Erzieherinnen erzählen mir immer wieder die gleiche Story:
Ein Kind hat sich sprachlich nicht ausreichend entwickelt. Da gibt es klare Marker, z.B. wenn das Kind die 50 Wörter-Grenze mit zwei Jahren noch nicht erreicht hat und noch keine Zweiwortsätze bildet. Das Kind ist dann ein sogenannter Late-Talker – und trägt somit ein 20-fach erhöhtes Risiko, eine Sprachentwicklungsstörung auszubilden.
Keine Verzögerung. Eine Störung!
Viele Erzieherinnen wissen das und sprechen dann rechtzeitig die Eltern an. Die Eltern gehen dann zum Kinderarzt. Und der sagt: Das verwächst sich.
Und die Erzieherin steht dann doof da (Die Logopädin übrigens auch).
Und dem Kind wird nicht geholfen.
Das kommt dann oft Jahre später mit heftigen phonologischen Verarbeitungsstörungen im Vorschuljahr in meine Praxis und ich muss dann die Arbeit, für die ich entspannt Zeit gehabt hätte, wenn die Erzieherin und die Eltern ernst genommen worden wären, in wenigen Monaten machen. Wobei dann eine spätere Lese-Rechtschreibschwäche häufig nicht mehr zu verhindern ist.
Ja, das frustriert mich seit Jahren.
Immer wieder kommen Mütter nach einer kurzen Beratung bei mir ohne Verordnung vom Kinderarzt wieder. Das Kind bekommt eine logopädische Verordnung, wenn es vier wird, obwohl es jetzt, mit drei Jahren, gerade mal anfängt, bei äußerst eingeschränktem Wortschatz Zweiwortsätze zu bilden und eine pathologische phonologische Störung zeigt. Die von allein nicht besser werden KANN.
Zum Glück gibt es Beobachtungsinstrumente, die auch Kinderärzte verwenden – und wenn man die im Vorfeld ausfüllt und den Eltern in die Praxis mitgibt, dann hat die Sorge um das Kind plötzlich ein ganz anderes Gewicht. Sie ist dann wissenschaftlich fundiert dokumentiert. Sie gibt nicht nur ein dumpfes Gefühl wider. Die Sprache, die Ärzte sprechen. Geballte und ausgestrahlte pädagogisch-therapeutische Kompetenz.
In diesem Seminar geht es um die Abgrenzung von Sprachentwicklungsverzögerungen gegenüber Sprachentwicklungsstörungen – und wie man sie erfolgreich erkennen und passgerechte Hilfe für das betroffene Kind in die Wege leiten kann.
Es ist wirklich wichtig, dass wir uns da im Sinne der Kinder durchzusetzen lernen. Zugang zu Sprachförderung und Sprachtherapie sind kein Luxus. Sie sind die Grundlage für alles, was folgt. Sprache ist eine Querschnittsaufgabe, die sich durch alle Bildungsbereiche zieht. Bildungssprache zu erwerben sollte niemandem verwehrt werden.
Erzieherinnen haben die Aufgabe, die Sprachentwicklung von Kindern einzuschätzen, um Förderung oder Therapie zu vermitteln und beim Übergang in die Grundschule ihren Sprachstand darzustellen.
Hierbei können sie anhand von Beobachtungen vorgehen oder aber gängige Screening- und Testverfahren verwenden.
Sprachentwicklung und mögliche Störungen sowie verschiedene Sprachfeststellungsverfahren und ihre Dokumentation werden vorgestellt.
Bitte bringen Sie Ihre vorhandenen Beobachtungsinstrumente mit!
- Sprachentwicklung
- Sprachentwicklung und mögliche Warnhinweise
- Entwicklung der Aussprache
- Mehrsprachigkeit
- Stottern
- Beobachtung und Dokumentation
- Theorie: Beobachtungsebenen
- Praxis: Beobachtungsinstrumente und ihre Anwendung
- Reflexion: Beobachtungsfehler und Selbstreflexion
- Verfahren zur Sprachstandserhebung
- Screenings und Tests
Dieses Seminar wird am 12.11.2021 bei der Social Academy in Hamburg angeboten.