, dass Kinder dann lernen, wenn sie bewusst denken, aber das wäre genauso, als würden wir den Vorgang des Essens nur dann als „essen“ bezeichnen, wenn wir die Nahrung im Mund haben. Dies ist nur der Anfang des Lern- bzw. Verdauungsprozesses, und nur ein kleiner Teil unseres Gehirns ist dieser Funktion gewidmet. Die Natur ist nicht dumm. Wir sind mit der Fähigkeit ausgestattet, für verschiedene Zwecke auf unterschiedliche Weise zu denken.

Kinder, die ihr Bewusstsein aktiviert haben, sind

  • hellwach.
  • Ihre Aufmerksamkeit ist auf die äußere Welt gerichtet und auf das, was darin passiert.
  • Sie sitzen auf der Kante ihres Stuhls und beobachten alles, was um sie herum geschieht.
  • Sie achten auf jedes Wort, nehmen leicht Informationen auf, ordnen sie logisch und bleiben bei der Sache.

Was geschieht in unserem Kopf, wenn wir uns konzentrieren?

Unter Konzentration versteht man die Fähigkeit, sich über einen bestimmten Zeitraum hinweg mit einer einzigen Sache zu beschäftigen. Es entsteht eine Art hungriger, aufgeregter Energie, ein Gefühl von Spaß, Genuss und schneller Befriedigung. Wir können uns mit unserer Aufgabe beschäftigen, ohne abzuschweifen. Wenn ich konzentriert bin, verhält sich mein Geist wie ein Laserstrahl, der alle störenden Gedanken, Bilder und Vorgänge ausschaltet. Dieser Zeitraum, wie lang er auch immer dauert, nennt sich Aufmerksamkeitsspanne.

Wir empfangen Daten und erkennen einen Sinn darin. Wir bemerken Einzelheiten, organisieren sie und ordnen sie in einen vertrauten Zusammenhang ein. „Das ist eine Geschichte über ein Mädchen in meinem Alter.“ „Bei diesem Experiment geht es um Magneten.“ „Dieses Lied klingt wie Beethoven.“ Ein Teil unseres Verstandes hält auch bei neuen Informationen immer das Bekannte im Auge und versucht, das Neue einzugliedern. Dadurch bekommen wir ein Gefühl von Sicherheit. Dieser Teil unseres Verstandes bringt Ordnung ins Chaos, schafft Struktur und Organisation.

Wenn wir uns konzentrieren, können wir Einzelheiten schneller aufnehmen und uns besser an sie erinnern. Diesen Teil unseres Verstandes können wir für eine Prüfung mit Wissen füllen. Er denkt schnell. Er kann etwas aufnehmen und es genauso wieder ausspucken — wie ein Kopiergerät, Roboter oder ein Audioaufnahmegerät. Es ist jener Teil unseres Verstandes, der nach der richtigen Antwort sucht, nach der einfachen Lösung. Hier verdauen wir Daten schnell.

Wenn wir uns konzentrieren, richtet sich unsere Aufmerksamkeit auf die äußere Welt. Wir verarbeiten viele Informationen, doch bleiben diese an der Oberfläche unseres Bewusstseins. So ist es bei den Hausaufgaben: Das Kind konzentriert sich auf den vorgegebenen Lernstoff und ordnet ihn neu. Dazu braucht es nur wenig Zeit und Anstrengung.

Sinnesreize steuern die Aufmerksamkeit

Wir glauben gemeinhin, dass manche Menschen besser fähig sind, sich zu konzentrieren als andere. Wir sind jedoch alle dazu in der Lage – nur die Tätigkeiten, auf die wir uns gut konzentrieren können, sind verschieden. Ein Kind zum Beispiel kann lange er Lieder anhören und selbst singen, in einem Museum aber völlig unfähig sein, sich zu konzentrieren. Seine Augen können bei einem Bild vielleicht nur wenige Sekunden verharren. Beim Zuhören hat dieses Kind also eine lange Aufmerksamkeitsspanne, beim Betrachten eine sehr kurze.

Ein anderes Kind kann sich nicht konzentrieren, wenn man ihn während seiner Beschäftigung etwas fragt oder mit ihm spricht, akustische Reize lenken ihn ab. Im Sportunterricht kann er sich jedoch über lange Zeit hinweg auf kinästhetische Aufgaben konzentrieren, seine Aufmerksamkeitsspanne ist hier viel länger als die seiner Klassenkameraden. Diese werden eher abgelenkt von all den Aktivitäten, denn kinästhetische Reize aktivieren bei ihnen untersuchende Aufmerksamkeit. Unbewusst lesen sie dann alle Schilder und Hinweise, die sie finden können, um sich wieder konzentrieren zu können.

Jeder der verschiedenen Sinnesreize löst also bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Formen der Aufmerksamkeit aus. Das geht weit über die klassischen Lerntypen hinaus, die sich meist nur auf die Ebene der konzentrierten Aufmerksamkeit beziehen.

Dennoch macht es Sinn, unsere Forschungsreise mit dieser Ebene zu beginnen. Mit Hilfe der folgenden Fragen können wir herausfinden, welche Sinnesreize die Konzentration eines bestimmten Kindes fördern:

Wie können wir ein Kind am besten auf uns aufmerksam machen?

  • So laut sprechen, dass das Kind uns hört.
  • sich vor das Kind stellen, damit es uns sieht.
  • das Kind berühren, damit es uns bemerkt.

Wie lernt und denkt ein Kind am schnellsten?

  • Wenn man mit ihm spricht oder ihm Fragen stellt.
  • Wenn es liest, schreibt, zeichnet oder etwas beobachtet.
  • Wenn es seine Hände oder seinen ganzen Körper einsetzt.

Wie begrüßt ein Kind unbekannte Menschen? Auf welche Weise geht es auf andere Menschen zu?

  • Durch Händeschütteln und gemeinsame Unternehmungen
  • Indem es Hallo sagt und ein Gespräch führt.
  • Durch Blickkontakt und intensives Betrachten der Umgebung des Fremden

An welche Einzelheiten erinnert sich das Kind am besten? Was prägt es sich schnell ein?

  • Wie die Dinge aussehen
  • Wie die Dinge gesagt werden
  • Wie die Dinge getan werden oder sich anfühlen

Wenn wir jetzt an die Augenblicke denken, in denen wir uns gemeinsam mit einem Kind freuten und staunten, können wir in jeder Kategorie eine weitere Antwort wählen:

Wann ist ein Kind wachsam und voll leistungsfähig? Wann kann es sich ausdauernd mit einer Sache beschäftigen?

  • Beim Spazierengehen, Sport, Essen, Basteln
  • Beim Reden, Singen, Radiohören, Musizieren
  • Beim Schreiben, Zeichnen, Saubermachen, Fernsehen, Lesen

Für jeden Lerntyp gibt es Aufgaben, die die Konzentration besonders fördern. Kinder, denen es leicht fällt, sich auf die für die Schule typischen visuellen und akustischen Tätigkeiten, wie Lesen und Schreiben, zu konzentrieren, betrachtet man meist als gute Schüler. Bei Kindern, denen das Optische oder das eigene Tun besonders wichtig sind, fördern Tätigkeiten wie Zeichnen oder Basteln die Konzentration. Eine andere kann sich am besten konzentrieren, wenn sie akustisch tätig werden muss, zum Beispiel wenn sie abgehört wird. Auf diesem Weg erinnert sie sich problemlos an das Gelernte. Manche können sich gut konzentrieren, wenn sie Fakten akustisch aufnehmen oder sich über Sprache ausdrücken. Ihnen hilft es, wenn sie beim Lernen ein Audio hören können.

Was wirkt konzentrationsfördernd?

Nicht alle Tätigkeiten wirken in gleicher Weise konzentrationsfördernd. Wenn wir wissen, auf welche Weise sich ein Kind am besten konzentrieren kann, können wir ihm bei den Hausaufgaben mit entsprechenden Vorschlägen helfen. Wann konzentriert sich das Kind automatisch? Im Sportunterricht? Wie können wir Bewegung in die Hausaufgaben integrieren?

Es hilft also, auf den Lerntyp unseres Kindes einzugehen. Ein kinästhetischer Lerntyp kann längere Texte in einem Schaukelstuhl lesen, das gleichmäßige Schaukeln unterstützt die Konzentration. Oder er kann die Liste mit Lernwörtern durchgehen, während er auf Rollschuhen eine Runde durch die Küche dreht. Als ich davon begann, auf meinen Kita-Seminaren zu erzählen, bekam ich begeisterte Rückmeldungen darüber. Ein Kind beispielsweise, das seit seiner Eingewöhnung noch nie im Morgenkreis mitgemacht hatte, weil es gar nicht sitzen wollte, konnte durch die Erlaubnis, sich währenddessen mit einem Klumpen Knete zu beschäftigen, nicht nur dabei sein, sondern auch einen Wortbeitrag geben. In meinem Kurs über Wahrnehmung, „Bang! – Erkenne und erweitere die Natur Deiner persönlichen Realität“ gelang es einer Teilnehmerin, die zu ihrem großen Frust beim Anhören geführter Meditationen immer eingeschlafen war, sich durch körperliche Impulse erstmals bewusst dabei wachzuhalten. Es lohnt sich also nicht nur, sich mit unserem Denkmuster zu beschäftigen, ich würde sogar versprechen wollen, dass die daraus gewonnenen Erkenntnisse nachhaltig lebensverändernd sein können.

Es kommt nun unter jedem Kapitel der Bewusstseinszustände, die wir fürs Lernen benötigen, eine Liste mit allen möglichen Kombinationen von Wahrnehmungskanälen und den jeweils charakteristischen Merkmalen. Diese Hinweise sind eine weitere Hilfe, um das Denkmuster eines Kindes zu bestimmen.

Kein Kind passt exakt in eine dieser Kategorien – dies ist bei niemandem der Fall. Zu jedem Muster gehört eine Reihe charakteristischer Verhaltensweisen und Eigenschaften, die sich bei den meisten Menschen gewöhnlich zusammen mit diesem Muster zeigen, aber wir sind alle auch Ausnahmen von der Regel. Unter den Menschen mit dem gleichen Muster gibt es eine große Variationsbreite. Wenn wir also die Liste durchgehen, sollten wir auf die Gesamttendenz achten und uns nicht in Einzelheiten verlieren.

Im bewussten Zustand wird der kinästhetische Kanal genutzt

Dein Sohn oder Deine Tochter:

  • lernt und erinnert sich leicht an körperliche Tätigkeiten
  • genießt sportliche Wettkämpfe
  • organisiert die Arbeit gut
  • beschreibt körperliche Empfindungen und Gefühle ohne Zögern
  • ist bei Bewegung oder bei Einsatz der Hände voll bei der Sache

Kinästhetischer Ausdruck (mit Händen und Körper etwas tun oder schaffen, Gefühle ausdrücken)

  • Eine Geschichte darstellen
  • Einen Bleistift spitzen
  • Ein wissenschaftliches Experiment durchführen
  • Ein Modell basteln
  • Würfeln
  • Eine Funkstation betreiben
  • Fußball spielen
  • An der Tür rütteln
  • Maschine schreiben
  • Spazieren gehen
  • Geschirr spülen
  • Lachen/weinen
  • In der Turnhalle trainieren

Kinästhetische Aufnahme (tasten, schmecken, riechen, empfinden)

  • Erdbeeren kosten
  • Den Körper bemalen
  • Ein Tier auf den Arm nehmen
  • Ein Modell berühren
  • Gewichte oder Zusammensetzungen vergleichen
  • Interessanten Dingen nachgehen
  • Schlafen
  • Den Regen auf dem Gesicht spüren
  • Einen Schluck Wasser trinken
  • Sich freuen
  • Das Mittagessen riechen

Im bewussten Zustand wird der auditive Kanal genutzt

Dein Sohn oder Deine Tochter:

  • lernt und behält Gehörtes sehr leicht
  • fühlt sich wohl beim Sprechen vor einer Gruppe
  • verfügt über einen detaillierten und passenden Wortschatz
  • ist beim Sprechen voll bei der Sache

Akustischer Ausdruck (etwas Hörbares schaffen)

  • Ein Gedicht aufsagen
  • Eine Frage beantworten
  • Eine mündliche Zusammenfassung geben
  • Einen Reim erfinden
  • Klangeffekte erzeugen
  • Mit einem Freund sprechen
  • Singen
  • Einen Witz erzählen
  • Um Hilfe bitten
  • Ein Thema diskutieren
  • Eine Rede halten
  • Anweisungen erteilen

Akustische Aufnahme (hören, zuhören)

  • Musik hören
  • Einer mündlichen Zusammenfassung zuhören
  • Eine Stimme erkennen
  • Einem Vortrag zuhören
  • Seinen Namen hören
  • Ein Gespräch belauschen
  • Den Geräuschen der Natur lauschen
  • Den Anrufbeantworter abhören
  • Ein Audio anhören
  • Eine andere Meinung anhören
  • Anweisungen entgegennehmen

Im bewussten Zustand wird der visuelle Kanal genutzt

Dein Sohn oder Deine Tochter:

  • lernt und behält Gesehenes sehr leicht
  • fühlt sich von Natur aus wohl, wenn er/sie gesehen wird, beim Schreiben oder beim Vorführen von Ideen
  • organisiert die Dinge visuell mit Listen, schreibt Dinge auf, sorgt dafür, dass etwas gut aussieht
  • ist sich visueller Details sehr bewusst
  • ist vor allem beim Vorführen oder Aufschreiben voll bei der Sache

Visueller Ausdruck (etwas Sichtbares schaffen)

  • Zeichnen/anmalen Malen
  • Einen Garten planen
  • Blickkontakt herstellen
  • Frisur und Schmuck auswählen
  • Farbzusammenstellung
  • Sein Zimmer dekorieren
  • Einen Test durcharbeiten
  • Handschrift üben
  • Ein schwarzes Brett gestalten
  • Eine Geschichte schreiben
  • Ein Schaubild erstellen Notizen machen
  • Satzstrukturen optisch darstellen

Visuelle Aufnahme (etwas sehen, beobachten, anschauen)

  • Ein Buch lesen
  • Ein Spiel anschauen
  • Ein wissenschaftliches Experiment beobachten
  • Einen Film anschauen
  • Fernsehen
  • Zeitschriften durchblättern
  • Einer Vorführung zusehen
  • In den Spiegel schauen
  • Aus dem Fenster sehen
  • Lesen, was auf der Tafel steht
  • Menschen beim Einkaufen beobachten
  • Die Sterne beobachten

Stufe 2: Untersuchende Aufmerksamkeit (Verwirrung, Durcheinander) – Neues einordnen

Im unterbewussten Zustand sieben die Kinder Dinge aus. Bemüht man noch einmal die Metapher vom Verdauungssystem, ließe der Ort des Unterbewusstseins sich mit dem Magen vergleichen: jener Stelle, an der die Dinge herumgewirbelt und vermischt werden. Die Nahrung hat nicht mehr die gleiche Form wie zu Anfang, als sie aufgenommen wurde, aber sie ist auch noch nicht soweit zerlegt, dass sie vollständig vom Körper absorbiert werden könnte.

Auf dieser Stufe des Lernprozesses machen die Kinder eine Pause, um die ankommenden Informationen zu betrachten und sorgfältig abzuwägen, inwieweit sie zu den Dingen passen, die sie bereits gelernt haben. Sie erörtern Fragen, kämpfen mit Gefühlen oder sehen eine Sache aus vielen unterschiedlichen Perspektiven vor sich. Dieser Teil ihres Geistes ist eine Art ‚Zubringerdienst‘; der das, was der bewusste Geist aufnimmt, nach hinten zur Gedächtnisbank des unbewussten Geistes befördert. Gleichzeitig transportiert er das, was die Kinder bereits gelernt haben, vom Speicher ihres unbewussten Geistes hin zum bewussten Geist, damit es ihnen zur Verfügung steht.

Das Unterbewusstsein ist der Ort, an dem die Kinder sowohl über die Dinge selbst verfügen, die von außen auf sie einströmen, als auch über deren Bezugsrahmen. Der unterbewusste Geist versetzt uns in die Lage, vom Zustand des Wachseins in tiefe Entspannung zu gleiten und aus der Entspannung zu aktivem Selbstausdruck zu gelangen. Ohne diese Fähigkeit müsste unser Geist alles ‚unzerkaut‘ schlucken.

Die Aktivitäten des Unterbewusstseins lassen sich so zusammenfassen:

  • Die Kinder sortieren die Informationen.
  • Sie wechseln zwischen Aufmerksamkeit und innerem Wegtreten.
  • Sie können ihre Aufmerksamkeit gleichzeitig nach innen und nach außen richten.
  • Sie geraten leicht in Verwirrung.

Wir alle kennen das zerknirschte Gesicht, die leicht angezogenen Schultern und das traurige Stimmchen: „Ich versteh’s nicht.“ Wahrscheinlich braucht das Kind nur zusätzliche Anregungen. Die neuen Informationen müssen in sein bisheriges Wissen eingeordnet werden. Dabei sind zusätzliche Sinnesreize hilfreich.

Anhand der folgenden Fragen können wir herausfinden, welche Sinnesreize einem Kind zusätzliche Denkanstöße geben und untersuchende Aufmerksamkeit auslösen:

Wann scheint das Denken des Kindes nach innen gerichtet zu sein?Wann wirkt es verwirrt?

  • Im Gespräch mit anderen? Sagt und meint es häufig etwas, um es sich dann wieder anders zu überlegen? Fällt es ihm schwer, beide Seiten einer Medaille zu sehen?
  • Wenn es etwas kaufen oder tun will und sich nicht entscheiden kann? Pendelt es zwischen der Wirklichkeit und seinen Wunschvorstellungen von der Welt hin und her?
  • Wenn es gerade etwas macht und plötzlich das Gefühl hat, dass alles verkehrt ist? Fühlt es sich oft zwischen widersprüchlichen Gefühlen oder Gedanken hin- und hergerissen?

Auf welche Weise probiert Dein Kind gern neue Dinge aus?

  • Es sagt immer wieder dasselbe, in vielen verschiedenen Formulierungen.
  • Es experimentiert mit der Erscheinungsweise der Dinge – es ordnet Möbel neu an, experimentiert mit Frisuren, Kleidern, Handschrift.
  • Es erfindet neue Regeln für alte Spiele.

Was hilft Deinem Kind dabei, Entscheidungen zu treffen?

  • Über alles zu sprechen
  • Die verfügbaren Möglichkeiten zu prüfen
  • Die Alternativen auszuprobieren, um zu sehen, ob sie Spaß machen

Welche der folgenden Fähigkeiten setzt Dein Kind nur zeitweise ein?

  • Verbale Äußerungen
  • Körperliche Betätigung
  • Schreiben oder Zeichnen

Was geschieht, wenn wir in Gedanken abschweifen?

Neue Informationen sind so tief in unseren geistigen Stoffwechsel eingedrungen, dass sie sich mit dem verbinden, was wir schon wissen. Unsere Aufmerksamkeit pendelt zwischen der inneren Welt und der äußeren Welt, zwischen unseren Erinnerungen und unseren aktuellen Erfahrungen hin und her. Wird unser Gefühl, den Sachverhalt zu kennen, auch nur ein wenig erschüttert, empfinden wir Verwirrung. Wir ordnen die neuen Informationen und versuchen sie in unser Denksystem zu integrieren. Wir erforschen neue Wege des Denkens und neue Möglichkeiten. Wir werden von neuen Informationen aus der Bequemlichkeit unserer alten Lerngewohnheiten gerissen, sind jedoch noch nicht fähig, neue Einsichten zu erlangen. Wenn wir uns zu diesem Zeitpunkt äußern sollen, tritt unsere Verwirrung zutage. Wir zögern, können uns nicht entscheiden, drucksen unschlüssig herum und überlegen es uns wieder anders.

In dieser Phase braucht unser Verstand Zeit zum Erforschen und Abwägen. Neugierde muss sich entwickeln können. Wir müssen neue Wege des Denkens und Handelns ausprobieren. Wir müssen uns eingehender mit unseren Problemen befassen, die alten Wege mit den neuen vergleichen, nachdenken, überlegen.

Wie oft gestatten wir uns, etwas auf diesem Weg zu erforschen? Wie oft erlauben wir es unseren Kindern? In dieser hektischen Welt erwartet man von uns, dass wir im Bruchteil von Sekunden Entscheidungen treffen. Doch das läuft der Struktur unseres Verstandes zuwider. Wir sind dann am leistungsfähigsten, wenn wir innehalten und über unsere Handlungen nachdenken; wenn wir uns für unsere Entscheidungen Zeit nehmen.

Kinder brauchen es in dieser Phase der Verwirrung lieber, eine kleine Pause einzulegen, um sich der Unterschiede zwischen dem Alten und dem Neuen bewusst zu werden. Es hilft, das Kind genau herausarbeiten zu lassen, was es schon weiß, und es dazu anzuregen, dieses vorhandene Wissen mit den neuen Informationen zu verbinden.

Bestimmte Aufgaben werden je nach Lernstil Verwirrung hervorrufen. Die möglichen Antworten eines Multiple-Choice-Tests können alle gleich erscheinen, sodass das Kind Zeit braucht, um sie im Einzelnen zu prüfen. Bei anderen Kindern führt eine einfache Diskussion zur Verwirrung; sie müssen erst die verschiedenen Argumente besprechen, bevor sie sich einem anschließen können. Andere Kinder wiederum kommen bei Versuchen im Sachkundeunterricht ins Grübeln. Sie wollen vielleicht ausprobieren, wie das Experiment auch auf andere Weise durchgeführt werden könnte.

Da wir diesen Aspekt des Lernens als „Verwirrung” und Unproduktivität betrachten, erhält die untersuchende Aufmerksamkeit in den meisten Lernsituationen nur wenig Raum. Doch wenn wir bereit sind, die der Verwirrung zugrunde liegende Neugier zuzulassen, wird das Kind viel effektiver lernen und mit dem Ergebnis seiner Bemühungen zufriedener sein.

Hier kommt nun die Merkmalsliste für die unterbewussten Wahrnehmungskanäle.

Im unterbewussten Zustand wird der kinästhetische Kanal genutzt

Dein Sohn oder Deine Tochter:

  • sortiert durch Ausprobieren oder tut etwas auf viele verschiedene Arten
  • richtet die Aufmerksamkeit nach außen über Bewegung, nach innen über Gefühle
  • kann gleichzeitig fühlen und sich bewegen
  • fühlt sich oft hin- und hergerissen

Im unterbewussten Zustand wird der auditive Kanal genutzt

Dein Sohn oder Deine Tochter:

  • sortiert Dinge durch lautes Nachdenken
  • richtet die Aufmerksamkeit nach außen durch Sprechen, nach innen durch Zuhören
  • kann gleichzeitig sprechen und zuhören
  • erörtert innerlich beide Seiten einer Unterhaltung

Im unterbewussten Zustand wird der visuelle Kanal genutzt:

Dein Sohn oder Deine Tochter:

  • sortiert durch Schreiben, Zeichnen oder visuelle Vorstellung der Ordnungsmöglichkeiten
  • richtet die Aufmerksamkeit nach außen über den Blick, nach innen über Visualisierung
  • kann mit offenen Augen äußere und innere Bilder gleichzeitig sehen
  • sieht Dinge gleichzeitig aus zwei Perspektiven

Stufe 3: Schöpferische Aufmerksamkeit (Geistesabwesenheit) – neue Ideen entwickeln

Der Wahrnehmungskanal, der die schöpferische Aufmerksamkeit auslöst, enthält die gestalterische Kraft des Geistes. Hier sitzt unsere Kreativität. Und gerade diesen Bereich wollen wir bei unserer Wahrnehmung meist gar nicht zulassen. Wenn ein Kind geistesabwesend wirkt, meinen wir, es würde nichts mehr lernen. Doch das stimmt oft nicht. Wenn ein Kind unerreichbar scheint, verträumt, zerstreut, abwesend, dann findet vielleicht gerade ein wichtiger Teil des Lernens statt.

Diese Tätigkeit des Unterbewusstseins bezeichnen wir als Unkonzentriertheit. Diese Einstellung müssen wir dringend verändern.

Im unbewussten Zustand wird neuer Lernstoff in bereits vorhandenes Wissen integriert. Erinnerungen dringen ins Bewusstsein vor, und auf einer sehr tiefen Ebene werden Informationen miteinander verknüpft. Auf dieser Ebene des Denkens entstehen Muster, indem Erfahrungen auf vielfältige Art zusammengestellt und neu geordnet werden und indem vermittelt wird, wie Dinge sein könnten. Hier befinden sich die ‚Innereien‘ des Geistes, die beständig die Form dessen verändern, was ‚verdaut‘ wurde, und die ‚Nährstoffe‘ zu jedem Körperteil weiterleiten. Während der rationale Geist die Informationen detailliert ihrer Bedeutung nach aufschlüsselt, ist das Unbewusste damit beschäftigt, Botschaften indirekt über Träume, Symbole, Bilder und Analogien in vielen Richtungen gleichzeitig zu vermitteln. Hier kreisen die Gedanken und befassen sich mit dem Gesamteindruck einer Situation. Ohne die Fähigkeit zu unbewusstem Denken müsste ein Kind ohne Kreativität und Erfindergeist auskommen.

Hier sind die Aktivitäten des unbewussten Geistes einmal zusammengefasst:

  • Die Kinder treten sehr leicht geistig weg.
  • Sie denken vorsichtig und am liebsten für sich alleine.
  • Sie erkennen eher eine Gesamtsituation als Einzelheiten.
  • Sie stellen kreative Verknüpfungen her.

Bei nach innen gewandter Aufmerksamkeit stellt der Verstand unter der Oberfläche des Bewusstseins eine Synthese her aus den neuen Informationen und früheren Lebenserfahrungen. Daraus erwachsen einzigartige neue Wege des Denkens. Wir können die schöpferische Aufmerksamkeit eines Kindes mit Hilfe folgender Fragen erforschen:

Wann neigt ein Kind zu Tagträumen? Wann verliert es sich in Gedanken?

  • Beim Lesen, beim Zeichnen und Malen, Bilder, beim Beobachten des Sonnenuntergangs, beim Fernsehen, Gesichter, Blickkontakt, Aussicht
  • Beim Spielen im Freien
  • Wenn es etwas mit seinen Händen tut, wenn es angefasst wird, wenn es eine Katze streichelt
  • Gefühle, Sinneseindrücke, Berührung, Bewegungen
  • Beim Musikhören, beim Beantworten einer Frage, Geräuschen, Stimmen, Lärm
  • Wenn es einem Gespräch oder einem Vortrag zuhört?

Welchen Tätigkeiten kommt das Kind am liebsten nur allein nach, weil es ihm peinlich ist, wenn andere zusehen?

  • Tanzen, Radfahren, Schwimmen, Schaukeln
  • Singen, Summen, Wortspiele, Imitation, Geschichten erzählen
  • Kritzeln, Malen, Schreiben, Zeichnen

Woran kann sich das Kind nur schwer erinnern?

  • An Gesichter und das Aussehen von Gegenständen
  • An die Aussprache von Wörtern, an Gehörtes
  • An seine Empfindungen und seine Aktivitäten

Welcher der drei Wahrnehmungskanäle löst schöpferische Aufmerksamkeit aus?

Die Assoziationen der schöpferischen Aufmerksamkeit führen immer wieder zu freudigen Überraschungen. So sitzt ein Kind in Gedanken, nachdem es auf eine Rechenaufgabe geschaut hat, plötzlich auf die Veranda ihrer Großmutter. Das Ergebnis der Aufgabe entsprach der Hausnummer der Oma. Auf der unbewussten Ebene der Synthese wurde eine Verbindung geknüpft.

Wir alle haben es schon erlebt, dass uns die Lösung eines Problems plötzlich vor Augen stand, als wir nach langen Bemühungen entnervt aufgaben und uns mit etwas anderem beschäftigten. In solchen Augenblicken kommt die schöpferische Aufmerksamkeit zum Zuge. Wir lassen von der verkrampften Konzentration ab und gewähren uns bei unserer Suche nach der Lösung eine Pause. In dieser Zeit stellt die schöpferische Aufmerksamkeit neue Verbindungen her und erschließt neue Möglichkeiten.

Wie können wir als Eltern diese „Geistesabwesenheit“ unseres Kindes als den entscheidenden Punkt anerkennen, der am meisten unserer Förderung bedarf? Wie können wir unserem Kind dabei helfen, sich die Zeit zum gründlichen Nachdenken zu nehmen – während es so aussieht, als würde es gar nichts denken?

Es gibt Aufgaben, die automatisch eine schöpferische Aufmerksamkeit auslösen. Um diese Art des Denkens, bei der Geistesblitze, Alternativen und neue Verhaltensmuster entstehen, geht es beim kreativen Schreiben und bei der Durchführung von Experimenten. Kinder, deren Aufmerksamkeit sich durch akustische Reize erweitert, werden vielleicht kreativ, wenn sie ihre Lieblingsmusik hören oder ein Lied summen. Kritzeln hilft Kindern, dieses schöpferische Bewusstsein durch visuelle Stimulation zu erreichen. Kinästhetisch orientierte Kinder erlangen diesen Zustand, wenn sie im Zimmer oder im Haus herumlaufen. Manchen Kindern fällt es schwer, diesen Geisteszustand zu erlangen, weil die Schule ständig von ihnen verlangt, sich mit den Gedanken anderer Menschen zu befassen. Wenn wir den Kindern Zeit lassen, üben Sie dieses schöpferische Denken regelmäßig. Dabei erholen sie sich und können neue Motivation entwickeln.

Hier kommt die Merkmalsliste für die dritte Wahrnehmungsebene.

Im unbewussten Zustand wird der kinästhetische Kanal genutzt

Dein Sohn oder Deine Tochter:

  • schaltet ab, wenn er/sie auf bestimmte Weise berührt wird oder sich bewegt
  • ist schüchtern oder zurückhaltend, wenn er/sie sich über Bewegung oder Berührung äußert
  • findet es leichter, ein allgemeines Gefühl zum Ausdruck zu bringen als bestimmte körperliche Empfindungen detailliert zu beschreiben
  • vergisst leicht, wie körperliche Tätigkeiten ausgeführt werden

Im unbewussten Zustand wird der auditive Kanal genutzt

Dein Sohn oder Deine Tochter:

  • schaltet ab, wenn er/sie zu viele Worte hört
  • ist schüchtern oder zurückhaltend beim Sprechen, besonders mit Fremden oder in Gruppen
  • vergisst leicht Gesagtes, Begriffe oder Titel, erinnert sich an den Tonfall

Im unbewussten Zustand wird der visuelle Kanal genutzt

Dein Sohn oder Deine Tochter:

  • schaltet ab, wenn er/sie etwas zu lange betrachtet
  • kann schüchtern sein, wenn er/sie sich durch Schreiben oder Zeichnen ausdrücken soll
  • kann sich leichter an einen Gesamteindruck als an visuelle Details erinnern
  • vergisst leicht, was er/sie gelesen oder gesehen hat

Abschalten gehört zur Konzentration

Wenn sich ein Kind nicht auf die zu erledigenden Aufgaben konzentrieren kann, kann sein Verstand vielleicht einfach nichts Neues mehr aufnehmen. Es braucht eine Ruhepause, um die Themen eingehender zu durchdenken. Dann müssen wir ihm beim Abschalten helfen.

Doch was bedeutet „Abschalten“? Es bedeutet im Wesentlichen, seinen Geist loszulassen, einer anderen Beschäftigung nachzugehen, ein Bad zu nehmen, Musik zu hören, spazieren zu gehen oder zu kneten. Manchen Kindern hilft es, sich Tagträumen hinzugeben, zu zeichnen oder eine Flamme zu beobachten. Andere ziehen sich an einen ruhigen Ort zurück, lauschen den Geräuschen der Natur, summen ein Lied oder spielen Klavier.

Es ist wichtig, einem Kind in dieser Situation nicht zu viel Inhalte anzubieten. Wenn es fernsieht oder Comics liest, kann es nicht abschalten. Auf diesem Weg wird der Geist nur noch weiter angefüllt. Auch beim Singen oder bei Arbeiten im Haushalt kann man nicht abschalten. Stattdessen, gilt es, einfach dazusitzen, sich auszuruhen, zu schaukeln, ein Lied zu summen oder zu pfeifen oder die Katze zu streicheln. Ein Kind ist nicht undiszipliniert oder faul, wenn es sich ablenken lässt.

Die drei Formen der Aufmerksamkeit werden nicht durch Zauberei herbeigeführt, sondern durch die Wahrnehmungen des Kindes. Wenn wir diese verschiedenen Aufmerksamkeitszustände und Wahrnehmungskanäle verstehen, können wir jedes Problem in der richtigen Weise angehen: konzentriert, untersuchend oder schöpferisch. Wir sollten regelmäßig die Wahrnehmungskanäle wechseln und Verständnis für die der Verwirrung und Geistesabwesenheit zugrunde liegenden Bewusstseinszustände zeigen. Betrachten wir Verwirrung als Neugierde und Geistesabwesenheit als etwas Positives! Geben wir unseren Kindern die Zeit, abzuschalten!

Wenn wir Kindern auf ihrem Weg durch die Aufmerksamkeitsspirale der verschiedenen informationsverarbeitenden Bewusstseinzustände helfen, ermöglichen wir ihnen neue Erfahrungen zu integrieren. Wir helfen ihnen dabei, ihre Denkfähigkeit und kreative Begabung voll und ganz zu entfalten.

Egal, ob wir das Denkmuster eines Kindes direkt erkannt haben oder nicht: Es hilft, die Aufmerksamkeit abwechselnd auf einzelne Verhaltensweisen des Kindes zu richten und dann wieder auf deren Gesamtheit. Bleibe nicht bei einem Merkmal oder einem Wahrnehmungskanal hängen, um davon sofort auf ein Muster zu schließen.

Wenn Du das Wahrnehmungsmuster Deines Kinds erforschen möchtest, dann gehe von dem hier Gelesenen zu euren gemeinsamen Alltagserfahrungen über. Beteilige auch das Kind an diesem Prozess. Bitte es, Dir etwas beizubringen. Das könnte etwas sein, wofür es im sich Augenblick sehr interessiert, was auch immer das sei!

Es ist tatsächlich nicht ganz einfach, die einzelnen Sinne auseinander zu halten, denn an vielen Beschäftigungen sind mehrere Sinne beteiligt. Vielleicht setzt Dein Kind bei seinen Lieblingsaktivitäten sogar alle Sinne ein. Beim Klavierspielen werden z. B. alle Sinne aktiviert: Durch das Ablesen vom Notenblatt (visuelle Aufnahme) werden mit Hilfe der Finger (kinästhe- tischer Ausdruck) Töne erzeugt (akustischer Ausdruck), während man gleichzeitig hört und spürt, was man spielt (akustische und kinästhetische Aufnahme). Es kann auch vorkommen, dass zwei Menschen dasselbe tun, sich dabei aber auf verschiedene Sinne konzentrieren, zum Beispiel beim Malen. Der eine malt gern, um etwas Schönes zu schaffen (visuell orientiert). Für den anderen bietet das Malen vor allem die Gelegenheit, körperlich aktiv zu sein oder Gefühle auszudrücken (kinästhetisch orientiert).

Die sechs Wahrnehmungsmuster

Dawna Markova hat wie erwähnt aufgrund des hier vorgestellten Modells sechs verschiedene Typen von Denkmustern vorgestellt, da bei jedem von uns ein jeweils anderer Sinneskanal eine bestimmte Bewusstseinsstufe triggert. Um diese Sechs hier zumindest eimal kurz vorgestellt zu haben, möchte daher mit ihren praktischen Hinweisen für Lehrer enden, die uns Eltern sicherlich auch in der Hausaufgabenbegleitung helfen. A steht für Auditiv, K für Kinästhetisch, V für Visuell. Die Reihenfolge lässt erkennen, dass der erste Kanal das Bewusste, der zweite das Unterbewusste und der dritte das unbewusste Lernen fördert.

Die Anführer der Meute Was AKV-Kinder brauchen
AKV-Kinder lernen am besten durch Zuhören und Diskutieren oder durch Wiederholung des Gehörten. Sie verlangen viel verbale Aufmerksamkeit, es ist wichtig, dass sie immer die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen. Den Stoff behalten sie am besten, wenn er an eigene Erfahrungen anknüpft. AKV-Schüler können recht gut mit Hintergrundlärm arbeiten. Lesen und schreiben lernen sie am besten mit einer Ganzheitsmethode, bei der sie Geschichten über eigene Erlebnisse schreiben und sich die Wörter im Kontext aneignen können. Da das Schreiben der Buchstaben ihnen möglicherweise Schwierigkeiten bereitet, ist es günstig, wenn sie zunächst sehr groß schreiben dürfen. Wenn möglich, sollte ihnen der Lernstoff anhand kürzerer Texte oder mündlich vermittelt werden. Im Klassenzimmer sollten bestimmte Flächen an der Wand von Bildern und Zetteln freigehalten werden. Ein Sitzplatz nahe am Fenster ist günstig. Die Kinder müssen sich bewegen können.

Die Wortakrobaten Was AVK-Kinder brauchen

AVK-Kinder lernen am leichtesten durch Zuhören und Diskutieren. Ihnen hilft es, wenn einer Lektion, einer Tätigkeit oder einem Vortrag ein mündlicher Abriss des Inhalts vorangeht. AVK- Kinder sollte die Gelegenheit geboten werden, das, was sie lernen, laut mit eigen Worten zu wiederholen, damit sie hören können, was sie denken. Dieses Bedürfnis kann auch für den Unterricht genutzt werden Bitte AVK-Kinder, einen Gedanken oder eine Lektion für die
Klasse zusammenzufassen. Suche für diese Schüler nach Gelegenheiten, andere zu unterrichten.

AVK-Kinder lernen phonetisch lesen. Beim Schreiben brauchen sie Anregung: Erarbeite mit ihnen Schritt für Schritt den Aufbau eines Textes, arbeite mit Anschauungsmaterial oder übe mit ihnen Visualisieren, um ihre Phantasie anzuregen. Erkläre praktische Arbeiten oder Versuche in kleinen Schritten, so dass die Kinder genügend Zeit haben, sie nachzuvollziehen und sich nicht unter Druck gesetzt fühlen.

Fit durch Bewegung – Was KAV-Kinder brauchen

KAV-Kinder lernen am erfolgreichsten anhand von praktischen, konkreten Erfahrungen. Am besten merken sie sich Dinge, die unmittelbar nützlich sind oder in irgendeiner Weise an Erlebnisse anknüpfen. Berührung, Geruch und Geschmack sind dabei besonders wichtig. KAV-Kinder lernen sehr gut, wenn sie den Lernstoff verkörpern können. Sie brauchen immer wieder Pausen und müssen sich beim Zuhören bewegen können. Sie arbeiten gut in Gruppen. Lesen und schreiben lernen sie am besten mit einer Ganzheitsmethode: Lasse sie Erlebnisse aufschreiben und dann die Wörter, die sie geschrieben haben, im Kontext lernen. Mündliche Erklärungen fruchten bei ihnen mehr als schriftliche. Erlaube ihnen, Dinge auszuprobieren. Auch das, was sie gelernt haben, zeigen sie besser in Diskussionen oder Sketchen als in schriftlichen Arbeiten. Handschrift und Rechtschreibung sind bei diesen Schülern Problempunkte. Am besten ist es, wenn sie dabei ihren Körper und ihre Stimme sooft wie möglich einsetzen können. Lasse sie das Schreiben mit sehr großen Buchstaben üben, eventuell an der Tafel oder an einer Staffelei, damit sie mit ihrem ganzen Körper arbeiten können. Buchstaben lassen sich auch üben, indem die Kinder sie in die Luft, in den Sand oder mit Fingerfarbe auf Papier malen und dabei laut aufsagen. KAV-Kinder sitzen am besten am Fenster. Im Klassenzimmer sollten nicht alle Wände mit Bildern oder Zetteln bedeckt sein.

Beweglich und voller Wissbegierde – Was KVA-Kinder brauchen

KVA-Kinder lernen am leichtesten durch praktisches Tun: bei Exkursionen, anhand von Modellen und realen Gegenständen, die sie riechen, berühren und fühlen können. Sie sollten sehen können,worüber gesprochen wird. Lernsituationen sollten deshalb möglichst konkret sein und Bezug zum Leben der Kinder haben. Erläuterungen mitten in einer Demonstration können bei ihnen zu Verwirrung führen. Sind Erklärungen nötig, hlft es ihnen, wenn in kleinen Schritten vorgegangen und ihnen zusätzlich ein Modell oder eine Abbildung gezeigt wird. KVA-Kinder müssen sich bewegen können, wenn ihre visuelle Aufmerksamkeit gefordert ist. Für sie ist es besonders wichtig, Dinge auf eine Art lernen und wiedergeben zu können, die nicht nur Sprechen und Zuhören umfasst. Allein durch Zuhören lernen sie kaum. Fordere sie auf, sich Notizen zu machen, Lesekärtchen zu verwenden, zu zeichnen oder zu kritzeln, während sie zuhören oder lernen. Gib ihnen Gelegenheit, das Gelernte in Vorführungen oder Spielen zu demonstrieren, bei denen ihre Hände und ihr ganzer Körper beteiligt sind. Erlaube ihnen, Stichwortzettel und Anschauungsmaterial zu benutzen oder sich vorzubereiten, wenn sie etwas mündlich vortragen müssen. Berühre sie gezielt, um ihnen die für sie typische Angst vor der Schule zu nehmen. Suche nach kreativen Möglichkeiten, ihren mündlichen Wortschatz zu erweitern.

Die mit den Augen fühlen – Was VKA-Kinder brauchen

VKA-Kinder brauchen im Unterricht Anschauungsmaterial und Gelegenheit, sich zu bewegen und zu erfahren, was sie lernen. Bereite für diese Kinder sowohl schriftliche als auch mündliche Anleitungen vor. Wenn ihnen etwas vortragen wird, sollten sie vorher einen kurzen Abriss davon gehört haben. Fordere die Kinder auf, sich Notizen zu machen oder Mindmaps anzufertigen. (Dabei werden Wörter oder Symbole nichtlinear zusammengestellt.) Unterbrich längere Vorträge durch Versuche und Demonstrationen, zeige Tabellen, Abbildungen, Bilder und anderes Anschauungsmaterial. Beim Lesen hilft es, von einer Methode auszugehen, die das Sehen in den Vordergrund stellt. Bildkärtchen sind für diese Kinder gut. Das Leseverständnis der Kinder wird durch die Ermutigung gefördert, ihre natürliche Fähigkeit des Visualisierens einzusetzen: zum Beispiel, indem sie sich bildlich vorstellen, was sie gerade lesen. VKA-Kindern sollten praktische Fertigkeiten möglichst ohne mündliche Erläuterungen gezeigt bekommen und sie dann gleich selbst probieren dürfen. Stärke bei diesen Kindern das Gefühl von Kompetenz. Biete ihnen mehrere Lösungswege für eine Aufgabe an und lasse sie wählen. Akzeptiere, wenn sie sich plötzlich umentscheiden. Ermutige die Kinder, eine Sportart auszuüben oder ein Hobby zu wählen, bei dem sie mit den Händen arbeiten können. Biete ihnen im Unterricht die Chance, statt in Form eines Referats ihr Wissen auf andere Art zu demonstrieren. Dränge sie nicht zum Sprechen. Lasse ihnen Zeit zum Überlegen. Bewegung hilft ihnen oft, die richtigen Worte zu finden. Schreiben trägt zur Klärung ihrer Gedanken bei. Ermutige VKA-Kinder zu kreativem Schreiben.

Große Show mit vielen WortenWas VAK-Kinder brauchen

VAK-Kinder lernen leicht, was sie lesen und gezeigt bekommen. Lesen lernen sie am besten phonetisch. Sie schreiben klar, präzise und weitgehend fehlerlos. Ermuntere sie, viele verschiedene Dinge zu schreiben, von persönlichen Erlebnissen bis zu Dialogen, Gedichten und Phantasiegeschichten. Arbeitsblätter kommen bei ihnen gut an. Schriftliche Anleitungen reichen für sie aus, obwohl durch Nachfragen sichergestellt werden sollte, dass sie alles verstanden haben. Die üblichen Tests sind für sie durchaus geeignet. Arbeitsprojekte, Spiele und mündliche Berichte erfordern etwas Anstrengung und sollten gefördert werden.

Die Arbeit in einer Gruppe mit Schülern desselben Musters müsste bei VAK-Kindern gut gelingen. Sie brauchen Zeit, um ihre Meinungen laut zu diskutieren und Argumente zu ordnen. In den naturwissenschaftlichen Fächern und beim Sport sollten ihnen neue Aufgaben erst gezeigt und mit ihnen durchgesprochen werden, ehe sie selbst ‚zur Tat schreiten‘. Um strukturierte Bewegungsabläufe zu erlernen, brauchen sie die visuelle Vorstellung davon, wie ihr Körper bei der entsprechenden Übung aussehen wird. Außerdem ist ein Feedback nach der Übung wichtig. VAK-Kinder sollten die Möglichkeit haben, selbständig zu üben, um ihr Selbstvertrauen zu stärken.

Das waren sie, die Denkmuster.

Es fällt uns nicht sehr schwer zu erkennen, wann Kinder verwirrt oder zerstreut sind oder abschweifen. Viel schwieriger wird es für uns sein, die bisherigen negativen Deutungen dieser Verhaltensweisen aufzugeben. Denn wie wir nun wissen: Das alles gehört zum Lernprozess dazu!

Viel Spaß beim Erforschen!

Ausgerechnet Engel!

Es gibt eine neue Ressource in meinem Leben.

Engel.

Als ich mich 2020 mit einem der Menschen verband, die sich eine Selbstzertifizierung von mir gewünscht hatten, sah ich zum ersten Mal Engel.

Ich fühlte: Dieser Mann wird von Engeln umarmt.

Das ist nun nichts, was ich damals als Teil meiner Lebensrealität hätte anerkennen können. „Die geistige Welt – was soll das sein?“, hörte ich mich noch 2020 sagen.

Ich habe also sehr davor zurückgescheut, mit dieser Wahrnehmung rauszugehen, aber es kam keine andere, also traute ich mich nach einer Weile doch. Und es wurde zu meiner großen Verwunderung mit Selbstverständnis aufgenommen. Ja, Engel waren Teil seiner Welt.

Puh!

Ich zertifizierte es mir mit. So als selbsterfüllende Prophezeiung.

Danach rief es mich 2022, bei Bianca Stork mitzumachen. Es ist eine wahre Freude, ihr beim Arbeiten zuzusehen.

Bianca Stork steht für Tierkommunikation und hat das Netzwerk Seelenleuchten erschaffen. Ich durfte beim ersten Kurs dabei sein, den sie nach ihrem speziellen Konzept der Abschiedsbegleitung ausgebildet hat.

Zum Glück hinterfrage ich sowas nicht mehr mit dem Verstand und folge dem Impuls, ohne den Hintergrund zu kennen, warum das so sein soll. So viel habe ich im Laufe meines Lebens über mich gelernt, dass ich meine Intuition nicht leben kann, wenn ich ihr nicht folge.

Bianca hat mir das Feld der Engel geöffnet. In einer Meditation rief sie einige hintereinander zu uns, auf dass wir ihre Energien spüren mögen.

Und einer davon gab mir seine Lichtsprache und sang durch mich. Ich wurde von seiner Liebe förmlich geflutet.

Das war so wunderschön, dass ich es hinterher in der Gruppe erzählte. Und so kam es, dass ich auf die Bitte der Gruppe hin nach und nach alle Engel durch meine Stimme fließen ließ. Und die Rückmeldung war, dass ihre Präsenz für viele noch spürbarer wurde. Meine Durchgaben bewirkten etwas für andere.

Und auch für mich.

Ich lerne, zu empfangen. Mich aufzumachen. Mich als Teil eines hilfreichen Universums zu empfinden, getragen und beschützt. Mich der Liebe zu öffnen.

Als Meisterin der Selbstregulation, die ihre unsicher vermeidende Bindung hinter sich lassen möchte, spüre ich zudem, dass es sich um einen phantastischen Zwischenschritt für mich handelt. Wenn ich bedingungslose Liebe durch die Engel annehmen kann, werde ich mich auch der Koregulation durch andere Menschen leichter öffnen können. Challenge accepted!

Meine Experimente mit Lichtsprache haben mich dazu geführt, dass ich immer mehr Menschen mit ihren Ahnen, geistigen Helfern, ihren Spirit Guides, ihrem persönlichen Schutzengel und anderen Engeln, sogar ihren Haustieren, Walen und ihren vorangegangenen Angehörigen verbunden habe. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Alle melden mir zurück, dass sie ein tiefes Geliebtsein, einen Frieden empfinden, wenn sie die Durchgaben anhören. Es fließen Tränen der Rührung.

Ich bin dankbar, dass sich dieses neue Wirkungsfeld für mich eröffnet hat.

Wie ich so bin, vertiefe ich das Wissen über Engel gleich bei DEM Lehrer, der seine Engel schon durch sein Engel- und Ahnen-Orakelset in mein Leben geschummelt hat. Kyle Gray. Durch seine unpragmatische und bodenständige Ausbildung habe ich mich täglich mit dem Feld der Engel verbunden und durfte das Gefühl von Geführtsein in meinem Leben deutlich verstärken. Auch die Anzahl von Synchronizitäten, positiven Überraschungen und Geschenken des Lebens erhöhte sich deutlich.

Dabei sind es im Grunde nur zwei ganz einfache Impulse, die ich von ihm umgesetzt habe.

Thank you, Angels, for reminding me of your presence

– Danke, Engel, dass ihr mich daran erinnert, dass ihr da seid.

Das spreche ich, wann immer ich tatsächlich an eine höhere Präsenz erinnert werde – und das ist ziemlich häufig. Ich habe mir allerdings auch schon länger angewöhnt, immer wieder meine Realität zu überprüfen, indem ich kleine Reality Checks über meinen Bewusstseinszustände in den Tag einbaue, und daher bin ich es gewohnt, auf solche Veränderungen in der Energie zu achten. Es können auch ganz kleine Auslöser sein – wie eine Vogelfeder oder eine Mini-Synchronizität.

Thank you, Angels, for revealing to me what I need to know

– Danke, Engel, dass ich alle Informationen erhalte, die ich brauche.

Auch hier habe ich mir bereits länger die Gewohnheit aufgebaut, Fragen zu inkubieren, und zwar nicht nur in meinem Träumen, sondern generell auch Fragen in den Tag zu geben, an das Universum eine Frage zu stellen und offen zu sein für Antworten, die auf die verschiedenste Arten und Weisen in mein Leben kommen können. Das wirkt dann wie ein Orakel. Die Engel scheinen da für mich noch einen Turbo eingebaut zu haben.

Mir fällt dafür gerade ein lustiges Beispiel ein, das ich gerade auf Reisen erlebt habe. Es ging um ein Traumzeichen auf die Frage zu meiner momentanen Lebenssituation. Schlicht und ergreifend: Ich werde alt.

„Ich sah in Frankreich einen Wagen mit der Werbeaufschrift „CHRONO flex“ und habe mir begeistert vorgestellt, in welchen Momenten ich ihre Dienste liebend gern in Anspruch nehmen würde, die Anwendungsmöglichkeiten sind ja nahezu unerschöpflich.

Ein wenig später dachte ich also darüber nach, dass ich nun wohl endgültig die Zeit der Menopause erreicht habe, und dass das ja auch schon irgendwie überfällig war, so wie ich ja auch eher spät in die Pubertät gekommen bin, und dass die Menopause mich von ihrer Gefühlslage her tatsächlich stark an meine Pubertät erinnert – da steht in genau der Sekunde ein Belgier vom Rastplatz auf und geht in sein Auto zurück.

Auf dem Rücken seines T-Shirts prangt das Banner „MENO pro“.

Ich musste lachen. Genau! Ich nehme die Traumzeichen, wie sie kommen.

Die Botschaft, die das Universum da für mich hatte, lautet: Ich bin so weit.

Jahrzehntelang habe ich herumgegrübelt, wer ich wohl sein kann ohne meinen Zyklus. Wenn ich mich über etwas definiere, dann ist es mein Zyklus. Ich bin eine Frau! Es gibt sogar eine Selbstzertifizierung von mir: „Zyklus forever“.

Und jetzt ist die Frage wie vom Tisch genommen. Mein nächster Lebensabschnitt darf kommen. Einfach so. Ich muss es gar nicht wissen.

Die einzige Frage, die für mich gerade relevant ist, lautet jederzeit: Was ist mein nächster Schritt? Mehr brauche ich nicht. Danke, Universum!“

Die Geschichte geht noch weiter.

Als ich wenige Wochen später im Rahmen meines Kurses in Selbstzertifizierung den 3-2-1-Schattenprozess angeboten habe (eine Schreibübung, mit der ich meine Triggerthemen genauer beleuchten und auflösen kann), bin ich mit dem Thema meiner Menstruationseskapaden hineingegangen, die mein Körper sich da gerade zur Vorbereitung auf meinen kommenden Lebensabschnitt erlaubt, der Menopause…

Da wurde es dann interessant.

„Ich erinnere dich daran, dass das Leben sich abspielt, ohne dass Du groß daran beteiligt bist. Du hast keine Kontrolle. Du kannst Dich dagegen stellen, Du kannst mitfließen. Es geht weiter. Leb damit oder geh gegenan. Ich bin das Alter. Du bist sterblich. Halte nicht an Vergangenem fest! Ich will gar nichts von dir, ich greife dich nicht an. Ich bin einfach. Du fühlst dich nur angegriffen. Ich komme aus dem Feld der Schöpfung, aus dem körperlichen Evolutionsfeld, dem das Individuum egal ist.

Ich bringe dich dazu, besser auf dich zu achten und dein Augenmerk auf deine Körperprozesse zu legen. Du denkst darüber nach, was dein Körper brauchen könnte. Ich bringe dich dazu, dich dir selbst zuzuwenden. Liebe dich so, wie du bist, ob mit oder ohne Zyklus. Du bist du.

Und daraus entsprangen dann einige Selbstzertifizierungen.

„Ich bin das Leben. Ich bin sterblich. Ich bin einfach. Ich will gar nichts. Ich bin hier. Ich bin jetzt. Ich bin ich.

Wenn ich bin, dann gibt es keine Kontrolle, nur Hingabe.“

Ich brauchte dafür eine dramatischere Umsetzung:

Kürzlich ging es mal wieder um Tod und Sterben im Monatstreffen meines Selbstheilungskurses „Umarme Deine Symptome„. Wir haben schließlich unsere ganze Zivilisation auf der Vermeidung dieses Themas aufgebaut, und wenn man wie ich danach ruft, Symptome zu umarmen, dann hat man das irgendwie automatisch mitgebucht, dass es immer wieder aufpoppt.

Ich habe für diese Selbstzertifizierung nicht umsonst das Design mit dem Sensenmann gewählt. Für mich gehört der Tod zum Leben dazu.

Und dann rief jemand aus: Wo sind denn die Engel, wenn man sie braucht!?

Na, da! – sobald man diesen Gedanken ausgesendet hat, sind sie da!

Und als wir dann weitersprachen, durchfuhr mich tatsächlich ein Ruck, die Energie shiftete, und ich spürte, Azrael war gekommen. Der Engel des Todes. Der Engel der Übergänge. Und als ich darum bat, sein Lied singen zu dürfen, floss es kraftvoll, und spürbar nur durch ein einziges Chakra.

Durch mein Herzchakra.

Der Tod ist die reine Liebe.

Tags darauf drängt es mich, alte Unterlagen durchzusehen. Und plötzlich höre ich eine Nachricht aus dem Oktober 2020. Mir wird ein „verborgenes Engelpotential“ weitergegeben, das in meinem Halschakra steckt.

„Liebe spricht aus mir.“

Drei Jahre.

Es hat drei Jahre gedauert, bis ich bereit war, diese Botschaft in mich einzulassen.

Und da ich mich akut gerade sehr mit Lebensvisionen beschäftige, wurde mir die Erinnerung an eine weitere Vision vor Augen geführt, die ich 2004 hatte. In Wahrheit ist alles noch viel schlimmer!

Damals habe ich an einer achtmonatigen Visionssuche an einer Heilpraktikerinnenschule teilgenommen, bei der wir zum Abschluss eine Nacht unter dem Sternenhimmel verbracht haben. Wir sollten unsere Vision nachts in der Verbindung mit den Sternen und der Erde empfangen. Und ich weiß noch, wie wenig ich letztendlich damit anfangen konnte. In der Nacht hatten sich die Sterne zu einem Engel geformt. Den ich immer wieder sah, wenn ich die Augen öffnete.

Das war mir alles zu schwülstig.

Somit habe ich nun nach fast zwei Jahrzehnten endlich meine Abwehr und meinen Widerstand losgelassen.

Es dauert so lange, wie es dauert. Das habe ich mir 2019 zertifiziert. Als ich eben nachschaute, wie dieses Mantra zu mir kam, stand doch tatsächlich daneben, dass mir dabei der Engel des Loslassens an die Seite gestellt wurde.

Aua!

Die Engel sind ja plötzlich überall!

Ich bin wohl das beste Beispiel für langsames und doch stetiges Reinwachsen in die gegebenen Lebensaufgaben. Nach und nach verändere ich die Natur meiner persönlichen Realität, so gut ich es eben integrieren kann.

Das mit den Engeln anzunehmen, das war anscheinend eine sehr sehr große Herausforderung für mein System. Ich nehme an, dass es mir um 2004 herum auch schon gelungen war, die Lichtsprache abzubestellen – denn die wollte ich ja ebensowenig haben.

Ich gelobe feierlich, meine Tabus immer weiter fallenzulassen. Ich werde mich nicht weiter zensieren. Es sollte keine Verbote in meinem Leben geben, über Engel zu sprechen. Engel sind reine Liebe. Und es ist ein Geschenk, diese Liebe weitergeben zu dürfen. Vor allem, wenn es durch ein Instrument der reinen Liebe geschieht, wie die Lichtsprache sie mit ihrer direkten Kommunikation von Herz zu Herz darstellt.

Wenn Du neugierig geworden bist bist und die Energie Deiner eigenen Lichthelfer spüren möchtest (die wahrscheinlich entzückt sein werden über die plötzliche Aumerksamkeit, das neue Interesse und die Option darauf, ihren Job in Deinem Feld endlich tun zu dürfen), oder etwas ganz anderes, das ich jetzt gar nicht angesprochen habe – melde Dich unkompliziert.

Mein Einführungspreis für eine individuelle Durchgabe in Lichtsprache liegt bei 33 €.

Oder hüpf spontan in meinen nächsten Kurs, der im September 2023 beginnt. Da werden wir uns nämlich auch, und zwar gegenseitig, mit unseren Lichthelfern verbinden. und noch viel mehr!

Ich nenne ihn BANG! Aufgrund seiner durchschlagenden Wirkung! Denn ich bin nicht überall so langsam unterwegs. Manchmal bin ich kaum zu bremsen.

Ungebremst. Das wird mein neues Schlagwort sein.

Spätestens mit Hilfe der Engel kann mir nichts mehr passieren.

Kinder möchten frei sein von den Träumen, die ihre Eltern für sie haben

Als Dozentin für Bildungs- und Lerngeschichten bin ich davon überzeugt, dass ein „auffälliges Kind“ sich verändert, wenn es mir durch eine sachliche Beobachtung dessen, was ist – ohne Assoziationsketten, ohne Interpretation oder Bewertung und vor allem ohne persönliche Trigger – gelingt, einen anderen Blick auf es zu bekommen, als ich ihn vorher hatte. Es funktioniert. Ich habe es oft genug bezeugen dürfen.

Ein Kind spürt es unmittelbar, wenn ich ihm gegenüber eine andere Erwartungshaltung an den Tag lege – dass ich es für möglich und denkbar halte, dass es sich neu verhält. Daraufhin wird es sein Verhaltensrepertoire erweitern und nach und nach seine Schublade in meinem Kopf verlassen können. Es wird sich darüber ehrlich freuen, nicht mehr so festgelegt zu werden, sich öffnen und das nach außen ausstrahlen.

Und das wiederum spüren sofort andere, Kinder wie Erwachsene, und verhalten sich ihm gegenüber ebenso neu. Alle sind ein Stück befreit von den Rollen und Zuschreibungen, die sie unreflektiert übernommen haben. Und schwupps hat mein veränderter Blick für das Kind eine neue Welt geschaffen. Alles, was es braucht, ist Vertrauen.

Was für pädagogische Fachkräfte gilt, für die es ein ganzes Set von Werkzeugkoffern gibt, um zu üben, wie sie Kindern unvoreingenommen begegnen können, das gilt für Eltern ganz besonders.

Eltern bewegen sich meist in noch viel stärkeren Spannungsfeldern.

Da ist das Familiengeheimnis, das wenige Generationen zuvor von jemandem begraben wurde und unbemerkt herumwuchert.

Da ist das ungeborene Geschwisterkind, dessen ungeahnter Verlust beim Nachgeborenen in unergründliche Trauer mündet.

Da ist dem eigenen Vater der Vater früh gestorben und nun wird der Sohn mit dem Vater verwechselt.

Da wird sich Eltern gegenüber auf merkwürdige Art und Weise loyal verhalten, ohne dass die Handlung einmal hinterfragt wird.

Da wird die Trauer um das eigene ungelebte Leben unreflektiert an die Kinder weitergegeben, die plötzlich Tänzer werden sollen, weil die Mutter es nicht konnte – oder gerade nicht, weil die Großmutter brotlos endete.

Da ist das kollektive Trauma der Weltkriege. Da steckt sogar noch irgendwo die Erinnerung an die Haltlosigkeit des Dreißigjährigen Kriegs in den Genen.

Ich spreche vom allgegenwärtigen transgenerationalen Trauma. Und nicht nur.

Wenn ich mich in meine eigene Kindheit zurückversetze, fällt mir gleich ein eher harmloses Beispiel ein.

Meine Mutter hat so lang davon gesprochen, dass ich doch Bankkauffrau werden soll, bis sie zu meiner großen Freude selbst in eine Bank gewechselt hat. Wirklich gesehen fühlte ich mich von ihr nicht. Ich wäre wohl die schlechteste Bankkauffrau der Welt geworden.

Viele Frauen berichten mir von Träumen ihrer Mütter, sie sollten einen gut situierten Mann heiraten, und einen „Hausfrauenberuf“ lernen – als wären wir noch im achtzehnten Jahrhundert.

Wenn Du mal kurz in Dich hineinspürst: Von welchen Träumen, die Deine Eltern für Dich hatten, konntest Du Dich befreien?

Und Hand aufs Herz: Welche ihrer Träume hast Du gelebt, obwohl sie eben nicht die Deinen waren?

Lebe DEINEN Traum – und nicht den Deiner Eltern oder Deiner Kinder!

Die Frage, auf die ich hinaus möchte ist jedoch die: Welchen Traum träumst Du jetzt für Deine Kinder?

Und hier meine ich gar nicht unbedingt ausschließlich die beruflich einschränkenden Träume.

Ich bin gar nicht so weit gekommen, mir das Leben meiner Kinder in irgendeiner Form so vorzustellen, dass sie vielleicht einen ungelebten Traum von mir hätten verkörpern können. Klar hätte ich mich superdupergefreut, wenn einer meiner Jungs Schauspieler geworden wäre. Das wollte ich so gern selbst!

Der Traum, den ich für sie hatte, ist viel schlimmer. Ich habe mir hilflos das Chaos angeguckt, das wir im System Schule erlebt haben, und der immer wiederkehrende Traum, den ich hatte, war, dass sie niiiiie einen Schulabschluss schaffen.

Ich habe sie ernsthaft unter einer Brücke schlafen sehen.

Ich weiß jedoch, dass ich damit nicht allein bin. Ich durfte kürzlich einer besorgten Mutter zuhören, die den Traum der Drogensucht träumte. Ihr Sohn ist höchstens acht. Ich konnte sie fühlen. Oder einer Mutter, die den liebevollen Wunsch hatte, ihr erwachsener Sohn könnte mal „in die Puschen kommen“. Auch ein schöner Traum.

Der Klassiker ist eigentlich immer wieder die Frage nach dem Überspringen von Klassen oder der frühen Einschulung – Akzeleration ist nachweislich eine der besterforschten und wirksamsten Methoden, die begabten Kindern im Kampf gegen die Langeweile zur Verfügung steht. Das Kind ist höchstens Grundschüler und immer wieder wird als Gegenargument die neblige Situation mit den zu weit entwickelten Klassenkameraden in der Pubertät heraufbeschworen. Ich kenne vierjährige Kinder mit dem Sprachverständnis von Achtjährigen, da ist sowieso kein Vergleich zu Gleichaltrigen möglich, geschweige denn eine Passung, und vor allem nicht hypothetisch in vier bis sechs Jahren… Also lieber im Hier und Jetzt bleiben.

Was träumst Du so von der Zukunft?

Ich träume von einem Traumkurs, für Eltern, um uns selbst und unsere Kinder von fremden Träumen zu befreien

Als Playing Artist mit einer aktivierten inneren Träumerin und als Arts & Change-Coach habe ich einen spielerischen Zugang zu innovativen und kreativen Lösungen gefunden. Meine Methoden sind schon lange nicht mehr nur Handwerkszeug für mich, sie sind meine Art zu leben geworden.

Ich steige direkt über die Bilderwelt der nächtlichen Träume ein, um Eltern dieses Freilassen ihrer Kinder zu ermöglichen. Damit der beste Traum sich zum höchsten Wohle und in Einklang mit der Weisheit unseres Traumbewusstseins entfalten kann. Individuelles Traummaterial und insbesondere Alpträume bringen großes Verständnis für die Lösung der aktuellen Problematik.

Träume, Kunst, Psychosynthese, aktive Imagination, kreatives und luzides Schreiben sowie Creative Dreamplay verhelfen uns dazu

🎁 uns mit der Weisheit unseres Traumbewusstsein und inneren Bilderwelten zu verbinden

🎁 die Wahrnehmung für uns selbst zu verbessern

🎁 unsere eigenen und die limitierenden Glaubenssätze, die wir an unsere Kinder weitergeben, zu entschlüsseln und aufzulösen

🎁 nachzunähren und die eigene Vergangenheit aktiv zu verändern

🎁 spielerisch Handlungsfelder zu erweitern

🎁 unsere individuellen Traumsymbole zu nutzen, um psychologische Projektionen zu stoppen – die unserer Eltern auf uns und die unseren auf unsere Kinder

🎁 frühkindliche Muster zu erkennen und aufzulösen

🎁 uns von allem zu trennen, das nicht zu uns gehört, und es an die zurückzugeben, für die wir es tragen

🎁 Verantwortung zu übernehmen für unsere Trigger

🎁 auch die Trigger zu stoppen, die pädagogische Fachkräfte unserer Kinder in uns drücken, und unsere Zuschreibungen und auf sie bezogene negative Gedanken loszulassen

🎁 die Atmosphäre zu verändern, in der unsere Kinder aufwachsen

🎁 anderen gegenüber eine positive Erwartungshaltung auszustrahlen

🎁 ein besseres Leben für unsere Kinder zu erträumen und ihre gute Zukunft in bunten Farben zu sehen, ohne sie auf unsere Definitionen von der Welt festzunageln – Freiheit und Glück fühlen sich für sie vielleicht ganz anders an, als wir uns heute vorstellen können

🎁 unsere Kinder von unseren Träumen zu befreien

🎁 eine gute Zukunft für uns und unsere Kinder zu manifestieren

Wenn wir Kinder derart freilassen, dann dürfen nicht nur sie so sein, wie sie sind, auch wir geben uns dadurch die Erlaubnis, wir selbst zu sein.

Wir vertrauen darauf, dass sie sich zum höchsten Wohle und zu ihrem eigenen Besten entwickeln und ihren Weg gehen, auch wenn das heißt, dass sie vielleicht Entscheidungen treffen, die uns nicht schmecken. Sie dürfen mit ihrem Potential machen, was sie wollen. Sie haben das Recht, Underachiever zu sein und nur zu brillieren, wenn sie den Sinn in ihrem Tun erkennen. Sie müssen nicht funktionieren. Sie dürfen ihre eigene Landebahn ausrollen und ihre Zukunft kommen lassen, und unsere Aufgabe ist es, ihnen den Raum und den Rücken zu halten – nicht jedoch den Weg zu bestimmen oder auch nur zu visualisieren. Es ist ihnen erlaubt, ihren eigenen inneren Reichtum in diese Welt zu bringen und bedingungslos sie selbst zu sein. Was auch immer das für sie bedeuten mag.

In meinen Kita-Weiterbildungen und auch in den Elternberatungen für Eltern von hochbegabten und hochsensitiven Kindern geht es immer wieder um das Herstellen eines entwicklungsorientierten dynamischen Weltbildes, und das sanfte Herauslösen aus einer fixen, in Stein gemeißelten Hoffnungslosigkeit. Und den Stress, der mit einer Verhaftung in negativen Zukunftsszenarien einhergeht.

Ich bin wild überzeugt davon, dass ein „organisiertes Nervensystem“ harmonisierende Auswirkungen auf andere in seiner Umgebung hat. Koregulation durch Selbstregulation nenne ich diesen Effekt.

Deshalb liebe ich die Polyvagaltheorie so sehr, die mir die Praxis schenkt, zum Wohle aller alles tun zu dürfen, das mein Nervensystem herunterfährt, was erstmal nur mir gut tut.

Gerade habe ich über eine Studie gelesen, dass ein natürlicher Heiler noch größere Auswirkungen auf die Herzkohärenz eines anderen hat, wenn er sich auf seine eigene konzentriert und nicht auf die des anderen. Ich kläre meine Themen, damit meinen Kindern der Weg geöffnet wird, sie nicht auch noch klären zu müssen. Denn meine Kinder bohren sowieso mit dem Finger in meinen Wunden, sie fordern es heraus, dass ich mich für sie weiterentwickele. Sie spiegeln durch ihre Verhaltensweisen meine ungeklärten Themen. Dafür sind sie da.

Ein Beispiel.

Als meine Kinder klein waren, haben sie viel geschrien. Besonders unser Kleiner war ein ausgesprochenes Schreikind. Schlaf brauchten beide kaum. Über Monate und Jahre. Das hat mich abgesehen vom eigenen Schlafmangel auch psychisch total zermürbt. In der Zeit hatte ich einen unausgesprochenen Konflikt mit einer Freundin und habe erkannt, dass mein Großer den jedesmal, wenn wir sie besuchten, total ausagiert hat. Er wurde unhaltbar. Ich musste allein für ihn da raus.

Dadurch, dass dieser Zusammenhang zwischen meinen ungeklärten Gefühlen und der Unruhe meines Sohnes so unfassbar deutlich war, konnte ich es übertragen.

Mir wurde klar, dass ich das Schreien meines Kleinen nicht ertrug, weil ich das Schreien meines eigenen verlassenen inneren Kindes nicht hören wollte. Das meine ich mit Trigger.

Ich bekam im Außen präsentiert, was ich mir im Innen nicht anschauen wollte. Und zwar so lang, bis ich es mir anschaute. Mich endlich liebevoll mir selbst zuwandte. Und diese Selbstzuwendung, dieses Selbstmitgefühl, das in Selbstfürsorge mündet, die sind jetzt meine Schlüssel geworden. Nur wenn meine eigenen Tanks voll sind, kann ich der Welt dienen – und je nach Lebenssituation bedeutet die Welt dann meine Kinder.

Für mich bedeutete es auch, zu erkennen, dass die Tatsache, dass ich nicht auf die Idee kam, mir einen Babysitter zu nehmen (wirklich nie) und mal eine Auszeit zu gönnen, unmittelbar in Zusammenhang mit der Geschichte stand, die ich mir über meine Kindheit erzähle. Mit meinem Selbstbild als „verlassenes Kind“ hatte ich mir geschworen: Kinder lässt man nicht allein. Wie eng und unerbittlich meine Definition von „allein“ dabei war, das habe ich nicht mehr gemerkt.

Ich bin mir der großen Verantwortung bewusst, dass ich meine eigenen Themen für mich klären darf, bevor ich mir die Themen meiner Kinder zu eigen mache.

Ich weiß, dass ich das Leben meiner Kinder maßgeblich beeinflusse mit meinem Traum, den ich für sie träume.

Außerdem sehe ich es als das große Privileg meiner Generation an, dass es mir vergönnt ist, die Arbeit, die zu tun ist, zu tun. Ich bin nicht, wie unsere Großelterngenerationen, mit Überleben oder Aufbau beschäftigt.

Meinem letzten Workshop auf der ECHA-Konferenz habe ich den Schwerpunkt gegeben, alles zusammenzutragen, was Eltern hilft, um sich eine gute Zukunft für die eigenen Kinder überhaupt erst als möglich vorstellen zu können.

Jetzt gehe ich einen Schritt weiter.

Wenn wir unsere Kinder aus unseren Träumen entlassen, dann sind sie frei, ihre eigenen Träume zu verwirklichen und nicht eingeschränkt zu sein von unseren Zuschreibungen und Projektionen. Sie können die sein, als die sie gemeint sind. Einfach sie selbst.

Als integraler Coach höre ich erst auf, nachdem wir das ganze System beleuchtet haben, nicht nur uns selbst, die eigenen Eltern und Kinder, sondern natürlich auch die eigenen Partner und das Umfeld, die Menschen, denen wir unsere Kinder anvertrauen.

Nicht umsonst hat Harville Hendrix das Wort „Heimkino“ erfunden für die Tatsache, dass die wenigsten von uns jemals ihren Partnern wirklich so begegnen werden, wie sie wirklich sind. Wir wählen uns unsere Partner als Konglomerat aus den Eigenschaften unserer frühen Bezugspersonen unbewusst so aus, dass sie uns die Möglichkeit geben, mit ihnen unsere Kindheitswunden und unsere alten Muster aufzulösen.

Unser Leben, unsere Symptome auf der körperlichen, emotionalen und mentalen Ebene, unsere Träume, unsere erlebten Synchronizitäten – das alles sind Versuche unseres Unbewussten, mit uns zu kommunizieren. Und es ist uns immer wohlgesonnen. Das zu erleben, und uns zu öffnen für das Feld der höchsten Potentiale, ohne unsere eigenen limitierenden Vorstellungen davon, wie die sogenannte Realität zu sein hat oder nicht, das ist das Ziel meines Kurses. Wenn wir es für uns tun, wirkt das automatisch auf unsere Kinder.

Verändere die Natur Deiner persönlichen Realität und erweitere Deine Definition von Normalität!

Wie Du das bei mir umsetzen kannst?

Lebe DEINE Träume – Der Traumkurs für Eltern

Der Traumkurs für Eltern ist als vierteiliger Onlinekurs gedacht. Er wird zur Zeit nicht angeboten – die Themen können jedoch auch in Einzelcoachings erarbeitet werden.

Vieles davon wird in meinen aktuell geplanten Kurs fließen.

„Bang! – Erkenne und erweitere die Natur Deiner persönlichen Realität“

Der Onlinekurs, in dem Du Deine Wahrnehmungskanäle tiefer erforschst und endlich Deiner ureigenen Wahrnehmung vertraust, startet am 07.09. 2023.

Anmeldung bitte per Mail an britta(at) weinbrandt.com oder über mein Kontaktformular.

Wer etwas mehr über das Träumen an sich erfahren möchte, ist herzlich Willkommen im Lucid Living Dream Team auf Facebook.

https://www.facebook.com/groups/lucidlivingdreamteam

Meine Impulse zur Verbesserung der Verbindung zu unserem Traumbewusstsein versende ich auch per Mail. Einfach nachfragen!

    Diese Website ist durch reCAPTCHA geschützt und es gelten die Datenschutzbestimmungen und Nutzungsbedingungen von Google.

    Arts & Change-Coaching? Was soll das denn bitte sein?

    Hier standen wir nun. Ausgestattet mit Din A2-Papier und Tuben und Flaschen voller Acrylfarben. Sie hatte Unmengen an Spachteln mitgebracht, große, ganz große und kleine.

    Ich sah Rembrandtgold und legte los. Es ging um Spachteltechnik mit Acrylfarben, um neue künstlerische Methoden kennenzulernen.

    Splat. Farbe direkt aufs Papier gedrückt. Rot daneben geschüttet. Mittelgroßen Spachtel genommen. In großen Schwüngen auf dem Blatt verteilt.

    Das machte Spaß.

    Nochmal mit Blau. Wischen. Nochmal mit Grün. Schwingen.

    Rausch.

    Plötzlich Bewusstsein. Mache ich das eigentlich richtig?

    Im Raum umgesehen. Sie tupft sanft Blätter und Gräserspuren. Er injiziert Farbtröpfchen auf den kleinsten verfügbaren Spachtel und hat einen ganz kleinen Teil seines Bildes geometrisch nachvollziehbar quadratisch abgesetzt geschabt. Sieht voll geplant aus. Schön.

    Ürgh. Mein Bild ist irgendwie fertig. Ich habe nicht nachgedacht. Was soll’s. Ich mache noch eins.

    Gold muss es sein. Schnell muss es gehen. Ich kann das nicht planen. Die anderen können mich mal. Ich muss alles ausprobieren. Große schwungvolle Bewegungen verteilen bunte Farben, schieben Schönheit.

    Ich sehe, es wird perfekt. Ich mag es richtig leiden. Es ist zwar wild, aber das bin ich ja auch. Eine Schicht noch, dann ist es fertig.

    Ich merke es in der gleichen Sekunde. Die letzten beiden Farben, auf dem Spachtel aufgetragen und nicht direkt, sind zu viel.

    Die Magie ist weg.

    Das Bild ist verloren.

    Ich stöhne und fluche.

    Ich halte inne.

    Das lasse ich so nicht stehen!

    Ich nehme den allergrößten Spachtel, wische in geraden Linien von links nach rechts alle aufgetragenen Farbschichten entschieden wieder herunter.

    Und werde belohnt.

    Es ist alles noch da!

    Das muss ich laut ausgerufen haben.

    Sie dreht sich zu mir um und lacht:

    „Und darum liebe ich dieses künstlerische Arbeiten so sehr: Da hast du deinen Transfer ins Leben!“

    Noch ein Beispiel:

    Die Ocean Drum.

    Sie hatte mich schon immer angelacht, ich hatte sie bisher immer nur kurz in der Hand gehabt. Jetzt war es so weit. Ich bewegte die samtig strahlenden Kügelchen bereits, während ich planlos nach einem Ort suchte, dann wusste ich sicher, dass ich mit ihr ans Wasser wollte. Sie rief schließlich das Meer herbei. Das tut die Elbe für mich auch.

    Die Elbe war zum Glück nur einmal über die Straße. Ich fühlte mich unsicher. Was würden die Menschen dort über mich denken?

    Unangenehm war ich mir meiner Selbst bewusst, während ich da so ging.

    Kleine, dafür extrem lautstarke Kugeln zwischen zwei gespannten Fellen vor mich her schwingend. Es gefiel mir nicht. Ruhig wurde ich erst, als ich am Wasser angelangt war. Da war eine Absperrung, aber wenn ich die Trommel über den Zaun hielt, dann sah ich sie und das Wasser. Sie über dem Wasser. Im Wasser.

    Nun ließ ich meine Hände ausprobieren, in welche Richtung die Trommel sich drehen ließ. Ließ mich richtig auf ihre Sogwirkung ein.

    Rauschen, abebben, Stille. Wieder eine neue Flut. Und immer wieder. Niemals endend, alles umfassend.

    Ich konnte es fließen lassen, tropfen und strömen. Ich war am Meer. Ich war das Meer.

    Ich war stark. Kraftvoll. Ruhig. Es war wunderschön. Ich war mit allem verbunden. Zeit und Raum nahm ich nicht mehr wahr, vor allem nicht die Touristen an den Marco-Polo-Terrassen. Ich war allein mit dieser Trommel. Allein mit mir. Glücklich. Wirklich. Da.

    Eins noch, weil es so schön war.

    Es war ein mehrteiliger künstlerischer Prozess. Mit geschlossenen Augen eine Paprika fühlen und sie aus Ton nachformen. Eine Ode an sie verfassen und mit Kühlschrankmagneten bewerfen. Die Wörter in den Text einweben. Diesen Text dann kürzen. Ich habe ihn links und rechts gekürzt. Somit blieben Wortfetzen. Dann noch den inneren Kinski aktiviert und ab gings.

    Ich erfuhr am eigenen Körper, was Kunst zu schaffen verändern kann. Ich fand aus der Doppelbelastung einer Vollzeit-Freiberuflichkeit neben meinem berufsbegleitenden Masterstudium kaum mehr Luft und hatte keine Wahrnehmung mehr.

    Highlight war der Tag, an dem ein kleines Mädchen mich fragte: Warum hast Du zwei verschiedene Schuhe an?

    Ich hatte es nicht mehr bemerkt.

    Ich beschloss also, Credit Points auf Fuerteventura zu sammeln. Art in Nature. Die Prüfungsleistung bestand darin, ein Buch abzugeben. Es veränderte mein Leben.

    Ich kam wieder zu mir und hörte nie wieder auf, kreativ zu sein. Für mich.

    Mein Drang, mich meinen künstlerischen und energetischen Prozessen erst einmal hinzugeben, macht meinen Coachingansatz einzigartig. Ich folge einfach dem Fluss der Lebensenergie. Ich lasse Menschen mutig an meinen Prozessen teilhaben. Wer sich angesprochen fühlt – gut. Mein Weg entsteht beim Gehen.

    Ich bin von der bedarfsorientierten und aus dem Moment entstehenden Methode des künstlerischen Arbeitens total überzeugt. Es gibt bei mir keine abzuarbeitenden Listen, kein Konzept. Ich habe mein Weltbild bei den radikalen Konstruktivisten wiedergefunden. Wer bin ich, dass ich jemandem sagen könnte, was er zu tun hat?

    Ich bin dafür da, ihm einen Raum für seine eigenen Antworten zu öffnen. Und das mache ich mit Lebendigkeit und Leidenschaft.

    Über den kreativen Raum

    Arts & Change Coaching bedeutet kunstanaloges Coaching. Ich werde sehr oft gefragt, was das denn sein könnte. Es ist eigentlich ganz einfach. Das Wort „kunstanalog“ setzt sich aus „Kunst“ und „analog“ zusammen. Eine Kunstdefinition vermag ich hier aus nachvollziehbaren Gründen nicht zu geben, kurz und knackig liefert die Googlesuche „Kunst Definition“ drei Aspekte, die das Substantiv beschreiben – und die ich mich nicht scheue, hier anzugeben:

    1. das schöpferische Gestalten und Schaffen von Werken (wie Malerei, Musik, Literatur), für das jmd. Begabung und ein bestimmtes Können braucht.
    2. Werk(e) eines bestimmten Künstlers, einer Epoche (als Anschauungs- und Studienobjekte).
    3. die besondere Fähigkeit und Geschicklichkeit, die man für etwas benötigt.

    Aus dieser Kurzdefinition wird bereits ersichtlich, dass „Kunst“ sowohl einen Prozess der Werkschaffung, sozusagen eine Handlung beinhaltet, es braucht dazu den Werkschaffenden an sich, den Künstler, der wiederum gewisse Eigenschaften mitbringen sollte (vielleicht deutet sich hier auch eine Haltung an), sowie das entstehende/entstandene Werk.

    Das Adjektiv „analog“ bedeutet laut Duden „ähnlich, vergleichbar, gleichartig, entsprechend“. Wikipedia fügt erklärend hinzu, eine Analogie zeige übereinstimmende, jedoch nicht verwandte Merkmale mit unabhängiger Entstehungsgeschichte. Es geht um funktionsgleiche Strukturen, aber ohne Verwandtschaftsbeziehungen. Kunstanalogie kann also heißen, dass etwas, das erst einmal nicht mit der Kunst verwandt ist, mit der Kunst „übereinstimmt“, wie die Kunst „funktioniert“. „Kunstanaloges Coaching“ kann daher bedeuten, dass man den Coachingprozess so gestaltet, wie ein Künstler sein Werk schafft. Beratung an sich wird als ein gemeinsam entstehendes Werk verstanden.

    Soweit die klassischen Definitionen. Der nächste Einwand, den ich an dieser Stelle immer zu hören bekomme, ist ein Aber in verschiedenster Form: „Mit Kunst habe ich aber wirklich nichts am Hut“ oder noch negativer: „Ich kann aber gar nicht malen“ oder „Ich bin aber künstlerisch nicht begabt.“ Das ist nicht, worum es geht!

    Ich habe als Arts & Change-Coach die Wahl, außer den herkömmlichen Coachingtools, die ich selbstverständlich auch beherrsche, meinen Gesprächspartnern nach der Auftrags- bzw. Anliegenklärung einen kreativen Erfahrungsraum als „alternative Welterfahrung“ zu eröffnen. Darin geht es entgegen der oben genannten Kunstdefinition, die ein gewisses „Können“ bei Werkschaffenden voraussetzt, jedoch um ein deutlich niedrigschwelliges Vorgehen nach dem Motto „low-skill-high-sensitivity“.

    Du wirst maximal zu einer kreativen Handlung angeregt, die Du ohne großes künstlerisches Wissen und Geschicklichkeit bewältigen kannst. Es wird gerade so wenig Können vorausgesetzt, dass sie in einer positiven Grundstimmung angegangen werden kann (low skill), ist jedoch so anspruchsvoll, dass sie ein Erfolgserlebnis mit einer angenehmen ästhetischen Erfahrung und ein Wohlgefühl auslösen kann (high sensitivity).

    Dieser kreative Moment ist einzigartig und lässt sich nicht ohne weiteres vermitteln, erschließen und erklären. Das entstandene Werk steht demnach nicht – wie viele denken, denen ich es bislang versucht habe zu erklären – für das Ausgangsproblem oder strebt es in irgendeiner Form nachzubilden. Es geht nicht darum, das Problem zu stellen. Es entsteht etwas Neues, das Spiel- und Denkräume erweiternd aus der „Notenge“ und aus der Welt des Problems herausführt.

    Die Frage, die sich stellt, lautet also: Welche innovativen Bedingungen gelten in diesem kreativen Erfahrungsraum? Um das herauszufinden, habe ich mit vielen Künstlern gesprochen. Und wie wir oben gesehen haben: Was für das künstlerische Schaffen gilt, gilt ebenso im Arts & Change-Coaching, das ja kunstanalog ist. Es ist ein Erfahrungsraum, der sich analog zu Deinem Leben sehen lässt.

    Hilfreiche Vorannahmen über den Veränderungsprozess

    Das Ergebnis ist offen.

    Die Schönheit liegt im Prozess.

    Der Prozess entwi­ckelt sich im (experimentellen) Tun.

    Ich improvisiere.

    Der erste Schritt kann gar nicht danebengehen.

    Ich probiere aus.

    Ich weiß nicht.

    Ich muss auch nicht wissen.

    Ich stelle Fragen.

    Ich bringe Neu­gier und Spielfreude mit.

    Ich lasse mich mit allen Gefühlen und Gedanken intuitiv und assoziativ auf den jeweiligen Moment ein.

    Ich nehme wahr.

    Ich bewerte und interpretiere nicht.

    Ich gewinne Erkenntnis.

    Ich erlebe und folge dem entstehenden Flow.

    Auf verschiedenen Ebenen entsteht Bewegung.

    Ich gehe in Resonanz.

    Ich lasse einen Dialog entstehen.

    Menschen lieben Geschichten.

    Ich höre zu.

    Ich rechne nicht nur mit dem Zufall, sondern rufe Überraschungen und Spannung hervor.

    Dazugehörige Facetten sind Flexibilität und risikobereiter Mut.

    Ich gebe mir die Erlaubnis, etwas auf den Kopf stellen zu dürfen.

    Aha, ein Problem!

    Ich sehe es nicht nur als anregende Herausforderung, sondern dem Prozess auf na­türliche Weise zugehörig.

    Ich begegne Scheitern mit Gelassenheit und Akzeptanz.

    Das interessante im Prozess ist seine Veränderung.

    Ich be­obachte.

    Durch Distanz oder Zurücktreten entsteht Reflexion.

    Ich lasse los.

    Ich habe Zeit.

    Pausen und Unterbrechungen beeinflussen das Ankommen oder Nicht-Ankom­men, das Fortdauern oder Beenden eines Prozesses.

    Zeit und Raum können sich auflösen.

    Es antwortet mir.

    Die Emergenz von Ideen und Lösungen wird ermöglicht.

    Knoten können platzen.

    Etwas Neues wird hervorgebracht.

    Der Prozess wirkt noch nach.

    Was also ist mein Angebot?

    Ich gehe in Resonanz. Ich lasse mich einfach nur ein. Ich erfühle. Ich schwinge mit. Irgendwann folge ich dem Impuls, der sich ausdrücken möchte. Und dann lasse ich es fließen.

    Was dann passieren kann?

    Woher soll ich das jetzt schon wissen? Ich bin ja noch nicht in Deinem Feld.

    Kann sein, dass ich Dich vor ein Kunstwerk setzen möchte.

    Möglicherweise fordere ich Dich auf, mit einem spannenden Material zu arbeiten und Dich auf einen künstlerischen Prozess einzulassen.

    Kann sein, dass ich mit Dir spazierengehe und Dir zuhöre.

    Kann sein, dass ich den Wunsch habe, Dich zum Schreiben zu bringen.

    Manchmal passiert sogar klassische Coachingarbeit, ich l i e b e Aufstellungen.

    Vielleicht springt mich auch Dein Energiesystem an. Dann spüren meine Hände den Drang, loszulegen und Deinen Energiehaushalt auszugleichen. Und ich gebe auch hier meine Kontrolle für Dich ab und lasse es fließen.

    Ich bringe mit meinen Impulsen Deine Lebensthemen in Fluss. Damit Du energetisiert und mit aktivierten Selbstheilungskräften den Prozess selbst wieder übernehmen kannst.

    Aber ich kann Dir vorher nicht sagen, wie. Oder was.

    Ich arbeite kunstanalog, prozessorientiert und hochindividuell. Das heißt, ich kann es gar nicht wissen. Ich weiß nur, es geht um Dich selbst, Dein Selbst. Es anzunehmen im Jetzt und Hier. Und um den liebevollen Kontakt zur Urquelle des Seins. Mit der ich Dich verbinde.

    Arts & Change-Coaching ist systemisch. Eingangs wird in einem gemeinsamen Gespräch geklärt, was Thema der aktuellen Coachingsitzung sein soll, für welches Problem eine Lösung angestrebt wird. Es kann zum Beispiel um Fragen zu persönlichen Stärken und Ressourcen gehen, um Begleitung in Veränderungsprozessen, Krisensituationen oder bei schweren Entscheidungen. Die Klärung des Anliegens erfolgt unter Einbezug aller beteiligten Faktoren. Häufig wird erlebt, dass das Finden einer stimmigen Ausgangsfrage bereits den ersten wichtigen Schritt zur Lösung beiträgt.

    Arts & Change-Coaching ist kunstorientiert. Mithilfe künstlerischer Methoden wie Kreativem Schreiben – Poesie – Malerei – Zeichnung – Bildender Kunst – Skulptur – Installation – Musik – Bewegung – Schauspiel wird anhand zahlloser Materialien und Ideen ein kreativer Erfahrungsraum ermöglicht. Der Schwerpunkt dieser Erfahrungen liegt auf dem niedrigschwellig angesetzten produktiven Prozess – es geht nicht um das Schaffen eines ausstellungsreifen Kunstwerks.

    Arts & Change-Coaching ist ästhetisch. In der kreativen Dezentrierung vom Ausgangsproblem geht es um eine vertiefte Wahrnehmung. Im Einlassen auf einen sensibilisierenden künstlerischen Schaffensprozess bietet sich mit Hilfe ressourcenorientierter Prozessbegleitung die Möglichkeit, richtungsweisende Lösungen zu erschaffen. Es stellt insofern eine Schule der Wahrnehmung dar, dass begleitende emotionale physiologische Vorgänge in unserem Körper erspürt werden können, die den ihm innewohnenden vorbewussten Wissens- und Erfahrungsspeicher aktivieren.

    Arts & Change-Coaching ist kunstanalog. Es bringt eine Haltung mit, wie sie in der Sprache der Kunst gelebt wird. Das Erleben ist hoch individuell, unmittelbar erfahrbar, offen, ermöglichend, allumfassend, alles zulassend, mit Überraschungen arbeitend, es ist inspirierend und ergebnisoffen, erzwingt nichts sondern bringt in Fluss.

    Arts & Change-Coaching ist konstruktivistisch. Im kreativen Erfahrungsraum kristallisiert sich eine individuelle Herangehensweise heraus, wie mit Herausforderungen im ästhetischen Prozess umgegangen wird und wie Entscheidungen zur Erstellung des Werkes getroffen werden. Sei dies eine Zeichnung aus drei Strichen bestehend, eine Skulptur aus Papier oder eine Sammlung von Wortmaterial. Über das Erfragen des Erleben und Empfinden im künstlerischen Prozess wird es anschließend ermöglicht, Rückschlüsse daraus zu ziehen. So findet sich ein Hinweis auf einen Transfer zurück zum ursprünglichen Anliegen. Es werden passende Lösungen gefunden und nachhaltig wirksame Entscheidungen getroffen, die von Kopf und Bauch unterstützt werden.

    Arts & Change-Coaching ist integral. Mir ist es wichtig, dass die Fragestellung nicht nur in dem Kontext betrachtet wird, in den es gebettet ist, sondern dass ebenso alle weiteren Faktoren berücksichtigt werden. Alles wird bewertungsfrei zugelassen. Dazu gehört manchmal, dass auch das Unaussprechliche seinen Raum findet.

    Arts & Change-Coaching ist universell einsetzbar, in Einzelsitzungen oder mit Teams und Gruppen:

    • Individuelle Potentialentfaltung
    • persönliche Entwicklung mit Fokus auf Stärken und Ressourcen, Begabungsprofilen oder Portfolioentwicklung
    • präventive Stimmtrainings, Körperhaltung und Präsenz
    • Verbesserung der Kommunikation und Gesprächsführung sowie der Zusammenarbeit
    • Wahrnehmungsschulungen und Selbsterfahrung
    • Begleitung von Übergängen und in Veränderungsprozessen
    • Reflexion zum Thema Haltung und Berufsrolle
    • Leitbildentwicklung
    • individuelle Teamcoachings, Moderationen und Erfahrungsaustausch
    • Methodenseminare und Konzeptentwicklung

    Welche Haltung brauchen Erzieher?


    Durch meine Arbeit in der Kita-Weiterbildung stehe ich in regem Erfahrungsaustausch mit pädagogischen Fachkräften aller Altersgruppen. Ich erlebe in den Formaten, in denen ich mit Erzieherinnen bzw. sozialpädagogischen Assistentinnen oder Tagesmüttern etc. Kontakt habe, diese als hoch motiviert und engagiert und lebe – ohne Übertreibung – in genereller Hochachtung vor der Arbeit, die sie (und ihre männlichen Kollegen natürlich auch) an unseren Kindern leisten.

    Ich weiß selbst, dass ich als Logopädin das Privileg einer Eins-zu-eins-Betreuung genießen kann und dass allein der in den Kitas herrschende Lärmpegel mir zu schaffen machen würde.

    Allerdings scheinen viele Teilnehmerinnen meiner Seminare oder Studientage einem starken Spannungsfeld ausgesetzt zu sein: Immer wieder wurde mir beschrieben, wie manche sich täglich das Trinken verwehrten, um später nicht auf die Toilette gehen zu müssen, da sie wegen der herrschenden Aufsichtspflicht die Gruppe nicht verlassen dürften, in der sie zum Teil mit über zwanzig Kindern allein seien.

    Wenn ich in Fortbildungsdesigns, die über eine Einzelveranstaltung hinaus gingen, die Möglichkeit hatte, selbst gewählte Hausaufgaben wie das Ausprobieren eines bestimmten Beobachtungsbogens, die Praxis des Aktiven Zuhörens oder eine kurze Zeitlupenbeobachtung zu geben, so konnten diese trotz hoher Motivation selbst bei einer drei- oder vierwöchigen Pause zwischen den Qualifizierungsmaßnahmen in den seltensten Fällen durchgeführt werden. Meist war durch Krankheit oder Urlaub die eine Kollegin ausgefallen, die in den erforderlichen zehn Minuten das „Tagesgeschäft“ hätte übernehmen können. Gleichzeitig wurde mir regelmäßig die Frage gestellt, ob ich nicht auch aus meiner Praxis bestätigen könnte, dass Kinder heute (sprachlich und insgesamt) „auffälliger“ und Eltern (Stichwort „Helikoptereltern“) „schwieriger“, „unsicherer“ und „behütender“ geworden seien.


    Dies ließ in mir zunehmend die Frage aufkeimen, ob die alleinige gemeinsame Erarbeitung einer ressourcenorientierten und entwicklungsförderlichen Haltung mit einem positiven Blick den den Kindern gegenüber – die immer wiederkehrendes Thema in den Seminaren sind – überhaupt ausreichend sei, damit  Erzieherinnen eine zufriedenstellende (und im Sinne von Prävention gesunderhaltende) Arbeit leisten können?

    Neben den derart aufgeworfenen Themen wie „Äußere Rahmenbedingungen“ und „Möglichkeiten zur Selbstfürsorge“ hörte ich von einer veränderten Sicht auf Dinge, die früher in ihrer Arbeit selbstverständlich gewesen seien. So berichteten einige zum Beispiel, dass sie keine echten Geburtstagskerzen mehr anzünden dürften. Hierin spiegelt sich meines Erachtens nicht nur eine veränderte Beziehung zu den Eltern wider, deren Beschwerden durch solche Interventionen zu verhindern versucht werden, sondern zeigt sich gleichfalls ein gesellschaftlicher Trend, sich abzusichern und kein Risiko einzugehen, welcher ausdrückt, dass niemand die mehr Konsequenzen tragen wolle, die sich aus einer Verantwortungsübernahme ergeben. Pädagogische Fachkräfte scheinen also vielfältigen „Veränderungsprozessen“ zu unterliegen.

    Um zu einer ganzheitlichen Sicht zu kommen, in der die Inhalte meiner Seminare überhaupt wirksam sein können, war es für mich erforderlich, die verschiedenen Strömungen in der Pädagogik herauszuarbeiten, mit denen pädagogische Fachkräfte aktuell konfrontiert sind. Es geht es daher auch um relevante aktuelle Veränderungen in der Bildungspolitik. Um die speziellen Bedürfnisse der Erzieherin selbst zu  berücksichtigen, musste ich mich mit Persönlichkeitstheorien beschäftigen, in denen das Selbstkonzept und die Selbstwirksamkeit eine zentrale Rolle spielen. Hierbei ist die Bereitschaft, die eigene Persönlichkeit weiterzuentwickeln, bestimmend.

    Dazu gehören Faktoren wie Grundhaltungen und Werte, Kommunikation und Verhalten, Ressourcen und Stärken, die mir in diesem Zusammenhang wichtig sind.

    Veränderungsprozesse in der Pädagogik

    Hartmut Marsch gibt in seiner wunderbaren Dissertation „Das Prinzip Verantwortung als Handlungsorientierung im Feld öffentlicher Erziehung“ einen historischen Abriss der Pädagogik.

    „Erziehung und Politik sind untrennbar miteinander verwoben“. 

    So ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Entwicklung der aufkeimenden Reformpädagogik durch die beiden Weltkriege gebremst wurde. Erst durch die Studentenbewegung der 1960er Jahre wurde eine Weiterführung dieser Arbeit ermöglicht. Das Ende der Nachkriegszeit seit 1989 brachte eine Perspektivenerweiterung von in der Wissenschaft längst bestehenden Ansätzen auch in der Pädagogik. Die zunehmende Digitalisierung hatte den Anstoß zu Hirnforschung, Genforschung und Kybernetik gegeben und das Systemische Denken daraus erwachsende Kommunikationstheorien gebracht, außerdem wurde zunehmend eine Ressourcenorientierung thematisiert. In der aktuelleren Entwicklung  gewann der frühkindliche Bildungsbereich nach dem PISA-Schock im Jahre 2000 enorm an Aufmerksamkeit und Bedeutung. In allen Bundesländern wurden ab 2004 Bildungsprogramme, Bildungspläne oder Bildungsempfehlungen erarbeitet und zur verbindlichen Arbeitsgrundlage, wodurch Kindertageseinrichtungen zu Institutionen mit einem umfassenden Bildungsauftrag aufgewertet wurden. Zusätzlich wurde 2007 der Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren beschlossen und seit 2013 der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr verankert.

    Der Bedarf des quantitativen Ausbaus von Betreuungsplätzen vernachlässigte vor dem Hintergrund der veränderten Anforderungen die tatsächliche Situation in den Einrichtungen. Die strukturellen Rahmenbedingungen wurden vielerorts kaum entsprechend entwickelt und angepasst, beispielsweise beim Betreuungsschlüssel, welches in der Praxis zu den eingangs beschriebenen handfesten Umsetzungsproblemen führen kann.

    Weiterhin wurde traditionelle Elternarbeit im Sinne der Gestaltung von Erziehungs- und Bildungspartnerschaften völlig neu konzipiert. Es fehlen jedoch oftmals strukturell Zeiten für die Vor- und Nachbereitung und für eine intensive Elternarbeit. Der Wandel in der Sicht auf die Elternarbeit kollidiert mit der gefühlten Tendenz, dass Eltern ihren Kindern heutzutage viel mehr Aufmerksamkeit zu schenken in der Lage sind, welches überspitzt von der bayerischen Kabarettistin Monika Gruber auf den Punkt gebracht wurde:

    „Wenn wir mal in der Schule schlechte Noten g’habt haben, dann san mir von unsere Eltern g’schimpft worden und nicht unsere Lehrer“!

    (Allerdings macht sie sich gleich im Folgesatz über Eltern lustig, die ihre Kinder für hochbegabt halten – ein Thema, über das ich mich in bereits in meinem Artikel über hochbegabte Kinder und Underachiever ausgelassen habe…)

    (ab Minute 4:06)

    Das Beobachten und Dokumentieren stellt heute eine zentrale Aufgabe dar. „Die wichtigsten Begriffe in der pädagogischen Praxis sind nicht mehr „Sprechen“, „Erklären“ und „Vermitteln“, sondern „Zuhören“, „Beobachten“ und „Dokumentieren“.

    Schlagworte wie Inklusion und Partizipation bestimmen den pädagogischen Diskurs.

    Der Wandel von Homogenität zu Diversität bedeutet, dass Kinder, die früher separiert wurden, nun berücksichtigt werden müssen.

    „Inklusion ist eine Frage der Haltung“, titulierte die Hannoversche Allgemeine Zeitung, „Die Barrieren müssen weg. Die baulichen – die Treppen und Türen, die man mit dem Rollstuhl nicht bewältigen kann. Aber auch die Barrieren im Kopf“.

    Jedoch nicht nur die Sicht auf Behinderungen zeigt sich verändert, ebenso gab es einen neuen Umgang mit Begabungen. Es werden nicht mehr nur besonders- oder hochbegabte Kinder in einer speziellen Begabtenförderung gefördert, sondern eine flächendeckende Begabungsförderung aller Kinder ist gefragt. Es fehlt Erzieherinnen jedoch an Kenntnissen in den einzuführenden Bildungsbereichen wie Naturwissenschaft, Mathematik, technischer Bildung, sprachlicher Förderung (neben der aktuellen Herausforderung, Flüchtlingskinder ohne deutsche Sprachkenntnisse aufnehmen zu müssen) und Literacy.

    Eine Bertelsmann-Studie von 2006 benannte als weitere Fortbildungsbedarfe das Fehlen von Kenntnissen der Bedürfnisse von Kindern unter drei Jahren, ein überholtes Bild des Kindes und den Mangel an methodisch-didaktischen Kenntnissen für den Umgang mit Kindern im jüngeren Alter. Der auf allen Ebenen entstehende hohe Qualifizierungsbedarf treibt ebenfalls die Professionalisierung und Akademisierung voran. Anreize für die Teilnahme an Weiterbildung sowie soziale und finanzielle Anerkennung wurden jedoch nicht gefördert. Ein Ruf nach verbesserten Rahmenbedingungen für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen wurde laut.

    Der meines Erachtens wichtige positive Wandel, der sich aus den beschriebenen Veränderungen ergeben hat, ist das entstandene sogenannte „neue Bild vom Kind“ und das „neue Bild der Erzieherin“. Im infans-Konzept wird beschrieben, was das heißen kann: Das Kind wird als starke Persönlichkeit, Gestalter seiner eigenen Ziele und Beziehungen, als aktives und kompetentes Wesen, als Forscher, Entwickler und Spezialist seiner eigenen Fähigkeiten auf Augenhöhe betrachtet. Die Erzieherin wird als einfühlende Beobachterin und zugleich Beantworterin der Themen und Interessen der Kinder und somit gleichwertige Interaktionspartnerin, Begleiterin und Unterstützerin gesehen, die ihre eigene Selbstbildung und Bildungsbiografie kompetent reflektiert.

    Ein „Paradigmenwechsel in der Fragestellung“ führte demnach weg von der direktiven „Ich bringe dir etwas bei-Haltung“ zu einer auf Augenhöhe forschenden Haltung der Ko-Konstruktion, die danach fragt, die Kinder zu verstehen. Bildung ist in diesem Sinne nicht mehr nur Kompetenzerwerb, sondern die Konstruktion und Aneignung der Welt durch das Kind selbst. Damit ist Erziehung die Antwort der erwachsenen Bezugspersonen auf diese Aneignungs- und Bildungsprozesse der Kinder geworden, die sich in der Gestaltung der Umwelt des Kindes und der Gestaltung der Interaktion mit ihm ausdrückt. Die Aufgabe der Betreuung ist somit nicht mehr nur, das Aufwachsen und Wohlergehen sicherzustellen, sondern es gilt, eine verlässliche Zuwendung in einer sicheren Bindung zu schaffen und Anregung zu bieten für alles, was Kindern einen Zugang zur Welt verschafft, sodass ein Wechselspiel von Anregung und Entfaltung erkennbar wird.

    Es wird deutlich, dass alle genannten Faktoren eine professionelle Haltung voraussetzen, um nicht nur die formulierten Anforderungen zu erfüllen, sondern auch dem dahinter liegenden Selbstverständnis pädagogischer Professionalität entsprechen zu können. Von den Fachkräften wird heute ein hohes Maß an Selbstreflexion erwartet. Susanne Viernickel fasst zusammen: „Sie sollen offen und wertschätzend mit Verschiedenheit und den besonderen Bedürfnissen und Bedarfen aller Kinder und Familien umgehen (Diversity-Kompetenz), fachlich und ethisch begründet eigenverantwortlich handeln sowie fall- und situationsbezogen flexibel und sensibel agieren können“. Welche Bedingungen bestimmen eine solche Haltung?

    Haltungsbestimmende Faktoren 

    Um mehr darüber zu erfahren, habe ich eine umfassende Literaturrecherche gemacht, die ich im Folgenden hier zusammenfassen werde. Friedemann Schulz von Thun beschreibt im Gespräch mit Bernhard Pörksen treffend, wie stark die vielbeschriebene Haltung mit der Biographie verwoben ist:

    „“Erziehung“ ist auch Nervensache, und das Nervenkostüm des Erziehers und die konkreten Lebensverhältnisse werden unweigerlich eine größere Rolle spielen als pädagogische Einsichten. Vieles, was Eltern und Lehrer tun, begründen sie hinterher „pädagogisch“, aber in Wahrheit konnten sie aus ihrer Haut nicht heraus“.

    In einer Expertise zur Professionalisierung in der Frühpädagogik fasst Yvonne Anders  professionelle Kompetenzen pädagogischer Fachkräfte zusammen, zu denen „verschiedene Aspekte des Professionswissens, pädagogische Orientierungen und Einstellungen, motivationale und emotionale Aspekte, selbstregulatorische Fähigkeiten sowie Aspekte des professionellen Selbst- und Rollenverständnisses“ gehörten, die als Teilkomponenten der professionellen Haltung aufzufassen seien. Die entstehenden Aspekte des beruflichen Rollen- und Selbstverständnisses berühren auch Persönlichkeitsmerkmale wie Reflexionsfähigkeit zur Verbesserung des pädagogischen Handelns, Offenheit im Umgang mit der Ungewissheit im professionellen Handeln und der bewussten Entwicklung der Professionalität, die die Fähigkeit und den Willen zur Kommunikation umfasst.

    U.a. Susanne Viernickel beschreibt sehr aussagekräftig drei Typen, wie mit den Herausforderungen, die die Veränderungsprozesse in der Pädagogik mit sich bringen, umgegangen werden könne.

    Typ 1 sei der „wertekernbasierte Typ“, dem es darum ginge, eine pädagogische Grundorientierung in eine gelebte Praxis münden zu lassen und der somit dem aktuellen Bildungsverständnis sehr nahe komme.

    Typ 2 sei der „umsetzungsorientierte Typ“, der sich aufopfere, unter dem Druck der hohen Verantwortung zusammenbreche und darunter leide, dass die ideellen Anforderungen, die er wirklich umsetzen wolle, aufgrund der äußeren Gegebenheiten zu pädagogischen Handlungsdilemmata führten.

    Typ 3 wird als der „distanzierte Typ“ beschrieben, der die Veränderung ablehne und seine eigene habitualisierte Praxis verteidige um den Preis der Abwertung der Bildungsprogramme, und der an einem professionellen Selbstverständnis festhalte, das nicht mehr zum aktuellen Professionsverständnis passe.

    Julia Schneewind schreibt, dass „Selbstwirksamkeit verstanden wird als die Fähigkeit eines Individuums, ein erwünschtes Ergebnis zu erzielen“. Hierbei besteht ein deutlicher Zusammenhang zur persönlichen Selbstwirksamkeitserwartung. Betrachtet man die oben beschriebenen drei Typen, so verdeutlicht sich, dass es hier eigentlich um das sogenannte „Mindset“ geht, die Grundeinstellung bzw. das  Selbstbild, mit dem die Betroffenen sich und die Welt betrachten. Carol Dweck beschreibt das statische versus dem dynamischen Selbst- und Weltbild.

    Für Menschen mit einem statischen Selbstbild seien die Dinge in Stein gemeißelt, unveränderbar und fix. Sie haben kaum positive Selbstwirksamkeitserfahrungen und scheuen vor großen Herausforderungen, da ein Fehler oder sogar ein Scheitern auf ihr als negativ erlebtes So-Sein zurückgeführt werden könne. Sie identifizierten sich mit ihren Misserfolgen (Entitätstheorie) und haben daher ein geringes Selbstbewusstsein, da sie sich und anderen ihre Fähigkeiten in jeder Situation neu beweisen müssten, sich ständig selbst bewerteten und bewertet fühlten. Sie lebten in Konkurrenz mit anderen.

    Menschen mit einem dynamischen Weltbild dagegen glaubten an Lernen und Entwicklung, kämen bei besonders großen Herausforderungen an ihre Hochleistung heran und erlebten große Selbstwirksamkeit, denn auch wenn sie scheiterten, könnten sie dem Sinn ihres Tuns noch etwas Positives abgewinnen. Daher könnten sie Fehlschlägen ehrlich ins Auge sehen, da sie es nicht persönlich nähmen und daran glaubten, sich beim nächsten Versuch verbessern zu können (Modifizierbarkeitstheorie). Sie seien von Neugier getrieben und lebten vielfach in einem Zusammengehörigkeitsgefühl mit anderen, da sie ihre Mitmenschen auf Augenhöhe erlebten.

    U.a. Kuhl formulierte die Frage, ob es nicht nur von innen heraus möglich sei, seine Haltung zu verändern, sondern ob dies auch aufgrund gelebter Praxis geschehen könne. Dies lässt hoffen, dass die Umsetzung von Dwecks Forschungsergebnissen in der Pädagogik, die in vielerlei Fortbildungszweigen vermittelt werden, aufgrund der positiven Erfahrungen von pädagogischen Fachkräften schließlich auch zu einer langfristigen Veränderung des Mindsets führen könnten: Eine entwicklungsorientierte Haltung drückt sich nämlich sehr stark auch in einer bewussten dialogorientierten Kommunikation mit Kindern aus. Sprache stellt eine Querschnittsaufgabe der Bildung dar und was zu einem guten Sprachvorbild gehört, wird Erzieherinnen vielfach vermittelt.

    Dass dies jedoch nicht nur in die Sprachentwicklung eingreift, sondern tiefergehende Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung und Beziehungsfähigkeit hat – diese Dimension ist nur wenigen bewusst. Insbesondere geht es um das Loben (und zwar nicht erst seit Carol Dweck; beispielhaft sei hier auch Thomas Gordons bekannte „Familienkonferenz“ von 1970 genannt).

    Beim Loben ist – bezugnehmend auf das vorher aufgezeigte Mindset – wichtig, dass darauf geachtet wird, dass die Handlung und daraus ersichtliche (dynamische) Anstrengungsbereitschaft des Kindes ein positives Feedback erhält und nicht das Kind selbst mit der Zuschreibung einer (statischen) Eigenschaft. Auf diese Weise wird ein positives veränderliches Selbstbild sowohl in dem, der das Lob erhält, geschaffen, wie auch in der Person, die sich über die Formulierung eines solchen Lobes Gedanken macht. Drei Experimente von Mueller und Dweck stellen auf erschreckende Weise dar, wie schnell ein Mindset zum Negativen verändert werden kann.

    • Im ersten Experiment wurden Schüler der fünften Klasse nach einem Intelligenztest gelobt: 50 Prozent für ihre Intelligenz, 50 Prozent für ihre Anstrengung. Bevor sie einen zweiten IQ-Test machen sollten, wurde ihnen angeboten, ob sie noch eine neue Problemlösestrategie erlernen oder ihr Ergebnis lieber im Vergleich mit den anderen sehen wollten: Nur von der zweiten Gruppe entschied sich die Mehrheit dafür, noch etwas Neues dazuzulernen.
    • Im zweiten Experiment, mit der gleichen Ausgangslage, wurde jedoch vor dem zweiten Test angesagt, dass sie wählen könnten, ob sie einen schwereren machen wollten, in dem sie viel dazulernen würden, oder ob sie einen ähnlich leichten Test machen möchten wie den eben: 90 Prozent der Kinder, die für ihre Anstrengung gelobt wurden, wollten mehr lernen. Den anderen war das gute Abschneiden wichtiger.
    • Im letzten Experiment wurde erneut bei den Kindern jeweils zur Hälfte ein dynamisches und statisches Mindset hergestellt. Jetzt führten nach dem erfolgten Lob alle einen schwereren Test für zwei Jahre ältere durch. Die Kinder, die für ihre Anstrengung gelobt wurden, erklärten ihren Misserfolg damit, dass sie sich nicht genügend angestrengt und konzentriert hatten. Die anderen bezweifelten, ob sie wirklich so schlau wären, wie ursprünglich angenommen. In einem anschließenden dritten Intelligenztest schnitt die erste Gruppe signifikant besser ab als vorher, die zweite verschlechterte sich, obwohl im ersten ähnlichen Test alle vergleichbare Ergebnisse erzielt hatten.

    Dies lässt aber ebenso den Umkehrschluss zu, dass es ebenso geringer Veränderungen in die positive Richtung bedarf, um bei Kindern große Wirkungen zu erzielen. Es empfiehlt sich also, eine generelle Wertschätzung mit Bezug zur Person, wie sie sich zum Beispiel zu Jungs in einem „Mann, bist du stark!“ und zu Mädchen in einer Bemerkung wie „Siehst du heute hübsch aus!“ ausdrücken könnte, bewusst in eine dialogorientierte Wertschätzung mit Bezug zur Aktivität des Kindes umzuwandeln: „Wie hast du das denn so schnell gemacht?“ oder „Wer hat denn diesen hübschen Zopf geflochten?“ kann somit nicht nur der Beginn einer wertschätzenden Unterhaltung sein, sondern auch noch verhindern, dass Kinder sich mit Äußerlichkeiten identifizieren.

    Auch für den Blick auf die Kinder und Verhalten von Erzieherinnen kann das Mindset wichtig sein, wie in es der folgenden Tabelle von Ziegler in Bezug auf Begabungsförderung dargestellt wird.

    Welche Haltung brauchen Erzieher

    Abschließend möchte ich meine Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass jemand, der an die generelle Veränderbarkeit von Situationen glaubt und sich aktiv und motiviert bei seiner Arbeit einbringt, sich mit mehr Selbstfürsorge für seine eigenen Belange einsetzen kann. Ich hoffe sehr, dass auch meine Arbeit – mit der stetigen Einladung zur Reflexion – bei meinen Teilnehmerinnen zu einer Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen führen kann und somit der Gesundheit von pädagogischen Fachkräften und der positiven Entwicklung der ihnen anvertrauten Kinder dienen kann.

    Mein verlorener Zwilling – und das Phänomen Hochsensitivität

    Nicht, dass von meiner neugefundenen Schwester zu erzählen ein Thema wäre, das mir als Einzelkind leicht über die Lippen ginge. Es gehört zu den vielen unaussprechlichen Dingen, die ich so anzuziehen scheine. Ich suche mir diese Themen nicht aus.

    Seitdem ich von dem Phänomen weiß, stelle ich jedoch fest, dass es sehr leicht ist, von der Sucheingabe „verlorener Zwilling“ auf das Thema „Hochsensitivität“ geleitet zu werden.

    Ich habe mich allerdings seit Jahren in das Feld der Hochsensitivität eingearbeitet (siehe mein Artikel: Wie Hochsensitivität zu persönlichem Wachstum verhilft) – und zwar derart tief, dass ich durchaus schon auf Bildungskongressen damit aufgetreten bin. Allerdings wurde ich durch die intensive Beschäftigung damit nicht ein einziges Mal auf die Idee gestoßen, meine Veranlagung könnte etwas mit einem verlorenen Zwilling zu tun haben.

    Nur wenn du nach „verlorener Zwilling“ suchst, kommst du drauf. Einfach „Hochsensitivität“ einzugeben bringt keinen Treffer. Du musst wissen, dass du danach suchst, bevor du es findest. Es ist ein bisschen verrückt.

    Es gilt also ganz deutlich eine Lücke zu schließen, eine Verknüpfung zu bilden, Wissen zu vermitteln. Ich scheine irgendwie verdammt zu sein, ungewöhnliche Nischen zu besetzen, damit ich andere darauf stoßen kann, dass auch das zum Leben dazugehört. Damit andere Betroffene nicht Jahrzehnte damit herumrennen müssen. Wie ich.

    Wo fange ich an?

    Mit ein paar meiner alten Lebenswahrheiten.

    Ich bin unschuldig schuldig.

    Ich bin allein auf dieser Welt.

    Ich bin falsch, ich kann nichts richtig machen.

    Mit mir ist etwas nicht in Ordnung.

    Das sind die unbewussten Glaubenssätze, die mich jahrelang geprägt haben.

    Kein Wunder, dass ich als Kind zur Königin der Psychosomatik wurde.

    Auch hatte ich über zwanzig Jahre lang Schwierigkeiten, mich meinem Mann zu erklären. Immer wieder stellte er mir eine völlig unverständliche Frage:

    Warum bist Du traurig?

    Als wenn es einen Grund dafür gäbe, traurig zu sein. Traurigkeit ist doch einfach da, das ist ein Grundgefühl.

    Es ist eine Tatsache.

    Das habe ich mir sogar – im Rahmen meines Selbstzertifizierungsprojektes – schon einmal zertifiziert.

    Die existentiellste meiner Lebenswahrheiten ist aber die, dass ich nie geboren hätte werden dürfen. Das war mir immer völlig klar.

    Mich haben trotz dieser Glaubenssätze sehr viele Dinge gerettet. Die Liste ist unendlich.

    Ich bin überzeugt:

    Unsere größte Wunde ist gleichzeitig unsere größte Stärke.

    Meine Lebensenergie ist ganz oben auf der Liste der guten Dinge. Aber lange dachte ich, dass ich auch das vor der Welt verbergen müsste. Ich habe ja zu viel davon.

    Der erste Schlüssel, um da herauszukommen, war zu erkennen, dass ich Ordnung bin, so wie ich bin.

    Als ich das langsam erahnen konnte und in meinen Selbstzertifizierungen ausreichend zelebriert hatte, wurde es mir ermöglicht, eine Schicht tiefer zu kommen.

    Es war in einer Integralen Organisations-Struktur-Aufstellung. Ein unerwartetes Geschenk, das mir im Sommer 2019 widerfuhr.

    Ich wollte wissen, warum ich alles immer nur gegen mich richte und nicht dorthin, wohin es eigentlich gehört. Also stand jemand für mein Problem. Jemand stand für meinen Fokus auf das Problem. Und jemand stand für das eigentliche Problem. Das, was hinter dem Problem steht.

    Und dann war sie da.

    Ich nenne sie Maria.

    So heißt meine Mutter mit zweitem Namen, nach meiner Uroma. So heißt die verstorbene Schwester meiner Oma. Ihre lebende ehrlich gesagt auch. Marianne heißt eine verstorbene Schwester meines Vaters. Die lebende meiner Mutter auch.

    Bestimmt würde sie Maria heißen.

    Meine ungeborene Zwillingsschwester.

    Und alle meine Lebenswahrheiten machten plötzlich einen Sinn.

    Erst habe ich es gar nicht geschnallt. Wie kann man das auch?

    Es ist nicht zu wissen. Es ist nur zu fühlen.

    Und dann verstand ich endlich, warum ich traurig bin.

    Wer es sofort glauben und annehmen konnte, das war mein Mann. Er sah den Unterschied in mir sofort.

    Die Britta ohne Maria, die fühlte die Schuld der Überlebenden. Sie hatte sich nie die Erlaubnis gegeben, hier zu sein und bewies sich immer wieder aufs Neue, dass sie ungewollt, ungeliebt und ungeschützt in dieser Welt sei. Noch dazu strahlte sie ein Was-willst-du-von-mir? aus.

    Ich habe mir früher auch immer eine Schwester gewünscht – und zwar mit einem leicht schlechten Gewissen, weil ich sie mir gleichaltrig vorgestellt habe. Das ging ja nicht – aber es war als Kind mein großer Traum.

    Ich glaube nicht, dass ich mich selbst als unvollständig empfunden habe. Aber da war ein Hunger in mir, der nicht zu stillen war. In meiner Jugend war keine meiner Freundschaften mir tief genug. Ich habe das für typische Pubertätsprobleme gehalten, dass ich so eine Unzufriedenheit und Leere gespürt habe, wo eine Verbindung hätte sein müssen. Wirklich nichts war mir tief genug. Ich habe die meisten Begegnungen als oberflächlich empfunden.

    Hochsensitivität und verlorener Zwilling

    Jetzt weiß ich, dass ich in allem immer nur die verlorene Verbundenheit mit meiner Schwester gesucht habe. Und ich verstehe jetzt, dass niemand diese Innigkeit ersetzen kann.

    Das kann ich nur selbst.

    Es ist für mich noch immer schwer zu begreifen. Aber an dem Tag, an dem ich erkannte, weswegen ich traurig bin – da war ich es nicht mehr.

    Die Britta mit Maria, die hat die Erlaubnis, ganz aus dem Vollen zu schöpfen.

    Ich kann mir jetzt endlich die Erlaubnis geben, hier zu sein.

    Zu leben.

    Glücklich zu sein.

    Ohne sie. Und dennoch mit ihr verbunden.

    Ich kann endlich ich selbst sein.

    Das Verrückte ist, dass ich wirklich nie drauf kommen konnte. Es ließ sich alles so gut erklären durch die anderen Themen, die ich im Laufe meines Leben gebändigt habe. Hochbegabung. Hochsensitivität. Frühkindliches Trauma. Unsicher vermeidend gebunden.

    Auch wenn ich es bewusst nicht ahnen konnte und durch meinen Start als Inkubatorkind und meine anderen Macken wie dem überschießenden Energiehaushalt durchaus bereits über Jahrzehnte mit Traumaauflösung an anderer Stelle beschäftigt war – dadurch, dass ich mein Leben lang irgendwie auf der Suche nach ihr war, habe ich dennoch bereits einige heilende Schritte vollziehen können.

    Unvergessen ist das Entstehen meiner Embryonalschablone auf dem Playing Arts Sommeratelier 2009, von der ich dachte, sie wäre ein Symbol für mein inneres Kind. Sie führte mich 2016 auf eine Reise zum Loch Ness, nur ich und sie, wo sie nun auf ewig mit meinem Lieblingsungeheuer schwimmt.

    …allerdings nicht, ohne vorher einen Abstecher über Nottingham gemacht zu haben….

    Das war die wohl heilsamste Aktion, die ich jemals für mein inneres Kind getan habe.

    Ich suchte also immer den Kontakt zu meiner verlorenen Schwester.

    Den mir niemand auf dieser Welt ersetzen kann.

    Die Frage ist:

    Wie verbinde ich mich bewusst mit ihr?

    Manchmal sind es die kleinen Momente. Einmal stieß mein Mann mich beim Einkaufen darauf, dass ich nicht mehr Zwei von allem mitnehme. Da brach ich dann mitten im Laden kurz mal in Tränen aus. Eine Senftube in der Hand haltend. Nicht zwei.

    Ich habe mir eine Halskette gekauft, die für die Verbindung mit ihr steht. Immer wenn ich sie in die Hand nehme, bin ich daran erinnert. Sie ist immer bei mir.

    Sie tauchte sogar unverhofft neben mir auf, als ich beim Zeichnen eines Ahnenmandalas in Ilka Sventja Jörgs Ahnenheilungsgruppe, damals noch Deep Roots, Verbindungslinien zu meinen Ahnen fließen ließ. Wir sind das grüne Geschwisterpaar in der Mitte.

    In einem Interview, das sie mit mir über ihre Ahnenarbeit geführt hat, erzähle ich auch von meinem verlorenen Zwilling.

    Ein sehr großes Geschenk machte mir Sabine Makkos, indem ich mich unter ihrer Anleitung neurographisch mit meiner ungeborenen Schwester verbinden durfte. Als Frau Sternenherz hilft sie eigentlich Müttern mit ungeborenen Kindern. Meine Geschichte rührte sie an und sie nahm sie in ihr Spektrum auf. Es floss viel Liebe!

    In Traumreisen begegne ich ihr manchmal – beim Yoga Nidra öffnete sich einmal ein Raum in meinem dritten Auge, ein orientalisch anmutender Palast, in dem wir befreit miteinander tanzten. In einer weiteren geführten Meditation zur Erweckung von Selbstmitgefühl zerfloss sie am Schluss zu Goldstaub, der von meinem Herzen aufgenommen wurde. Die Möglichkeiten, sich mithilfe von Imagination zu verbinden, sind sicherlich unerschöpflich.

    Ein weiterer Weg war für mich, in einem luziden Traum um eine Begegnung mit ihr zu bitten. Das endete zwar in einem luziden Alptraum, da ich in ihr eine wahnsinnige Version meiner selbst sah, die wirklich nackte Angst in mir auslöste, in der ich noch den ganzen Folgetag weiterbadete – im Zuge des Integrationsprozesses und des Raumgebens dieser Angst wurde mir allerdings klar, dass ich, die ja nie vor irgendetwas Angst hat und allein reist, allein in den Wald geht, allein auf dem Kiez unterwegs ist, wie jeder andere auch doch vor irgendwas Angst fühlen müsste! Und mir wurde klar, dass ich sie, wie so vieles in meiner Psyche, komplett dissoziiert und outgesourced habe.

    In einem Prozess des luziden Schreibens verband ich mich mit meiner ausgewählten Projektionsfläche – und verdanke meiner Schwester also nun auch diese wichtige Erkenntnis.

    Ein weiterer hilfreicher Schritt war ein Bild zu erhalten, das uns beide im Idealzustand zeigt. Danke nochmal, Oliver Brandt, für die zauberhafte Darstellung von uns beiden. Du hast sofort verstanden, was ich meinte, als ich Dich darum bat. Die Verbundenheit ist sichtbar da. Ich kann sie spüren. So hätte es sein sollen. Und das ist so heilsam und schön zu sehen.

    Britta Weinbrandt - Mein verlorener Zwilling

    Was verändert sich?

    Eine für mich sehr deutliche Veränderung ist – auch, wenn ich mich blendend fühle: Ich kriege nichts mehr gebacken. Mein Leben ist irgendwie zu groß für mich geworden. Fraglos habe ich mein Leben lang für zwei gearbeitet, habe Tag und Nacht gearbeitet, habe neben drei freiberuflichen Standbeinen (eines davon in Vollzeit) sogar noch ein Ehrenamt angenommen. Fraglos habe ich mich nebenher immer weitergebildet und mich auf dem neuesten Stand gehalten. Über die Idee einer 40 Stunden Woche lache ich schallend. Das wäre ja wie Urlaub.

    Wie habe ich das gemacht? Warum habe ich das gemacht?

    Abgesehen davon, dass es für mich gut ist, mein Zuviel an Energie irgendwie sinnvoll zu kanalisieren und dass ich von meinem Wissen lebe: Es gibt keinen Pausenknopf bei mir. Und jetzt spüre ich es zum ersten Mal wirklich. Ich brauche eine Pause. Ich sehe mich außerstande, weiter zu funktionieren. Auch das hat sie mir geschenkt.

    Eine weitere Sache lässt mir einfach keine Ruhe. Das ist die Theorie, dass ein Zwilling die linear-konvergente Nische besetzt und der andere die kreativ-divergente. Und dass sie, wenn sie zusammen sind, sich gegenseitig das Feld des anderen eröffnen. Was im Umkehrschluss erklärt, warum ich mathematisch-naturwissenschaftlich echt grenzdebil bin und alles, wirklich alles, sprachlich kompensieren muss. Das ganze Feld erschließt sich mir einfach nicht, oder nur blitzartig und dann kann ich es danach nie wieder abrufen. Ich habe mich immer strohdumm gefühlt. Diese Theorie, so schräg ich sie finde, bezaubert mich sehr. Maria ist also die Mathematikerin unter uns und hat das Wissen einfach mitgenommen. Wie mich das entlastet! Ich lerne ja gerade Magie in meinem Leben zuzulassen – also kann ich mir das Feld vielleicht zurückerobern! Wie genial wäre das???

    Warum weiß kaum jemand, dass es verlorene Zwillinge gibt?

    Auch wenn Mütter in den allerseltensten Fällen von den verlorenen Zwillingen ihrer Kinder ahnen können, es soll je nach Literatur bis zu 70 Prozent der Schwangerschaften betreffen. Und kaum jemand weiß es – und vor allem nicht, welche Auswirkungen es auf die Geborenen hat.

    Meine Mutter habe ich danach gefragt, bevor ich zum ersten Mal darüber geschrieben habe – sie wusste es nicht. Das ist in den meisten Fällen wohl so. Ich kann es also nicht beweisen. Aber es fühlt sich so unfassbar richtig an. Es stimmt für mich.

    Die Bücher, die ich inzwischen zu dem Thema gelesen habe, erklären, dass die meisten Abgänge im ersten Trimester geschehen. Da die Pränataldiagnostik in Deutschland erst später beginnt, bleibt es meist unentdeckt und der verstorbene Fötus wird von der Plazenta des Überlebenden aufgenommen. Manchmal wird er auch im Körper verarbeitet, dann kann man den Zwilling als Fremdkörper erkennen.

    Für die Zurückbleibenden ist es ein ozeanisches Gefühl der Zeitlosigkeit, das sind gefühlte Äonen. Daher wirkt es so stark auf die Psyche.

    Ich hatte mit meinem expressiven Leben Glück – viele entwickeln unerklärliche Ängste vor dem Tod, da sie so lang mit ihm gelebt haben. Ich bin eher angezogen davon. Es gibt immer wieder Menschen in meinem Berufsleben, die gehen können, nachdem ich bei ihnen war, deren letzte Begegnung ich war. Ich strahle etwas aus, das sie loslassen lässt.

    Alle meine Symptome sind in den Büchern beschrieben

    Eine solche Liste (die zum Glück nicht komplett auf mich zutrifft, aber schon erschreckend bekannt klingt), stammt aus „Der allein gebliebene Zwilling“ von Peter Bourquin und Carmen Cortés.

    • Ich habe keinen Platz in meinem Leben
    • Ich verspüre ständig Angst
    • Ich sollte nicht hier sein
    • Niemand sieht mich wirklich
    • Es gibt keine Sicherheit, jederzeit kann etwas Schlimmes passieren
    • Ich bin traurig
    • Ich fühle mich einsam
    • Es fehlt mir etwas oder jemand
    • Ich habe meiner Mutter wehgetan und traue mich deshalb nicht, ihr zu nahe zu kommen.
    • Ich fühle mich schuldig
    • Ich muss mir das Recht zu Leben verdienen

    Eine sehr viel detailliertere Zusammenstellung, als Selbsttest gedacht, fand ich auf der Seite von Annett Petra Breithaupt. Hier wird der Zusammenhang zur Hochsensitivität noch einmal so richtig verdeutlicht:

    „Mögliche Auswirkungen auf Beziehungen

    • Ich muss viel tun, um eine erfüllte Beziehung zu haben
    • Ich werde immer allein sein
    • Nur mit dem/der Einen kann ich wirklich glücklich werden
    • Ich muss ständig mit jemanden zusammen sein
    • Ich kann nicht vertrauen, muss aufpassen, dass der/die Andere da bleibt
    • Ich muss den/die Andere retten, gesund machen, erfolgreiche machen, nur dann kann Liebe entstehen

    Einsamkeit, unstillbare Sehnsucht und das Bedürfnis nach symbolischer Verschmelzung (die gut gelebte Sexualität zwischen Erwachsenen fast unmöglich macht) kreieren unerfüllte Liebesbeziehungen, ebenso wie die ständige Angst vor Verlust, das nicht Aushalten können von wirklicher Nähe und sich nicht Einlassen können auf tiefe Bindung. Unerklärliche Schuldgefühle, retten und erhalten wollen um jeden Preis, übergroße Ängste vor Veränderungen. Solange das Trauma noch aktiv ist, bestimmt es oft die Partnerwahl.

    Mögliche Auswirkungen auf den Beruf

    • Ich muss für zwei/drei arbeiten – daraus resultiert Dauerüberforderung
    • Ich schaffe es nicht
    • Ich muss alles allein machen, kann nicht delegieren
    • Ich habe Angst vor dem Ende des Projekts, was kommt dann, Leere? Deshalb beende ich es lieber nicht
    • Ich darf nicht wirklich erfolgreich sein, wenn du nicht leben darfst

    Nicht selten wird der falsche Beruf gewählt (der, der mehr dem Potential des gegangenen Zwillings entspricht), so wird es immer anstrengend und erfolglos sein.

    Mögliche Auswirkungen auf die Finanzen

    • Ich darf nichts haben, weil der/die Andere ja nicht leben darf
    • Mir darf es nicht gut gehen, weil der Schmerz um den Verlust so groß ist

    Viel Geld in die Rettung und Erhaltung anderer stecken. Das können auch Projekte, Häuser, Autos, technische Geräte, Haustiere oder Besitz sein, der eigentlich nicht mehr wirklich zur aktuellen Lebenssituation passt. Es entsteht die Neigung alles doppelt zu kaufen.

    Mögliche Auswirkungen auf die Wohnsituation

    • Mir darf es nicht gut gehen (man lebt mit kaputten Dingen in einer unschönen Umgebung)
    • Ich habe keinen Raum
    • Ich darf mich nicht schützen
    • Ich kann nichts wegschmeißen

    Viele Betroffene haben auch zwei und mehr Wohnungen, zwischen denen sie ständig pendeln und immer mit Umzugskisten und Koffern leben.

    Schwierigkeiten, die eigene Identität zu finden

    • Wie es allein weiter geht
    • Ich kann mich nicht richtig abgrenzen, mir geht alles so nahe
    • Ich weiß immer, was mit Anderen los ist
    • Was ist wirklich meins? (Vor allem im Fühlen)
    • Was passt zu mir? (z.B. meine Kleidung, mein Lebensstil, meine sexuelle Identität)

    Verfolge ich meine Projekte oder meine Idee von jemand Anderem ohne es zu merken?

    Körperliche Auswirkungen

    • Ich bin immer zu schwach, zu kraftlos, zu antriebslos
    • Ich spüre mich nicht richtig, nur über große Reize
    • Ich bin nicht richtig bei mir, gehe ständig über meine Grenzen (z.B. zu viel Sport, zu viel Essen etc.)
    • Ich nähre mich nicht richtig (nutze mir zur Verfügung stehende Ressourcen nicht wirklich)

    Symptome betreffen oft die paarigen Organe (z.B. Augen, Schilddrüsen, Brust, Nieren) und die Körperbereiche, die sich beim Embryo gerade entwickelt haben, als der Bruder/die Schwester ging. Autoimmunerkrankungen zeigen den inneren Konflikt „ich will leben, will (darf) nicht leben“ am deutlichsten. Das Geschehen im Mutterleib, war für den Überlebenden eine real lebensbedrohliche Situation, da beim Verlust des Zwillings die Schwangerschaftshormone der Mutter sehr stark abgefallen sind, so gehen auch später viele gewünschte Lebensveränderungen mit starken Körperreaktionen einher, bis hin zu Panikattacken.“

    Wenn man um das Phänomen weiß, liegt es offenbar klar auf der Hand. Ich habe nach meinem Outing von einer guten Freundin die Rückmeldung bekommen, dass sie, seit sie mich kennt, dachte, ich könnte einen verlorenen Zwilling haben. Alles, was ich so über mich erzählte, hatte sie daran erinnert. Sie hat es aber nie laut ausgesprochen.

    Wie denn auch? Erst nachdem ich es wusste.

    Das hat mich sehr umgehauen.

    Ich möchte also wirklich gern dazu beitragen, dass das Thema bekannter wird. Unter anderem werde ich gerade bei Isa-Bianka und Julian Mack zum IOSA-Practitioner ausgebildet, um die Integralen Organisations-Strukturaufstellungen zu durchdringen. Ich muss wissen, wie das funktioniert! Im Zuge meiner integralen Coachingausbildung entstand mein Selbstheilungskurs „Umarme Deine Symptome …und aktiviere Deine Selbstheilungskräfte“, in den ich alle meine Erfahrungen fließen lasse.

    Ein möglicher Weg, herauszukriegen, ob man ebenfalls betroffen ist, ist also, es in einer Aufstellung zu erkennen. Und da kommt es wohl recht häufig vor, dass verlorene Zwillinge auftauchen. Es ist ja schon bekannt, wie bedeutsam ungeborene oder verstorbene Geschwister sind – ein weiteres verwandtes Phänomen.

    Ansonsten verlasse ich mich beim Erkennen, ob ich von einem Thema betroffen bin, ganz darauf, dass mein Körper sowas besser weiß als ich. Nachdem ich bei Bessel van der Kolk über eine Frau gelesen hatte, die während einer Narkose aufgewacht war, durchlebte mein System eine gefühlte halbseitige Lähmung und brachte mir die Erinnerung ins Bewusstsein, dass ich als Kind dasselbe erlebt hatte (noch ein Trauma, mit fünf Jahren von einer Mandeloperation mitgebracht!).

    Wenn ich nicht von diesem Körpererfahrungsspeicher und intrinsischen Körperwissen überzeugt wäre, würde dieser Artikel, mit dem ich Menschen, die es von sich nicht wissen, überhaupt erst darauf aufmerksam machen möchte, wenig Sinn machen. Ich denke, die Resonanz, die das Lesen im Körper erzeugt, wird zu der Erkenntnis führen, ob es ein Thema ist, das sich weiterzuverfolgen lohnt – oder nicht.

    Es ist wohl wie bei den meisten Blockaden. Wenn man sie benennen kann, sind sie schon fast integriert!

    Ich habe durch meine Begegnung mit Maria unglaublich viel gewonnen.

    Wer wissen möchte, wie die Geschichte weitergegangen ist: Vom 12. bis zum 21. Dezember 2022 veranstaltet Elke Brenner einen Kongress Lebender Zwilling – Vom Verlust zur Freude. Ich bin am 19.12. als Interviepartnerin dabei.

    Ein Plädoyer für das kreative Schreiben

    Warum fängt eine freiberufliche Logopädin, die ein zweites Standbein als Dozentin und ein weiteres Spielbein als Playing Artist und Coach hat und sich vor Aufträgen kaum retten kann, also nachweislich keine Zeit hat, an zu schreiben?

    Die Antwort ist ganz einfach: Weil ich wirklich gern schreibe und – wie mir immer wieder zurückgemeldet wird – wohl auch außergewöhnlich viel lese. Ich habe eine unfassbar große intrinsische Motivation, mich in spannende Themenfelder hineinzuarbeiten. Und das muss ja mal irgendwo landen!

    Ich bin immer noch jederzeit dankbar für jedes neu zu entdeckende Themenfeld, das Teilnehmer meiner Fortbildungen sich von mir wünschen. Das bedeutet, dass ich ganze Meter im Bücherregal zu bestimmten Themen durchgearbeitet und mit dem Besuch passender Fortbildungen vertieft habe. Ich brauche das. Ich möchte diesen Webseite nutzen, um mich mit meine Arbeit und Lebenswelt betreffenden Themen auseinandersetzen zu können, um sie letztendlich für mich neu aufzubereiten. Und warum sollen andere nicht an meinen Zusammenfassungen, Erfahrungen und Gedanken teilhaben?

    Das führt aber auch dazu, dass ich sehr häufig, wenn ich auf einen interessanten Blogtitel klicke und denke, dass mein Lesehunger nun gestillt würde, mit einer gewissen Enttäuschung zurückbleibe, wenn dieser nach wenigen Sätzen endet und mir klar wird, dass ich bereits vor dem Lesen mehr über das Thema wusste als nachher. Ich habe nie verstanden, wofür ein solcher Blog gut sein soll. Auch hier möchte ich IMMER ALLES berücksichtigt sehen. Ich werde mich also weder inhaltlich noch thematisch reduzieren.

    Ich konnte schon immer besser denken, wenn ich etwas aufgeschrieben hatte, konnte mir ein Fremdwort oder ein neues englisches Wort besser merken, wenn ich es geschrieben hatte oder zumindest wusste, wie man es schreibt. Das führte dazu, dass ich irgendwann mal darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ich tatsächlich ohne es zu merken mit den Fingern in die Luft schreibe. Scheint mir zu helfen.

    Ich führe auch immer irgendwelche Listen, gerne To-Do-Listen. Ich nutze Schreiben zur Entscheidungsfindung. Unvergessen ist die Pro- und Contra-Liste, anhand derer mir klar wurde, dass ich mit meinem damals noch ungeborenen ersten Sohn nur in meiner Muttersprache Friesisch würde reden können – egal, wie viele Kilometer ich von meiner Heimatinsel Föhr weg bin und dass niemand sonst in der Umgebung diese Sprache spricht. Aber da stand eben auf der Pro-Seite alles, was mit mit positiven Gefühlen, mit dem Herzen zu tun hatte, und auf der Contra-Seite nur irgendwelche diffusen Ängste und Befürchtungen. Schwarz auf Weiß lag die Lösung vor mir.

    Ohne Notizbuch gehe ich kaum aus dem Haus. Ich führe außerdem Tagebuch, seit ich fünfzehn bin, und einiges davon kann ich heute noch gut lesen. Schreiben lässt mich nicht vergessen, Schreiben strukturiert mich. 

    Britta Weinbrandt - Kreatives Schreiben - Luzides Schreiben

    Ich versuchte mich also irgendwann auch in kreativem Schreiben. Ein paar Geschichten brachte ich für den friesischen Erzählwettbewerb „Ferteel iinjsen“ zu Papier, z.B. war  „Wüfensbeschük“ die erste.

    Als ich davor einmal Julia Camerons zwölfwöchiges Kreativitätstraining „Der Weg des Künstlers“ durchgeführt hatte, hatte ich ein wohl eher ungewöhnliches Erlebnis gehabt. Bis heute nutze ich in intensiven Arbeitsphasen ihre Idee, per „Morgenseiten“ mir alles ungefiltert und unzensiert von der Seele zu schreiben, was im Kopf herumschwirrt, bevor ich mich an etwas heransetze. Bei der Aufgabe, mir einen positiven Brief aus der Zukunft und einen aus der Vergangenheit zu schreiben, hatte ich gerade angesetzt, ein paar fiktive Dankessätze an mich aus meiner Kindheit zu formulieren, als – offensichtlich – mein Inneres Kind die Führung über meine Hand übernahm und sich weigerte, weiterzuschreiben. Meine Hand blockierte dermaßen, dass ich seitenweise einfach nur Kreise kritzeln konnte, die bis auf die nächsten Seiten durchdrückten, weil sie sich erst freischreiben musste. Anschließend schrieb mein Inneres Kind mir unverblümt und negativ, wie es ihm wirklich ging, und teilte mir auch mit, was es von mir brauchte.

    Britta Weinbrandt - Begegnung mit dem inneren Kind

    In den folgenden Monaten kamen schließlich auch andere Persönlichkeitsanteile meines Inneren Teams zu Wort, woraus sich zunehmend Schreibdialoge ergaben. Im weiteren Verlauf konnte ich einfach auf einem Blatt eine Frage formulieren und meine Hand schrieb mir eine Antwort dazu auf. Mir ist klar, dass das vielleicht schräg klingt, aber es erklärt hoffentlich meine unbedingte Überzeugung, dass Schreiben befreit, dass es tiefere Persönlichkeitsschichten aufdecken kann, dass man sich selbst dadurch ein Stück besser kennenlernen kann und dass es wirklich auch gesund ist, es einfach zu tun.

    Inzwischen nehme ich auf diese automatisch schreibende Art und Weise sogar Kontakt auf mit meinen Vorfahren. Die Ahnenheilung ist ein weiterer Baustein meines Selbstheilungsprozesses geworden. Die Verbindung mit einem meiner Ururopas half mir durch eine Krise, als diese wunderschöne Weisheit durch meine Hand aufs Papier floss : „Wenn du dir schon die Frage stellst, ob du in einem Feld du selbst sein kannst – dann ist es nicht dein Feld. Denke größer. Erschaffe dein eigenes Feld.“ Das hätte ich so nie formulieren können! Nehme ich mir sehr zu Herzen.

    Einmal machte mich eine Händigkeitsberaterin zwischen Tür und Angel darauf aufmerksam, dass sie mich ja wohl nicht zu diagnostizieren bräuchte und gab mir die Aufgabe, selbst darauf zu achten, wie viel ich mit der linken Hand mache. In der Grundschulzeit hatte ich einen Kampf durchlebt, aus dem Gekrickel, das ich – meine Linkshändigkeit nicht ahnend – nur zustande brachte, eine weiche und fließende Handschrift zu formen. Daher war ich eigentlich dagegen entschieden, eine Rückschulung auf eine Linkshänderschrift zu beginnen. Die Schwungübungen aber, die ich mit Wachsmalern mit meiner ungeschickten linken Hand ausführte, fühlten sich so wunderbar an, dass ich dann doch weitermachte. Mein Fazit ist, dass es sich auch auch auf rein motorischer Ebene einfach gut anfühlt, Schreibbewegungen zu machen. Später lernte ich dann den „Schreibtanz“ kennen, bei dem man beidhändig Stifte zur Musik an der Wand auf riesigen Papieren bewegt, und das ist tatsächlich sehr angenehm und befreiend.

    Es ist also nicht nur das Schreiben an sich, sondern auch das Schreiben mit der Hand insbesondere, das mich antreibt. Die Kinderbuchautorin Cornelia Funke beschreibt in einem Zeit-Interview: „Als ich zum ersten Mal wieder mit der Hand ein Manuskript verfasste, hatte ich das Gefühl, dass mir jemand das Spielen zurückgegeben hatte. Die Hand macht einem deutlich, dass man mitten im Formulieren und Kreieren steckt.“ Sie stellt dabei auch die Freiheit heraus, die in der „Ineffizienz“ des Handschriftlichen liegen kann. Ich selbst habe sogar schon beim Gehen etwas verfasst:

    Gehgedicht - Arts and Change-Coaching Britta Weinbrandt

    Dabei ist es mir gar nicht wichtig, dass unbedingt etwas Produktives dabei herauskommen muss. Im Gegenteil mache ich es wirklich eher für mich selbst und nutze den kreativen Prozess des Schreibens für andere Dinge, die dann freigesetzt werden.

    Große Nachwirkungen bis heute hatte ein Workshop „Art in Nature“, den ich im Rahmen meines Studiums mitgemacht habe. In der wüsten Dünenlandschaft Fuerteventuras erhielten wir die Aufgabe, etwas zum Thema Grenze/Grenzenlos zu gestalten. Ich hätte ein Muster in den Sand ritzen können, aber mir kamen Worte. Die ich in mehreren Durchgängen in meinem Tagebuch neu sortierte und zusammenstellte.

    Für mich ist in dem spontan entstandenen Text plötzlich der Titel enthalten gewesen, den ich viele Monate später schließlich meinem Blog – den ich eigentlich Artikelsammlung nennen sollte – geben „musste“. Und darüber brauchte ich nicht mehr lange nachzudenken. Und das ist genau der Punkt! Das, was daraus entstehen kann, wenn man sich einem Schreibfluss hingibt. Ich traue mich mal, den Text an dieser Stelle zu veröffentlichen. Wie man unschwer merkt, hat er nur für mich eine spezielle Bedeutsamkeit.

    Time
    The final frontier
    Doctor, Doctor, gimme the news
    Bin ich frei?
    Bin ich brtt?
    Bin ich im Hier und Jetzt?
    Bin ich zu intensiv?               
    Will ich zuviel?
    Jümmers mit’n Kopp döör de Wand?
    Wo fange ich an und wo höre ich auf?
    If I could save Time in a Bottle –
    würde ich das wollen?
    A Tear through the Fabric of Time –
    brauche ich das?
    Was brauche ich, um mich wohlzufühlen?

    Spiegelneurone nerven
    Mitschwimmen oder mitgerissen werden
    Schwimmen im Brit Pool
    Sometimes I feel…
    IMMER ALLES

    Wibbly Wobbly Timey Wimey
    Jede Entscheidung, die ich treffe,
    kreiert ein Paralleluniversum

    Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser
    No trespassing
    No crowdsurfing
    No woman no cry –                   
    It’s a bit more complicated than that

    Und was soll die Telekom von mir denken?

    Finde Pogo auf der Metaebene
    Dauer Wechsel Nähe Distanz
    fluide kristallin transparent opaque
    Die Erfolgreichen sagen: Fuck off!

    I’m holding the key (to the TARDIS)
    Was ich brauche ist
    – unvermittelten Ausbruch in Tanz und Gesang
    – Freiheit im Innen
    – selektiv-aggressiven Kakofeminismus

    Worse than everybody’s Aunt –
    Die Grenze bin ICH.

    Vielleicht erkennt der eine oder andere Eingeweihte höchstens, dass ich damals offensichtlich viel Dr. Who geguckt habe… Worum es hier hauptsächlich geht, ist der Effekt, den dieser Text für mich hatte. Ich nutze das kreative Schreiben (und nicht nur das) häufig auch in meinen Seminaren, um neue Themen auf persönliche Art einzuführen und gleich in die Tiefe zu gehen.

    Oft sind mir schon die Tränen gekommen, aus Rührung oder vor Lachen, wenn jemand sich anschließend traute, seine Worte vorzutragen. Ich habe bereits Pamphlete vernommen, Gedichte, ein Märchen, einen Werbetext, eine Liste, Oden oder sogar ein selbst erstelltes Kreuzworträtsel. Ich bin stets reich beschenkt worden.

    Britta Weinbrandt - Kreatives Schreiben - Kühlschrankmagnete

    Ich möchte diesen Funken, den mir das Schreiben eröffnet, gern weiter in die Welt tragen.

    Also habe ich mir vorgenommen, mich ebenfalls zu trauen, mit meinen Texten auch mal in die Öffentlichkeit zu gehen. Mit meinen Selbstzertifizierungen habe ich Jahre später einen zu mir passenden Weg dafür gefunden.

    Ich gebe in meinem Selbstzertifizierungskurs Impulse und ich schreibe Artikel über genau die Dinge, die mich beschäftigen. Und da bin ich nicht eingeschränkt. Das kann IMMER ALLES sein.

    Als Museumsjunkie, Spiel- und Theaterpädagogin, als Playing Artist und und in meinem Studium des kunstanalogen Coaching habe ich vielfältige Erfahrungen mit angewandter Kunst gemacht.

    Ich habe eine Neigung zu bunten Assoziationsketten und lasse mich gern selbst überraschen, wo ich als nächstes lande.

    Das Feld, auf dem ich mich momentan austobe, ist das der Träume. Ich habe das luzide Träumen für mich entdeckt und darüber kam ich zu Clare Johnson und dem luziden Schreiben.

    Der Unterschied, den das Eintauchen in mein eigenes Unbewusstes für mich macht, ist enorm. Anstatt andere Menschen zu befragen, was denn dies oder das Traumsymbol oder Symptom oder welche Lebensäußerung auch immer symbolisch bedeuten möge, erfahre ich hier eine Möglichkeit, ganz in mein eigenes Inneres abzutauchen.

    Für mich ist ganz klar: Es bringt mir nichts, in irgendwelchen Büchern nach Lösungen zu suchen, oder in Listen zu gucken, wie jemand anders das, das mir widerfährt, wohl interpretiert.

    Die Bedeutung, die mein Leben für mich hat, die kann ich nur selbst ihm geben.

    Und ich tu das schreibend.

    Gefühle werden nicht dement

    Herr Müller schlief schlecht, denn wann immer seine Frau aufstand, musste er sie suchen, damit sie nicht irgendwo hilflos herumirrte. Wenn sie morgens endlich ruhig schlief, stand er trotzdem wieder auf, um in Ruhe das Frühstück vorbereiten zu können.

    Danach erst weckte er seine Frau und brachte sie ins Bad, wo sie sich gegen seine pflegerischen Versuche, sie zu waschen und zu wickeln, tatkräftig zur Wehr setzte. Beim Frühstück musste er die zarte Person mit dem Stuhl so eng wie möglich zwischen Tisch und Wand einklemmen, da sie sonst unaufhörlich aufgestanden wäre. Die Wohnung war bereits komplett von herumliegenden Gegenständen geräumt. Waschbeckenstöpsel, Schranktüren, Besteckschublade etc. waren zu ihrem Schutz abgesichert. Allein lassen konnte er seine Frau unter keinen Umständen. An manchen Tagen hatte Herr Müller Glück. Dann begrüßte sie die Nachbarin auch beim wiederholten Treffen mit einem begeisterten: „Wir haben uns aber lang nicht mehr gesehen!“ An schlechten Tagen konnte sie durchaus auch mit einem Handfeger in der Hand hinter ihrer Nachbarin her jagen…

    1,4 Millionen Menschen sind in Deutschland von Demenz betroffen. Zwei Drittel von ihnen erhalten die Diagnose Alzheimer. Jährlich treten fast 300 000 Neuerkrankungen auf. Wenn ihre Anzahl auch innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte prozentual gesunken ist, wird aufgrund der demographischen Entwicklung die Zahl der Demenzkranken weiterhin kontinuierlich steigen. Bis 2050 könnte sie sich verdreifachen, jeder Dritte Betroffene wird dann älter als 90 sein. Rund 70 Prozent aller demenzkranken älteren Menschen werden von ihren Familienangehörigen betreut, meist ihren Lebenspartnern oder ihren häufig noch berufstätigen Kindern. Die dadurch entstehende Belastung ist ein sehr komplexes, mehrdimensionales und dynamisches Gefüge und ist in jedem Betreuungsfalle höchst individuell.

    Herr Müller erlebte auch schöne Momente mit seiner Frau. Wenn sie ruhig war und sich an ihn lehnte, ihm zärtlich über das Gesicht strich und ihn anlächelte, dann war er glücklich. Die Pflegetätigkeit kann den Angehörigen Kraft geben und als positiv und sinnstiftend empfunden werden, allein durch das Wissen, dass dadurch dem Erkrankten ein Leben in seinen eigenen vier Wänden ermöglicht wird. Pflegende stehen jedoch in dauerhafter Verantwortung und Bereitschaft. Sie haben kaum Möglichkeiten, die kräftezehrende Begleitung des fortschreitenden körperlichen und persönlichen Verfalls der ihnen nahestehenden dementen Person in einem angemessenen Trauerprozess zu verarbeiten. Eine Demenz kann zu schwerwiegenden Veränderungen im Denken, Fühlen und Verhalten des Kranken führen. Es besteht eine erhöhte Gefahr, dass durch diesen zunehmenden Wandel des Demenzerkrankten vermehrt Ärger und Konflikte auftreten. Häufig wird dadurch ebenfalls die Beziehung zwischen dem Demenzerkrankten und seiner pflegenden Bezugsperson negativ beeinträchtigt.

    Wenn Betreuungspersonen keine ausreichende Unterstützung und Entlastung, z.B. von weiteren Angehörigen oder durch professionelle Helfer erfahren, dann kann die stetige Belastung zu chronischem Stress und stark ausgeprägter körperlicher Erschöpfung führen. Diese mündet schließlich in einer Verschlechterung des eigenen Gesundheitszustandes. Pflegende haben ein nachweislich erhöhtes Krankheitsrisiko und zeigen zu über 50 Prozent mehr körperliche Beschwerden als der Durchschnitt der Bevölkerung. Zugleich liegt der Anteil an depressiven Störungen mindestens doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung, welches durch die aufgrund der Pflegesituation entstandenen eingeschränkten Freizeitaktivitäten und eine daraus resultierende mögliche soziale Isolation erklärt werden kann. Sogar das Risiko, selbst an Demenz zu erkranken, scheint bei Angehörigen dementer Menschen erhöht zu sein

    Jede Pflegekonstellation ist einzigartig und abhängig von Rahmenbedingungen wie dem Grad der fortgeschrittenen Demenz und der daraus folgenden Intensität der notwendigen Betreuung. Von einer weiteren Veränderung in Richtung einer Verschlechterung der Situation durch weiteren kognitiven Abbau des Erkrankten muss in jedem Falle ausgegangen werden. Die Wahrnehmung der individuellen Belastung einer pflegenden Person ist jedoch von der jeweiligen Pflegebelastung relativ unabhängig und zeigt sich entscheidend geprägt von den besonderen Bewältigungsstrategien, die jeder Einzelne im Laufe seines Lebens erworben hat. Daher ist der Aspekt der Pflegebelastung als ein veränderbarer Faktor im Bedingungsgefüge der Pflegesituation einzustufen und beispielsweise in einer Reihe mit dem grundsätzlich durchführbaren Umbau in eine möglichst pflegegerechte Wohnung zu nennen.

    Pflege kann nur gut gehen,
    wenn es den Pflegenden selbst gut geht

    – Birgit Jansen –

    Die Fähigkeit des Pflegenden zur Selbstsorge nimmt dabei eine Schlüsselposition ein: Wer sich fundiert und gründlich über die Demenzkrankheit informieren konnte und dadurch eine größere Sicherheit im Umgang mit seinem Angehörigen erlangt hat, ist weitgehend davor gefeit, Unmögliches von sich zu verlangen. Der Kontakt zu anderen Betroffenen kann darüber hinaus eine gute Möglichkeit sein, sich auszutauschen. Wem das Aufsuchen einer Selbsthilfegruppe nicht möglich erscheint: Das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft ist seit 2002 unter den Telefonnummern 030/259 37 95 14 (Festnetz) oder 01803/17 10 17 (0,9 ct/min) zu erreichen und steht jedem Anrufer beratend zur Seite. Mit gleichgesinnten Unterstützern wird es zudem leichter fallen, organisierte Hilfen wie ambulante Pflegedienste, Tagespflege oder Kurzzeitpflege ohne schlechtes Gewissen und innere Selbstvorwürfe anzunehmen, um in diesen Ruhepausen wieder eigene Kraft schöpfen zu können. Diese neu gewonnene Kraft kommt schließlich auch wieder dem Angehörigen zugute!

    Ein wichtiger und veränderbarer Kontextfaktor ist in den Merkmalen der bestehenden Beziehung zum dementen Angehörigen zu sehen und die Qualität der Beziehung sowohl vor als auch nach der Erkrankung zu berücksichtigen. Der emotionale Zustand des Pflegebedürftigen sowie die Intensität der Bindung zu ihm spielt eine große Rolle. Die gesamte Lebensqualität aller Beteiligten wird nachweislich verbessert, wenn Angehörige Verständnis für die Veränderungen im Verhalten des Betreuten aufbringen können, indem sie fundiertes Wissen um die Krankheit erwerben und damit einen möglichst entspannten Umgang mit der Demenz aufbauen können. Eine verbesserte Beziehungsebene kann sogar den Fortschritt des Krankheitsverlaufes verzögern.

    Britta Weinbrandt - Kommunikation bei Demenz

    Training für Angehörige und Pflegekräfte

    In dem vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Leuchtturmprojekt Demenz haben Julia Haberstroh und Dr. Johannes Pantel am Klinikum der Goethe-Universität in Frankfurt ein Trainingsangebot zur Verbesserung der Kommunikation in der Betreuung demenzkranker Menschen entwickelt. Haberstroh und Pantel stellen anschaulich dar, wie die individuellen Stärken der Demenzkranken erkannt, gefördert und genutzt werden können, um bestehende Schwächen zu umschiffen und die Kommunikation auch in weiter fortgeschrittenen Stadien aufrecht zu erhalten.

    Kennt man einen Menschen mit Demenz,
    kennt man EINEN Menschen mit Demenz.

    – Julia Haberstroh und Johannes Pantel –

    Angehörige und professionell in der Pflege Tätige erfahren beispielsweise in diesen Trainings, dass jede Betreuungssituation einzigartig ist. Ziel ist es, die Kommunikationskompetenz von pflegenden Angehörigen gegenüber den betreuten Demenzkranken zu verbessern. Pflegende Angehörige lernen kommunikative Stärken und Schwächen von Demenzkranken kennen. Die Teilnehmer werden als die Experten für ihre Angehörigen gesehen, denn sie wissen, was für die zu pflegende Person das Beste ist. Es geht um Hilfestellungen im gemeinsamen Expertenaustausch. Anhand alltäglicher Beispiele wird erklärt wie individuelle Stärken der Demenzkranken erkannt, gefördert und genutzt werden können, um Schwächen zu umgehen und Kommunikation aufrecht zu erhalten. Für eine funktionierende Kommunikation bedarf es verschiedener Fertigkeiten. Im Trainingsprogramm wird besonders auf „Aufmerksamkeit“, „Behalten“ und „Verstehen“ eingegangen. Sie sind bei Demenzpatienten – je nach Krankheitsstadium – unterschiedlich stark beeinträchtigt. Die Teilnehmer erarbeiten Strategien zum Umgang mit demenzkranken Menschen, die in einer individuellen Betreuungssituation hilfreich sind. Verständnis und das Wissen über die Kommunikationsschwierigkeiten mit Demenzkranken können für einen entspannten Umgang sorgen, zu mehr Lebensqualität beitragen und die Belastung der Angehörigen reduzieren.

    Die Möglichkeiten der Kommunikation sind bereits im recht frühen Stadium der Demenz eingeschränkt, welches eine besondere Belastung für alle Pflegenden darstellt. Demenzerkrankte können je nach Erkrankungsdauer Schwierigkeiten haben, Gesprächen zu folgen oder stellen beispielsweise immer wieder dieselben Fragen. Da demente Menschen selbst über keine kommunikationsförderlichen Strategien mehr verfügen, liegt die Verantwortung für eine gelingende Kommunikation gänzlich bei den Angehörigen. Wenn sich Angehörige in angespannten Situationen über den Betroffenen ärgern, dann können sie ungünstig reagieren, indem sie z.B. kritisieren und auf Fehler hinweisen oder laut und vorwurfsvoll werden. So kann sich dann eine Abwärtsspirale entwickeln, die letztlich auch den Verlauf der Krankheit negativ beeinflusst.

    Kommunikationstipps für den Umgang mit Demenzerkrankten

    Es gibt einige Merkmale der Kommunikation, die sich bei vielen Dementen beobachten lassen:

    • Die meisten der erkrankten Menschen sind problemlos in der Lage, ihre Aufmerksamkeit stark zu fokussieren, es gelingt ihnen jedoch nur sehr schwer, ihre Aufmerksamkeit zu teilen. So nehmen sie beispielsweise selten wahr, wenn sie aus dem Nebenraum gerufen werden. Auf dieses Phänomen kann im Kontakt mit ihnen jedoch leicht Rücksicht genommen werden: Schalten Sie Hintergrundgeräusche aus und setzen Sie eine deutliche Körpersprache oder auch Körperkontakt ein, um die Aufmerksamkeit entsprechend zu lenken.
    • Auch wenn die frühere Beziehung aufgrund der fortschreitenden Symptomatik verlorengegangen ist, so kann der Umgang mit dem Erkrankten dennoch weiterhin an altbekannten Vorlieben und Kompetenzen ausgerichtet werden: Ein Naturliebhaber kann nach wie vor zu Spaziergängen angeregt und auf die umgebende Flora und Fauna angesprochen werden. Ein Kunstliebhaber kann mit verschiedenen Materialien zu Ausdruckstätigkeiten inspiriert werden, ein Opernliebhaber mit Musik.
    • Ebenso hilfreich, um die Aufnahme einer neuen Information zu gewährleisten, kann das bewusste Sprechen in kurzen Sätzen sein, das eine komplexe Aussage in kürzere Einheiten von nur einer Information pro Satz aufteilt. Der Sachverhalt „Ich muss noch einmal kurz ‚rüber zum Kaufmann gehen, weil ich vergessen habe, Kartoffeln zu kaufen. Ich erwarte allerdings ein Paket, daher wäre es mir sehr wichtig, dass Du zur Tür gehst und dem Postboten aufmachst, wenn er klingelt“, sollte dementsprechend verkürzt, in kurzen Sätzen mit einer Information pro Satz, mitgeteilt werden: „Ich muss kurz einkaufen. Wir brauchen Kartoffeln. Ich warte auf den Postboten. Der Postbote klingelt gleich. Mach‘ du bitte dem Postboten die Tür auf! Ich bin gleich wieder da.“
    • Das WIE wird demnach leichter erfasst als das WAS des Gesagten. Daher ist es wichtiger, Anerkennung, Wertschätzung und Geborgenheit zu vermitteln und somit neue Zugangsmöglichkeiten zu eröffnen, als auf einen Fehler hinzuweisen und sich in eine fruchtlose Diskussion zu verstricken. Wenn es beispielsweise notwendig ist, verschmutzte Kleidung zu wechseln, kann man, anstatt auf das Missgeschick aufmerksam zu machen, darum bitten, doch heute einmal das schöne neue Stück anzuziehen, das so fantastisch gut an ihm aussieht – damit erhält der Pflegebedürftige die Möglichkeit, dem Gesprächspartner einen Gefallen zu tun und erfährt somit Anerkennung und Wertschätzung.

    Die Bedeutung einer neuen Information wird nicht immer verstanden und noch seltener behalten, sehr wohl aber spüren Demente, dass eine Botschaft authentisch ist und sich Zeit für sie genommen wurde. Die Fähigkeit des Erspürens auf der emotionalen Ebene bleibt dem Demenzkranken weitgehend erhalten. „Das Herz wird nicht dement.“ Frustrierende Kommunikationserlebnisse werfen die Erkrankten auf ihre Schwächen zurück und wirken krankheitsverschlimmernd. Hingegen stärkt ein ressourcenbewusster Umgang mit der Demenz die Beziehungsebene und beugt dem Verstummen vor.

    Britta Weinbrandt - Kommunikation mit Demenz

    Wie Demenz von Altersvergesslichkeit abgegrenzt wird

    Anzeichen von Vergesslichkeit sprechen nicht gleich für eine beginnende Demenz, sie gehören zum physiologischen Alterungsprozess, der mit rund 50 Jahren beginnt. Die kognitive Leistungsfähigkeit nimmt jedoch im Alter nicht automatisch ab, sondern wandelt sich lediglich: die so genannte fluide Intelligenz (angeborene Fähigkeiten, die kaum durch die Umwelt beeinflussbar sind, wie z.B. logisches Denken, Problemlösung) nimmt ab, während die kristalline Intelligenz (Fähigkeiten, die im Laufe des Lebens erworben werden, z.B. Bewegungsabläufe) weitgehend erhalten bleibt. Bei Menschen mit Demenz nimmt nicht nur das Erinnerungsvermögen ab, sondern auch die allgemeine Fähigkeit, zu denken. Insbesondere gelingt es ihnen zunehmend schwieriger, Zusammenhänge zu erfassen. Daher ist es in der Prävention von Demenz auch sinnvoller, sich neue Dinge beizubringen, wie z.B. jonglieren, anstatt Sudokus oder Kreuzworträtsel auszufüllen, die von Könnern auswendig heruntergeschrieben werden können und keine Herausforderung mehr darstellen.

    Wenn die Symptome über ein halbes Jahr andauern, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Besondere Warnzeichen sind, wenn Betroffene bereits auf wahrnehmbare Verwirrtheit angesprochen werden und sich nicht mehr herausreden können, und wenn Orientierungsstörungen in eigentlich bekannter Umgebung auftreten. Auch das Hinzukommen von Wortfindungsproblemen sollte beachtet werden. Bei fortschreitender Demenz verändert sich die gesamte Persönlichkeit, und der Betroffene benötigt zunehmend umfassende Hilfe von seinen Angehörigen.

    Der Arzt wird umfassende körperliche und neuropsychologische Untersuchungen einleiten. Der bekannteste Demenztest, der Mini-Mental Status, besteht beispielsweise aus Fragen bezüglich der räumlichen und zeitlichen Orientiertheit, stellt Aufgaben zur Merkfähigkeit im Kurzzeitgedächtnis mit wiederholender Nachfrage nach einigen Minuten, lässt Gegenstände benennen, kleinere Rechenoperationen ausführen, Figuren nachzeichnen etc. Er wird meist in Kombination mit dem Uhrentest durchgeführt, bei dem der Patient gebeten wird, das Zifferblatt einer Uhr aufzuzeichnen und eine Uhrzeit einzutragen. Ausschlaggebend ist hierbei jedoch nicht nur das einzelne Testergebnis, sondern insbesondere die Dokumentation wiederholender Testdurchführungen im Vergleich, wodurch der Verlauf der dementiellen Entwicklung aufgezeichnet werden kann.

    Die Texte in diesem Blogbeitrag wurden 2015 unter Kooperation mit dem Osterberg-Institut in der Reihe „Fit fürs (Berufs)leben“ verfasst und im sh:z Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag publiziert, mit einer Rezension des dazugehörigen Vortrages „Kommunikation mit Demenzerkrankten“. Bereits im August 2015 führte Kerrin Ketels vom Friisk Funk mit mir daraufhin ein Radiointerview auf Friesisch. 2017 bat mich das „Wirtschaftsmagazin für erfolgreiche Therapiepraxen – unternehmen praxis“ um ein Interview über Gerontologopädie.

    Raus aus der Lebensfalle

    Kindheitsmuster durch Achtsamkeit und Selbstmitgefühl auflösen

    Jeffrey Young hat in den Neunzigern sogenannte Lebensfallen formuliert. In „Reinventing Your Life“ beschreibt er, wie er an seinen Patienten, die keine nennenswerten Fortschritte in ihrer Therapie machten, bestimmte wiederkehrende Muster beobachtete, die er Schemata nennt. Ein Schema besteht aus dem Zusammenspiel von Erinnerungen, Gefühlen, Gedanken und Körperwahrnehmungen. Früh in der Kindheit oder Jugend dienen sie dem Überleben und helfen uns, uns selbst zu beruhigen. Doch irgendwann prägen sie unser Selbstbild und sie brennen sich in Form von Glaubenssätzen über das Leben so stark als Grundgefühl fest, dass wir unsere Kindheitserfahrungen selbst in unserem erwachsenen Leben immer wieder zu wiederholen scheinen. Freud hat das bereits erkannt.

    Durch meine Selbstzertifizierungen habe ich mich voller Selbstmitgefühl einigen dieser Muster liebevoll zugewandt und sie aufspüren können. Ich bin durch das Buch „Der achtsame Weg zum Selbstmitgefühl“ von Christoph Germer auf die Schemata gestoßen. Bevor ich zu der Aufzählung dieser Lebenswunden komme, ein Wort zur Praxis damit:

    Germer verweist auf die „Emotionale Alchemie“ von Tara Bennett-Goleman, deren Vorschläge zum achtsamen Umgang mit den Schemata ich in ihre Beschreibungen eingewoben habe. Beide schlagen vor, dass wir unser selbstzerstörerisches Denken entlarven können, indem…

    1. …wir achtsam zur Kenntnis nehmen, was gerade geschieht – welche Empfindungen allein schon beim Durchlesen der folgenden Auflistung unserem Körper ausgelöst werden

    2. …wir uns öffnen für die Gefühle und wirklich zulassen zu spüren, welche Emotionen damit verbunden sind. Verlassenwerden löst Angst aus, Misstrauen Wut, Deprivation tiefe Traurigkeit. Was ist es jetzt in diesem Moment?

    3. …wir unsere Gedanken registrieren. Was denken wir wahrscheinlich, was kommentieren wir für uns selbst, was passiert ist und was wir getan haben? Was ist es, das wir uns immer wieder sagen, um diese Lebensfalle zu nähren?

    4. …wir uns auf die Bilder einlassen, die erscheinen. Haben wir ähnliches schon früher erlebt? Erinnert uns das an Geschehnisse und Gefühle aus der Kindheit?

    5. … wir herausfinden, wir wir uns typischerweise verhalten, wenn das Muster aktiv ist. Gibt es Übereinstimmungen mit ähnlichen Reaktionen? Gibt es ein verwandtes Schema?

    Germer empfiehlt, man möge sich ein Schema herausgreifen, das im Leben vorherrscht, und für eine bessere Wirkung eine Situation aufschreiben, in der es wahrscheinlich aktiviert wird. Das Erkennen unserer Schemata ist Achtsamkeit, und wenn wir inmitten eines aktiven Schemas freundlich zu uns sind, dann ist das Selbstmitgefühl. Selbst das Erkennen eines Schemas und das Benennen der begleitenden Gefühle ist bereits eine effektive Methode, um einen ganzen Komplex destruktiver Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen in einem Augenblick freundlichen Gewahrseins aufzulösen.

    Deswegen haben mir meine Selbstzertifizierungen auch geholfen – sie brachten noch dazu eine Prise Humor dazu.

    Da solche Lebensfallen sich fast immer aus gestörten Beziehungs- oder Bindungserfahrungen entwickeln, aus frühkindlichen Traumata, ging Jeffrey Young davon aus, dass sie besonders in einem Umfeld entstehen, in dem grundlegende kindliche Bedürfnisse nicht erfüllt werden. „Das Zusammenwirken des angeborenen Temperaments und der frühen Umgebung des Kindes führt zur Nichterfüllung statt zur Erfüllung der Grundbedürfnisse“. Diese sind:

    • Das Bedürfnis nach sicherer Bindung zu anderen Menschen (Sicherheit, Stabilität, nährende Zuwendung und akzeptiert werden)
    • Das Bedürfnis nach Autonomie, Kompetenz und ein Gefühl der Identität
    • Die Freiheit, berechtigte Bedürfnisse, Wünsche und Emotionen ausdrücken und ausleben zu dürfen
    • Das Bedürfnis nach Spontaneität und Spiel
    • Das Bedürfnis danach, realistische Grenzen zu setzen und gesetzt zu bekommen und selbst Kontrolle ausüben zu können

    Im Umgang mit den Lebensfallen gibt es – je nach Temperament – drei Copingstrategien, oder auch Abwehrmechanismen, die als missglückte Lösungsversuche bezeichnet werden können: Erdulden, Vermeiden und Überkompensieren. Sie können zwar einzeln auftreten, aber das ist eher ein Sonderfall. Manchmal verwendet man in einem Lebensumfeld die eine und in einem anderen eine andere Strategie. Um sich aus dem Schema zu befreien, müssen diese Verhaltensweisen erkannt und verändert werden. Ich werde sie jeweils am Schluss meiner Zusammenfassungen beschreiben, wobei mir die detaillierten Übersetzungen von Eckhard Rödinger, Judith Grutschpalk und Christoph Fuhrhans geholfen haben.

    Britta Weinbrandt - Raus aus der Lebensfalle - Kindheitsmuster durch Achtsamkeit und Selbstmitgefühl auflösen

    Erdulden
    Eher passive Menschen reagieren mit dem Totstellreflex, dem Erstarren, Unterwerfen und Sich-Fügen, was sich ergeben, sich ausliefern oder erdulden bedeutet.

    Ergebene Mitmacher sind übermässig angepasst und autoritätsgläubig, konfliktvermeidend, stellen eigene Ansprüche zurück und versichern sich bei anderen. Im Extremfall lassen sie widerspruchslos zu, dass schlecht mit ihnen umgegangen wird. Im Leben wiederholen sie die schmerzhaften Muster der Kindheit mit den gewählten neuen Partnern. Diese Vertrautheit gibt ihnen eine Scheinsicherheit.

    Britta Weinbrandt -  Raus aus der Lebensfalle Kindheitsmuster durch Achtsamkeit und Selbstmitgefühl auflösen

    Vermeiden
    Eine andere Möglichkeit ist die klassische Flucht, die Distanz. Wenn jemand flieht, vermeidet er es, über seine Probleme nachzudenken. In Verdrängung und Verleugnung werden Gedanken verbannt, Gefühle werden unterdrückt, Beziehungen und Situationen vermieden, abgetrennt. Alles andere wäre zu schmerzhaft. Der Nachteil von Vermeidung ist, dass die betroffene Person nie ihrem Schema entkommt. Da sie nicht mit der Realität konfrontiert wird, findet keine Weiterentwicklung statt. Die Situationen und Auslöser können nicht verändert werden, bevor sie nicht als Problem erkannt wurden. Stattdessen werden die alten und gewohnten selbstzerstörerischen Beziehungen und Verhaltensweisen weitergeführt.

    Der distanzierte Beschützer wirkt kontrolliert und fassadenhaft, manchmal kühl. Emotionen sind abgeschaltet und nicht zugänglich. Charakteristisch sind innere Leere, Langeweile und psychosomatische Beschwerden.

    Der distanzierende Selbstberuhiger betreibt in dem Drang, sich zu entspannen, oft suchtähnliche Ersatzaktivitäten, um schmerzhafte Emotionen nicht wahrzunehmen: Substanzmissbrauch, Workaholismus, exzessiven Sport, eigentlich jede Art exzessiver Zerstreuung, aber auch Dauerfernsehen, Essanfälle und Selbstverletzungen, wenn sie der Spannungsreduktion dienen.

    Der ärgerliche Beschützer reagiert gereizt, ironisch und abweisend, wirkt mürrisch. Fühlt er sich bei Anforderungen durch andere bedroht, reagiert er dann auch aggressiv und entwertend.

    Überkompensation
    Menschen mit einem stärker aggressiven Temperament entscheiden sich für Kampf oder Gegenangriff, neigen eher zur Kompensation, die in Richtung  Omnipotenz, Übertreibung, Verstellung und Selbsttäuschung gehen kann. Die betroffene Person versucht mit dem Schema zurechtzukommen, indem sie sich so verhält, als träfe das genaue Gegenteil zu. Sie versucht, sich so weit wie möglich von der Kindheit zu entfernen. Wenn die Person damals das Gefühl hatte wertlos zu sein, tut sie heute, als ob sie etwas ganz Besonderes, perfekt oder unfehlbar sei.

    Der Angeber tritt egozentrisch und großspurig auf, als habe er besondere Rechte, zeigt dabei wenig Empathie. Er prahlt und sucht Bewunderung, zeigt Überlegenheit, ist übertrieben grandios.

    Der Kontrolleur kann als Perfektionist auftreten, um Kritik oder Unglück zu vermeiden, oder als misstrauischer Kontrolleur, der andere und ihr Verhalten dauernd auf Indizien für Böswilligkeit hin überprüft. Er ist dominant, konkurrierend, arrogant, hochmütig, herablassend und  abwertend.

    Der Schikanierer und Angreifer ist voll kalter Wut, ist aggressiv, überkontrollierend und schädigt andere absichtlich verbal, emotional, sexuell und physisch. Er ist rebellisch, manipulativ, ausbeutend. Unterordnung und Kontrolle? Niemals!

    Der Versuch, niemanden zu brauchen, kann langfristig zur Vereinsamung führen. Außerdem versperrt die Kompensation den Weg zu wirklicher Nähe. Die Fähigkeit zu vertrauen, verletzlich zu sein und sich tiefer einzulassen, wird eingebüßt.

    Nun kommt die Beschreibung der verschiedenen Schemata, die sich, ausgehend von den fünf genannten Grundbedürfnissen von Kindern, in fünf verschiedene Domänen zusammenfassen lassen: 

        • Mangelnde Sicherheit und Bindung führt zu Abgetrenntheit und dem Gefühl von Ablehnung und Zurückweisung.
            ◦ Wenn Grundsicherheit beeinträchtigt wurde: Verlassenheit, Misstrauen und Missbrauch
            ◦ Wenn Verbundenheit mit anderen beeinträchtigt wurde: Emotionale Entbehrung und Isolation

        • Eingeschränkte Kontrolle im Außen führt zu Beeinträchtigung von Autonomie und Leistung
            ◦ Wenn Autonomie beeinträchtigt wurde: Abhängigkeit und Verletzbarkeit

        • Ohne Selbstwert kommt es zu Fremdbezogenheit und eingeschränktem Selbstausdruck
            ◦ Wenn Selbstachtung beeinträchtigt wurde: Unzulänglichkeit und Versagen
            ◦ Wenn Selbstausdruck beeinträchtigt wurde: Unterwerfung und überhöhte Standards

        • Einschränkte Selbstkontrolle führt zu Beeinträchtigungen im Umgang mit Begrenzungen
            ◦  Wenn Realistische Grenzen beeinträchtigt wurden: Anspruchshaltung

        • Lust- und Unlustvermeidung führt zu übertriebener Wachsamkeit und Gehemmtheit

    Wenn das Bedürfnis nach Grundsicherheit beeinträchtigt wurde, kommt es zu schädigender Frustration:

    I. Abgetrenntheit und Ablehnung, Zurückweisung

    In diesem Fall fehlt dem Kind in der Entwicklung häufig Wichtiges. Das Gefühl, abgetrennt zu sein und Zurückweisung zu erfahren, beschreibt die Erwartung, dass die eigenen Bedürfnisse nach Sicherheit, Geborgenheit, Stabilität, Fürsorge, Verständnis oder Zuwendung und Empathie nicht erfüllt werden. Dies gilt sowohl in der Familie, als auch in intimen Beziehungen. Der typische familiäre Ursprung ist in einer explosiven, unberechenbaren oder missbrauchenden Familie zu sehen. Das Kind wird traumatisiert und zum Opfer gemacht. Oder es bekommt Zuviel von etwas Gutem. In diesem Fall ist das Kind zwar nicht schlecht behandelt worden, aber möglicherweise wurde ihm zu viel abgenommen, es wurde verwöhnt und ihm wurden keine Grenzen gesetzt.

    Das Kind identifiziert sich mit Gedanken, Gefühlen, Erlebnissen und Verhaltensweisen der Elternteile. Hierbei werden allerdings nicht nur die guten Aspekte übernommen, sondern auch negative. Kinder, die missbraucht wurden, identifizieren sich häufig sowohl mit dem Opfer als auch mit einigen Aspekten des schädigenden Erwachsenen.

    Ihr Erleben ist das des verletzbaren oder wütenden Kindes.
    Das verletzbare Kind ist ein einsames Kind, das nur dann Aufmerksamkeit bekommt,wenn es seinen Eltern alles recht macht. Es erlebt die schweren emotionalen Schmerzen und Ängste von Verlassenheit oder Missbrauch. Es fühlt sich isoliert, traurig, missverstanden, nicht unterstützt, unvollkommen, emotional vernachlässigt, überwältigt, unfähig, zweifelt an sich selbst, ist bedürftig, hilflos, hoffnungslos, erschreckt, ängstlich, beunruhigt, geopfert, wertlos, ungeliebt, nicht liebenswert, verloren, orientierungslos, zerbrechlich, schwach, abgelehnt, unterdrückt, machtlos, übergangen, ausgeschlossen, pessimistisch. Es fühlt sich extrem verletzlich und allein und sucht nach einer fürsorglichen Elternfigur.

    Das wütende Kind fühlt sich stark verärgert, aufgebracht, wütend, zornig, frustriert und ungeduldig, weil seine Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Andere fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Der Ärger wird unangemessen ausgedrückt, es rastet aus und ist blind vor Ärger und Wut, es verletzt andere Menschen oder Dinge.

    Es handelt sich um die Lebensfallen Verlassenheit/Instabilität, Emotionale Vernachlässigung,  Misstrauen/Missbrauch, Unzulänglichkeit / Scham.

    1. Verlassenheit / Instabilität

    Ich fühle mich nie sicher und werde immer wieder verlassen. Die anderen sind nicht zuverlässig.

        • Ich bin im Stich gelassen.

        • Meine Eltern haben mich allein gelassen, waren im Verhalten wechselhaft.

        • Ich habe Angst, dass die Menschen, denen ich mich nahe fühle, mich verlassen werden.

        • Ich klammere mich aus Angst sie zu verlieren an Menschen, die mir nahe sind.

        • Ich klammere mich an die Leute, denen ich nahe bin, weil ich Angst habe, sie zu verlieren.

        • Ich brauche andere Leute so dringend, dass ich ständig Angst habe, sie zu verlieren.

        • Ich habe ständig Angst, dass Leute, denen ich mich nahe fühle, mich verlassen oder sich von mir abwenden könnten.

        • Wenn sich jemand, um den ich mich kümmere, sich von mir zurückzieht, werde ich ganz verzweifelt.

        • Manchmal habe ich so große Angst davor, dass mich Leute verlassen könnten, dass ich sie zurückweise.

    Wichtige Bezugspersonen waren nicht fähig, eine kontinuierliche emotionale Unterstützung, Verbindung oder Schutz zu bieten. Sie waren emotional instabil, unvorhersehbar, unzuverlässig oder nur zeitweise präsent. Wer im Stich gelassen wurde, hat aus der erfahrenen Unzuverlässigkeit derer, die für Unterstützung und Verbindung zuständig waren, keine eigene Verbindung zu sich und anderen entwickelt.

    Britta Weinbrandt -  Raus aus der Lebensfalle Kindheitsmuster durch Achtsamkeit und Selbstmitgefühl auflösen

    Menschen, die sich in dieser Lebensfalle befinden, haben ständig Angst, allein gelassen zu werden. „Meine engen Beziehungen werden in die Brüche gehen, weil Menschen unzuverlässig und unberechenbar sind.“ Überzeugt, dass wichtige Beziehungen nicht halten werden, bleiben sie entweder isoliert oder klammern.

    • Erdulden: Ich bin eifersüchtig und ängstlich in Beziehungen oder suche nicht erreichbare Beziehungen. Ich wähle Partner oder Bezugspersonen, die emotional nicht verfügbar oder unvor-hersagbar unzuverlässig sind. Das Schema Verlassenwerden zu triggern, bedeutet auch, dass diese Partner weit entfernt wohnen, häufig auf Reisen sind, bis in die Abendstunden arbeiten oder sogar eine andere Beziehung haben können.
    • Vermeiden: Ich entziehe und isoliere mich, vermeide enge Beziehungen, habe Hobbies für mich alleine oder oberflächliche Freundschaften. Ich trinke viel, wenn ich allein bin.
    • Kompensieren: Ich stoße Partner oder wichtige Bezugspersonen mit anklammernden, besitzergreifenden oder kontrollierenden Verhaltensweisen von mir. Ich stelle hohe Forderungen an andere, übe vermehrt Kontrolle aus oder mache andere von mir abhängig, breche Beziehungen ab, bevor der andere geht; ich will besonders sein.

    Tara Bennett-Goleman empfiehlt Menschen mit diesen Ängsten, zu lernen, dass es ihnen auch alleine gut gehen kann, dass sie die innere Stärke haben ihre Bedürfnisse selbst zu befriedigen, und daher nicht zerbrechen werden, wenn sie jemand verlässt. Wenn wir in diesem Heilungsprozess besonders achtsam für Gefühle bleiben, die schon ein symbolisches Verlassenwerden weckt – Überempfindlichkeit für Trennungserlebnisse, verzweifeltes Festklammern, Grauen vor dem Alleinsein – können wir diesem Schema zu Leibe rücken, sobald es uns zu überwältigen droht. Young schlägt daher vor, dass wir uns die Historie unserer vergangenen Beziehungsmuster einmal vornehmen und uns anschauen, welche Muster es genau sind, die uns triggern. Auf Beziehungen vertrauen zu lernen ist ein Meilenstein auf diesem Weg.

    2. Emotionale Vernachlässigung und Deprivation / Entbehrung

    Ich bin wertlos und überflüssig. Ich muss alles selbst tun, weil mir niemand hilft. Wenn ich jemanden brauche ist keiner da.

        • Ich bin emotional vernachlässigt.

        • Ich habe zu wenig Liebe und Aufmerksamkeit bekommen.

        • Meine Eltern waren kalt vernachlässigend und ablehnend.

        • Die meiste Zeit hatte ich niemanden, auf dessen Rat oder Unterstützung ich mich verlassen konnte.

        • Größtenteils hatte ich niemanden, der mir wirklich zuhörte, mich verstand oder auf meine eigenen Gefühle und Bedürfnisse eingegangen ist.

        • Die meiste Zeit hatte ich niemanden, der sich um mich kümmerte, sich mir mitteilte oder sich wirklich für alles interessierte, was mir widerfuhr.

        • Im Allgemeinen gab es in meinem Leben niemanden, der mir Wärme oder Halt gab oder mir seine Zuneigung gezeigt hat.

        • Für die meiste Zeit meines Lebens hatte ich nicht das Gefühl, für jemanden etwas Besonderes zu sein.

        • Ich hatte kaum eine starke Person die mir einen guten Rat gegeben oder mir den richtigen Weg gezeigt hat, wenn ich mal nicht wusste, was ich tun sollte.

    Emotionale Vernachlässigung beschreibt die Erwartung, dass das eigene Verlangen nach emotionaler Zuwendung nicht ausreichend erfüllt wird. Wer darunter leidet, hat das Gefühl, minderwertig und unerwünscht zu sein, nichts wert zu sein, nicht geliebt zu werden. Diese Lebensfalle entsteht durch ein Elternhaus, in dem man sich nicht geliebt oder geachtet fühlte und ständig kritisiert wurde. Die Bezugsperson war zwar anwesend, hat sich aber nicht angemessen in die wahren Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse eingefühlt und sich mit echtem Interesse um das Kind gekümmert.

    Die drei wichtigsten Formen Emotionaler Vernachlässigung sind:

        • Mangelnde Fürsorge: Fehlen von Aufmerksamkeit, Zuwendung, Wärme oder Gesellschaft.

        • Fehlende Empathie: Abwesenheit von Verständnis, Zuhören, Selbstoffenbarung oder dem Teilen von Gefühlen mit anderen.

        • Mangelnder Schutz: Abwesenheit von Stärke, Richtung und Führung oder fehlende Anleitung durch andere.

    „Es ist nie genug“, „Ich kann von anderen anscheinend nicht bekommen, was ich brauche – Verständnis, Unterstützung und Aufmerksamkeit“ – dieses Gefühl haben Menschen, die dieses Schema entwickelt haben. Sie glauben, für niemanden auf der Welt wirklich wichtig zu sein. Ein tiefes Gefühl der Leere führt zu hohen Ansprüchen an andere. Was immer diese anbieten, es reicht nicht.

    • Aushalten: Ich wähle ichbezogene, nur an sich selbst interessierte, gefühlskalte, abgetrennte Partner und Freunde und halte andere davon ab, emotional gebend zu sein. Ich sorge nicht gut für mich bzw. lasse mich schlecht behandeln.
    • Vermeiden: Ich vermeide intime Beziehungen vollständig, aus Angst vorm Verlassenwerden. Ich ziehe mich zurück, bin ein einsamer Wolf, führe Tagträume.
    • Flucht nach vorn: Ich stelle unrealistische Forderungen an andere zur eigenen Bedürfniserfüllung. Ich beute selbst andere aus, zeige Promiskuität oder bin Helfer (Helfersyndrom), ich opfere mich auf, klammere mich stark an andere.

    Tara Bennett-Goleman empfiehlt Menschen, die sich in diesem Schema wiedererkennen, sich mehr Klarheit darüber zu verschaffen, wie unser Bedürfnis nach Fürsorge unsere Beziehungen formt. Achtsamkeit hilft gegen die Neigung, das Verhalten anderer verzerrt zu interpretieren. Wer glaubt, dass andere nur etwas von einem wollen, lernt so, diesen Gedanken in Frage zu stellen – um vielleicht zu merken, dass die anderen unsere Gesellschaft genießen, ohne noch mehr von uns zu erwarten. Mit Achtsamkeit können auch Verhaltensänderungen gelingen, indem wir anfangen, unsere Bedürfnisse anderen klar und angemessen mitzuteilen und uns emotional präsente Partner zu suchen.

    3. Misstrauen / Missbrauch

    Nähe tut weh. Andere sind böse zu mir. Ich habe es nicht besser verdient, mit mir kann man es machen.

        • Ich bin missbraucht.

        • Meine Eltern missbrauchten mich emotional und/oder körperlich bzw. sexuell.

        • Ich bin gewöhnlich auf der Hut, da ich immer Hintergedanken bei anderen vermute. 

        • Ich bin den Absichten anderer gegenüber misstrauisch.

        • Ich habe das Gefühl, dass ich ausgenutzt werde.

        • Wenn ich nicht vorsichtig bin, werden mir andere weh tun.

        • Es ist nur eine Frage der Zeit, bis jemand mein Vertrauen missbraucht.

        • Hinsichtlich der Motive anderer bin ich sehr misstrauisch.

    Dieses Schema entwickelt sich, wenn frühere Beziehungen als unzuverlässig oder sogar als missbrauchend erlebt wurden. Es äußert sich in der Erwartung, dass andere einen verletzen oder missbrauchen, bloßstellen, betrügen, belügen, manipulieren und ausnutzen werden.

    Das Schema beinhaltet die Annahme, dass die Verletzung absichtlich erfolgt. Das Schema kann das Gefühl einschließen, letztendlich immer betrogen zu werden oder „den Kürzeren zu ziehen“. Es führt zu ständigem Auf-der-Hut-sein. Diese Menschen gehen oft schädigende Beziehungen ein, in der Überzeugung, nichts Besseres verdient zu haben.

    • Erstarren: Ich wähle zu Missbrauch neigende Partner und Freunde, die nicht vertrauenswürdig sind, mich manipulieren und seelisch, körperlich oder sexuell misshandeln. Ich bleibe in missbrauchenden Beziehungen; bin übervorsichtig und beobachte andere misstrauisch oder bin übermäßig vertrauensselig.
    • Flucht: Ich vermeide enge Verbindungen mit anderen im Privat- und Berufsleben, vertraue mich niemandem an und vermeide Selbstoffenbarungen. Ich vermeide enge Beziehungen bzw. gehe keine sexuellen Kontakte mehr ein.
    • Kampf: Ich behandele andere schlecht bis ausbeuterisch oder verhalte mich im Gegensatz dazu zu vertrauensvoll. Ich zeige politisch-offensives Engagement gegen Missbrauch, übe Kampfsport aus. Oder ich missbrauche andere bzw. greife sie an (Opfer-Täter-Umkehr), übe eine Bestrafungsneigung.

    Bennett-Goleman: Wer glaubt, dass das Misstrauensschema auf sie zutrifft, braucht Beziehungen, in denen sie echtes Vertrauen schenken kann. Ein Therapeut, der sich auf Opfer von Missbrauch spezialisiert hat, kann eine solche Person darstellen.

    Achtsamkeit kann helfen, der Neigung, misstrauisch zu sein oder Gefahr zu wittern, gewahr zu werden. Dann kann dieser Gedanke in Frage gestellt werden, um in engen Beziehungen mehr vertrauen zu lernen. Ein Zeichen von Fortschritt ist, wenn wir uns nicht mehr mit Missbrauch und Misshandlung in Beziehungen abfinden oder der Anziehungskraft eines misshandelnden Partners widerstehen.

    4. Soziale Isolation / Entfremdung

    Ich bin anders als die anderen. Ich werde nicht verstanden, gehöre nicht dazu.

        • Ich bin sozial isoliert / entfremdet.

        • Meine Eltern schotteten sich ab (wie eine Wagenburg), ich wurde in meiner Schulklasse ausgegrenzt oder komme aus einer Minderheit.

        • Ich fühle mich anderen gegenüber fremd.

        • Ich gehöre nicht dazu, ich bin ein Einzelgänger / eine Einzelgängerin.

        • Ich passe zu niemanden.

        • Ich bin von anderen Menschen grundsätzlich verschieden.

        • Ich gehöre zu niemanden; ich bin ein Einzelgänger.

        • Ich fühle mich von anderen Menschen entfremdet.

        • In Gruppen fühle ich mich immer als Außenseiter.

    Isolation meint das Gefühl, vom Rest der Welt isoliert zu sein, anders als die anderen zu sein und keiner Gruppe oder Gemeinschaft anzugehören. „Ich bin grundsätzlich allein auf dieser Welt.“ Vorherrschend ist das Gefühl, in keine Gruppe hineinzupassen und keine Verbindung zu anderen Menschen herstellen zu können.

    • Erdulden: Ich werde zwar Mitglied einer Gruppe, aber bleibe an der Peripherie; integriere mich nicht voll. Ich ordne mich übermäßig unter, um nicht aufzufallen.
    • Vermeiden: Ich will nur enge Verbindung zur Familie oder Gleichgesinnten und bemühe mich nicht um Integration. Ich vermeide Sozialisation und verbringe die meiste Zeit allein.
    • Kompensieren: Ich stülpe mir eine falsche Identität über, um mich in Gruppen zu integrieren, fühle mich selbst dann immer noch anders und ausgeschlossen. Ich zeige ein starkes Leistungsverhalten um unersetzlich zu sein; oder Bandenbildung, Delinquenz, Sabotage.

    Tara Bennett-Goleman empfiehlt jedem, der sich schon als Teen in der Rolle des Ausgestoßenen sonnte, sich mit Piercings, Iro, Gothic-Kluft oder Lederklamotten abhob im Sinne von „Ich gehöre nicht dazu – und es ist mir egal!“, sich achtsam diesen schmerzhaften darunterliegenden Gedanken und Gefühlen zuzuwenden.

    Wer auf Partys Ängste verspürt und verkrampft, wenn er neue Leute kennenlernen soll, kann sorgsam üben, gegen seine üblichen Gewohnheiten zu handeln: Die Ängste spüren und sich dann über sie hinwegzusetzen, indem man ein Gespräch beginnt, statt davor zurückzuschrecken. Wer lernt, seine Angst zu meistern, kann in Gruppen entspannter sein.

    5. Unzulänglichkeit / Scham

    Ich bin nicht o.k., das werden die anderen bald merken. Ich bin an allem Schuld.

        • Ich bin unzulänglich und beschämt.

        • Ich fühle mich nicht liebenswert.

        • Meine Eltern demütigten und / oder benachteiligen mich aktiv.

        • Kein Mann, den ich begehre, könnte mich lieben, wenn er meine Fehler sehen würde, bzw. keine Frau, die ich begehre, könnte mich lieben, wenn sie meine Fehler sehen würde.

        • Kein Mensch, den ich begehre, würde in meiner Nähe sein wollen, wenn er/sie mein wahres Ich kennen würde.

        • Ich bin der Liebe, der Aufmerksamkeit und der Anerkennung anderer nicht würdig.

        • Im Grunde bin ich anderen Menschen nicht zumutbar, um mich ihnen zu öffnen.

        • Ich fühle mich unattraktiv

        • Ich bin zu dick/zu dünn.

        • Ich finde mich nicht schön.

        • In Gesellschaft fällt mir wenig ein, was ich sagen könnte.

    Dieses Schema ist gekennzeichnet durch das Gefühl, man sei unzulänglich, schlecht, unerwünscht, minderwertig oder unfähig und werde es niemals wert sein, von anderen Liebe, Aufmerksamkeit oder Respekt entgegengebracht zu bekommen, egal wie sehr man sich bemüht. Damit verbunden ist häufig eine Überempfindlichkeit gegenüber Kritik, Ablehnung oder Beschuldigungen. Zusätzlich kann ein Gefühl der Befangenheit oder ein Gefühl von Scham über die eigenen Unzulänglichkeiten vorkommen. Die wahrgenommenen Mängel können privater Art (z. B. Egoismus, wütende Impulse oder unakzeptable sexuelle Neigungen) oder öffentlich sichtbar sein (z. B. ein unansehnliches, hässliches, sexuell abstoßendes Äußeres oder soziale Ungeschicklichkeit, sich nicht zu unterhalten wissend oder einer Unterschicht anzugehören).

    • Erstarren: Ich mache auch beschämende Arbeiten oder bleibe in beschämenden Beziehungen, bin oft in der Sündenbockrolle. Ich verhindere Intimität, in der meine vermeintlichen Schwächen an den Tag treten könnten und wähle distanzierte und nicht verfügbare, kritische Partner und Freunde. Ich werte mich selbst ab. Ich vergleiche mich mit Leuten, die sich in den Vordergrund stellen.
    • Flucht: Ich bin kontaktscheu, „stilles Wasser“, will nicht im Mittelpunkt stehen. Ich halte mich im Hintergrund und verzichte auf Beteiligung. Aus Angst vor Ablehnung will ich nichts von mir erzählen, teile beschämende Gedanken und Gefühle nicht mit Freunden und Partnern.
    • Kampf: Ich habe unerbittliche Ansprüche, entwickle einseitige Fähigkeiten, bin überkorrekt oder selbstüberschätzend. Ich verhalte mich anderen gegenüber oberkritisch oder von oben herab und setze andere herab. Ich versuche perfekt zu erscheinen, stelle mich als interessant dar und  verdränge andere in Gesellschaft aus dem Mittelpunkt.

    Tara Bennett-Goleman beschreibt, dass die Anzeichen dieses Schemas subtil sind und weniger leicht aufzuspüren als andere. Zu den typischen Anzeichen gehören eine tiefe Traurigkeit, wenn wir allein sind, Grübeleien und die Tatsache, dass wir uns gegenüber anderen schlecht machen. Sie empfiehlt auch hier wieder, besonders achtsam mit seinen Gefühlen umzugehen und die Gedanken in Frage zu stellen, die unsere vermeintlichen Fehler größer erscheinen lassen und unsere Selbstzweifel verstärken – um ein realistisches Bild von uns zu bekommen. Ein Meilenstein ist erreicht, wenn wir darauf vertrauen lernen, dass unsere Mitmenschen uns so kennen und lieben, wie wir sind.

    Selbstzertifizierung Britta Weinbrandt - Zeugnis

    Das zweite Grundbedürfnis war das nach Autonomie, Kompetenz und Identitätsgefühl. Auch dies kann beeinträchtigt werden.

    II. Beeinträchtigung von Autonomie und Leistung

    Eingeschränkte Autonomie beinhaltet Erwartungen über die eigene Person und die Umgebung und die Fähigkeit sich loszulösen, zu überleben, eigenständig zu funktionieren oder Erfolg zu haben. Typische familiäre Ursprünge sind in einer starken familiären Verstrickung und einer Unterminierung des kindlichen Urteilsvermögens zu finden. Auch eine zu starke Bemutterung kann zu eingeschränkter Autonomie führen. Das Kind erhält keine Bestätigung für seine Erfolge und entwickelt keine Selbstwirksamkeit. Es resultiert das Gefühl, abhängig und unselbstständig zu sein. Ein eigenes Selbst und die Grenzen zu anderen sind nicht klar definiert.

    Das Erleben weckt die Reaktionen eines ängstlichen oder wütenden Kindes (siehe oben).

    Die in diesen Bereich auftretenden Lebensfallen sind Erfolglosigkeit / Versagen, Abhängigkeit / Inkompetenz, Verletzbarkeit und Verstrickung / unentwickeltes Selbst.

    6. Erfolglosigkeit / Versagen

    Alle anderen können das besser. Ich werde das nie schaffen.

        • Ich fürchte Versagen und Erfolglosigkeit.

        • Meine Eltern ermutigten oder unterstützten mich nicht.

        • Ich bin für meine Arbeit nicht so begabt wie die meisten anderen.

        • Ich bin nicht so intelligent wie die anderen.

        • Fast nichts was ich auf der Arbeit (in der Schule/ Universität) mache, ist so gut, wie das andere Menschen tun könnten.

        • Ich bin unfähig, wenn es um Leistung geht.

        • Die meisten Leute sind fähiger als ich wenn es um Arbeit und Leistung geht.

    Hier geht es um die Überzeugung, dass man weniger begabt, talentiert, klug als nahezu alle anderen Menschen wäre, dass man versagt hat, zwangsläufig versagen wird oder im Vergleich zur eigenen Bezugsgruppe grundsätzlich unzureichend ist (z. B. im Sport, Schule oder Karriere). Oft gehört dazu der Glaube an die eigene Dummheit, Unfähigkeit und Ignoranz. „Ich bin meinen Altersgenossen grundsätzlich unterlegen und werde unweigerlich versagen, niemals Erfolg haben“.

    • Erdulden: Ich bin schicksalsergeben. Ich sabotiere Arbeitsanstrengungen, indem ich eine Arbeit unter meinen eigenen Fähigkeiten annehme, ich vergleiche die eigene Arbeit in ungünstigem Licht mit der von Kollegen.
    • Vermeiden: Ich bin verbittert, resigniert und zögere bei Arbeitsaussagen. Ich vermeide neue oder schwierige Aufgaben völlig und lerne nichts Neues. Ich gehe kein Risiko ein, vermeide es, mir Karriereziele zu setzen, die meinen eigenen Fähigkeiten angemessen wären.
    • Kompensieren: Ich habe unerbittliche Ansprüche, versuche alles perfekt zu machen aus Angst vorm Versagen – oder mache die Leistungen anderer klein.

    Tara Bennett-Goleman sagt, wem das Schema vertraut vorkommt, kann den Schauplatz der Veränderung auf dem Gebiet der Selbsteinschätzung seiner Leistungen und Leistungsfähigkeit  sehen. Achtsamkeit kann helfen, die inneren Dämpfer zu erkennen, die uns einflüstern, wir würden niemals erfolgreich sein. Dann können wir unsere wirklichen Talente und Fähigkeiten zutreffender einschätzen und akzeptieren, dass wir unsere Erfolge voll und ganz verdient haben.

    7. Abhängigkeit / Inkompetenz

    Die Welt ist gefährlich, unberechenbar und feindlich. Ich kann das nicht allein.

        • Ich bin abhängig / inkompetent

        • Meine Eltern nahmen mir alles ab, ließen mich nichts ausprobieren.

        • Ich habe kein Vertrauen in meine Fähigkeiten, alltägliche Probleme zu lösen.

        • Mir fehlt der gesunde Menschenverstand.

        • Generell fühle ich mich unfähig, alleine durch den Alltag zu kommen.

        • Ich halte mich für eine abhängige Person, wenn es um die Erfüllung alltäglicher Aufgaben geht.

        • Mir mangelt es an gesundem Menschenverstand.

        • Auf mein Urteil ist in Alltagssituationen kein Verlass.

    Die übertriebene Fürsorge der Eltern ließ dem Kind keine Chance, ein Gefühl für seine eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und sich als selbstbestimmt und unabhängig zu erleben. Wer in dieser Lebensfalle gefangen ist, hat das Gefühl, unfähig und hilflos zu sein und sieht sich nicht imstande, ohne Hilfe anderer Entscheidungen zu treffen, ein gutes Urteil abzugeben oder neue Aufgaben anzugehen. Ein Alltagsleben wird nicht ohne die Unterstützung und Hilfe von anderen bewältigt. Abhängigkeit zeigt sich oft in Passivität.

    • Erdulden: Ich wähle überbeschützende Partner, die alles für mich tun und mache mich in Beziehungen vom Partner abhängig, frage sehr viel und oft um Hilfe, kann nichts allein entscheiden.
    • Vermeiden: Ich vermeide es, zu unabhängig zu handeln oder die normalen Verpflichtungen des Erwachsenseins zu übernehmen, trage keine Verantwortung und zögere bei Entscheidungen. Ich stelle mich nie gegen starke Andere.
    • Kompensieren: Ich demonstriere übertriebene Selbstständigkeit, selbst dann, wenn es normal und gesund wäre, sich an jemand anderen zu wenden und Hilfe anzunehmen. Ich ergreife „sichere“ Berufe (Verbeamtung, Bank), suche mächtige Vereine oder Pseudoautonomie (Heinrich Manns Untertan: „Das Aufgehen im Großen und Ganzen“).

    8. Anfälligkeit für Schädigungen oder Krankheiten / Verletzbarkeit

    Neues und Fremdes ist gefährlich. Wenn es mir jetzt gut geht wird sich das bald ändern, man ist nie sicher.

        • Ich fühle mich verletzbar.

        • Meine Eltern kontrollierten mich ängstlich-überbeschützend.

        • Ich kann das Gefühl nicht loswerden, dass etwas Schlimmes passieren wird.

        • Ich habe das Gefühl, jeden Moment könnte eine Katastrophe (Natur, Verbrechen, Geld, Krankheit) eintreten.

        • Ich befürchte, dass ich angegriffen werde.

        • Ich befürchte, dass ich mein ganzes Geld verliere und hilflos werde.

        • Ich befürchte, dass sich bei mir eine ernsthafte Krankheit entwickelt, obwohl nichts ernsthaftes von einem Arzt bei mir diagnostiziert wurde.

    Menschen mit diesem Schema haben die übersteigerte Angst, dass eine Katastrophe bevorsteht der sie schutzlos ausgeliefert sind. „Überall lauern Gefahren und ich kann mich nicht davor schützen.“ Die Angst kann sich auf einen oder mehrere der folgenden Bereiche konzentrieren:

    • gesundheitliche Katastrophen, Krankheiten wie ein Herzinfarkt, bestimmte Keime wie AIDS – ich schreibe absichtlich nicht Corona…
    • emotionale Katastrophen, wie verrückt zu werden
    • äußerliche Katastrophen wie abstürzende Fahrstühle, Unfälle, Raubüberfälle, Flugzeugabstürze, Erdbeben oder ähnliches
    • Aushalten: Ich suche ständig nach gefährlichen Informationen und Hinweise auf drohende Gefahren, sorge mich ständig, dass mir Katastrophen passieren können; frage andere wiederholt um mich rückzuversichern.
    • Vermeiden: Ich begebe mich allein nicht in neue oder unübersichtliche Situationen, vermeide „gefährliche“ Situationen phobisch.
    • Flucht nach vorn: Ich zeige starkes Absicherungsverhalten (schließe viele Versicherungen ab), hebe Negatives hervor oder gehe bewusst hohe Risiken ein, begebe mich in Gefahr, handele leichtsinnig.

    9. Verstrickung / Unentwickeltes Selbst

    Wir können ohne einander nicht sein. Ich darf nicht Ich Selbst sein. Ich bin verantwortlich für die Anderen.

        • Ich bin verstrickt, schuldig gebunden.

        • Meine Eltern machten mich systematisch von sich abhängig und mir Schuldgefühle.

        • Meine Eltern und ich tendieren dazu, uns gegenseitig zu stark in unsere Leben und unsere Probleme zu verstricken.

        • Es ist sehr schwierig für mich und meine Eltern, ganz persönliche intime Dinge voreinander zu verbergen, ohne uns betrogen oder schuldig zu fühlen.

        • Ich war nicht in der Lage mich von meinen Eltern zu trennen, so wie das anderen in meinem Alter gelungen ist.

        • Ich fühle mich oft als würden meine Eltern durch mich leben – ich habe kein eigenes Leben.

        • Ich habe oft das Gefühl, dass ich keine eigene Identität unabhängig von meinen Eltern oder von meinem Partner habe.

    Es fehlt das Gefühl einer ausgebildeten Identität. Gefühle von Leere und Richtungslosigkeit werden kompensiert, indem die Betroffenen sich exzessiv emotional an eine oder mehrere andere Personen, oft die Eltern, anhängen, um sich vollständig zu fühlen. Oft herrscht der Glaube vor, keine der verstrickten Personen könne ohne die andere überleben oder glücklich sein. „Ohne Führung von anderen fühle ich mich leer und verloren“.

    Mark Wolynn ergänzt in „Dieser Schmerz ist nicht meiner“, dass es hier generell zu vier verschiedenen Mustern kommen kann, die uns unbewusst beeinflussen:

    1 . Wir sind mit einem Elternteil verschmolzen.

    2. Wir lehnen einen Elternteil ab.

    3. Wir haben eine Bruch in der frühen Bindung mit unserer Mutter erlebt

    4. Wir haben uns mit einem anderen Mitglied unseres Familiensystems statt mit unseren Eltern identifiziert.

    • Erstarren: Ich entwickele keine eigene Identität mit eigenen Präferenzen, imitiere das Verhalten wichtiger Bezugspersonen, gebe meine Bindung an die Eltern nicht auf, bleibe in engem Kontakt zu verstrickten Personen, suche sie oft auf, rufe mehrmals in der Woche an.
    • Flucht: Ich gehe keine anderen Beziehungen ein und bleibe unabhängig.
    • Kampf: Ich vertrete aggressiv den Wert der Familie als solches oder grenze mich rigide ab, versuche, in jeder Hinsicht das Gegenteil von wichtigen Bezugspersonen zu werden. Ich suche z.B. alternative Lebensformen.

    Wird die Freiheit eingeschränkt, Bedürfnisse, Wünsche und Emotionen ausdrücken und ausleben zu dürfen, kommt es zu Schwierigkeiten mit Grenzsetzungen:

    III. Beeinträchtigungen im Umgang mit Begrenzungen

    Die Rechte anderer werden wenig respektiert oder die eigenen Ziele nicht erreicht. Ein typischer familiärer Ursprung liegt in Grenzenlosigkeit und Verwöhntheit.

    Hier reagiert das undisziplinierte, kränkbare Kind, das impulsiv, gierig und unkontrolliert alle nach seiner Nase tanzen lässt und kurzfristige Belohnungen nicht aufschieben kann. Es kann sich nicht dazu bringen, Routinearbeiten zu erledigen und gibt schnell auf. Es fühlt oft intensiven Ärger, ist wütend und frustriert, wenn seine Sehnsüchte und Impulse nicht befriedigt werden können. Es tut alles, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, ohne Rücksicht auf negative Konsequenzen. Daher wirkt es verwöhnt oder verzogen.

    Es zeigt die Lebenswunden Anspruchshaltung / Grandiosität und unzureichende Selbstkontrolle / Selbstdisziplin.

    10. Anspruchshaltung / Grandiosität.

    Das steht mir zu. Ich bin etwas Besonderes – für mich gelten andere Regeln!

        • Ich bin grandios, ich bin besonders. Ich kann alles.

        • Meine Eltern setzten zu wenig Grenzen oder verwöhnten mich zu sehr.

        • Ich finde, ich sollte nicht den normalen Regeln, Richtlinien und Konventionen folgen müssen, wie es andere Menschen tun.

        • Ich bin etwas Besonderes und sollte nicht die gleichen Einschränkungen wie alle anderen respektieren müssen.

        • Ich habe große Schwierigkeiten ein “Nein” als Antwort zu akzeptieren, wenn ich etwas von anderen möchte.

        • Ich hasse es eingeschränkt zu werden oder davon zurückgehalten zu werden, was ich gerne tun möchte.

        • Ich bin der Meinung, dass ich mehr zu bieten habe als andere Menschen. Was ich anbiete, ist von höherem Wert.

    Diese Menschen haben das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Regeln und Konventionen gelten nur für andere. Es fällt ihnen schwer, sich zu disziplinieren. Sie bestehen darauf, ihre eigenen Wünsche erfüllt zu bekommen, auch auf Kosten der anderen. „Ich verdiene alles, was ich bekommen kann, selbst wenn andere dadurch eingeschränkt werden.“ Es gibt starke Konkurrenzgefühle, andere werden kontrolliert. Die gefühlte Überlegenheit führt zum Wunsch, zu den Erfolgreichsten, Berühmtesten oder Reichsten zu zählen. Wer in seiner Kindheit keinerlei Grenzen respektieren musste, wer im Übermaß verwöhnt wurde, der hat später als Erwachsener möglicherweise Schwierigkeiten, die Interessen anderer ausreichend zu respektieren.

    • Erdulden: Ich  habe ungleiche oder gefühllose Beziehungen zu Partnern und Freunden, verhalte mich selbstsüchtig, nehme die Bedürfnisse anderer nicht wahr, habe wenig Selbstreflexion. Ich  beanspruche für mich Ausnahmen von allgemeinen Regeln.
    • Vermeiden: Ich zeige keine Schwäche, will unabhängig bleiben, meide Mittelmaß und Unwichtigkeit. Ich vermeide Situationen, in denen ich nicht herausragen oder übertreffen kann.
    • Kompensieren: Ich fördere großzügig “Vasallen“, lasse als Gönner andere am eigenen Wohlstand teilhaben (um mich dafür feiern zu lassen). Ich mache extravagante Geschenke oder wohltätige Spenden um das selbstsüchtige Verhalten auszugleichen oder stelle mein Licht unter den Scheffel und hoffe heimlich, dass die anderen doch merken, wie toll ich bin.
    Britta Weinbrandt -  Raus aus der Lebensfalle Kindheitsmuster durch Achtsamkeit und Selbstmitgefühl auflösen

    11. Mangelnde Selbstkontrolle / Selbstdisziplin

    Ich bin bequem, brauche keine Disziplin und Verantwortung. Ich bin verführbar und willensschwach.

        • Ich bin maßlos, schrankenlos, unbeherrscht, ohne Grenzen oder Disziplin.

        • Meine Eltern vermittelten mir zu wenig Disziplin.

        • Ich kann mich nicht dazu zwingen, Dinge zu tun, die mir keinen Spaß machen, auch wenn es zu meinem Besten ist.

        • Ich kann mich nicht dazu bringen, Routine- oder langweilige Aufgaben zu erledigen.

        • Wenn ich ein Ziel nicht erreichen kann, werde ich schnell frustriert und gebe auf.

        • Mir fällt es sehr schwer, eine sofortige Belohnung aufzuschieben, nur um langfristige Ziele zu erreichen.

        • Ich war selten in der Lage, bei meinen Entscheidungen zu bleiben.

    Dieses Schema betrifft Menschen, die wenig Selbstdisziplin und Frustrationstoleranz haben, begonnene Aufgaben nicht fertig stellen können und rasch aufgeben. Unbehagen, Schmerzen, Konflikte, Konfrontationen, Verantwortung – alles wird vermieden. „Es fällt mir schwer, selbst kleine Frustrationen zu tolerieren, deswegen mache ich eine Szene oder verschließe mich.“

    Dies geschieht jedoch auf Kosten von Erfüllung, Engagement oder Integrität.

    • Aushalten: Ich habe wenig Frustrationstoleranz; lasse Verstöße gegen Regeln oder Ordnung immer wieder durchgehen, führe langweilige oder unangenehme Aufgaben achtlos aus.
    • Fliehen: Ich arbeite nicht oder verlasse die Schule vorzeitig, setze mir keine langfristigen Karriereziele, mache kurzlebige, intensive Versuche, um Projekte zu beenden oder Selbstkontrolle zu installieren. Ich vermeide Konflikte, Schmerzen, Verletzbarkeit bzw. Verantwortung zu
      übernehmen.
    • Aufbegehren: Ich verliere emotional die Kontrolle, esse zu viel, trinke, spiele oder benutze Drogen, zeige süchtiges oder kriminelles Verhalten, strebe kurzfristige Befriedigungen und schnelle Gewinne an – oder ich entwickele eine übertriebene Selbstkontrolle und ziehe unangenehme Dinge mit kurzfristiger Selbstkasteiung durch.

    Wenn das Bedürfnis nach Spontaneität und Spiel eingeschränkt wird, kommt es zur Unterdrückung von spontanen Gefühlen, Impulsen und Entscheidungen. Selbstauferlegte Regeln und Erwartungen hinsichtlich der eigenen Leistung und Verhalten werden dagegen rigide eingehalten.

    IV. Fremdbezogenheit und eingeschränkter Selbstausdruck

    In den Ursprungsfamilien wurden Liebe und Zuwendung meist nur unter bestimmten Bedingungen gegeben. Die Kinder mussten wichtige Aspekte ihres Selbst verstecken, um überhaupt Liebe und Anerkennung zu erlangen. Die Wünsche und Bedürfnisse der Erwachsenen wurden über die individuellen Bedürfnisse und Gefühle der Kinder gestellt.

    Der Blick ist auf die Bedürfnisse, Gefühle oder Antworten der anderen gerichtet, auf Kosten der eigenen. Mein Gefühl für den eigenen Ärger oder die eigenen Neigungen wird unterdrückt. Liebe und Anerkennung zu erhalten oder das Gefühl der Zugehörigkeit zu erleben und Sanktionen zu entgehen, ist das Ausschlaggebende.

    Hier wird sich einem fordernden, kritisierenden Inneren Elternteil untergeordnet, der sich nur durch Leistung, Disziplin und Perfektionismus akzeptiert fühlt und hohe Standards und strikte Regeln und Ordnung an sich verlangt. Sei effizient! Vergeude keine Zeit! Sei bescheiden, wie das Veilchen im Moose! Sei nicht überheblich! Spontaneität und die Äußerung eigener Wünsche und Gefühle sind unzulässig und falsch. Das Erleben ist geprägt von Schuld.

    Die Schemata heißen Unterwerfung / Unterordung, Aufopferung, Streben nach Zustimmung und Anerkennung (Beachtung suchen).

    12. Unterwerfung / Unterordnung

    Die anderen wissen es besser und haben immer recht.

        • Ich unterwerfe mich.

        • Meine Eltern kontrollierten mich streng, duldeten keinen Widerspruch.

        • In Beziehungen lasse ich die anderen bestimmen.

        • Ich habe so oft andere für mich die Entscheidungen treffen lassen, sodass ich manchmal gar nicht weiß, was ich selber will.

        • Ich habe ziemliche Schwierigkeiten einzufordern, dass meine Rechte und Gefühle respektiert werden.

        • Ich habe das Gefühl, keine andere Wahl zu haben, als den Wünschen anderer nachzugeben, sonst würden sie sich rächen oder mich zurückweisen.

        • Wenn ich das tue was ich möchte, dann bringt das nur Ärger.

    Personen, die in frühester Kindheit dieses Schema entwickelt haben, haben gelernt, dass ihre eigenen Wünsche und Ideen nicht gefragt, nichts wert und für andere unwichtig sind. Sie opfern ihre Sehnsüchte, um anderen zu gefallen. „Ich unterdrücke meine Gefühle und Bedürfnisse aus Angst vor den Gefühlen anderer.“

    Die Kontrolle über die eigenen Entscheidungen und Vorlieben wird abgegeben, um Ärger, Ablehnung oder das Verlassenwerden durch andere zu vermeiden. Es gibt zwei Hauptformen der Unterordnung:

    • Die Unterordnung der eigenen Bedürfnisse, Vorlieben, Entscheidungen und Wünsche. 
    • Die Unterordnung der eigenen Gefühle, insbesondere von Ärger, was sich in psychosomatischen Symptomen manifestiert.
    • Erdulden: Ich wähle dominante, kontrollierende Partner und Freunde, die stets ihre Meinung und ihren Kopf durchsetzen, und erfülle deren Wünsche. Ich nehme eine passive Rolle ein und ordne mich unter die Bedürfnisse und Befehle anderer.
    • Vermeiden: Ich befolge übermäßig genau Regeln im vorauseilenden Gehorsam; vermeide zu streiten. Ich vermeide Situationen, in denen es zu Konflikten mit anderen Personen kommen könnte.
    • Kompensieren: Ich identifiziere mich mit dem Aggressor, bin autoritätsgläubig oder rebelliere passiv-aggressiv oder provozierend in unkontrollierten Wutausbrüchen gegen Autoritäten.

    Tara Bennett-Goleman sieht eine Lösung aus diesem Schema darin, die Empfindung des Grolls und der Frustration zu spüren und zu lernen, unseren eigenen Wünschen und Bedürfnissen nachzugehen. Achtsamkeit kann helfen, die automatischen Reaktionen, den Zorn und die Gedanken aufzudecken, die von der Angst ausgelöst werden, unter Kontrolle zu stehen.

    13. Selbstaufopferung

    Ich muss für das Wohl der Anderen sorgen. Die anderen brauchen meine Hilfe.

        • Ich opfere mich auf.

        • Meine Eltern waren überfordert bzw. schwach oder überforderten mich.

        • Ich bin ein guter Mensch, da ich mehr an die anderen denke als an mich.

        • Ich bin so damit beschäftigt, alles Mögliche für andere zu tun, dass ich keine Zeit für mich habe.

        • Letztlich bin ich gewöhnlich derjenige, der sich um die Leute kümmert, mit denen man sich nahe steht.

        • Ich war immer derjenige, der sich die Probleme anderer angehört hat.

        • Andere Leute sind der Meinung, dass ich zu viel für andere tue und zu wenig für mich selber.

    Das Schema beschreibt das übertriebene Bemühen, die Bedürfnisse anderer in alltäglichen Situationen freiwillig zu erfüllen und resultiert häufig aus einer Übersensibilität für die Verletzungen anderer. Oft entwickeln die Personen ein übersteigertes Pflichtgefühl, die Überzeugung, stets für andere da sein zu müssen, sich intensiv um sie zu kümmern und eigene Bedürfnisse hinten an zu stellen. Sie wollen keine Last sein.

    Die Hauptgründe sind der Wunsch, den anderen nicht zu verletzen, die Schuld, sich als Egoist zu fühlen, zu vermeiden, Achtung zu gewinnen oder die Verbindung zu anderen, die als bedürftig gesehen werden, zu erhalten.

    Es kommt zur Entwicklung von Schuldgefühlen, wenn eigene Bedürfnisse wahrgenommen werden.

    • Aushalten: Ich mache mich immer nützlich, verhalte mich selbstverleugnend, tu zu viel für andere und zu wenig für mich selbst, ich fordere keine Gegenleistung und stelle meine eigenen Bedürfnisse zurück. Ich meide Vergnügungen und ergreife einen helfenden Beruf.
    • Vermeiden: Ich vermeide enge Beziehungen, in denen Geben und Nehmen eine Rolle spielt. Ich möchte keine Erwartungen an mich wecken.
    • Angriff: Ich bin enttäuscht, wenn die eigene Leistung nicht gebührend anerkannt wird, werde wütend auf die Bezugspersonen, wenn diese sich nicht revanchieren oder Dankbarkeit zeigen – oder ich gebe anderen so wenig wie möglich. Ich überbetone meine Abgrenzung, strebe nach Unabhängigkeit. Ich brauche niemanden, entscheide mich nie wieder etwas für andere zu tun und kann alles selbst machen.

    14. Streben nach Bestätigung und Anerkennung

    Ich muss es anderen Recht machen, um etwas wert zu sein.

        • Ich suche Beachtung, Zustimmung und Anerkennung.

        • Meine Eltern liebten oder belohnten nur erwünschtes Verhalten.

        • Meine Selbstachtung basiert vor allem darauf, wie die anderen mich sehen.

        • Ich bin so um Übereinstimmung bemüht, dass ich manchmal gar nicht weiß, wer ich eigentlich bin.

        • Selbst wenn ich jemanden nicht mag, wünsche ich mir immer noch, dass er/sie mich mag.

        • Wenn ich nicht eine Menge Aufmerksamkeit von den anderen bekomme, fühle ich mich weniger wichtig.

        • Viel Lob und Komplimente geben mir das Gefühl eine wertvolle Person zu sein.

        • Je nachdem, mit wem ich zusammen bin, verändere ich mich, damit die Leute mich lieber mögen.

    Alles dreht sich um das Dazugehören – auf Kosten eines eigenen, soliden Selbstgefühls. Für das Gefühl der Selbstachtung ist es äußerst wichtig, bei anderen einen guten Eindruck zu hinterlassen; äußere Erscheinung und sozialer Status sind wichtige Eckpfeiler. Geld und Erfolg sind Mittel zum Zweck. „Aufmerksamkeit zu bekommen und bewundert zu werden ist mir oft wichtiger, als die Dinge, die mich wirklich zufrieden machen.“ Das Schema führt häufig zu unauthentischen oder unbefriedigenden Entscheidungen in wichtigen Lebensfragen oder zu Überempfindlichkeit gegenüber Zurückweisungen.

    • Erdulden: Ich tu das von dem ich denke, dass die anderen es erwarten; ohne Lob durch die anderen ist die eigene Leistung nichts wert. Ich lenke die Aufmerksamkeit der anderen auf meine eigenen Errungenschaften und meinen Status.
    • Vermeiden: Ich  vermeide Beziehungen mit Personen, die ich bewundere, aus Angst deren Anerkennung nicht zu erlangen. Ich verhalte mich angepasst und weiche strengen Personen aus, um nicht negativ aufzufallen.
    • Kompensieren: Ich dränge mich auf die „Bühne“, spiele mich in den Vordergrund um die Anerkennung der Anderen zu bekommen (auch wenn es peinlich ist, z.B. als Klassenclown) oder extremer Individualist und Nonkonformist, z.B. Punker. Ich handele schamlos um das Missfallen bewunderter Personen zu erregen.
    Britta Weinbrandt -  Raus aus der Lebensfalle Kindheitsmuster durch Achtsamkeit und Selbstmitgefühl auflösen

    Wird das Bedürfnis danach verletzt, realistische Grenzen zu setzen und gesetzt zu bekommen und selbst Kontrolle ausüben zu können, hat auch das Folgen.

    V. Übertriebene Wachsamkeit und Gehemmtheit

    Der typische familiäre Ursprung liegt in der Überbetonung von Leistung, Perfektionismus, Ansprüchen und manchmal Strafe. Aufopferung, Selbstkontrolle und negative Bevormundung haben einen höheren Wert als Freude, Spaß und Entspannung.


    Spontane Gefühle, Impulse und Entscheidungen werden unterdrückt. Der Fokus liegt darauf, rigide, internalisierte Regeln und Erwartungen hinsichtlich der eigenen Leistungen und ethischen Verhaltens einzuhalten. Dies geschieht auf Kosten von Glück, Freude, Gesundheit, Optimismus oder Kreativität. Gewöhnlich existieren bei diesem Schema eine Tendenz zum Pessimismus und die ständige Sorge, alles könne zerfallen, wenn man nicht ständig wachsam und vorsichtig sei.

    Das Erleben ist beherrscht von Gefühlsvermeidung durch strafende Innere Eltern. Diese innere Stimme kritisiert und entwertet und ist bestimmt von Selbstkritik, Selbstverachtung, Selbsthass. Die betroffene Person empfindet, dass sie selbst oder andere Bestrafung oder Tadel verdienen, und handelt oft danach, indem sie tadelnd oder strafend oder missbräuchlich gegen sich selbst (z. B. durch Selbstverletzung) oder andere vorgeht. Auch Suizidphantasien sind typisch. Wichtiger als die Regeln an sich ist die Art und Weise, mit der ihre Einhaltung erzwungen wird.

    Dazu gehören die Lebenswunden, Negatives hervorzuheben, emotionale Gehemmtheit, überhöhte Standards und die Bestrafungsneigung.

    15. Negativität / Pessimismus

    Wenn es mal gut geht, kommt bald ein Übel.

        • Ich bin pessimistisch und hebe Negatives hervor.

        • Meine Eltern waren überängstlich und erwarteten überall Unglücke.

        • Man kann gar nicht vorsichtig genug sein, irgendetwas geht immer schief.

        • Wenn etwas Gutes passiert, mache ich mir Sorgen, dass wahrscheinlich etwas Schlechtes folgen wird.

        • Ich grüble oft über kleine Entscheidungen, weil die Konsequenzen eines Fehlers so gewichtig erscheinen.

        • Ich blicke mehr auf die negativen Aspekte und Ereignisse im Leben als auf die Positiven.

        • Wenn Leute zu enthusiastisch werden, fühle ich mich unwohl und möchte sie warnen, dass etwas schief gehen könnte.

    Das Schema ist gewöhnlich verknüpft mit der Erwartung – die sich auf Berufliches, Finanzielles oder Persönliches beziehen kann -, dass es schließlich zu einer schweren Katastrophe kommen wird oder dass Aspekte des eigenen Lebens, die zurzeit gut laufen, sich letztendlich ins Gegenteil verkehren werden. „Ich fixiere mich gewöhnlich auf das, was schief gehen wird, und ich werde gewöhnlich Fehler machen.“ Gleichzeitig  werden positive Aspekte oder Gründe zum Optimismus minimiert oder völlig übersehen. Betroffene sind chronisch besorgt, übertrieben wachsam, mit einem Hang zum Klagen. Der Fokus liegt auf dem Schlechten (Schmerz, Tod, Verlust, Enttäuschungen, Vorurteile, ungelöste Probleme, mögliche Fehler, Betrug, Dinge, die schiefgehen könnten, Fehltritte, peinliche Situationen), verbunden mit übermäßiger Angst davor, folgenschwere Fehler zu machen. Daher kommt es bisweilen zu Unentschlossenheit.

    • Sich-Fügen: Ich bausche Negatives besonders auf, erwarte immer das Schlimmste und bereite mich darauf vor, ich höre interessiert Katastrophenberichterstattungen und mache positive Situationen klein.
    • Vermeiden: Ich erwartet nicht viel, halt die eigenen Erwartungen niedrig. Ich bevorzuge vertraute Umgebungen und Menschen; vermeide Neues, mache ungern Experimente.
    • Gegenangriff: Ich schließe Versicherungen ab; mache, was andere tun, oder rede gefährliche Situationen klein. Oder ich zeige Risikoverhalten bzw. bin eine Spielernatur, trinke, um die pessimistischen Erwartungen zu blocken und benehme mich unrealistisch positiv bzw. optimistisch.

    16. Emotionale Gehemmtheit

    Wenn ich meine Gefühle zeige, werde ich bestraft.

        • Die anderen halten mich für emotional gehemmt.

        • Meine Eltern waren kalt und bestraften spontanes, lebendiges Verhalten.

        • Ich kontrolliere mich so sehr, dass die anderen denken, ich sei emotionslos.

        • Ich bin zu befangen, um positive Gefühle anderen gegenüber zu zeigen (z.B. Zuneigung, Besorgnis).

        • Es bringt mich in Verlegenheit, meine Gefühle gegenüber anderen auszudrücken.

        • Ich finde es schwer, herzlich und spontan zu sein.

        • Die Leute halten mich für emotional angespannt.

    Dieses Schema betrifft Menschen, die Angst davor haben, Gefühle zu zeigen. Es zeigt sich als übertriebene Hemmung spontaner Handlungen oder Kommunikation, um nicht das Missfallen anderer oder eigene Gefühle der Scham und Kontrollverlust zu erleben. Die häufigsten Formen emotionaler Gehemmtheit sind:

        • Hemmung von Ärger und Aggression

        • Hemmung positiver Impulse (Freude, Zuneigung, sexuelle Erregung)

        • Hemmungen beim Ausdruck eigener Verletzbarkeit oder beim Ausdruck der eigenen Gefühle oder Bedürfnisse

        • Überbetonung von Rationalität bei gleichzeitiger Missachtung von Emotionalität.

    • Hinnehmen: Ich werte Sachlichkeit, Vernunft und Ordnung über dem Gefühl, zeige keine spontanen Gefühle, Wünsche oder spontanes Verhalten. Ich agiere in sehr kontrollierter, abgeflachter Art und Weise.
    • Vermeiden: Ich meide Spontaneität und Aktivitäten, die emotionalen Selbstausdruck beinhalten (auch wenn es um den Ausdruck von Angst oder Liebe geht) oder ungehemmtes Verhalten erforderlich ist (z. B. Tanzen). Ich will nicht auffallen, nicht drängeln oder reklamieren.
    • Kompensieren: Ich liebe straffe Strukturen (Militär, Polizei) oder habe eine Neigung zu Exzessen, handele impulsiv und ohne Hemmungen (manchmal unter dem Einfluss von enthemmenden Substanzen wie Alkohol oder Drogen), auch im Internet.

    17. Perfektionismus

    Nur wenn ich gut bin, bin ich etwas wert.

        • Ich habe überhöhte Standards, eine übertrieben kritische Haltung.

        • Egal, wie sehr ich mich bemühe, ich bin nie gut genug.

        • Ich habe unerbittliche Ansprüche.

        • Eltern gaben „Liebe nur für Leistung“.

        • Ich muss in fast allem was ich tu der Beste sein; ich kann es nicht akzeptieren, der Zweite zu sein.

        • Ich versuche mein Bestes zu geben; ich kann mich nicht damit abfinden “gut genug” zu sein.

        • Ich muss alle meine Verantwortlichkeiten erfüllen.

        • Ich spüre einen ständigen Druck etwas zu leisten und alles erledigt zu bekommen.

        • Ich kann mich nur sehr schwer aus Verantwortlichkeiten lösen oder mich für meine Fehler entschuldigen.

    Die Ursprünge dieser Lebensfalle liegen in einem überzogenen Leistungsanspruch der Eltern. Bei wem diese Lebensfalle ein Rolle spielt, versucht ohne Unterbrechung immer der/die Beste zu sein, gewöhnlich um Kritik zu vermeiden. Er ist bemüht, den extrem hohen Erwartungen an sich, den verinnerlichten Verhaltens- und Leistungsstandards gerecht zu werden. Diese Menschen glauben, wenn sie sich nur genug anstrengen, könnten sie perfekt sein – und würden dann endlich die Anerkennung bekommen, nach der sie sich so sehnen.

    Üblicherweise entstehen Gefühle von Druck, Schwierigkeiten beim Abschalten und eine überkritische Haltung sich selbst und anderen gegenüber. Dies geschieht auf Kosten von Glück, Spaß, Entspannung, Spontaneität, Spiel, Gesundheit, befriedigenden Beziehungen. Unerbittliche Ansprüche zeigen sich häufig in Form von:

        • Perfektionismus, der sich in der Konzentration auf Details und der Unterschätzung der eigenen Leistung zeigt

        • starren Regeln und verinnerlichten Forderungen

        • dem ständigen Fokus auf Effizienz, um mehr zu erreichen.

    • Erdulden: Ich versuche, eine perfekte Leistung zu erbringen, setze hohe Standards für mich und andere.
    • Vermeiden: Ich meide unstrukturierte Situationen, Pausen oder Ruhe; übernehme keine schweren Aufgaben, zögere oft.
    • Kompensieren: Ich fordere erhöhtes Leistungsverhalten auch von anderen oder steige aus, werfe alle hohen Standards über Bord und stelle Leistungsverhalten grundsätzlich infrage (alternative Lebensentwürfe). Ich siedele mich auf einem unterdurchschnittlichen Niveau an.
    Britta Weinbrandt -  Raus aus der Lebensfalle Kindheitsmuster durch Achtsamkeit und Selbstmitgefühl auflösen

    18. Bestrafen / Strafneigung

    Ich bin böse. Strafe muss sein.

        • Ich brauche Bestrafung.

        • Meine Eltern vermittelten mir das Gefühl, dass ich böse bin und bestraft werden muss.

        • Wenn ich einen Fehler mache, verdiene ich es bestraft zu werden.

        • Es gibt keine Entschuldigung, wenn ich einen Fehler mache.

        • Wenn ich eine Aufgabe nicht übernehmen will, sollte ich auch unter den Konsequenzen zu leiden haben.

        • Wenn Leute etwas Schlechtes machen, habe ich Schwierigkeiten mit der Haltung: „Vergeben und vergessen“.

        • Ich werde ärgerlich, wenn Leute sich Entschuldigungen ausdenken oder anderen die Schuld an ihren Problemen geben.

    Im Mittelpunkt des Schemas steht die Überzeugung, dass Leute auch für kleinste Fehler hart bestraft werden sollten. Solche Menschen können weder gegenüber sich selbst noch gegenüber anderen Fehler vergeben oder Schwächen akzeptieren. Hinzu kommt die grundlegende Abneigung mildernde Umstände zu berücksichtigen, menschliche Unvollkommenheit zu erlauben oder sich in die Gefühle anderer einzufühlen. Diese Vorstellung hat die Tendenz zur Folge, wütend, strafend oder ungeduldig mit Leuten zu sein, die nicht den eigenen Standard erreichen.

    • Erstarren: Ich verhalte mich anderen gegenüber besonders harsch oder strafend, bin streng und unnachsichtig zu mir und anderen, kann keine Fehler durchgehen lassen.
    • Flucht: Ich befolge alle Regeln peinlich, um keine Fehler zu machen. Ich vermeide Situationen, die eine Bewertung beinhalten könnten, um der Angst vor Strafe zu entkommen.
    • Gegenangriff: Ich verstecke mich beim Bestrafen hinter überpersönlichen Regeln oder zeige mich übertrieben vergebend und heuchlerisch mild, während Ärger und Strafgedanken bei mir vorherrschen und ich innerlich wütend bin.

    Das waren sie.

    Zum Abschluss möchte ich gern noch die ersten Schritte zur Veränderung weitergeben, wie Jeffrey Young sie vorschlägt.

     1. Lebensfallen benennen und identifizieren

    Letztendlich geht es einfach darum, dass wir als Erwachsenen genau die Umstände unserer Kindheit rekonstruieren, die für uns am schädlichsten waren. Dieser Artikel sollte bereits eine erste Möglichkeit dazu eröffnet haben.

    2. Den Ursprung ihrer Lebensfalle in der Kindheit begreifen und Kontakt aufnehmen zum verletzten inneren Kind

    Die Gefühle fühlen, die da sind, und in Dialog treten mit dem verletzten Kind, zum Beispiel  im Schreiben mit der nichtdominanten Hand.

    Ziel ist es, in Anerkennung unserer Wunden dem zufriedenen, glücklichen Kind Raum zu geben, damit wir uns geliebt, zufrieden, zugehörig, zufriedengestellt, erfüllt, beschützt, akzeptiert, gelobt,wertvoll, versorgt, angeleitet, verstanden, bestätigt, selbstvertrauend, fähig, angemessen autonom und selbstbewusst, sicher, stabil, stark, unsere Geschicke steuernd, anpassungsfähig, dazugehörig, optimistisch und spontan fühlen können.

    3. Unsere Lebensfalle widerlegen und beweisen, dass diese rational nicht haltbar ist

    Eine Pro- und Kontra-Liste erstellen, die für und gegen das Vorhandensein der negativen Glaubensüberzeugungen sprechen. Sich anschließend fragen, ob das Aufgelistete wirklich stimmt und wie ich es verändern könnte, damit es nicht mehr stimmt. Eine Liste erstellen mit allen Argumenten, die dagegen sprechen. Ganz am Schluss eine Zusammenfassung auf eine Flashcard erstellen. Diese jeden Tag durchlesen, eine Kopie im Portemonnaie mit sich führen, oder am Bett deponieren…

    4. Einen Brief schreiben…

    …an den Elternteil, den Bruder, die Schwester oder den Altersgenossen, der oder die an der Entstehung ihrer Lebensfalle maßgeblich beteiligt war. Die Gefühle darin schwülstig zum Ausdruck bringen.

     5. Die Lebensfallen-Muster sehr detailliert untersuchen
        Wege aufschreiben, die zur Verstärkung des Musters führen, und daneben Ideen auflisten, wie ich das verändern kann.

    6. die Verhaltensmuster aufbrechen
    Eine der in den erstellten Listen genannten Veränderungsvorschläge auswählen und umsetzen. Klein anfangen, an den Kollegen oder alltäglichen Begegnungen wie mit Verkäufern ausprobieren, nicht gleich an den eigenen Eltern.

    7. Dranbleiben
    Sich bemühen, weiter kleinere Veränderungen umzusetzen, ohne sich entmutigen zu lassen.

    8. Den Eltern vergeben
    … hat sich als hilfreich erwiesen. Es stellt sich häufig automatisch ein, wenn wir erkennen, dass auch unsere Eltern in ihren Kindheitsmustern gefangen waren. Wenn es aus irgendwelchen Gründen nicht geht, so ist es auch nicht notwendig.

    Als gesunde Erwachsene mit integriertem Selbst sind wir in der Lage, angemessen zu handeln und Verantwortung zu übernehmen, Verpflichtungen ausfüllen und zu arbeiten. Wir können fühlen, uns mit andern freuen und unsere Zeit lebenszielorientiert gestalten. Wir haben Spaß.

    Wir bestätigen und bestärken das verletzbare Kind, begrenzen das verärgerte und impulsive Kind, fördern und unterstützen das gesunde Kind, das zum glücklichen Kind wird, sich geliebt und mit anderen verbunden fühlt, allein sein kann und spielt. Wir bekämpfen und, wenn möglich, ersetzen die oben beschriebenen Lebensfallen.

    Mich hat es fasziniert, einige der Glaubenssätze, bei denen ich mich im Laufe meines Lebens durchaus erwischt habe – Mark Wolynn nennt es Schlüsselsprache und regt an, darauf zu achten – in derart detaillierter Form aufgelistet zu sehen. In der Emotionalen Alchemie fehlte mir der Durchblick und ich träumte von einer solchen Aufstellung. Mit diesem Artikel habe ich sie mir geschenkt. Ich freue mich darauf, mit Hilfe meiner Selbstzertifizierungen weitere dieser Muster durchbrechen und auflösen zu können!

    Dennoch ist mir der Fokus etwas zu sehr auf das Drama im Elternhaus ausgerichtet und es lohnt sich der Blick aufs Familienerbe generell, da solche Muster durchaus auch unbewusst transgenerational, einmal als Kollektivtrauma, aber durchaus auch über Einzelschicksale vorangegangener Familienmitglieder an uns weitergegeben werden können. Nach Kristin Neff ist neben der selbstbezogenen Freundlichkeit und der Achtsamkeit für mich selbst eine sehr wichtige Komponente der Praxis des Selbstmitgefühls die Verbundenheit mit anderem im Sinne von „Ich bin nicht die einzige mit diesem Problem“ – daher lohnt es sich immer, sich mit anderen auszutauschen und auch im Familienkreis mal nach Parallelen in den Biographien unserer Vorfahren zu fragen. 

    Weitere Ideen finden sich in meinem Artikel „Aussteigen aus dem negativen Gedankenkarussell“.

    Wie ich von einem Kanaldeckel lernte, mich selbst wieder zu spüren

    Dem Körper eine Stimme geben – Stimmarbeit mal anders

    Es gab eine Zeit, da habe ich überhaupt nicht gut auf mich aufgepasst. Also eigentlich gar nicht.

    Husch husch habe ich viele vermeintlich unwichtige, mich von meinen eigentlichen Vorhaben abhaltende Dinge zwischen Tür und Angel erledigt – immer schon im Geiste beim nächsten abzuarbeitenden Punkt. Ich selbst war egal. Ich spürte mich wenig.

    Sehr bezeichnend war die Aktion, in der ich kurz in Puschen rausging, um den Kanaldeckel zu halten, unter dem unser Öltank versteckt ist. Kurz mal helfen, den Pegelstand zu messen.

    Glitsch, machte der schwere unhandliche gusseiserne Kanaldeckel auf dem Laub – und zermalmte auf seiner Flugbahn fast die Hände meines Mannes. Bevor er gezielt auf meinem linken Fuß aufsetzte.

    Mein Mann war so sauer auf mich wegen seines Beinahe-Unfalles, dass ich stoisch das Ding aufnahm und ihn mit plötzlich deutlich geschärfter Konzentration so lange wirklich gut festhielt, bis er den Messstab wieder plaziert hatte. Während ihm der Messstab mehrfach aus den Händen glitt, wartete ich geduldig auf das Ende des Messvorgangs und spürte das Blut in meinen sich spontan verdreifachenden Fuß schießen. Danach erst humpelte ich nach drinnen und suchte mir was zum Kühlen.

    Ich komme aus einer Familie, in der halb abgetrennte Daumen mit einem Pflaster behandelt werden. Natürlich ging ich am nächsten Tag zur Arbeit. Ich hatte ja nichts Ansteckendes. Ich tauschte schlicht für eine Woche meinen Schaltwagen gegen den Automatik von meinem Mann. Die Reitschuhe meines Sohnes waren drei Nummern größer als meine Schuhe und nahmen meinen Fuß gekonnt für einige Wochen auf.

    Ich ging eine Woche später sogar zu meinem Hausarzt. Als er sich das regenbogenfarbige Etwas, das mal mein Fuß gewesen war, anschaute, zeigte er sich mit mir einig, dass er sich für einen Körperteil, dem etwas Entsprechendes widerfahren ist, erwartungsgemäß verhielt.

    Erst nach einem halben Jahr wurde ich wirklich nervös, als die Schwellung noch immer nicht ganz abgeklungen war. Der Orthopäde gratulierte mir zur erfolgreichen Heilung dreier glatter Brüche, die – wie er bemerkte – unter seiner Behandlung nicht besser ausgesehen hätten. Und verschrieb mir eine Bandage, die wirklich gut tat. Nach und nach brauchte ich sie immer weniger.

    Das Ganze ist Jahre her.

    Ich war so überarbeitet, dass ich meinen Körper nicht mehr gefühlt habe.

    Zum Glück bin ich in meinen jungen Jahren sowas wie die Königin der Psychosomatik gewesen und kannte eigentlich das Gegenteil davon – dass mich mein Körper mit diversen selbst produzierten Symptomen um meine Aufmerksamkeit bittet.

    Ich wusste: Mein Weg da raus ging über die Atmung. Über das Spüren. Raum zu geben. Über das Zulassen aller meiner Symptome im Hier und Jetzt. Über das kompromisslose Annehmen meines So-Seins. Über Hingabe.

    Und das tat ich. Ganzheitlich.

    Heute fühlt sich mein Körper von Kopf bis Fuß durchlässig an – die Energie verteilt sich überall. Überall und über meinen Körper hinaus.

    Nur nicht in meinen linken Fuß.

    Er steht weiter als Mahnmal für die Zeit, in der ich nicht mit mir verbunden war.

    Vor kurzem nervte es mich so, dass ich tatsächlich einen Beitrag über meinen linken Fuß schrieb und um Ideen bat, wie ich diesen verlorenen Körperteil integrieren möge.

    Ich bekam wunderbare Antworten. Und dann erst kam ich drauf.

    Mein Weg da rein geht über die Atmung. Über das Spüren. Ich muss meinem Fuß Raum geben. Alle meine Symptome im Hier und Jetzt zulassen. Sein So-Sein kompromisslos annehmen. Mich ihm hingeben.

    Wie konnte ich das vergessen?

    Dem Körper eine Stimme geben

    Ich setzte mich also aufrecht in meine Meditationshaltung, entspannte mich und dehnte meinen Atem auf den ganzen Körper aus.

    Ich liebe die körperzentrierte Herzensarbeit. Bei der soll man eigentlich nur sitzen und fühlen. Das funktioniert bei mir nicht. Mein Körper will sich manchmal bewegen dabei – und meine Stimme will die Gefühle um die es geht, ausdrücken. Wenn ich mich auf ein Symptom konzentriere, dann fängt der entsprechende Körperteil an, durch mich zu tönen. So kann ich auch die Atmung effektiver verstärken und es fließt mehr Lebensenergie dorthin. Je klarer und tiefer der Ton, desto wohliger.

    Ich lebe damit – und setze es inzwischen zur Selbsttherapie bei mir ein.

    Also konzentrierte ich mich auf meinen linken Fuß. Ich bat ihn um einen Ton. Der kam. Fiepsig. Abgebrochen. Viel zu hoch. Ein unangenehmer Kopfton. Kaum rauszubringen.

    Ich versuchte es eine Weile. Ich wusste nicht, wohin es führen soll. Es war kläglich. Dann bat ich meinen rechten Fuß um einen Ton. Der war ein Brustton. Tiefer. Eher mittlere Lage. Ich wusste nun, wohin.

    Zurück zum linken Fuß. Tönen. Den Ton halten. Immer wieder den Abbruch kitten, verbinden, halten. Zwischendurch seufzend und loslassend einatmen, unaufhörlich weiter vertiefend. Das ging sehr lange. Dann war es soweit. Der Ton rutschte tiefer. Ich konnte einen Brustton produzieren. Immer noch abgebrochen, aber sofort floss ein Strom prickelnder Energie in meinen Fuß hinein, wärmte ihn auf. Er war ein Teil von mir, ich konnte es kurz spüren.

    Am nächsten Tag hatte ich nur kurz Zeit, dem Fuß vor dem Einschlafen mit ein paar wimmernden Kopftönen zu verdeutlichen, dass ich ihn nicht vergessen hatte.

    Am Tag darauf dann war es wieder so weit. Ich rief ihn und bat ihn um einen neuen Ton. Nach einem langen zittrigen Kopfton wurde er mutiger und sackte nicht nur in die Brust, wo er eine Weile verweilte, nein, er rutschte sogar in den Bauch und ließ es zu, dass die entstehende Energie sich von dort in Wellen über die Schultern zu den Armen ausbreitete. Meine Arme schüttelten sich und zupften an der Körpermittellinie entlang, verbanden beide Seiten, schufen einen ganzkörperlichen Ausgleich zwischen Links und Rechts. Es fühlte sich wunderbar an. Ich war ganz.

    Der bedürftige Zustand meines ewig verletzten Fußes war mir jedoch seitdem in jedem Moment bewusst. Und das fühlte sich noch nicht durchgängig wohlig an, sondern leicht unangenehm und schmerzhaft. Eher stachelig.

    Ich habe ihm über eine Woche lang täglich Zeit gewidmet, bis ich dann am folgenden Wochenende das Gefühl hatte, dass mein Fuß wieder zu mir gehörte.

    Erste-Hilfe in seelischen Notsituationen

    Erstaunlich daran ist die Tatsache, dass ich die vielfältigsten Methoden kenne, wie ich in Kontakt gehe mit meinem Körper, dass ich die Atmung in den letzten Winkel schicken, mich steuern und regulieren kann – dass ich weiß, wie ich meinem Körper zuhören UND gleichzeitig eine Stimme geben kann – und doch in solchen Notfallsituationen für mich selbst nicht mehr darauf komme.

    Weil jemand in Panik nicht mehr weiß, dass er 112 rufen muss, gibt es Aufkleber fürs Telefon. Erinnerungshilfen.

    Ich fragte also andere, wie sie es schaffen, sich an ihre Ressourcen zu erinnern, um ein Erste-Hilfe-Set zur Verfügung zu haben, wenn ich es brauche.

    Ich bekam wieder ganz wunderbare Ideen geschenkt, die ich gern hier teilen möchte.

    • Kooperation und Austausch mit anderen Menschen
    • SOS-Schachtel: Ein schönes Kästchen voller Zettel mit Ideen, Schnipsel mit Ressourcen, Wünschen, Namen von Freunden, Aktivitäten, Farben, Sprüche, die guttun… im Bedarf kann z.B. ein Zettelchen gezogen werden.
      Manchmal kann man einfach mal so reinschauen, Schnipsel hinzufügen und welche rausnehmen. Auch befüllbar mit kleinen Dosen mit verschiedenen Düften (ein Wattepad oder kleines Stück Stoff mit Duft bestäuben), oder Sand und ganz kleine Muscheln und Steinchen.
    • Überall ein paar Bilder aufhängen, die an Dinge erinnern, die gut tun (Kühlschrank oder Bildschirmhintergründe, eine Story-Board-Wand oder ähnliches).
    • Daraufhin wurde mir klar, dass ich ein wirksamstes Werkzeug zur Selbstermächtigung und Ressourcenverkkörperung quasi bereits lebe: Meine Selbstzertifizierungen!

    Das Gute ist, dass ich inzwischen die Sicherheit habe, dass ich das wichtigste Werkzeug, das ich brauche immer dabei habe: Meinen Körper.

    Das Atmen kann ich nicht vergessen. Und wenn ich nur daran denke, meine Wahrnehmung darauf zu lenken, dann geht die erste Hilfe schon los!

    Mir wurde irgendwann klar, dass ich mein gesamtes Leben meiner Selbstheilung und Traumaauflösung gewidmet habe. Nach Jahren der Eigenpraxis habe ich beschlossen, das, was ich durch die Hingabe an mein Körperwissen für mich gewonnen habe, an andere weiterzugeben.

    Ich öffnete erst mein Stimmpräventionsseminar für Berufssprecher als Onlineworkshop „Stärke Deine Stimme!“ für Menschen anderer Berufsgruppen – und ich entwarf „Umarme Deine Symptome!“