Britta Weinbrandt - Informationen über hochbegabte Kinder und Underachiever

Informationen über hochbegabte Kinder und Underachiever

Kindern mit besonderen Begabungen oder hochbegabten Kindern werden häufig besondere Eigenschaften zugeschrieben, wie zum Beispiel ein ungewöhnlicher großer Wortschatz, ein eigenmotivierter früher Schriftspracherwerb und zu wenig Schlaf.

Auch, wenn es unzählige Erscheinungsformen von Hochbegabung gibt, kann die Beschäftigung mit diesen typischen Eigenschaften einen ersten Hinweis geben, wenn der Verdacht besteht, dass ein Kind sich anders entwickelt als seine Altersgenossen. Zum Einstieg in das Thema gibt es diverse Checklisten, beispielsweise diese von der Psychologischen Praxis Beratrain. Hanna Vock nennt passend dazu in ihrem Handbuch Hochbegabtenförderung in Kindertagesstätten anschauliche Beispiele von Kindern.

Es gibt es bundesweit zur Zeit ca. 250.000 hochbegabte Schulkinder. 69 Prozent aller Hochbegabten zeigen sich „sozial unauffällig“. Im Umkehrschluss wären somit 31 Prozent in irgendeiner Art auffällig. Die Gruppe der Kinder, deren vorhandenes Potenzial sich nicht automatisch in Leistung umsetzt, wird auf zwölf Prozent der Hochbegabten geschätzt. Dieses Phänomen wird auch als Underachievement bezeichnet (erwartungswidrig schlechte (Schul)leistung). Bei Underachievern besteht eine Diskrepanz zwischen dem hohen geistigen Potenzial und der gezeigten Schulleistung. Sie werden allgemein und insbesondere von Lehrkräften selten in ihrer Begabung erkannt. Die Geschlechterverteilung wird mit mindestens 2:1 Jungen:Mädchen angegeben. Unterschiedliche Begabungskonstellationen sind höchst individuell zu betrachten. Entwicklungsprozesse und Veränderungen sind durch neue Impulse und Modifikationen möglich. Eine umfangreiche Diagnostik ist nötig, um entsprechend fördern zu können.

Britta Weinbrandts Bachelorarbeit zu Elternberatung von hochbegabten Kindern - Intelligenzkurve

Die Messung eines Intelligenzquotienten von mindestens 130 in einem Intelligenztest ist das am häufigsten verwendete Hochbegabungskriterium und die präferierte Möglichkeit, Hochbegabung zu diagnostizieren. Statistisch betrachtet entspricht dies circa zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. Bei diesem Kriterium wird von einer nachgewiesenen allgemeinen geistigen Disposition ausgegangen, die über ein Talent in einem spezifischen Bereich hinausgeht. Eltern, die eine besondere Begabung bei ihrem Kind vermuten, sollten im Falle von auftretenden Schwierigkeiten eine Intelligenztestung anstreben, z.B. in einer psychologischen Praxis, sozialpädiatrischen Zentren oder Erziehungsberatungsstellen. Bereits eine erfolgte Diagnose ermöglicht die Sicht und Einstellung der Angehörigen auf ihre Kinder zum Positiven zu verändern.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hochbegabung nicht mehr nur in Bezug auf Leistung, sondern als individuell angelegtes besonderes Potenzial gesehen wird, das es durch Schaffen passender Umweltbedingungen herauszufordern gilt.


Hochbegabte Kinder unterscheiden sich erst einmal nicht von anderen. Die Hochbegabung kann jedoch als Schutzfaktor gegen negative Entwicklungen gelten. Allerdings gibt es besondere Risikogruppen. Dazu zählen hochbegabte Mädchen, verhaltensauffällige Kinder, Migrantenkinder und Underachiever. Darüber hinaus können auch bei Hochbegabten Teilleistungsstörungen oder Behinderungen auftreten. Wenn diese Kinder keine Leistung zeigen, ist die Gefahr groß, dass sie gar nicht erst als hochbegabt erkannt werden. Die drei am häufigsten genannten Schwierigkeiten, die mit einer Hochbegabung einhergehen können, sind eine spezifische Lernbehinderung, ADHS und Autismus.

Mögliche Problembereiche hochbegabter Kinder

Die folgende, von mir um ein paar Punkte erweiterte Liste ist einer Studie von Anna J. Wittmann entnommen, die die Beratungsbedarfe von Eltern untersucht hat, die sich an die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind gewendet haben. 

Britta Weinbrandt - Bachelorarbeit zu Elternberatung von hochbegabten Kindern - Problembereiche hochbegabter Kinder

Im Bereich Anforderung und Leistung nimmt das Underachievement die wichtigste Rolle ein. Es unterliegt einem sehr individuellen Bedingungsgefüge. Bereits schulische Unterforderung kann mit einhergehender Langeweile und Verlust der Lernmotivation ursächlich für Lernschwierigkeiten sein. Viele hochbegabte Kinder verfügen zudem über nur mangelnde Lern- und Arbeitstechniken, da ihnen aufgrund hoher Auffassungsgabe Lerninhalte häufig in der Grundschule noch zufliegen und sie erst in späteren Klassen feststellen, dass sie keine Strategien erworben haben. Bei höherer Komplexität kommt es schließlich zu Defiziten, die in einer Verschlechterung der Schulleistungen münden. Ausgeprägte Vermeidungs- und Verweigerungsstrategien können die Folge sein. Diese Entwicklung kann in Teufelskreise führen: Wenn Underachiever aufgrund geringer Anstrengung schlechte Noten erhalten, sinkt ihr Selbstwertgefühl. Gute Noten werden von ihnen als Glück betrachtet und nicht als Belohnung eigener Leistung, was bedeutet, dass die Kinder keine Selbstbestätigung erhalten.

Auch der besondere Perfektionismus dieser Kinder kann, gepaart mit hohem Selbstanspruch, Angst vor Fehlern, geringer Übungsbereitschaft und geringer Frustrationstoleranz, zum Problem werden. Sie können so genaue Vorstellungen von den Werken haben, die sie planen, dass sie beispielsweise beim ersten Scherenschnitt oder Pinselstrich aufgeben und nie wieder einen zweiten Versuch starten, weil sie nicht ihren eigenen Ansprüchen genügen. So fühlen sie sich zunehmend den Anforderungen nicht gewachsen. Aufgrund der entstehenden Prüfungsangst erhalten sie wiederum schlechte Noten. Das Selbstwertgefühl der Underachiever sinkt weiter und ein neuer Teufelskreis beginnt. Die Kinder werden unzufrieden und halten sich für unbeliebt. Durch die emotionalen Probleme sinkt die Impulskontrolle und sie zeigen abweisendes und aggressives Verhalten, ebenso kann es auch zu geistesabwesendem, aufsässigem, angepasstem oder ignorantem Verhalten Unterforderter kommen. Verhaltensauffälligkeiten lassen wiederum die soziale Anerkennung sinken, wodurch das Selbstwertgefühl weiter beeinträchtigt wird. Der Teufelkreislauf beginnt erneut.

Britta Weinbrandt - Bachelorarbeit zu Elternberatung hochbegabter Kinder - Teufelkreis Underachievement

Für den Bereich Logopädie ist die Tatsache wichtig, dass die doppelt außergewöhnlichen Kinder ausgeprägte Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten (LRS) haben können. Diese treten bei fünf bis zehn Prozent aller Schulkinder auf, wobei die Fertigkeiten gemessen an Alter, Intelligenz und Beschulung deutlich unter der zu erwartenden Leistung liegen. Hochbegabte denken häufig zu schnell, so dass die Feinmotorik der Hand nicht nachkommen kann. Ihre Fehler zudem häufig „durchdachter“ als die anderer Kinder. So können sie bei Anwendung der häufig vermittelten Regel, dass Anfassbares groß geschrieben werde, das Wort „Ofen“ im Winter als „ofen“ schreiben – denn dann ist das Anfassen ja gefährlich. Die Schwierigkeiten können sich bis zu einer generellen Schreibverweigerung auswachsen, was wiederum in die oben dargestellten Teufelskreise führen kann. Darüber hinaus werden Anpassungsleistungen hochbegabter Kinder beschrieben, die bis zur Umstellung der angeborenen Händigkeit gehen und trotz Begabung zu ausgeprägten Lernstörungen führen können.

Die Probleme im zwischenmenschlichen Bereich können daraus entstehen, dass hochbegabte Kinder aufgrund ihrer Andersartigkeit einem erheblichen Spannungsfeld ausgesetzt sind. Oftmals können sie wegen Interessensunterschieden und Entwicklungsvorsprüngen mit Altersgenossen keine angemessenen Freundschaften eingehen. Isolation kann die Folge sein. Auch wird, wer anders ist, leicht zum Opfer. Daher ist Mobbing ein Thema, das bei hochbegabten Kindern behutsam beobachtet werden sollte. Hierbei kommen die hochbegabten Kinder nicht nur als Opfer, sondern auch als mögliche Täter in Frage. Denn wenn sie beispielsweise in nicht fruchtenden Anpassungsversuchen eigene Wünsche unterdrücken, so dass sich psychosomatische Symptome entwickeln, die schließlich in einen Rückzug führen, können sich depressive Symptome dann so verstärken, dass die Kinder schließlich rebellieren. Aggressivität ist somit als Ausdruck einer Enttäuschungsspirale erklärbar. Solche negativen Verhaltensweisen stellen jedoch für nicht geförderte Hochbegabte auch einen stimulierenden Zeitvertreib dar.

Auch Konflikte in der Familie treten auf, und dies nicht nur im Falle einer negativen Entwicklung. Ständige Fragen, Kritik und Hinterfragen der Eltern durch ihre hochbegabten Kinder sowie deren hoher Anspruch auf Individualität und Selbständigkeit können bereits zu beachtlichen Auseinandersetzungen in den Familien führen. Eltern müssen die häufig asynchrone Entwicklung verstehen lernen und beispielsweise mit dem hohen Energielevel ihrer Kinder zurechtkommen. Ein hochbegabtes Kind kann auch in der elterlichen Beziehung Probleme bereiten.  Auch von Nachbarschaftsproblemen wird berichtet. Für die Kinder besteht eine weitere Belastung durch Etikettierung, beispielsweise als „notorischer Besserwisser“.

Im Falle der verfehlten Leistungsmotivation kann es zu regelrechten Kämpfen um die Hausaufgaben kommen. In der Schule kann es durch unermüdliches Nachfragen, Unterrichtsstörung bis zum Clownverhalten oder Nebenbeschäftigungen bis hin zum Abschalten zu Konflikten mit Lehrern kommen.

Im innerpsychischen Bereich erscheint die Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) als maßgeblich, die bei bis zu 17,8 Prozent aller Kinder gestellt wird. Bei Hochbegabten ist ADHS jedoch umstritten. Einige Autoren halten die Diagnosestellung bei Hochbegabten für gerechtfertigt. Andere beschreiben gar die Behandlung von Kindern, die die Diagnosen Hochbegabung, Autismus und ADHS in sich vereinen. Viele jedoch erwähnen jedoch eine mögliche Überlappung der ADHS-Symptomatik mit bestimmten Charakteristika der Hochbegabung, die zu einer ADHS-Fehldiagnose führen können: Hochbegabte Kinder zeigen demnach Unaufmerksamkeit eher in nicht herausfordernden Lernsituationen, während „echte“ ADHS-Symptome typischerweise unabhängig von der Umgebung auftreten. Viele der ADHS-Kinder weisen eine höhere Kreativität auf.

Viele Hochbegabte sind zudem von Hochsensitivität betroffen, sprich eine schnellere, tiefere und feinere Verarbeitung der Sinneswahrnehmung. Die Betroffenen haben deutlich niedrigere Reizschwellen und sind übererregbar. Somit besteht das Problem der Reizüberflutung. Hochbegabte Kinder erleben ihre Umwelt und ihre Gefühlsregungen potenziert und weisen gleichzeitig eine geringere emotionale Stabilität auf.  Häufig wird jedoch übersehen, dass die emotionale Reife altersgemäß sein kann, jedoch in ihrer Diskrepanz zur kognitiven Entwicklung dazu unreif wirkt. Kinder schaffen es, sich woanders angepasst und ruhig verhalten, um dann zum Leidwesen ihrer Familien zu Hause die Spannung abzulassen. Mehr Informationen zu diesem Thema finden sich in meinem Blog über Hochsensitivität.

Erhöhte nervliche Erregung, insbesondere wenn der Betreffende nicht weiß, woher diese nervliche Erregung kommt, kann zu erhöhter Unsicherheit und Ängstlichkeit führen. Angst ist immer geprägt durch einen körperlichen Anteil wie Herzklopfen und Schwitzen, einen gedanklichen, gefühlsmäßigen Anteil, beispielsweise der Vorstellung, sterben zu müssen, und einen Verhaltensanteil, zum Beispiel Flucht. Sie kann Kinder in ihrem Funktionieren äußerst beeinträchtigen und blockieren. Ebenso treten psychosomatische Beschwerden in Kombination mit vielen Störungsbildern auf. Spannungskopfschmerzen, Migräne, Bauchschmerzen bis hin zu Bettnässen und Tics werden daher häufig geschildert.

Im schlimmsten Falle endet eine solch negative Entwicklung in Suizidalität. Die Kinder und Jugendlichen sehen keinen Ausweg mehr. Diese anschauliche Verdeutlichung möglicher Leidenswege hochbegabter Kinder stammt von Rahe:

Britta Weinbrandt - Bachelorarbeit zur Elternberatung hochbegabter Kinder - Leidensweg hochbegabter Kinder nach Rahe

Um eine solche Negativspirale zu verhindern, erscheint es außerordentlich wichtig, Entwicklungsauffälligkeiten jeglicher Art ernst zu nehmen und ihnen auf den Grund zu gehen.

Hinweise zur Förderung hochbegabter Kinder

Um im individuellen Fall einer positiven Entwicklung weiter förderlich sein zu können, gibt es eine Auswahl (therapeutischer) Hilfsmöglichkeiten und auch bestehender Hilfsorganisationen, an die man sich zwecks weiter führender Beratung und Intervention wenden kann:

  • Einen besonders wichtigen Schritt stellt die Anregung zur Ausübung eines selbst gewählten Hobbys dar, in dem die Kinder ihre Stärken spüren und positive Erfahrungen machen können. Hier kann es vorkommen, dass manche Kinder sich einen recht gefüllten Wochenplan aussuchen, andere verweigern sämtliche Angebot, die ihnen gemacht werden.
  • Jutta Billhardt vom Verein Hochbegabtenförderung riet hochbegabten Kindern generell aufgrund der häufig beobachteten motorischen und emotionalen Asynchronien zur Durchführung einer Ergotherapie. Diese gibt es in Gruppen- oder Einzeltherapien, die die Förderung der fein- und grobmotorischen Körper- und Bewegungsplanung und -Koordination zum Ziel haben. Auch hier kann die Entwicklung allgemeiner Arbeits- und Lerntechniken stattfinden, ebenso die Förderung der Kreativität im Sinne von Problemlösungsverhalten und Entwicklung von Anpassungsstrategien. Die Kinder können in eigenen Aufgaben zielbewusst auf ein (gemeinsames) Ergebnis oder Produkt hinarbeiten, Teamfähigkeit erwerben und Freundschaften schließen, um dadurch Selbstvertrauen und Handlungkompetenz zu erlangen. Unter Umständen, wenn beispielsweise starke motorische Unsicherheiten und ein angestrengtes Schriftbild beobachtet werden, empfiehlt sich eine Händigkeitsberatung.
  • Im Bereich der Physiotherapie bieten sich beispielsweise Psychomotorikkurse und die Förderung der sensorischen Integration an. Der Verlauf des neuromotorischen Aufrichtungsprozesses und eventuell vorhandene Ersatzmotorikmuster beziehungsweise persistierende frühkindliche Reflexe sollten abgeklärt werden. Ihre Therapie ist aus der Vojta-Therapie begründet. Auch die Durchführung einer Bobath-Therapie käme der Forderung von Billhardt um Unterstützung der motorischen Entwicklung entgegen.
  • Das Erlernen von Entspannungstechniken erscheint zum Abbau von Sekundärsymptomatiken sinnvoll.
  • Die Durchführung einer Gesprächspsychotherapie oder eine kognitiv-verhaltenstherapeutische Intervention ist zum Beispiel in Fällen depressiver oder verhaltensauffälliger Entwicklung ebenfalls angebracht. Psychologische Hilfen können kind- oder familienzentriert angedacht werden.
  • Erziehungsberatungsstellen und Schulpsychologische Dienste stehen zur Verfügung. An den Kultusministerien der Länder gibt es Ansprechpartner und Beratungslehrer für die verschiedenen Schulformen. Weitere regionale Beratungsstellen finden sich, häufig an den lokalen Universitäten und Universitätskliniken. Und auch die beiden großen Elternverbände führen Beratungen durch: Der Hochbegabtenförderung e.V. bietet zudem spezielle Förderkurse für hochbegabte Kinder und die DGhK organisiert regionale Elterntreffen sowie bundesweite Familientreffen.
  • Es gibt spezielle Schulen, die sich auf die Hilfe hochbegabter Kinder spezialisiert haben. In Hamburg sind dies die Brecht-Schule, die hochleistende Kinder aufnimmt, und die OKO Private School Talent-Schule Hamburg, die sich in einem einzigartigen Konzept zusätzlich auch der Underachiever annimmt.
  • Generell erscheint es sinnvoll, Kontakt zu anderen Betroffenen aufzunehmen. Eltern werden entlastet, wenn sie im Austausch mit anderen erfahren, dass sie mit den Herausforderungen, mit denen sie durch die Andersartigkeit ihrer Kinder konfrontiert sind, nicht allein sind. Die Vorurteile, die einem mit hochbegabten Kindern begegnen können, sind nicht zu unterschätzen. Viele denken, dass Eltern sich für etwas Besseres halten oder dass sie ihre Kinder dressieren, Stichwort Tenniseltern oder Helikoptereltern.

Insoo Kim Berg und Therese Steiner formulieren Vorannahmen darüber, was Eltern und Kinder sich im Umgang miteinander wünschen: Eltern wollen stolz auf ihr Kind sein und einen guten Einfluss auf ihr Kind haben, sie möchten positive Dinge über es hören und wissen, was ihr Kind gut kann. Sie wollen ihm eine gute Ausbildung und Erfolgschancen eröffnen und sehen, dass die Zukunft ihres Kindes gleich gut oder besser sein wird, als die ihrige war. Außerdem wünschen sie sich eine gute Beziehung zu ihrem Kind. Kinder wiederum möchten, dass ihre Eltern stolz auf sie sind, sie wollen ihre Eltern und andere Erwachsene erfreuen und akzeptierter Teil des sozialen Kontextes sein, in dem sie leben. Kinder wollen neue Dinge lernen, aktiv sein und an Aktivitäten anderer teilhaben, sie wünschen sich, dass sie ihre Meinungen und Entscheidungen artikulieren und eine Wahl treffen können, wenn sich ihnen die Gelegenheit dazu darbietet.

Die tatsächliche Situation, in der hochbegabte und hochsensitive Eltern und Kinder sich befinden, führt jedoch dazu, dass sie von anderen sehr oft schräg angeguckt werden, da sie die Kinder sich vielfach unerwartet verhalten und in kein Raster gesteckt werden können. Viele Menschen sind nicht sensibilisiert für die Probleme, die hochbegabte Kinder erleiden können. Und im Kontakt mit anderen bleiben diese Ressentiments meist unausgesprochen, welches Begegnungen für die Eltern mitunter schwierig machen kann. Es ist insbesondere für Kinder eine furchtbare Erfahrung, Ablehnung zu erfahren, die sich auf das Wesen der Kinder an sich bezieht. Ich möchte an dieser Stelle gern ein Plädoyer über die Einzigartigkeit von Kindern halten und verdeutlichen, dass Kinder sich ihre Gedankenwelt nicht aussuchen können. Niemand entscheidet sich dafür, sich mit den Dingen zu beschäftigen, mit denen er sich beschäftigt, vor allem nicht als Sechsjähriger in der heutigen Welt. Kinder brauchen von uns Antworten, mit denen wir ihnen zeigen, dass wir sie ernst nehmen.

Insbesondere Donata Elschenbroich hat sich mit ihrer Zusammenfassung des „Weltwissen der Siebenjährigen“ sehr eingehend damit beschäftigt und den Entwurf einer ersten Liste gewagt.

Ich kenne unzählige Familien, die nur mit gleichermaßen Betroffenen überhaupt über das Thema reden können. Ich hatte daher aufgrund meiner eigenen Erfahrungen das Bedürfnis, mich mit Eltern, Angehörigen und pädagogischen Fachkräften sowie meinen Berufskollegen über unsere Erfahrungen auszutauschen, damit wir dem, was auf uns zukommen kann, bestmöglich begegnen können. So entstanden die Seminare „Hochbegabte Kinder – eine Herausforderung im pädagogischen Alltag“ und „Hochbegabte Kinder in der logopädischen Therapie“.

Seit September 2017 biete ich zusätzlich über die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e.V. einen Gesprächskreis Hochbegabung und Hochsensitivität in Güster an, der sich monatlich trifft, zur Zeit online. Hier können nach dem Motto „Anders zu sein ist auch irgendwie normal… wenn man sich mit Anderen zusammentut!“ auf Wunsch der Teilnehmer verschiedenste Themen angesprochen werden, wie:

  • individueller praxis- und lösungsorientierter Austausch in lockerer Runde
  • Klärung von Fragen und Informationen rund um die Themen „Hochbegabung“ und „Hochsensitivität“
  • Verbesserung von Beziehung und Kommunikation
  • Chancen und Risiken der Entwicklung (Motivation und Selbstwirksamkeit)
  • Forder- und Fördermöglichkeiten
  • Beschäftigung mit Fachliteratur

Die Texte wurden größtenteils meiner 2012 entstandenen Bachelorarbeit „Hintergründe und Praxis der Elternberatung in der logopädischen Therapie hochbegabter Kinder“ aus dem Studium der Angewandten Therapiewissenschaften entnommen. Dort sind ebenfalls alle Quellenangaben verzeichnet.