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Schnellanleitung für einen positiven Blick

Wertschätzende Gespräche über Kinder führen

Wenn es um das Thema Gesprächsführung geht, kommt man meines Erachtens um das Reframing nicht herum. Um den Blickwinkel einer tendentiell negativen Äußerung in eine wertschätzendere, lösungs- und ressourcenorientierte Richtung zu schubsen, können wir die positive Umdeutung sinnvoll einsetzen,

Ich bin beim Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung mal über eine Liste von Zuschreibungen gestolpert, die insbesondere Kindern galt, die ein bisschen mehr auf dem Kasten haben als andere – und dementsprechend fordernd auf das Nervenkostüm ihrer Eltern, Großeltern, Erzieher und Lehrer wirken können. Allerdings haben alle Kinder es verdient, dass man ihnen einen kleinen Vertrauensvorschuss gibt. Schließlich wollen sie niemanden bewusst ärgern, sondern sind nun mal so, wie sie sind.

Hier kommt nun eine kleine Starthilfe, für alle, die ihre Einstellung zu ihren Kindern und ihre Kommunikation nach Außen mit einem Schuss positivem Denken würzen möchten. Das gilt natürlich umgekehrt und gleichermaßen für alle wohlwollenden Pädagogen, die ihre Anvertrauten gegenüber deren verzweifelten Eltern verteidigen möchten!

Sie ist immer so neugierig. Überall steckt sie ihre Nase rein!

Wer so etwas über seine Tochter hört, kann den Sprecher darauf hinweisen, dass das Mädchen Neugierde zeigt und überall nach Bedeutung und Sinn sucht. Sie ist wissensdurstig, wissbegierig, interessiert, allinteressiert, motiviert, aufgeweckt, wachsam und saugt auf wie ein Schwamm. Dazu ist sie weltoffen, erkundungsfreudig und explorativ. Außerdem kann sie gut beobachten und zuhören!

Er ist furchtbar hartnäckig!

Im Gegenteil! Er ist Intrinsisch motiviert, ausdauernd, standhaltend, standhaft, er bleibt dran, ist konsequent, beständig, beharrlich, geduldig. Er gibt nicht auf. Er führt Aufgaben tatsächlich bis zum Schluss, hat eine hohe Frustrationstoleranz, ist bestimmt, willensstark, durchsetzungsstark, zielstrebig und vertritt seine Meinung. Basta.

Sie strengt sich einfach nicht an!

Warum auch? Sie erwirbt schließlich Informationen leicht und schnell, es fällt ihr förmlich zu, sie kann es ja schon. Sie fühlt sich nicht wirklich gefordert, sucht erst einmal nach dem Sinn dahinter. Sie geht den effektiven Weg. Oder sie hat einfach andere Interessen. Vom Typ her ist sie ruhig, entspannt, gelassen, zurückhaltend, abwartend, zufrieden. Sie macht sich keinen Druck, ist in sich ruhend, im Ruhemodus – sozusagen Wellnessexpertin. „Hängematte“ ist ihr Lebensmotto. Noch dazu ist sie kreativ und kann wirklich gut delegieren.

Er macht mich wahnsinnig, weil er alles hinterfragt!

Man könnte auch sagen, er löst sehr gern Probleme und ist fähig, Konzepte und Synthesen aufzustellen und zu abstrahieren. Er bildet sich seine eigene Meinung. Er nimmt die Dinge nicht einfach so als gegeben hin, er möchte sichergehen, fragt aktiv nach dem Sinn dahinter, ist generell interessiert, wissbegierig, kritisch. Er will definitiv lernen, geht den Sachen auf den Grund, ist offen, aufgeschlossen, aufgeweckt und selbstbewusst.

Sie hört nicht auf Verbote, sie muss alles ausprobieren!

Sie sucht nämlich intensiv nach Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung! Sie möchte, nein muss wissen, wie es sich anfühlt, wie es funktioniert. Sie verlangt Beweise: Es könnt ja auch ganz anders sein! Es wird deutlich, dass sie lernen will und unglaublich wissbegierig, informationsfreudig sowie vielseitig interessiert ist. Darüber hinaus ist sie extrem mutig und experimentierfreudig. Sie hat Forscherdrang, wird bestimmt auch mal Forscherin, denn sie ist offen für Neues und hoch motiviert.

Ich kann nicht mehr – er gibt keine Ruhe!

Er mag keine Unklarheiten und Unlogik, deshalb fragt er immer weiter. Oder ihm fehlt der Sinn, er sucht nach dem Grund, es fehlt ihm noch ein Puzzlestück, um sich das Gesamte zu erschließen. Fest steht jedenfalls, dass er kommunikativ ist und immer was zu sagen hat. Er vertritt seinen Standpunkt. Er erzählt gern, hat Ausdauer, bleibt am Ball, ist aufgeweckt, voller Tatendrang, bewegungsfreudig, hat viel Energie. Er ist unermüdlich, konsequent, zielstrebig.

Sie ist immer so direkt und undiplomatisch. Sie macht sich keine Freunde!

Das liegt ganz klar daran, dass sie ohne Falsch ist: Sie betont Wahrheit, Gleichheit und Fairness, ist offen, ehrlich, klar und deutlich. Spontan und aus dem Bauch heraus sagt sie, was sie denkt. Ohne Umschweife, unverblümt. Sie weiß genau, was sie will, kommt schnell auf den Punkt, ist emotional. Dabei achtet sie gut auf sich, äußert ihre eigenen Bedürfnisse und vertritt ihre Interessen. Sie hat keine Angst vor Konfrontationen.

Er hinterfragt Grundsätzliches!

Na klar, er hat nämlich Großes vor: Er möchte die Welt verändern – und zwar zum Besseren! Er sorgt sich sehr um humanitäre Bedingungen und setzt sich mit den Regeln der Welt auseinander. Er tauscht sich gern aus. Er möchte lernen, ist interessiert, wissbegierig, selbstbewusst und hat seinen eigenen Kopf. Er möchte wirklich verstehen. Vielleicht  sucht er auch einfach nach Sicherheit und Schutz.

Sie will alles bestimmen!

Oder so: Sie möchte Dinge und Menschen organisieren, denn sie weiß, wo es langgeht. Sie hat viele eigene Ideen und kann dafür auch Verantwortung übernehmen. Bestimmt wird sie mal Chef. Auf jeden Fall zeigt sie enorme Führungsqualität. Sie geht planerisch vor, ist strukturiert, kann sich behaupten, ist durchsetzungsfähig, durchsetzungsstark, selbstbewusst, kommunikativ, meinungsbildend – und dabei kreativ. Willkommen im 21. Jahrhundert! 

Er verkompliziert immer alles!

Nein, er konstruiert lediglich komplizierte Regeln, denn er ist in der Lage, komplexe Sachverhalte zu erkennen und zu analysieren. Er konstruiert umfangreiche Inhalte. Er plant, plant langfristig, plant weit voraus. Er denkt größer und schaut über seinen Tellerrand hinaus. Dazu kann er um Ecken denken, ist vorsichtig und verhalten. Er nimmt sich die Zeit, die er braucht. Er ist selbst sehr komplex.

Sie ist schrecklich altklug. Ständig hängt sie bei den Erwachsenen rum!

Durch ihr großes aktives Vokabular ist sie sprachlich sehr weit, ist sprachbegabt, redegewandt und mitteilungsfreudig. Mit Gleichaltrigen kann sie nicht so viel anfangen. Sie kann gut erklären, verfügt über viele Informationen, die ihrem Alter voraus sind, wirkt weise, klug, schlau, originell. Sie weiß einfach viel, ist interessiert und macht sich zu allem Gedanken.

Egal, was ich ihm anbiete, er ist immer unzufrieden!

Er setzt hohe Erwartungen an sich selbst und andere, ist anspruchsvoll, strebt nach mehr, hat generell ein hohes Perfektionsstreben. Er ist kritisch und überlegt genau. Er setzt sich stetig neue Ziele – da bleiben Erwartungen auch mal unerfüllt. Aber er ist konzentriert. Vielleicht ist er einfach nicht ausgelastet, oder er braucht noch Zeit zum Ankommen.

Sie ist ein echter Querkopf – immer gegenan!

Sie ist phantasievoll, kreativ und erfinderisch, geht neue Wege. Eine Querdenkerin, die um Ecken denken kann. Sie denkt ganz viel nach, hat eigene Ideen, vertritt ihre eigene Meinung, probiert sich aus. Sie zeigt einen aktiven Denkprozess, ist durchsetzungsfähig und selbstbewusst, weiß, was sie will. Vielleicht ist sie nicht ganz so gut geerdet…

Er ist schrecklich stur!

Er kann sich äußerst intensiv konzentrieren, lässt sich von seinen Interessen nicht ablenken, ist ausdauernd, konsequent, gradlinig, standhaft, beharrlich, willensstark, selbstbewusst. Er kann seine eigene Meinung vertreten, Wünsche und Ziele äußern, ist individuell, weiß, was er will. Außerdem bleibt er bei dem, was er sich vorgenommen hat und zeigt deutliches Durchhaltevermögen.

Sie ist bestimmt hyperaktiv!

Ganz bestimmt nicht! Nur weil sie energiegeladen, wach, voll Energie, lebendig, motiviert ist? Sie zeigt eine motorische Begabung und gute Körperbeherrschung, ist sportlich, bewegungsfreudig, aktiv, immer unterwegs, geradezu agil. Sie ist immer voll bei der Sache. Sie setzt einfach alles, was ihr im Kopf herumspukt, gleich in Bewegung um. Sie ist sinnesoffen, aufgeweckt – und ausdauernd.

Er wirkt irgendwie etwas oberflächlich!

Das wirkt vielleicht nur so! Ich dachte auch mal, dass mein Sohn sich nicht für das Deutsche Museum in München interessiert hätte, weil er so schnell durch die Räume spaziert war, ohne sich etwas gezielt anzugucken. Aber zu Hause kam die Überraschung, als er minutiös die Exponate beschrieb, die ihn wohl doch fasziniert hatten. Er verarbeitet Sinnesreize also unglaublich schnell. Er organisiert sich selbst. Außerdem hat er sehr unterschiedliche Interessen und Fähigkeiten, ist vielseitig. Er sieht die schönen Dinge, ist unkompliziert, geht steil nach vorn, nimmt das Leben leicht, lebt in Gelassenheit und mit Leichtigkeit. Oder er sieht einfach alles etwas sachlicher.

Warum ist sie bloß so eigensinnig?

Sie ist unabhängig, zieht individuelle Arbeit vor und hat dabei eine hohe Eigensteuerung. Sie arbeitet effektiv, ergebnisorientiert und wünscht sich, schnell zum Ziel zu kommen. Sie hat ihre eigene Denkweise, ist kreativ, ist individuell, einfach ein Charakter. Gleichzeitig ist sie auf sich bezogen und selbstbesonnen. Sie scheint niemand anderen zu brauchen, genügt sich selbst, ist willensstark, selbstbewusst und verfolgt eigene Ziele. Dabei achtet sie gut auf sich und kann für sich selbst sorgen.

Er ist unfassbar frech!

Das kommt von seinem starken Sinn für Humor. Er ist nämlich ein „kleiner Michel“, ist erfrischend, lebensfroh, phantasievoll, wortgewandt, wortstark, schlagfertig. Verhaltensoriginell eben – und dabei sehr charmant! Er zeigt sich mutig, selbstbewusst, keck, herausfordernd – und er hat seine eigene Meinung. Zudem weiß er sich zu rechtfertigen, seinen Standpunkt deutlich zu machen. Auf jeden Fall kann er sein Gegenüber gut einschätzen. Er probiert sich aus, testet aus, lotet Grenzen aus. Einfach nur cool!

Und nun wünsche ich viel Spaß beim Neuformulieren mit dem positiven Blick!

PS: Ich danke allen Teilnehmern meiner Seminare „Vom Elterngespräch zur Bildungs- und Erziehungspartnerschaft“ und des DGhK-Gesprächskreises „Hochbegabung und Hochsensitivität“ für ihre zahlreichen Ideen.

Wie Hochsensitivität zu persönlichem Wachstum verhilft

Vor einigen Jahren wurde ich durch die Beschäftigung mit J.T. Webbs „Hochbegabte Kinder – Das große Handbuch für Eltern“ auf Kazimierz Dabrowskis Forschungen aufmerksam gemacht. Damals ging es für mich als Teilnehmerin eines Elterntrainings bei Suzana Zirbes-Domke darum, passende Unterstützung in der sozial-emotionalen Entwicklung hochbegabter Kinder leisten zu können, die sich häufig durch eine besondere Hochsensitivität, eine schnellere, gründlichere und feinere Verarbeitung der Sinneswahrnehmung, auszeichnen. Die Betroffenen haben ein sehr hohes Empfindungsvermögen, können ihre tief empfundenen Gefühle im ebenso extremen Ausmaß äußern – und durch ihre Intensität sehr anecken und missverstanden werden.

Neu war für mich, dass Dabrowski diese Ausprägungen in fünf Bereiche einteilt, in die psychomotorische, sensorische, intellektuelle, imaginative und emotionale Hochsensitivität (im Original: Overexcitability – welches aber eine nur unzureichende Übersetzung aus dem Polnischen darstellen soll). Dabrowski beschreibt, dass es um erhöhte Intensität der Erfahrung und Wahrnehmung der Außenwelt und der emotionalen Energiefelder anderer Menschen ginge, um größere Lebendigkeit und Wachheit, meist in Kombination mit einem schnellen Reaktionsvermögen und einem Sinn für Essenz, Tiefe und Komplexität.

Im deutschen Sprachraum sind eher die Arbeiten von Elaine Aron bekannt, die einen Test für Hochsensitivität entwickelt hat, der auch auf deutsch übersetzt wurde. Inzwischen gibt es sogar die Möglichkeit, online einen Test zu machen, der ein schriftliches Ergebnis über den Stand innerhalb des Hochsensitivitätsspektrums aufwirft. Wir werden dort als Orchideen bezeichnet.

In meinem Artikel geht es um Selbsteinschätzung:

Psychomotorische Hochsensitivität

  • Ich habe viel Energie
  • Ich bin zappelig, unruhig
  • Ich rede schnell und oft
  • Ich liebe Bewegung
  • Ich knabbere an meinen Fingernägeln
  • Ich mag schnelle Spiele
  • Ich schlafe nicht viel
  • Ich bin impulsiv
  • Ich konkurriere/wetteifere gern
  • Ich habe nervöse Gewohnheiten
  • Ich drücke meine Gefühle körperlich aus
  • Ich bin manchmal kompulsiv/habe die Tendenz, Handlungen zu wiederholen
  • Ich benehme mich manchmal daneben
  • Ich kann mich stark für etwas engagieren

Psychomotorische Hochsensitivität ist kennzeichnet durch ein Übermaß an hoher Energie. Diese Menschen sind aktiv und energiegeladen, was sich in einem erhöhten Bewegungsdrang, schnellem Sprechen (insbesondere bei überschießend guter Laune) und leidenschaftlicher Begeisterungsfähigkeit ausdrücken kann. Man stelle sich Eddie Murphy, Robin Williams und Jim Carrey in einem Raum vor. Sie brauchen als Kinder wenig Schlaf. Schnelle Sportarten sind beliebt, Wettbewerbskämpfe auch. Psychomotorische Hochsensitivität muss aber nicht gleich heißen, dass man supersportlich ist. Man hat lediglich mehr Energie zur Verfügung als der Rest der Bevölkerung. Für Kinder kann das auch sehr unangenehm werden.

Ich erinnere mich sehr stark, wie ich auf einer Kindergeburtstagsfeier die uns betreuenden Eltern im Nebenraum zueinander sagen hörte: „Typisch Britta – die Kleinste ist immer die Lauteste!“ Dieses Gefühl, „Zuviel“ zu sein, begleitet mich bereits mein ganzes Leben, und das war auch der wahrhaft positive Effekt, den das Lesen von „Living with Intensity“ (der Lektüre, die diesen Blogeintrag inspirierte) in mir schließlich ausgelöst hat: Ich bin nicht allein!


Mit meinen Selbstzertifizierungen habe ich mich sehr in diesem Bereich ausgetobt, um genau diese Kindheitswunde zu heilen und meine Hochsensitivität anzunehmen. Ich bin überzeugt, dass sie sich erst dann zu der Stärke entfalten kann, die sie eigentlich darstellt!

Emotionale Anspannung wird ebenso motorisch ausgedrückt, Beine werden stundenlang gewippt, es können nervöse Angewohnheiten bis zu motorischen Tics auftreten oder zwanghaftem Organisieren. Ich habe Jugendliche gesehen, die unaufhörlich Kugelschreiber auseinander- und wieder zusammengebaut haben oder ihre Federtaschen geöffnet und geschlossen, aus- und wieder eingepackt haben, ohne das zu registrieren. Kinder können häufig nicht verlieren, Erwachsene werden leicht zu Workaholics.

Man kann sich vorstellen, dass die Gefahr von ADHS-Fehldiagnosen bei solchen Ausprägungen besonders hoch ist. Tatsächlich ist die psychomotorische Hochsensitivität bei hochbegabten Kindern nachweislich am weitesten verbreitet.

Daniels und Meckstroth fassen zusammen, dass man solchen Kindern sitzende Aktivitäten verkürzen sollte, Bewegungs- sowie Entspannungsmöglichkeiten anbietet und schlagen Aussagen vor, mit denen man betroffene Kinder positiv ermutigen kann:

  • „Du hast unglaublich viel Energie.“
  • „Deine Intensität wird dir helfen, viele Dinge zu erreichen.“
  • „Ich wünschte, ich hätte auch nur ein Fünkchen von Deine Energie.“
  • „Dein ganzen Körper arbeitet mit, wenn du lernst.“
  • „Du bewegst dich viel und sitzt nicht gern still.“
  • „Manchmal braucht der Körper ein wenig Entspannung.“

Sensorische Hochsensitivität

  • Ich liebe es, Dinge zu berühren
  • Ich habe ein starkes Verlangen nach Behaglichkeit und Gemütlichkeit
  • Ich suche Genuss und Vergnügen
  • Ich reagiere sensibel auf Düfte
  • Ich liebe Musik
  • Ich liebe Schmuck
  • Mich stören Schilder in der Kleidung
  • Ich schätze Schönheit
  • Ich esse zuviel
  • Ich kann Nähte in Socken nicht leiden
  • Als Kind konnte ich nicht barfuß über Rasen laufen
  • Ich werde durch Sinneswahrnehmungen (Töne, Gerüche, Temperatur, Bilder etc.) abgelenkt
  • Kunst zieht mich zutiefst an
  • Ich mag Theater und darstellende Künste

Sensorische Hochsensitivität bezieht sich besonders auf die sinnliche Wahrnehmung, Sehen, Riechen, Schmecken, Berühren, Hören. Diese Menschen empfinden einen großen Genuss bei sensorischen Erfahrungen wie Sprache, Musik, physischer Zärtlichkeit, Düften. Sie haben eine Neigung zu sinnlichen Genüssen wie Essen und Trinken. Es besteht ein Bedürfnis nach Ästhetik und Freude an schönen Dingen, Bildern, Kunstwerken – mit solchen Menschen verpasst man keinen schönen Sonnenuntergang und sie können so in ihren (Natur)erfahrungen versinken, dass die Umgebung mitunter ausgeblendet wird. Sie verlieren sich in Details und nehmen die Welt wie durch ein Mikroskop wahr.


Bei emotionaler Anspannung spielen sich solche Kinder gern ins Rampenlicht, viele überessen sich. Erwachsene gehen extremshoppen. Die Kehrseite ist auch eine deutlich erhöhte taktile Reaktion auf Stoffe, Materialien und Oberflächen. Es sind Kinder, die ihre Socken umdrehen müssen, weil sie die Nähte nicht ertragen. Ihre Eltern müssen nachts die wenigen Klamotten, die die Kinder besitzen, auf der Heizung trocknen, damit sie am nächsten Tag wieder etwas zum Anziehen haben – davon kann ich als Mutter ein Lied singen. Es kann Empfindlichkeit gegenüber grellem Licht, wie Leuchtstofflampen bestehen, ebenso kann es auch sein, dass kein diffuses Kerzenlicht ertragen wird. Ablenkbarkeit, Kopfschmerzen und Erschöpfung, z.B. bei Lärm können die Folge sein. Kinder mit einer Überempfindlichkeit bei Geschmack und Textur von Lebensmitteln können die Nahrungsaufnahme verweigern, ebenso lösen Gerüche mitunter starke Übelkeit und Würgreiz aus.


Auch kleine Dinge können zu beschämenden Erfahrungen führen. Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen, dass ich in der Grundschule einmal minutenlang einen Lichtreflex mit dem Zeigefinger umkreiste und aus dieser Versunkenheit geholt wurde, indem mir bewusst wurde, dass ich dran war, eine Matheaufgabe zu lösen, da meine Lehrerin mich bereits mit deutlicher ungehaltener Stimme aufforderte, die Lösung zu sagen. Da ich nicht wusste, welche Aufgabe oder wie lang ich schon dran gewesen war, blieb mir nichts anderes übrig als so zu tun, als könnte ich es nicht. Dass ich nicht zugeben konnte, geträumt zu haben, war mir allerdings damals schon sehr klar…

Daniels und Meckstroth schlagen vor, den betroffenen Kindern die Umwelt so zu gestalten, dass sie maximalen Komfort und Ästhetik genießen können. Sich die Zeit zu nehmen, auch einmal mit ihnen entspannt an einer Rose zu schnuppern. Die Probleme mit der Kleidung ernst zu nehmen. Und darauf gefasst zu sein, dass solche Kinder sehr viel länger Übergangsobjekte benötigen als ihre Altersgenossen, dass es also durchaus vorkommt, dass der Teddy noch in der höheren Schule im Spind sitzen muss… Ermutigende Bemerkungen könnten sein:

  • „Wie du dich über schöne Dinge/Gefühle freuen kannst!“
  • „Du magst ____ Stoffe/Laute sehr gern spüren, aber ich kann sehen, dass dir ___ Geräusche/Stoffe ganz schön etwas ausmachen.“
  • „Du weißt genau was du magst und was dir gut tut.“
  • „Manchmal macht es Spaß, etwas Neues auszuprobieren. Möchtest du mal ____ ausprobieren?“

Intellektuelle Hochsensitivität

  • Ich liebe es, Probleme zu lösen
  • Ich bin sehr neugierig
  • Ich lese sehr gern
  • Ich kann mich über längere Zeit konzentrieren
  • Ich strebe nach Gerechtigkeit
  • Ich stelle bohrende Fragen
  • Ich liebe es, dazuzulernen
  • Ich analysiere gern Dinge
  • Ich denke gern theoretisch
  • Ich möchte immer richtig liegen
  • Ich brauche/suche die Wahrheit
  • Ich denke gern über das Denken nach
  • Ich beobachte sehr akkurat
  • Ich liebe detaillierte Planung

Intellektuelle Hochsensitivität beschreibt Menschen, die mit einem großen Wissenshunger, tiefer Neugier und einer Begeisterung für Logik und Theorien ausgestattet sind. Sie stellen bohrende Fragen, sind scharfe Beobachter und haben eine anhaltende Konzentrationsfähigkeit sowie ein gutes Gedächtnis mit einer extrem hohen Merkfähigkeit. Sie sind getrieben davon, zu erfahren, was die Welt im Innersten zusammenhält. Ich kenne ein Exemplar, das fast manisch jedes einzelne technische Gerät, das er in die Finger bekommt, einmal aufschrauben und reingucken muss, weil er offensichtlich nicht ruhig weiterleben kann, wenn er nicht sofort weiß, wie es da drin aussieht. Sie lieben das Lernen und neue Erkenntnisse, lösen gern Denkaufgaben und Probleme und lesen sehr viel.

Solchen Kindern wird nachts die Taschenlampe weggenommen. Was nichts bringt. Ich selbst bin dann regelmäßig aufgestanden und habe mein Buch Zeile für Zeile durch den kleinen Schlitz an der Kinderzimmertür gezogen, durch den das Flurlicht hereinkam. Sie streben bereits in frühen Jahren nach Wahrheit und Verständnis, haben hohe Moralvorstellungen, gehen planerisch vor und erstellen neue Konzepte. Sie reflektieren sich selbst ohne sich zu bewerten, als unabhängige Denker, die auch philosophisch über das Denken nachdenken. Intellektuelle können auch sehr kritisch Dinge und Menschen hinterfragen. Wenn sie keinen guten Tag haben, analysieren sie alles so in seine Einzelteile, dass es ihnen nicht mehr gelingt, diese wieder zusammenzusetzen.


Daniels und Meckstroth bitten darum, bereits sehr kleine Kinder in ihren intellektuellen Bedürfnissen ernstzunehmen und ihnen zu ihren eigenen Projekten, auch zu Kontakt mit ähnlich tickenden Kindern, zu verhelfen. Sie sollten Hilfe erhalten, wie sie ihre unendlichen Fragen selbst beantworten können. Kommunikation und Fragetechniken sollten thematisiert werden. Hilfreiche Sätze sind:

  • „Deine Neugier treibt dich voran.“
  • „Du interessierst dich wirklich für alles.“
  • „Du lernst viele neue Sachen und wirst Dinge bewegen/verändern können.“
  • „Du bleibst dran an deinen Projekten, die dich interessieren.“
  • „Ich mag es, wie du deine Ideen verteidigst.“
  • „Du bist offen, um viel Neues zu lernen.“

Imaginative Hochsensitivität

  • Ich stelle mir Dinge lebhaft vor
  • Ich liebe Phantasie
  • Ich erfinde Dinge
  • Ich schmücke die Wahrheit aus
  • Ich mache mir viele Sorgen
  • Ich fürchte mich vor dem Unbekannten
  • Ich träume sehr intensiv
  • Ich liebe Theater
  • Ich glaube an Magie
  • Ich bin humorvoll
  • Ich habe imaginäre Freunde
  • Ich würde gern malen
  • Ich benutze oft Metaphern/Gleichnisse
  • Meine Sprache und Zeichnungen sind reich bebildert

Imaginative Hochsensitivität bedeutet, eine ausgeprägt lebhafte Phantasie und visuelle Vorstellungskraft mit Erfindungsreichtum zu haben. Solche Menschen lieben es, komplexe imaginäre Abläufe zu erdenken, sind kreativ, visualisieren gern und haben einen ausgesprochenen Sinn für Poesie und Drama. In der Kindheit kann es zu magischem und animistischem Denken kommen, sie haben die Fähigkeit, sich in eine belebte Welt zu träumen und versinken in eigenen oder bestehenden Märchen- und Phantasiewelten. Viele haben imaginäre Freunde.


Bei emotionaler Anspannung kann es schwer sein, die Wahrheit vom Erdachten zu trennen. Fiktion und Realität werden mitunter vermischt. In Stresssituationen schalten solche Kinder ab oder flüchten sich förmlich in ihre Phantasiewelten. Dadurch stehen sie sich selbst im Wege, meiden Neues und verpassen somit Chancen. Sie langweilen sich schnell und brauchen immerzu neue Anregungen. Es können sich auch ausgeprägte Albträume und Ängste zeigen. Diese Kinder werden oft fälschlicherweise für ADS-Kinder gehalten.

Daniels und Meckstroth schlagen vor, ihnen zahlreiche Materialien und Medien zum Zeichnen, Bildhauern, Schreiben, Tanzen, Schauspielern, Bauen und Planen zur Verfügung zu stellen, mit denen sie ihre imaginären Erlebnisse festhalten und vertiefen können. Ihre Vorstellungskraft weiter anzuheizen mit Fragen danach, wie sich das Erdachte beispielsweise in anderen Zeitepochen zeigen würde. Ihnen Geschichten vorzulesen und Entspannungsmethoden vorzustellen. Aktivitäten anzubieten, die kein Ende beinhalten, und ihnen zu helfen, zwischen Realität und Fiktion klar zu unterscheiden. Ihnen zu sagen:

  • „Du hast eine lebhafte Vorstellungskraft.“
  • „Du nimmst die Welt ganz anders wahr.“
  • „Du denkst dir tolle Geschichten aus und kannst sie gut erzählen.“
  • „Du machst die Welt zu etwas Besonderem.“

Emotionale Hochsensitivität

  • Ich bin sehr empfindlich
  • Ich kümmere mich um andere Leute
  • Ich bin schnell frustriert
  • Ich habe ein ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis
  • Ich habe Einfühlungsvermögen
  • Ich bin schüchtern
  • Meine Gefühle sind extrem ausgeprägt
  • Ich mache mir oft Sorgen
  • Ich bin einsam
  • Ich habe ein starkes Verantwortungsgefühl und fühle mich manchmal sogar schuldig
  • Die Stimmungen von anderen Menschen beeinflussen mich
  • Gefühle bleiben mir sehr lange im Gedächtnis
  • Ich kann mich schwer auf Veränderung einstellen
  • Ich reagiere physisch auf Gefühle, mit Erröten, Magendrücken etc.

Emotionale Hochsensitivität bezeichnet eine gesteigerte Empfindsamkeit für positive sowie negative Gefühle, sehr intensive und komplexe Gefühle, von denen mehrere – auch ambivalente und gegensätzliche – gleichzeitig erlebt und erforscht werden können. Solche Menschen können schüchtern und vorsichtig sein, aber ebenso euphorische und ekstatische Momente erleben. Wenn sie gut gelaunt sind, können sie einen ganzen Raum zum Erstrahlen bringen. Wenn sie traurig sind, lastet die ganze Welt auf ihren Schultern. Sie besitzen eine sehr differenzierte Eigenwahrnehmung, führen innere Dialoge und können sich selbst gut beurteilen. In Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen zeichnen sie sich durch ein hohes Einfühlungsvermögen und besondere empathische Qualitäten aus. Oftmals können sie in einer neuen Gruppe innerhalb kürzester Zeit detaillierte Auskunft darüber geben, wer wie zu wem steht und scheinen fast hellseherische Intuition zu entwickeln. Sie fühlen die Gefühle anderer, als wären sie ihre eigenen. Wenn sie aus dem Kino oder dem Theater kommen, sind sie außerstande, zu erzählen, wie es war, wie sie es fanden. Sie müssen eine Nacht darüber schlafen. Das gleiche empfiehlt sich, wenn sie z.B. nach Verkaufsgesprächen eine Entscheidung zu treffen haben. Sie gehen ausgeprägt tiefe Bindungen an Menschen, Tiere, Orte und Objekte ein und haben Schwierigkeiten, sich in neuen Umgebungen einzugewöhnen.


Eine meiner ganz schlimmen Kindheitserinnerungen in dem Bereich ist das Mitfühlen mit Pflanzen. Ich entsinne mich an einen Nachmittag, den ich tränenüberströmt in totaler Agonie verbracht habe und nicht in der Lage war, meiner Mutter gegenüber einzugestehen, dass ich wegen eines Farnes weinte, den sie als tot deklariert und vom Wohnzimmer auf die windige Terrasse verbannt hatte. Der Schmerz war unglaublich. Die Lächerlichkeit des Gefühls war mir gleichermaßen bewusst. Diese gleiche Terrasse bekam von mir später einmal eine Plakette verliehen, auf der in Erinnerung an die gefällte Esche, die ich „Wilhelm“ genannt hatte, geschrieben stand „Dieser Baum wurde sinnlos gemordet“.


Psychosomatische Reaktionen werden häufig beobachtet: Bauchschmerzen, Herzklopfen, Erröten, schwitzige Hände. In Stresssituationen reagieren sie möglicherweise zudem mit Ängsten, übertriebener Selbstkritik, Schuld und Scham und fühlen sich verantwortlich für nicht kontrollierbare Ereignisse und Zustände. Depressivität, Beschäftigung mit dem Tod und Suizidalität sind häufig nicht fern. Sie können so von Gefühlen überwältigt werden, dass sie zu keiner Handlung mehr in der Lage sind.

Daniels und Meckstroth beschreiben, dass diese Kinder Bezugspersonen brauchen, die ihnen bedingungslos zuhören und sie in ihrer Gefühlsintensität ernstnehmen. Wenn sie das Gefühl vermittelt bekommen, dass das, was sie zu sagen haben, auch anderen wichtig und wertvoll ist, können sie das Selbstvertrauen entwickeln, dass sie, die in ihrer Intensität und ihrem überbordendem Ausdruck von niemandem verstanden werden, jemanden haben, der es zumindest versucht. Wir können ihnen durch Akzeptanz und Aktives Zuhören helfen, diesen Gefühlen einen Namen zu geben. Sie sollten einen Wortschatz der Gefühle vermittelt bekommen und Gefühle immer wieder thematisieren dürfen, um sich selbst, z.B. auf einer Skala, einschätzen zu lernen. Udo Baer und Gabriele Frick-Baer haben auf diesem Feld hervorragende Arbeit geleistet und wunderbare Bücher geschrieben. Zudem müssen die Betroffenen erkennen und zugestehen, dass andere auch Gefühle haben, auch wenn sie sie nicht in dem Extrem nach außen zeigen, in dem sie es erwarten. Die Vermittlung sinnvoller freiwilliger Aktivitäten, wie ein Ehrenamt, tun diesen Kindern gut und nehmen ihren Wunsch nach sozialem Engagement ernst. Sie profitieren von folgenden Ermutigungen:

  • „Du fühlst, was andere fühlen.“
  • „Du hast tiefe Gefühle und tust sehr viel für andere.“
  • „Du bist sehr aufrichtig anderen gegenüber.“
  • „Du stehst zu denen, um die du dich sorgst.“
  • „Du kennst Freude, Frust, Traurigkeit, Liebe und Ärger – eine ganze Welt der Gefühle.“

Dabrowskis Theorie der positiven Desintegration

Wirklich spannend wurde das ganze Thema für mich erst dann wieder, als ich durch das Buch „Living with Intensity“ auf Dabrowskis zugrundeliegende „Theorie der positiven Desintegration“ stieß, die bereits 1964 publiziert wurde und den bestehenden Formen der Hochsensitivität erst einen wirklichen Sinn verleiht. Durch den Austausch mit vielen hochsensiblen Menschen weiß ich, dass einige auch noch als Erwachsene sehr stark unter ihrer niedrigschwelligen Wahrnehmung und Verarbeitung von Sinnesreizen leiden können. Hochsensitivität ist keine Krankheit, aber sie kann in ihrer Symptomatik unter Umständen als eine solche empfunden werden.

Denn diese intensive Wahrnehmung und etwaige körperliche Reaktionen darauf arbeiten sich nicht etwa im Laufe der Zeit ab, sie können bis ins hohe Lebensalter ungebremst erhalten bleiben.

Dabrowski sieht darin jedoch nicht nur die Chance zu einer potentiell positiven Persönlichkeitsentwicklung, er hält die Hochsensitivität sogar für eine Notwendigkeit und Voraussetzung, um Wachstum in ein reiches und erfülltes Leben im Einklang mit sich selbst, seinen höheren Werten und der Umwelt entstehen zu lassen. Der durch das erhöhte Empfindungsvermögen bedingte innere Konflikt wirkt hier als antreibende Kraft, Veränderung zu bewirken. Und damit gibt Dabrowski selbst solchen Lebenskrisen, die sich in psychischen und behandlungsbedürftigen Auffälligkeiten äußern (wie z.B. Depression, Ängsten, Psychosomatik), eine Dimension, die ihnen die Pathologie einer Störung nimmt. Sie gehören für ihn einfach erwartungsgemäß zum Leben dazu.

Symptome nicht zu bekämpfen, sondern sie einfach als Herausforderung anzunehmen, das ist ein Ansatz, der mir sehr entgegenkommt. Es handelt sich um nichts anderes als ein Reframing. Die Kunst, (vermeintlich) Negatives positiv umzudeuten, ist ein großer Bestandteil eines widerstandsfähigen, resilienten Lebens, und allein das Bewusstsein dafür hat mir bereits in vielen Situationen sehr geholfen. Für mich fängt es übrigens mit dem Benennen schon an, denn es macht z.B. einen starken Unterschied, ob ich ein Kind als „hyperaktiv“ oder „altklug“ bezeichne, oder ob ich es – mir, insbesondere dem Kind selbst und auch seinen Eltern gegenüber – als „bewegungsfreudig“ oder „kommunikativ und an allem interessiert“ erkenne und annehme. Da verweise ich gern auf meinen Artikel mit der Schnellanleitung für einen positiven Blick auf Kinder.

Weil ich sie als so wertvoll erachte, möchte ich die Theorie der positiven Desintegration hier ebenso ausführlich darstellen, wie ich mich den dazugehörigen Formen der Hochsensitivität gewidmet habe. Kazimierz Dabrowski (1902-1980), der im Zweiten Weltkrieg in Polen Schreckliches erlebt, jedoch auch viel Hilfsbereitschaft erfahren hatte, beschäftigte sich als Psychologe, Arzt und Philosoph mit Biographien von bekannten Menschen, Heiligen und insbesondere auch begabten Menschen, Künstlern und Kreativen. Er fand heraus, dass sowohl (intellektuelle) Begabung als auch Hochsensitivität maßgeblich das individuelle Entwicklungspotential bestimmen. Als dritten Faktor benannte er das Streben nach Wachstum und Autonomie. Daraus formulierte er fünf Stufen der Persönlichkeitsentwicklung im Prozess vom ichbezogenen Egozentriker zum selbstbestimmten Altruisten.

Entwicklungsstufen der Persönlichkeit

Stufe 1, „Primäre Integration“ ist geprägt von purem Egoismus und Egozentrismus. Das Selbst ist das Zentrum des eigenen Universums. Alles ist gut, was dem Selbst dient, es ist ausschließlich Bedürfnisbefriedigung gefragt. Es besteht kein wirkliches Bewusstsein für sich selbst, keine Innenschau, kein innerer Konflikt. Empathie oder Verantwortungsgefühle gibt es nicht. Andere sind dazu da, zu eigenen Gunsten manipuliert und ausgenutzt zu werden. Ich nehme an, es beschreibt den klassischen Narzissten. Im Falle einer äußeren Krise kann kein inneres Wachstum geschehen. Probleme werden schlicht recycelt. Zum Beispiel streitet man sich ständig mit allen um das gleiche Thema oder lässt sich nach der x-ten Scheidung noch immer auf den gleichen Typ Partner ein. Mir fällt dazu die kleine Anekdote ein, wie ich letztes Jahr in einem kleinen englischen Straßencafé frühstückend meinen Tischnachbarn eine unfassbar frauenfeindliche Bemerkung zu einem Passanten sagen hörte. Als deren Gespräch beendet war, konnte ich mir nicht verkneifen, mich zu ihm hinüberzudrehen und ihn höflich anzusprechen, ob ich ihn fragen dürfte, wie oft er schon geschieden wäre? Seine wenig überraschende, allerdings recht humorvolle Antwort lautete: „Twice. I am currently between divorces. – Zweimal. Ich befinde mich gerade zwischen zwei Scheidungen.“ Bingo!

Stufe 2, „Unilevel Desintegration“ kann typisch sein für Phasen wie die Pubertät oder Menopause.  Die Persönlichkeitsstruktur kann krisenhaft teilweise zusammenbrechen, Entwicklung führt jedoch noch nicht zu Wachstum. Nicht persönliche Werte werden als wichtig erachtet, sondern soziale Gruppen und soziale Zwänge. Was andere denken, spielt im soziozentrischen Weltbild eine sehr große Rolle. Es wird nach Bestätigung von außen gesucht. Anpassung als Überlebensstrategie. Dinge werden erledigt, weil „man“ es eben so tut, nicht, weil man sich daran erfreuen könnte. Wenn der Nachbar BMW fährt, schafft man sich dann eben auch einen an. Getan wird, was erwartet wird. Rasenkanten sind jederzeit akkurat ausgestochen. Es ist einfacher, Mitläufer zu sein. Es gibt eine deutliche  Unterscheidung zwischen „uns“ und „den anderen“. In geringer Ausprägung vermietet man statt Gästezimmern „Fremdenzimmer“. Bei starker Ausprägung nehme ich an, dass es auch das ethnozentrische Weltbild des klassischen Fundamentalisten beschreibt. Antworten zu bestehenden Lebensfragen werden (mitunter unstet) in Heilslehren, externen Normen, Führungspersonen und Autoritäten gesucht, jedoch niemals in sich selbst. Die innere Stimme wird nicht befragt.

Stufe 3, „Spontane Multilevel Desintegration“ ist nun die erste Stufe, in der übergreifend und mehrschichtig positive Desintegration geschehen kann. Google definiert Desintegration (Spaltung, Zerfall) wie folgt: „Mangel an Integration; schrittweise Auflösung von etwas, das ein integriertes Ganzes ist.“ Oft passiert eine solche Krise plötzlich, es gibt einen konkreten Auslöser, eine Krankheit, ein Verlust, ein Versagen. Unrecht wird stark gefühlt, diese Menschen sind anderen gegenüber einfühlsam und stellen Vieles in Frage, stellen viele Fragen. „Was ist der Sinn des Lebens?“ „Warum bin ich hier?“ Es entsteht ein innerer Konflikt, eine psychische Erschütterung, die sich auch in Ängsten, existenzieller Verzweiflung, Schmerzen und Depression äußern können. So gibt es ein deutliches Spannungsfeld zwischen dem, „was ist“, und dem, „was sein sollte“. Auf dieser Stufe werden persönliche Werte entwickelt. Innere Schweinehunde werden erfolgreich bekämpft. In der abgleichenden Bewegung in Richtung ihres neu anvisierten Sollzustandes kommt es schließlich zu innerer Transformation.

Stufe 4, „Organisierte Multilevel Desintegration“ ist der Fortschritt, der sich aus der vorherigen Entwicklung aus der inneren Krise heraus ergibt. Das, „was sein sollte“, konnte sich manifestieren. Es besteht eine klare Richtung im Leben, es gibt einen gefühlten Auftrag, eine Mission, die dazu befähigen, zunehmend immer häufiger in Selbstverwirklichung seine Ideale zu leben. Es handelt sich um autonome, verantwortliche Menschen, die sich ihrer Selbst bewusst und unabhängig von ichzentrierten Bedürfnissen sind. Sie leben in Einklang mit ihren persönlichen Werten und sind frei von dem Gefühl, soziale Konventionen bedienen zu müssen. Sie sind mitfühlend ihren Mitmenschen in einem weltzentrischen Gemeinschaftsgefühl verbunden.

Stufe 5, „Sekundäre Integration“ beschreibt eine weit fortgeschrittene mehrschichtige Entwicklungsstufe, einen Menschen, der mithilfe großer Intuition und Wissen sein Ideal erreicht hat und darüber hinaus auf eine Verbindung zu etwas Höherem, Größeren vertraut und sich und sein Leben dem Wohl der Gesamtheit widmet, im Kleinen oder im Großen. Ein solcher Mensch ist authentisch, mitfühlend, im Einklang mit allem Leben und hat inneren Frieden erreicht. Er weiß, dass alles eins und miteinander verwoben ist. Bei Ken Wilber, der ein noch viel differenzierteres integrales Modell vorstellt, habe ich die Beschreibungen „transpersonal“ und „kosmozentrisch“ gefunden.

Die von Dabrowski genannten Beispiele Jesus und Gandhi, die von Piechowski mit Eleanor Roosevelt und Peace Pilgrim ergänzt wurden (eine Frau, die alle weltlichen Besitztümer aufgab, um 28 Jahre für einen guten Zweck durch die USA zu wandern) ließen mich stark an der offiziellen Erreichbarkeit dieser Stufe zweifeln.

Sal Mendaglio, der das Buch über die Positive Desintegration schrieb, erzählte mir auf einer Konferenz, dass er gerade dabei ist, lebensnahe Beispiele für die letzte Stufe zu sammeln, um sie der Menschheit näherzurücken. Auch Stephanie Tolan kam zu dem versöhnlichen Schluss, dass für sie jemand die fünfte Stufe erreicht hat, der sich selbst und sein Innerstes so transformiert hat, seine Erfahrungen solcherart reflektiert und in die Welt bringt, dass sie sein höchstes Bewusstsein und die Verbundenheit mit der gesamten Menschheit, deren Teil sie sind, ausdrück. In meinen Worten sind es Menschen, die so leben, wie sie „gemeint“ sind. Und das finde ich dann wieder ein schönes und erstrebenswertes Ziel…

Übungssammlung zur Förderung der phonologischen Bewusstheit

Wirksam und spielerisch die Lese-Rechtschreibkompetenzen fördern

Es ist erwiesen, dass Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten daraus entstehen können, dass Kinder die  Einzellaute, aus denen Wörter aufgebaut sind, nicht richtig wahrnehmen und verarbeiten können. Das kann man sich ja auch leicht vorstellen, dass ein Wort, wenn es nicht richtig gehört wird, auch nicht richtig geschrieben werden kann.

Ich vermute beispielsweise schon recht lang, dass die Tatsache, dass unglaublich viele Erstklässler das „Dativ-dem“ noch nicht verwenden, also „etwas liegt auf den Tisch“ statt  „auf dem Tisch“ sagen, in einem Verhörer begründet sein könnte und nicht unbedingt in Grammatikproblemen. Rund sechzig Prozent aller deutschen Worte werden lautgetreu geschrieben, also genau so, wie man sie hört. Diese sechzig Prozent hätte man also schon einmal gewonnen, wenn die Hörwahrnehmung klappt. Das reduziert die mögliche Fehlerzahl gewaltig!


Nachweislich erleichtern kann man Kindern den Einstieg in den Lese- und Rechtschreiberwerb, wenn man also bereits vorschulisch die Fähigkeiten der phonologischen Bewusstheit fördert. Zur phonologischen Bewusstheit gehören im weiteren Sinne das Reimen oder Silbenklatschen, das sogar schon Dreijährige meistern können. Die meisten sind in der Lage, den Satz „Ich kenne eine Maus, die wohnt in einem —-“ korrekt zu beenden.

Im engeren Sinne gehört dazu das Erkennen von gleichen Anlauten oder  die Fähigkeit, aus den Silben Mau – se – fal – le das Wort Mausefalle bzw. aus den Lauten W-a-l das Wort Wal zusammenzusetzen (und umgekehrt). Oder dass ein Kind, wenn ihm T- isch vorgesagt wird, auf den Tisch zeigt und nicht auf den Fisch. Und erst recht nicht auf den Stuhl. Dies ist schon deutlich schwerer. Es bedeutet jedenfalls, dass ein Kind in der Lage sein sollte, nur die Wortform unabhängig von der Bedeutung des Wortes betrachten zu können.


Ein weiterer Aspekt, der dazu gehört, ist die phonologische Verarbeitung im Arbeitsgedächtnis, sprich: die Merkfähigkeit. Und auch hier kann man sich wieder denken, dass es bei einer geringen Merkspanne schwierig sein sollte, kompliziertere Wortoperationen vorzunehmen wie zum Beispiel die Aufgabe: „Zeig mir „Bengel“, aber hexe vorher bitte das B weg!“ Abgesehen davon, dass das Anlaute-Manipulieren tatsächlich eine der schwierigsten Aufgaben ist, die einem in diesem Bereich begegnen kann, ist es schwer, auf den Engel zu zeigen, wenn man sich schon die Aufgabenstellung bzw. das Ausgangswort gar nicht richtig merken konnte.

Die phonologische Verarbeitung beim Zugriff auf den Wortspeicher ist ein weiterer Punkt. Das kann man z.B. daran erkennen, wie sehr man sich dabei verhaspelt oder vielleicht falsche Wörter sagt, wenn man schnell eine Reihe von Begriffen benennen lässt. Und zuletzt ist es auch wichtig, dass die Verknüpfung zwischen dem Laut mit dem dazugehörenden Buchstaben gut gefestigt ist, die sogenannte Paarassoziation. Es soll Kinder geben, die schlicht Probleme haben, sich den passenden Buchstaben zum passenden Laut zu merken.


Um dieses alles zu trainieren und die Kinder zu unterstützen gibt es einige Programme für Kindertagesstätten, wie zum Beispiel „Wuppi“ und „Lobo vom Globo“ oder die „Mutter aller Trainingsprogramme“, das „Würzburger Trainingsprogramm“ „Hören, lauschen, lernen“. Natürlich habe ich als Logopädin viele therapeutische Spiele und als Dozentin in der Kitaweiterbildung auch Anschauungsmaterial in dieser Richtung da. Weil ich mir aber gedacht habe, dass es doch immer etwas viel verlangt ist, sich gleich irgendwelche teuren Materialien anzuschaffen, sei es als Eltern oder als pädagogische Fachkraft, habe ich irgendwann angefangen, Spielideen, die ich mir entweder selbst ausgedacht hatte oder im Internet fand, einfach mit dem Material umzusetzen, das ich hatte.

Und eines der ältesten Spiele, das ich besitze, das es auch noch zu kaufen gibt, ist das Kinder Memory von Ravensburger. (Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass ich hier in keiner Weise vertraglich mit dem Verlag verbandelt bin –  Und ja, wie auf dem Photo zu erkennen ist, habe ich als Kind darauf wert gelegt, insbesondere ein gewisses Pärchen zu gewinnen: Die markierte Karte ist eine Katze.)

Ich begann, damit zu experimentieren, und machte es mir zusätzlich zur Gewohnheit, wann immer ich mein Seminar über phonologische Bewusstheit irgendwo hielt, allen Teilnehmerinnen die Zeit zu geben, ebenfalls ihre Spielideen miteinander auszutauschen und aufzuschreiben. Mit der Zeit ist dadurch eine recht ordentliche Spielesammlung zustande gekommen, die über den Bereich phonologische Bewusstheit deutlich hinaus geht. Und genau diese Sammlung stelle ich im Folgenden vor. Sie ist sicherlich auch auf andere Spiele übertragbar. Viel Spaß damit!

Ideensammlung für das „Kinder Memory“

Wortschatz und Sprachproduktion

  • Kartenklatschen
  • Bilder benennen
  • In vollständigen Sätzen erzählen, was man sieht: Der Luftballon ist rot. Der Feuerwehrmann löscht das Feuer.
  • Schneller Wortabruf: Normale Memoryregeln. Die gewonnenen Karten werden offen neben jeden Spieler abgelegt. Wer ein neues Pärchen gewinnt, muss so schnell wie möglich alle seine bislang gewonnenen Karten benennen
  • Bilder pantomimisch darstellen, raten lassen
  • Einzahl-Mehrzahl – lässt sich generell gut bei jedem Memoryspiel begleitend einsetzen
  • Sortieren nach Artikeln (gern auf farbigem Papier: blau = der, rot = die, gelb = das)
  • Erklären und Raten: Die Hälfte der Bilder offen auslegen, die andere Hälfte verdeckt stapeln. Abwechselnd eine Karte vom Stapel ziehen, erklären, wie es aussieht, was man damit machen kann… -(ohne den Begriff zu nennen) und erraten lassen
  • Variante: Ich sehe was, was Du nicht siehst…
  • Kategorien bilden: Tiere, was kann man essen, was fliegt, was hängt am Baum, was hat vier Beine, was schwimmt, was wächst, Fahrzeuge…
  • Variante: Finde aus einer Reihe den Gegenstand, der nicht dazu passt (Beispiel Oberbegriff Tiere: Flugzeug – Katze-Eule-Hund)
  • Größe und Gewicht: Was kann ich tragen?
  • Nach Möglichkeiten sortieren: Was kann alles in einem Haus sein? Was gehört nach drinnen, was nach draußen?
  • Was braucht: …ein Schiff? Wasser, … ein Hund? Wasser und Fressen, …die Blume? Wasser und Erde und Sonne
  • Was verbindest du mit dem Bild? Frosch = Froschkönig, Teich…
  • Gegensätze finden: heiß/kalt
  • Adjektive finden, Bilder beschreiben
  • Wortreihen zusammensetzen, auch Quatschwörter: Clowneis, Erdbeerhund,…
  • Ratz Fatz: Erwachsener erzählt eine Geschichte. Die Zielwörter liegen aus und sollen von den Kindern erkannt und aus der Mitte genommen werden.
  • Quatschgeschichten: Jeder Spieler bekommt von jedem Mitspieler eine Karte zugeteilt. Alle erhaltenen Wörter müssen in der Geschichte vorkommen
  • Koffer packen
  • Zicke Zacke Hühnerkacke: Die Hälfte der Karten offen im Außenring als Spielfeld auslegen, die andere Hälfte verdeckt in die Mitte legen. Mit Spielfiguren einen Weg erwürfeln und die Karte, auf der man gelandet ist, in der Mitte versuchen, wiederzufinden
  • zählen

Visuelle Wahrnehmung

  • Farben benennen
  • Variante: von fünf ausgelegten Karten die vier roten Gegenstände heraussuchen
  • Dalli Klick: Pappen ausschneiden, z.B. mit Symbolen in der Mitte. Die Bilder werden damit belegt und zum Teil verdeckt. Raten lassen, was darunter versteckt ist
  • Kim-Spiel: Eine zu steigernde Anzahl von Bildern auslegen. Davon nach einer Weile des Einprägens ein bis zwei der Bilder aus der Mitte entfernen und erraten lassen
  • Kim-Spiel-Variante: z.B. 3 Bilder in die Mitte legen, alle umdrehen: Was lag da? Anzahl steigern
  • Mit den Karten die Formen von Buchstaben auslegen

Hörwahrnehmung und Phonologische Bewusstheit

  • Geräusche produzieren und raten lassen: Die Hälfte der Bilder offen auslegen, die andere Hälfte verdeckt stapeln. Abwechselnd eine Karte vom Stapel ziehen und ein Geräusch produzieren
  • Geräusche vorher mit den Kindern aufnehmen. Abspielen lassen, dann raten
  • Lieder zu den Bildern finden und singen (dazu eignet sich insbesondere auch das „Nanu“-Mitbringspiel von Ravensburger)
  • Reime bilden, auch Quatschreime. Das entsprechende Bild erraten lassen und aus der Mitte sammeln: Ratze – Katze
  • Wettbewerb: Wer findet am schnellsten einen Reim?
  • Wettbewerb: Karten aufdecken – Wer klatscht am schnellsten die Silben?
  • Jeweils zwei Karten zur Auswahl geben und bestimmen lassen, welches länger und welches kürzer ist
  • Mit Bauklötzen, Legosteinen oder ähnlichem die Mengen 1 bis 5 darstellen. Die Bilder anhand der Silbenanzahl von Clown bis Mo – tor – rad – fah – rer sortieren.
  • Wer hat das längste Wort: Alle Bilder auf die Spieler austeilen, Stapel bilden. In jeder Runde geben die Spieler die oberste Karte in die Mitte. Wer das längste Wort bilden kann, gewinnt die Runde. Haben zwei Spieler die gleiche Silbenanzahl, gibt es zwischen den beiden ein Stechen. Wer am Ende den größten Stapel hat, gewinnt.
  • Alle Karten in einem Kreis verdeckt auslegen. Jeder hat eine Spielfigur auf einem eigenen Feld. Man dreht die Karte um, auf der man steht, und geht so viele Felder weiter, wie diese Silben hat. Dabei tritt man nur auf die noch verdeckten Karten
  • Variante: Jedes Kind erhält seine eigene „Bilderleiter“, die es auf diese Art hochklettert. Wer die längsten Wörter hat, ist demnach zuerst oben angekommen und gewinnt.
  • Einen Würfel dazunehmen und je nach Würfelpunkten ein Wort mit der passenden Silbenanzahl heraussuchen. Die 6 ist ein Joker. Mögliches Spielende: Wer zuerst alle 1- 5 Silben gesammelt hat
  • Die Karten statt eines Würfels in einem Brettspiel der Wahl verwenden und pro Silbe ein Feld weiterziehen: Dreht man das Flugzeug um, geht der Spieler zwei vor, etc.
  • Karte ziehen und die Anzahl der Silben auf Teppichfliesen hüpfen lassen. Daraus kann man ein Zielwetthüpfen machen: Wer zuerst ankommt
  • Silben vermischen: schen – lam  – ta – pe, beer – eis – erd, pe – tul, to – wehr – feu – au sollen trotzdem verstanden und herausgesucht werden
  • Sprachmelodie: Wörter verschiedener Silbenanzahl auslegen, vorsummen. „M – m – m“ für Feuwehr, „M“ für Bus sollen trotzdem verstanden und herausgesucht werden
  • Sich zu einer Karte einen Satz ausdenken. „Die Katze klettert eine Leiter hoch“. „Der Hund bellt“. Das Kind soll zählen, wie viele Wörter in dem Satz waren. Eine Handvoll Muggelsteine oder ähnliches zum Darstellen der Anzahl bereithalten
  • Sortierspiel: Anlaute nach dem ABC
  • Anlauterkennung: Generell gleiche Anlaute finden lassen
  • Variante: Bei zwei vorgelegten Karten erkennen lassen, ob sie gleich anfangen oder nicht
  • Variante: 4 Karten auslegen, von denen drei gleich anfangen. Welches gehört nicht dazu? z.B. Schloss – Schiff – Schlange – Maus oder Frosch – Feuerwehr – Hund – Flugzeug
  • Das gleiche mit Endlauterkennung
  • Endlaut-Anlaut-Wörterschlange: An ein Wort, das mit SCH endet, passt ein neues, das mit SCH anfängt: An Schiff passt Fisch, an Fisch passt Schlange, an Schlange passt Erdbeere etc.
  • Von zwei gleich anfangenden Wörtern nur den ersten Laut benennen: Fisch und Feuerwehr beginnen mit F
  • Vokalerkennung: An jeden Spieler 5 Karten austeilen. Einer beginnt, eine Karte in die Mitte zu legen, die nächsten müssen die Vokale bedienen. Katze passt auf Schlange. Wer nicht kann, nimmt eine Karte auf.
  • Variante: Vokalwechsel: Auf Lokomotive passen Wörter mit o, i und e
  • Drei Chinesen mit dem Kontrabass: Vokal aussuchen, alle Wörter damit sprechen. Maas, Aas, Krakadal
  • Nach einem bestimmten Ziellaut suchen, z.B. K, dann Katze, Schnecke etc. zusammentragen. Anschließend sortieren nach Anlaut – Mittellaut – Endlaut
  • Robotersprache: Karten auslegen und beim Benennen den Anlaut vom Reim trennen. Die Kinder sollen erkennen, welches Wort gesagt wurde, K-atze, H-und, Fl-ugzeug… Oder auch den Endlaut abtrennen: Mau-s, Eul-e
  • Robotersprache – erhöhter Schwierigkeitsgrad: Alle Laute voneinander getrennt vorsprechen und erraten lassen, Sch-i-ff, K-a-tz-e,…
  • Spoonerism: Weuerfehr, Schampfdiff, Spegenst, Fotorradmahrer sollen trotzdem verstanden und herausgesucht werden
  • Beide Karten eines Pärchens auslegen, eines der Wörter falsch aussprechen: Schiff oder Siff, Baum oder Paum, Apfel oder Afel. Entscheiden lassen, welches richtig war.
  • Wörter nach Anzahl der Laute sortieren, C-l-ow-n = 4, K-a-tz-e = 4
  • Quatschsuppe: die Karten werden sichtbar ausgelegt, der Spielleiter bestimmt einen Anlaut, z.B. L. Nun wird eine L-Suppe gekocht und alle Anlaute werden durch diesen ersetzt: Losch, Latze, Leuerwehr…
  • Geheimsprache: Seinen eigenen Namen aus den Anfangslauten legen, Gabi= Geldbeutel – Apfel – Baum – Indianer
  • Laute aus dem eigenen Namen wiedererkennen   
  • Laute manipulieren: Karte ziehen und benennen, Anlaut weghexen. Was bleibt?
  • Paarassoziation: Zu einzelnen Karten Laute erfinden oder Silben. Clown = mi, Ballon = la, Feuerwehrauto = ro. Auswendig lernen, dann Reihenfolge vertauschen. Was steht da jetzt? Gern auch die Pärchen doppelt verwenden: ro – mi – la – la – ro – mi

Auditive Merkfähigkeit

  • Bis auf eines alle Bilder in der Mitte benennen. Die Kinder raten, welcher Begriff fehlte. In jeder Runde eine Karte mehr dazunehmen und den Schwierigkeitsgrad steigern
  • Variante: Ein halbes Memoryspiel liegt offen in der Mitte, die andere Hälfte auf einem Stapel. Einer zieht mehrere Karten vom Stapel (Anzahl steigerbar) und „liest sie vor“. Anschließend werden die gehörten Bilder eingesammelt oder mit Muggelsteinen, Holzsteinen etc. belegt.
  • Variante: Alle Karten mischen und auslegen. Einer zieht nacheinander eine Karte nach der anderen und „liest sie vor“. Danach wird sie verdeckt wieder umgedreht. Die Kinder sollen sich Karten und Position merken. Wenn die erste doppelt vorgekommen ist, dürfen die anderen versuchen, sie abzuklatschen
  • Rollbrett-Memory: Die Karten im Raum verteilen und ansagen, welche das Kind auf seiner Runde auf dem Rollbrett (oder einem anderen vorhandenen Verkehrsmittel, z.B. Bobbycar) mitbringen soll. Anzahl steigern.

Ein Dank geht an alle weiteren Ideengeberinnen und Teilnehmerinnen der Seminare „Förderung der phonologischen Bewusstheit als Prävention von Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten“, und „Die Bedeutung des Hörens in der kindlichen Entwicklung“.

Faszination Aussprache

Ich werde sehr oft von Eltern oder Erzieherinnen zwischen Tür und Angel um die Einschätzung der Sprachentwicklung eines Kindes gebeten. Wenn Kinder Probleme mit verschiedenen Lauten haben und ständig falsch verstanden werden, dann machen sich die Angehörigen natürlich Sorgen. Selbstverständlich stelle ich keine Ferndiagnosen, aber es ist durchaus keine Zauberei, nach ein paar gezielten Nachfragen aus den geschilderten Eigenarten schließen zu können, ob genau dieses bestimmte Kind dringend einmal einem Arzt vorgestellt werden müsste, um frühzeitig einer Sprachentwicklungsstörung vorzubeugen. Ich möchte an dieser Stelle gern verraten, woran ich mich bei meiner Entscheidung orientiere, und konzentriere mich auf den Schwerpunkt Ausspracheentwicklung.

Ausspracheprobleme sind tatsächlich die häufigsten sprachlichen Schwierigkeiten, die Kinder zeigen (In einer Studie wurden bei einer Gruppe vier- bis sechsjähriger Kinder 15,1 Prozent als sprachauffällig eingestuft. Dies teilte sich auf in 13,3 Prozent mit Ausspracheproblemen und 1,8 Prozent mit sonstigen Sprachauffälligkeiten). Die differenzierte Steuerung der Sprechmuskulatur muss erst einmal koordiniert werden. Dabei wissen viele durchaus schon um die richtige Aussprache, können diese aber noch nicht bewältigen. Ich hörte einmal einer Erzieherin zu, die ein Kind, das noch gar keine Zischlaute bewältigen konnte, liebevoll in ihrer eigenen Aussprache aufforderte, sie solle doch bitte noch ihre „Nocken“ anziehen. Empört antwortete diese: „Das ist doch keine Nocke! Das ist eine NOCKE!“ Sie konnte Nocken sehr klar von Socken unterscheiden, nur eben noch nicht richtig aussprechen.

Kinder können hierbei Schwierigkeiten bei der Lautbildung (Phonetik), also der Artikulation an sich, oder der Lautverwendung, also der phonologischen Wahrnehmung zeigen. Welche der beiden Ursachen zutrifft – oder sogar beide – ist das, was unter anderem im Laufe einer logopädischen Diagnostik herausgefunden werden muss.

Aussprachestörungen

Barbara Dodd erforschte Aussprachestörungen in Newcastle in Großbritannien und konnte anhand ihrer internationalen Studenten beweisen, dass auf der ganzen Welt ein sprachenunabhängiges Klassifikationsmodell von Aussprachestörungen formuliert werden kann. Annette Fox-Boyer wendete diese Forschung auf die deutsche Sprache an. Als ich vor zwanzig Jahren meine Ausbildung als Logopädin beendete, wurde noch grob zwischen „Dyslalien“ unterschieden, die entweder universell (es sind so viele Laute betroffen, dass das Kind unmöglich zu verstehen ist), multipel (es sind viele Laute betroffen, aber Mama kann es verstehen) oder partiell (bissig: sogar Papa kann es verstehen) sein konnten.

Durch Fox-Boyers Studien seit 1999 wird im Bereich der phonologischen Auffälligkeiten nun zwischen einer verzögerten Entwicklung, einer konsequenten oder inkonsequenten phonologischen Störung unterschieden.

Vorab ein paar Definitionen. Ein Phonem (Laut) ist eine bedeutungstragende sprachliche Einheit, die sich nicht weiter in bedeutungsunterscheidende Einheiten zerlegen lässt. Es kann (phonetische) Varianten bilden, die zum Teil auch dialektal sind (Zungenspitzen- oder Zäpfchen-/r/, korrektes oder gelispeltes /s/). Spreche ich in meiner Muttersprache Friesisch, nenne ich meinen Namen mit einem vorn gebildeten /r/, spreche ich jedoch deutsch, verwende ich eigentlich automatisch das hinten gebildete /r/. Wenn ich es verwechseln sollte, würde das wahrscheinlich niemand wirklich bemerken. Der Inhalt der Aussage bleibt erhalten, egal, für welche dieser Varianten ich mich entscheide. Das Wort an sich wird nicht verändert.

Weicht die Aussprache jedoch phonologisch ab, dann wird entweder die Wortstruktur verändert oder Laute durch andere ersetzt. Wenn ein Kind kein /k/ sprechen kann, wird es dieses häufig durch ein /t/ ersetzen. So kann es nicht nach der „Kasse“ fragen, sondern sagt „Tasse“. Der Inhalt verändert sich – und der Zuhörer landet somit statt im Einkaufsladen plötzlich in der Puppenküche. Eine solche Abweichung von der regelhaften Aussprache wird „phonologischer Prozess“ genannt. In diesem Fall hat das Kind die Aussprache des /k/ (das mit dem Zungenrücken artikuliert wird) zum /t/ vorverlagert, das mit der Zungenspitze lautiert wird – ein Prozess, den viele Kinder im physiologischen Lautspracherwerb zeigen. Mit 3;0 Jahren haben die meisten Kinder diesen Prozess überwunden und können ein /k/ sprechen. Fox-Boyer hat für den Phonemerwerb einsprachig deutscher Kinder folgende Erwerbszeiträume dokumentiert:

Britta Weinbrandt - Praxis für Logopädie - Phonemerwerb im Deutschen

Als erworben gilt ein Phonem, wenn es von 90 Prozent der Kinder einer Altersgruppe in mindestens zwei von drei Fällen korrekt ausgesprochen wird.

Phonetische Störungen/Artikulationsstörungen

Von phonetischen Störungen/Artikulationsstörungen (am bekanntesten ist das Lispeln) sind ca. 5 bis 10 Prozent der ausspracheauffälligen Kinder betroffen. Die Zunge kann bei der multiplen Interdentalität beim Sprechen zwischen den Zahnreihen herausgucken. Dies betrifft alle Laute der 2. Artikulationszone, die hinter dem Zahndamm gebildet werden, wie /l, n, d, t, stimmhaftes und stimmloses s, ts/. Ebenso zählen dazu seitliche Bewegungen der Zunge, die sogenannte Lateralisation, die bei /sch, stimmhaftem und stimmlosem s, ts/ beobachtet wird.

Es muss gefragt werden, ob eine Störung der Mundmotorik vorliegt oder ob das Kind sich eventuell eine falsche Lautproduktionsstelle angewöhnt hat, was auch durch Imitation geschehen kann. Ein solches Phänomen  tritt manchmal auf, wenn ein neues Kind zuzieht, auf das die Liebe fällt, und das diese Angewohnheit zeigt. Das wird dann leicht mal nachgeahmt, damit man auch so cool ist!  Solche Kinder profitieren von der Förderung der Verbesserung der Wahrnehmung und Koordination im Mundraum und allgemein von der Förderung der Mundmotorik.

In meinem Artikel über Mundmotorik stelle ich ein paar Ideen vor, wie die Zungenfertigkeit spielerisch gefördert werden kann.

Phonologische Entwicklungsverzögerung

Die verzögerte phonologische Entwicklung betrifft etwa 50 Prozent der auffälligen Kinder. Sie haben weder mundmotorische Probleme noch Defizite in der phonologischen Bewusstheit. Sie zeigen ausschließlich physiologische phonologische Prozesse, ersetzen jedoch weiterhin Laute, die ihre Altersgenossen zu einem früheren Zeitpunkt bereits erworben haben. Bei ihnen muss man den Grund für die Entwicklungsbremse herausfinden. Sie profitieren jedoch sehr von Hörwahrnehmungsübungen.

Es passiert tatsächlich immer wieder, wenn ich z.B. nach der Diagnostikstunde einem fünfjährigen Kind, das kein /sch/ spricht, erklärt habe, dass es ein „Schlangengeräusch“ macht, wo andere ein „Lokgeräusch“ produzieren, und ich dann Schlange und Lok heraushole und den Unterschied erkläre, dass dann bereits der Knoten platzt. Es ist dann so, als müsste die Wahrnehmung für den Unterschied beider Laute erst angekurbelt werden und beide hätten sich für das Kind vorher gleich angehört. Manchmal kommen diese Kinder bereits in der nächsten Woche wieder und haben das /sch/ spontan umgesetzt. Das ist aber leider nicht die Regel, und viele brauchen deutlich länger dafür.

Annette Fox-Boyer fand in ihren Studien folgende phonologische Prozesse, die demnach physiologisch sind, also altersgemäß zu erwarten:

Britta Weinbrandt - Faszination Aussprache - Über sprachliche Entwicklung

Kinder, die über die angegebenen Zeitpunkte hinaus die geschilderten Prozesse zeigen, entwickeln sich immer noch physiologisch, sie sind jedoch phonologisch verzögert. Erst wenn ALLE Frikative vom Prozess der Plosivierung betroffen wären oder ALLE unbetonten Silben weggelassen würden, dann wäre es nicht mehr physiologisch sondern behandlungswürdig. Viele dieser nur entwicklungsverzögerten Kinder werden von einer Sprachförderung im Kindergarten gut erreicht. Eine Verzögerung von mehr als sechs Monaten gilt allerdings auch hier als signifikant und sollte ärztlich untersucht und logopädisch behandelt werden.

Konsequente phonologische Störung

Es gibt jedoch phonologische Prozesse, die in keiner physiologischen Ausspracheentwicklung vorkommen. Kinder mit einer konsequenten phonologischen Störung zeigen eine Phonologie, die in in mindestens einem Laut unphysiologisch, also sozusagen pathologisch ist. Solche nicht im regelrechten Phonologieerwerb beobachtbaren phonologischen Lautersetzungsprozesse sind z.B.:

  • Vokalveränderungen (Banane→ Bonane) (Veränderte Vokale sind ein generelles Warnzeichen, denn sie deuten sehr häufig auf eine Hörstörung hin)
  • Tilgung betonter Silben (Kanne → Ne)
  • Rückverlagerungen (sind nur bei /sch/ → /ch1/ („ich“) Tisch → Tich physiologisch) (häufig beobachtete pathologische phonologische Rückverlagerungsprozesse sind Tanne → Kanne, Trecker → Krecker, Fisch → Sisch, Ball → Baj, Teller → Tejer)
  • Anlautprozess: Tilgung von Konsonanten am Wort-/Silbenanfang (Kanne → Anne)
  • Silbenverdopplung (Die erste betonte Silbe wird vollständig wiederholt und dadurch wird das Wortende ersetzt: Teller → Tette, Ball →Baba)
  • Ersetzungen durch /h/ sind nur bei /r/ physiologisch (Schule → Hule)
  • Ersetzungen mehrerer Lautgruppen am Wortanfang durch /d/ (hier ist nicht die alleinige Vorverlagerung von /g/ wie in „dedangen“ gemeint, welches für sich genommen physiologisch wäre)
  • Reihenfolgenvertauschungen (Gabel → Bale)
  • Hinzufügungen von Vokalen und Konsonanten (Telefon → Telefron, blau → belau)

Störungen dieser Art zeigen ca. 20 bis 30 Prozent der ausspracheauffälligen Kinder. Wenn mir also ein solcher Prozess bei einem Kind geschildert wird, kann ich zumindest darum bitten, dass die Eltern es beim Kinderarzt oder HNO-Arzt vorstellig werden lassen.

Nie werde ich das Mädchen vergessen, das über ihre Schwester sagte, sie „i‘ au‘ ‚on ein ‚orul’in‘ – ist auch schon ein Vorschulkind“. Das ist dann wirklich keine Zauberei zu erkennen, dass hier der Ausspracherwerb therapeutisch unterstützt werden sollte.

Sehr häufig sind die Betroffenen im Alter von 2 Jahren erstmals als „Late Talker“ aufgefallen. Man hat herausgefunden, dass Kinder, die mit 24 Monaten noch keinen Wortschatz von über 50 Wörtern entwickelt haben und auch noch nicht beginnen, zwei Wörter miteinander zu kombinieren, gegenüber sich unauffällig entwickelnden Kindern ein 20-fach erhöhtes Risiko tragen, eine Sprachstörung zu entwickeln. Die Störungsursache liegt am phonologischen Erkennen und mangelnder Speicherung von Lautmaterial. Sie tragen gleichfalls das Risiko, später eine Lese-Rechtschreibschwäche auszubilden. 60 bis 70 Prozent dieser Kinder haben Legastheniker in der Verwandtschaft und zeigen demnach eine genetische Disposition. Als Vorschulkinder profitieren sie deutlich von Hörwahrnehmungsübungen.

Ich habe in einem weiteren Artikel weitere Informationen und eine umfangreiche Übungssammlung zur Förderung der phonologischen Bewusstheit gesammelt. Durch eine alleinige Sprachförderung im Kindergarten werden Kinder mit einer konsequenten phonologischen Störung ihre massiven Sprachverarbeitungsprobleme jedoch kaum überwinden können und benötigen dringend eine logopädische Therapie. Bei ihnen sind die Grenzen der Möglichkeiten von Sprachförderung im Kindergarten schnell erreicht.

Inkonsequente phonologische Störung

Bei der inkonsequenten phonologischen Störung treten physiologische und pathologische Lautveränderungsprozesse nebeneinander auf. Diese Gruppe macht zum Glück nur ca. 3 bis 5 Prozent der ausspracheauffälligen Kinder aus und ist damit eher selten. Häufig durchlebten die Betroffenen auffällige Schwangerschaften und Geburten, eventuell liegt eine minimale Hirnstörung vor. Die Störung liegt hier auf der Ebene des motorischen Programmierens. Die Kinder sprechen das gleiche Wort mehrfach verschieden aus. Innerhalb eines Benenntests werden von 25 Wörtern mindestens 40 Prozent inkonsequent ausgesprochen. So kann z.B. bei dreimaligem Benennen das Krokodil einmal richtig, einmal als Totodil und einmal als Kokodil bezeichnet werden, oder Wasser als Hatter, Waffer und sogar Laller. Frosch kann Fos, Rosch, Frot oder Fros werden. Es wird deutlich, dass das Kind noch kein System erworben hat, nach dem es phonologisch vorgeht. Dazu kommt meist ein äußerst eingeschränktes Arbeitsgedächtnis. Gleichzeitig haben diese Kinder häufig ein starkes Störungsbewusstsein. Sie sollten frühzeitig umfassend untersucht werden und Hilfe in Form von vielfältig möglichen Therapien erhalten.

Ein paar Worte zum Abschluss

Mir geht es nun nicht darum, den Leser zu einer eigenen Diagnostik bei seinen Kindern anzuregen. Ich weiß selbst, wie kompliziert das ist. Unter anderem die Tatsache, dass nach den Erkenntnissen von Dodd und Fox-Boyer sich die ganze Nomenklatur und auch die therapeutische Vorgehensweise änderte, führte dazu, dass ich mich nur 12 Jahre nach der Ausbildung für den Studiengang „Angewandte Therapiewissenschaft: Logopädie“ entschied. Dort hatte ich das große Glück, von Annette Fox-Boyer als Studiengangsleitung und Dozentin  direkt lernen zu können. Inzwischen fällt es mir nach jahrelanger Einarbeitung natürlich leicht. Aber es braucht eben diese Einarbeitung.

Ich möchte an dieser Stelle lediglich dafür sensibilisieren, dass Ausspracheprobleme bei Kindern unter Umständen sehr starke Auswirkungen auf den Erfolg im Schrifterwerb und die spätere Schullaufbahn haben können, und dass man diese ernst nehmen sollte. Manchmal sind Kinder im Bereich der phonologischen Bewusstheit weiterhin betroffen, selbst wenn sie inzwischen unauffällig sprechen gelernt haben.

Da man als Nichtlogopäde Kindern normalerweise nicht einfach anhört, um welche Art der Ausspracheproblematik oder Störung der phonologischen Bewusstheit es sich handelt, wenn sie Laute miteinander ersetzen (oder eben auch nicht mehr), ist es besonders wichtig, sich Rat und Hilfe zu suchen. Ich rate insbesondere dazu, wenn beim Kind Frustrationen auftreten, weil es nicht verstanden wird. Hier gilt: Je früher, desto besser. Die gute Nachricht ist: Je nach Studie sind nur 6 bis 15 Prozent der Kinder einer Altersgruppe überhaupt von Sprachentwicklungsstörungen betroffen!

Spaß verbreiten mit mundmotorischen Übungen für Kinder

Die Zungengeschichte von der Maus

Wenn es eine Sache gibt, die ich in meinen Kita-Seminaren als „Renner“ bezeichnen könnte, dann ist es meine Mundmotorikgeschichte. Ich führe sie meistens vor, wenn es um das Thema Sprachförderung (aber auch um Stimmprävention) geht. Wie mir zurückgemeldet wird, ist sie ist zum beliebten Spiel im Morgenkreis geworden.

Mundmotorische Übungen sind inzwischen selbst unter Logopäden umstritten. Ihre Wirksamkeit ist offenbar noch nicht in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen worden. Bei den meisten Ausspracheauffällgkeiten handelt es sich um phonologische Hörwahrnehmungsprobleme, sodass die Kinder von differenzierenden Lautwahrnehmungsübungen profitieren. In meinem Artikel „Faszination Aussprache“ habe ich ausführlich darüber geschrieben.

Mundmotorische Übungen werden also eher bei Kindern mit phonetischen Störungen eingesetzt, also den klassischen Artikulationsstörungen, bei denen die Zunge etwas anderes macht, als sie soll. Lispeln zum Beispiel. Es hilft auch bei bei Störungen des orofacialen Gleichgewichtes, also eines Ungleichgewichtes in der Gesichtsmuskulatur, weil hier gleichzeitig die Förderung der sensorischen Wahrnehmung, die Förderung der Koordination im Mundraum sowie die Förderung der Muskelfunktionen von Lippen, Zunge, Wangen- und Kaumuskulatur und dem Gaumensegel angesprochen werden.

Ich halte es so damit: Zungenturnspiele machen Spaß, also biete ich sie an und verschenke sie an meine Patientenkinder als Spiele im Hausaufgabenordner. Nebenbei benutze ich sie, um mir einmal die Situation beim einzelnen Kind entspannt anzugucken. Für mich gehört das Erzählen dieser Geschichte also zu meiner persönlichen Diagnostikroutine.

Laut Wolfgang Wendlandts Klassiker „Sprachstörungen im Kindesalter“ sollte ein Kind bereits am Ende des ersten Lebensjahres in der Lage sein, den Mund überwiegend geschlossen zu halten, seinen Speichel hinunterzuschlucken und den Löffel mit Zunge und Lippen abzulecken.

Die Realität sieht sehr oft anders aus.

Und es handelt sich hier durchaus nicht um eine Luxusangebot. Dies kann ich verdeutlichen, indem ich mir angucke, was denn eigentlich eine der Folgeauswirkungen einer nicht gut ausgereiften Mundmotorik ist:

Die Mundatmung.

Struck und Mols beschreiben in „Atem-Spiele“, was passieren kann, wenn ein Kind nicht lernt, durch die Nase zu atmen.

Da es zu Haltungsschäden durch die vernachlässigte oder behinderte Übung der Atemmuskulatur kommt, kann es zu Fehlformen der Wirbelsäule führen. Das habe ich in meiner Praxis schon gesehen.

Der Lymphfluss wird durch mangelnde Nasenbenutzung und pathologisches Schluckmuster nicht genügend angeregt, deswegen kommt es zu Lymphstau im Gesichtsbereich – was dann dazu führt, dass die Kinder durch ihre eingeschränkte Mimik etwas verlangsamt wirken und automatisch in die falschen Schubladen gesteckt werden.

Bedingt durch mangelnde Belüftung der Verbindung zum Mittelohr sammelt sich Schleim im Mittelohr, was wiederum die Hörfähigkeit einschränkt – und das ist bekanntlich der Killer jeglicher Sprachentwicklung und das erste, das bei jedem auffälligen Kind ausgeschlossen werden muss.

Unsere Atmung hat noch dazu die ganz wichtige Funktion, die Organtätigkeit anzuregen, und so kann es durch die verminderte Zwerchfelltätigkeit zu Darmträgheit und einem Blähbauch kommen, wenn diese massierende Wirkung auf Magen und Darm entfällt. Ein weiterer Faktor kann sein, dass zu wenig Kauarbeit geleistet wird und die Nahrung nicht genügend zerkleinert wird.

Es geht noch weiter.

Flache Atemweise führt zu Luftnot beim Sprechen und Singen, sodass stimmliche Fehlfunktionen entstehen und Stimmprobleme auftreten können. Dabei entsteht eine mangelnde Sauerstoffversorgung des Organismus, was Konzentrationsstörungen auslöst.

Schon überzeugt?

Es gibt schon ganz einfache Pusteübungen und Saugübungen. Die Arbeit mit Kindern darf sich für die Kinder nie wie Arbeit anfühlen. Ich verpacke also das meiste in Spiele – und kann nach drei Jahrzehnten im Feld der Logopädie inzwischen jedes Spiel irgendwie sinnvoll zum Erreichen eines Therapieziels umfunktionieren. Dabei bin ich ein großer Fan davon, bereits bestehendes Material zu verwenden.

So ist mein Artikel über die von mir zusammengetragenen Einsatzmöglichkeiten des Kinder Memory zur Förderung der Vorläuferfähigkeiten des Lese-Rechtschreiberwerbs mein bislang erfolgreichster Artikel gewesen.

Zur Förderung der mundmotorischen Fähigkeiten ist eine ganz beliebte Methode das Ansaugen von Gegenständen mit dem Strohhalm. Es dient nicht weniger als der Tonisierung und Kräftigung der Wangen-, Lippen- und Zungenmuskulatur, der Stärkung des Gaumensegels und der Aktivierung des Zwerchfells. Das empfohlene Mindestalter liegt hier bei vier Jahren.

Auch gilt es, dabei ein paar klitzekleine Regeln einzuhalten. Thoenes beschreibt in „Mundmotorik-Training rund ums Jahr“, wie wichtig es zum Beispiel ist, dass der Strohhalm sich in der Mitte der Lippen befindet, dass der Strohhalm mit den Lippen und nicht den Zähnen gehalten wird, dass das Kind eine lockere Lippenspannung aufweist, dass auf eine ökonomische Atmung geachtet wird, um Hyperventilation zu vermeiden, dass eine möglichst aufrechte Körperhaltung eingehalten wird, um die Atmung nicht zu beeinträchtigen.

Noch Fragen?

Wenn nicht: Schnappt euch euer Quips oder Colorama oder andere Spiele, die mit dem Einsetzen von Formen zu tun haben – und saugt sie, anstatt die Hände zu nehmen, einfach mal mit dem Strohhalm an. Viel Spaß!

Aber ich hatte versprochen, mich zu trauen, meine Mausgeschichte vorzumachen.

Hier ist sie nun:

Die Geschichte von der Maus

Es ist morgens, 7 Uhr. Unsere Maus hat verschlafen. Hier schläft sie:

Zunge liegt auf dem Schlafplatz am Gaumen hinter dem Zahndamm

Plötzlich wacht sie auf. Sie läuft zum Fenster und gähnt erst einmal

Offener Mund

und schaut rechts und links heraus.

Zunge rechts/links aus dem Mund

Doch weil sie nicht genug sehen kann, steigt sie auf das Balkongeländer und läuft dort hin und her,

Zunge leckt Unterlippe ab

... um zu sehen, was draußen passiert. Weil das Wetter so schön ist, flitzt sie vor lauter Freude noch einmal um den Fensterrahmen herum – Und noch einmal anderen Weg herum!

Oberlippe ablecken

Da bekommt die Maus Lust, einen Spaziergang zu machen. Sie läuft ganz schnell aus dem Haus.

Zunge gerade herausstrecken

Doch kaum ist sie draußen, fällt ihr auf, dass sie ihre Sonnenbrille vergessen hat. Sie fährt mit dem Fahrstuhl wieder hoch – aber der spinnt.

Lifteln: Zunge im Mund jeweils hinter den Schneidezähnen rauf und runter

Endlich ist sie im zweiten Stock, Sonnenbrille holen.

Zunge zur Nase

Dann holt sie sich noch aus dem Keller etwas zu trinken.

Zunge ans Kinn

Sie wirft die Tür zu und – oh nein! Jetzt hat sie sich die Pfote eingeklemmt!

vorsichtig auf die Zunge „beißen“

Tat aber nicht weh! Die Maus kommt auf ihrem Spaziergang zuerstzum Spielplatz. Dort steigt sie auf die Wippe

Zunge raus, rauf und runter

… und fährt Karussell.

Lippen mit der Zunge umfahren

Und weil es so schön war, nochmal anderen Weg herum!

Lippen mit der Zunge anders herum umfahren

Dann macht sie noch vor lauter Freude einen Handstand.

Zunge an den Gaumen hinter den Zahndamm

Die Maus geht weiter und trifft unterwegs eine andere Maus. Die beiden lächeln sich an.

Lippen breitziehen

„Hallo, willst du nicht mit mir spazieren gehen?“ Doch die andere Maus hat ein Gipsbein und kann nicht gut gehen. Sie humpelt nur.

Schnalzen

Immerhin lässt sie sich auf eine Runde Ping-Pong ein.

Zeigefinger an beide Wangen halten, die Zunge hüpft in
den Wangentaschen hin und her, dabei stößt sie sich jeweils ab

Die beiden geben sich zum Abschied einen Kuss

Lippen nach vorne stülpen

und winken sich aus der Ferne noch einmal zu.

Zunge rausstrecken und schnell hin und her bewegen

So geht unsere kleine Maus allein weiter. Sie klettert auf einen Berg

Zunge an die Nase

… und taucht im Bach nach Fischen.

Zunge ans Kinn

Dort plappert sie eine Weile mit ihrem Kumpel, dem Karpfen

Fischmaul, Lippen vorgestülpt auf und zu

… und ihrer Freundin, der Ente.

Wangen einziehen, vorgestülpte Lippen auf und zu

Als sie wieder rausklettert, wartet da schon eine Katze und faucht sie an.

Fauchen

Unsere Maus pfeift vor lauter Angst.

Pfeifen

Dann fasst sie allen Mut zusammen.

„Bäh!“ – Zunge raus

Jetzt muss sie sich retten, und zwar so:

Lippenflattern

Danach will sie nur noch nach Hause und macht sich wieder auf den Heimweg. Unterwegs muss sie noch durch einen Tunnel.

Lippen nach vorn stülpen

Achtung, da kommt ein Zug!

SCH SCH SCH

Unsere Maus versucht ihn wegzupusten.

Pusten

Klappt aber nicht. Zu Hause angekommen, hat sie dann großen Hunger und isst sich ganz rund und dick.

Achtung schwer: Zungenspitze abwechselnd breit und spitz machen

Ein Nachtisch passt auch noch rein.

Wangen aufblasen

Noch schnell den Rest abschlecken.

Lippen im Kreis ablecken

Da ist noch was!

Richtungswechsel

Immer noch!

Unterlippe über Oberlippe, Oberlippe über Unterlippe im Wechsel

Jetzt erst einmal vernünftig waschen

Gesichtsmassage

… und Zähne putzen.

Mit der Zunge rundherum die Zähne ablecken, außen und innen, Richtungswechsel

Danach sucht sie sich ein schönes Schlafplätzchen

Zunge in rechte und linke Wangentasche

… und deckt sich gemütlich zu.

Lippen einziehen über die Zähne („Opamund“)

Sie erinnert sich daran, wie aufregend ihr Tag war und bricht in ein Freudengeheul aus.

Zunge bewegt sich zwischen den Lippen auf und ab, „bdlbdlbdl“

Dann legt sich wieder hin zum Schlafen.

Zunge liegt oben am Schlafplatz hinter dem Zahndamm

Gute Nacht, Maus!

Mein Dank geht an alle ideengebenden Mithelfende!

Zum ersten mal ist mir eine sehr kurze Version dieser Geschichte bei Urike Franke in „Artikulationstherapie bei Vorschulkindern“ begegnet. Und da ich wiederum sehr vielen kreativen pädagogischen Fachkräften und phantasievollen Kindern begegne, wächst die Geschichte eigentlich immer noch weiter.

Ich habe es aktualisiert auf die neueste Version aus dem Februar 2025.

Wer mir also noch gern eine Erweiterung schenken möchte, oder die Geschichte für den Einsatz mit eigenen Kindern als pdf-Datei erhalten möchte (denn es geht natürlich nicht darum, mein Video zu zeigen, sondern es selbst zu machen!!!), nutze bitte unkompliziert mein Kontaktformular.

Viel Spaß beim Nachmachen!

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    Informationen über hochbegabte Kinder und Underachiever

    Kindern mit besonderen Begabungen oder hochbegabten Kindern werden häufig besondere Eigenschaften zugeschrieben, wie zum Beispiel ein ungewöhnlicher großer Wortschatz, ein eigenmotivierter früher Schriftspracherwerb und zu wenig Schlaf.

    Auch, wenn es unzählige Erscheinungsformen von Hochbegabung gibt, kann die Beschäftigung mit diesen typischen Eigenschaften einen ersten Hinweis geben, wenn der Verdacht besteht, dass ein Kind sich anders entwickelt als seine Altersgenossen. Zum Einstieg in das Thema gibt es diverse Checklisten, beispielsweise diese von der Psychologischen Praxis Beratrain. Hanna Vock nennt passend dazu in ihrem Handbuch Hochbegabtenförderung in Kindertagesstätten anschauliche Beispiele von Kindern.

    Es gibt es bundesweit zur Zeit ca. 250.000 hochbegabte Schulkinder. 69 Prozent aller Hochbegabten zeigen sich „sozial unauffällig“. Im Umkehrschluss wären somit 31 Prozent in irgendeiner Art auffällig. Die Gruppe der Kinder, deren vorhandenes Potenzial sich nicht automatisch in Leistung umsetzt, wird auf zwölf Prozent der Hochbegabten geschätzt. Dieses Phänomen wird auch als Underachievement bezeichnet (erwartungswidrig schlechte (Schul)leistung). Bei Underachievern besteht eine Diskrepanz zwischen dem hohen geistigen Potenzial und der gezeigten Schulleistung. Sie werden allgemein und insbesondere von Lehrkräften selten in ihrer Begabung erkannt. Die Geschlechterverteilung wird mit mindestens 2:1 Jungen:Mädchen angegeben. Unterschiedliche Begabungskonstellationen sind höchst individuell zu betrachten. Entwicklungsprozesse und Veränderungen sind durch neue Impulse und Modifikationen möglich. Eine umfangreiche Diagnostik ist nötig, um entsprechend fördern zu können.

    Britta Weinbrandts Bachelorarbeit zu Elternberatung von hochbegabten Kindern - Intelligenzkurve

    Die Messung eines Intelligenzquotienten von mindestens 130 in einem Intelligenztest ist das am häufigsten verwendete Hochbegabungskriterium und die präferierte Möglichkeit, Hochbegabung zu diagnostizieren. Statistisch betrachtet entspricht dies circa zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. Bei diesem Kriterium wird von einer nachgewiesenen allgemeinen geistigen Disposition ausgegangen, die über ein Talent in einem spezifischen Bereich hinausgeht. Eltern, die eine besondere Begabung bei ihrem Kind vermuten, sollten im Falle von auftretenden Schwierigkeiten eine Intelligenztestung anstreben, z.B. in einer psychologischen Praxis, sozialpädiatrischen Zentren oder Erziehungsberatungsstellen. Bereits eine erfolgte Diagnose ermöglicht die Sicht und Einstellung der Angehörigen auf ihre Kinder zum Positiven zu verändern.

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hochbegabung nicht mehr nur in Bezug auf Leistung, sondern als individuell angelegtes besonderes Potenzial gesehen wird, das es durch Schaffen passender Umweltbedingungen herauszufordern gilt.


    Hochbegabte Kinder unterscheiden sich erst einmal nicht von anderen. Die Hochbegabung kann jedoch als Schutzfaktor gegen negative Entwicklungen gelten. Allerdings gibt es besondere Risikogruppen. Dazu zählen hochbegabte Mädchen, verhaltensauffällige Kinder, Migrantenkinder und Underachiever. Darüber hinaus können auch bei Hochbegabten Teilleistungsstörungen oder Behinderungen auftreten. Wenn diese Kinder keine Leistung zeigen, ist die Gefahr groß, dass sie gar nicht erst als hochbegabt erkannt werden. Die drei am häufigsten genannten Schwierigkeiten, die mit einer Hochbegabung einhergehen können, sind eine spezifische Lernbehinderung, ADHS und Autismus.

    Mögliche Problembereiche hochbegabter Kinder

    Die folgende, von mir um ein paar Punkte erweiterte Liste ist einer Studie von Anna J. Wittmann entnommen, die die Beratungsbedarfe von Eltern untersucht hat, die sich an die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind gewendet haben. 

    Britta Weinbrandt - Bachelorarbeit zu Elternberatung von hochbegabten Kindern - Problembereiche hochbegabter Kinder

    Im Bereich Anforderung und Leistung nimmt das Underachievement die wichtigste Rolle ein. Es unterliegt einem sehr individuellen Bedingungsgefüge. Bereits schulische Unterforderung kann mit einhergehender Langeweile und Verlust der Lernmotivation ursächlich für Lernschwierigkeiten sein. Viele hochbegabte Kinder verfügen zudem über nur mangelnde Lern- und Arbeitstechniken, da ihnen aufgrund hoher Auffassungsgabe Lerninhalte häufig in der Grundschule noch zufliegen und sie erst in späteren Klassen feststellen, dass sie keine Strategien erworben haben. Bei höherer Komplexität kommt es schließlich zu Defiziten, die in einer Verschlechterung der Schulleistungen münden. Ausgeprägte Vermeidungs- und Verweigerungsstrategien können die Folge sein. Diese Entwicklung kann in Teufelskreise führen: Wenn Underachiever aufgrund geringer Anstrengung schlechte Noten erhalten, sinkt ihr Selbstwertgefühl. Gute Noten werden von ihnen als Glück betrachtet und nicht als Belohnung eigener Leistung, was bedeutet, dass die Kinder keine Selbstbestätigung erhalten.

    Auch der besondere Perfektionismus dieser Kinder kann, gepaart mit hohem Selbstanspruch, Angst vor Fehlern, geringer Übungsbereitschaft und geringer Frustrationstoleranz, zum Problem werden. Sie können so genaue Vorstellungen von den Werken haben, die sie planen, dass sie beispielsweise beim ersten Scherenschnitt oder Pinselstrich aufgeben und nie wieder einen zweiten Versuch starten, weil sie nicht ihren eigenen Ansprüchen genügen. So fühlen sie sich zunehmend den Anforderungen nicht gewachsen. Aufgrund der entstehenden Prüfungsangst erhalten sie wiederum schlechte Noten. Das Selbstwertgefühl der Underachiever sinkt weiter und ein neuer Teufelskreis beginnt. Die Kinder werden unzufrieden und halten sich für unbeliebt. Durch die emotionalen Probleme sinkt die Impulskontrolle und sie zeigen abweisendes und aggressives Verhalten, ebenso kann es auch zu geistesabwesendem, aufsässigem, angepasstem oder ignorantem Verhalten Unterforderter kommen. Verhaltensauffälligkeiten lassen wiederum die soziale Anerkennung sinken, wodurch das Selbstwertgefühl weiter beeinträchtigt wird. Der Teufelkreislauf beginnt erneut.

    Britta Weinbrandt - Bachelorarbeit zu Elternberatung hochbegabter Kinder - Teufelkreis Underachievement

    Für den Bereich Logopädie ist die Tatsache wichtig, dass die doppelt außergewöhnlichen Kinder ausgeprägte Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten (LRS) haben können. Diese treten bei fünf bis zehn Prozent aller Schulkinder auf, wobei die Fertigkeiten gemessen an Alter, Intelligenz und Beschulung deutlich unter der zu erwartenden Leistung liegen. Hochbegabte denken häufig zu schnell, so dass die Feinmotorik der Hand nicht nachkommen kann. Ihre Fehler zudem häufig „durchdachter“ als die anderer Kinder. So können sie bei Anwendung der häufig vermittelten Regel, dass Anfassbares groß geschrieben werde, das Wort „Ofen“ im Winter als „ofen“ schreiben – denn dann ist das Anfassen ja gefährlich. Die Schwierigkeiten können sich bis zu einer generellen Schreibverweigerung auswachsen, was wiederum in die oben dargestellten Teufelskreise führen kann. Darüber hinaus werden Anpassungsleistungen hochbegabter Kinder beschrieben, die bis zur Umstellung der angeborenen Händigkeit gehen und trotz Begabung zu ausgeprägten Lernstörungen führen können.

    Die Probleme im zwischenmenschlichen Bereich können daraus entstehen, dass hochbegabte Kinder aufgrund ihrer Andersartigkeit einem erheblichen Spannungsfeld ausgesetzt sind. Oftmals können sie wegen Interessensunterschieden und Entwicklungsvorsprüngen mit Altersgenossen keine angemessenen Freundschaften eingehen. Isolation kann die Folge sein. Auch wird, wer anders ist, leicht zum Opfer. Daher ist Mobbing ein Thema, das bei hochbegabten Kindern behutsam beobachtet werden sollte. Hierbei kommen die hochbegabten Kinder nicht nur als Opfer, sondern auch als mögliche Täter in Frage. Denn wenn sie beispielsweise in nicht fruchtenden Anpassungsversuchen eigene Wünsche unterdrücken, so dass sich psychosomatische Symptome entwickeln, die schließlich in einen Rückzug führen, können sich depressive Symptome dann so verstärken, dass die Kinder schließlich rebellieren. Aggressivität ist somit als Ausdruck einer Enttäuschungsspirale erklärbar. Solche negativen Verhaltensweisen stellen jedoch für nicht geförderte Hochbegabte auch einen stimulierenden Zeitvertreib dar.

    Auch Konflikte in der Familie treten auf, und dies nicht nur im Falle einer negativen Entwicklung. Ständige Fragen, Kritik und Hinterfragen der Eltern durch ihre hochbegabten Kinder sowie deren hoher Anspruch auf Individualität und Selbständigkeit können bereits zu beachtlichen Auseinandersetzungen in den Familien führen. Eltern müssen die häufig asynchrone Entwicklung verstehen lernen und beispielsweise mit dem hohen Energielevel ihrer Kinder zurechtkommen. Ein hochbegabtes Kind kann auch in der elterlichen Beziehung Probleme bereiten.  Auch von Nachbarschaftsproblemen wird berichtet. Für die Kinder besteht eine weitere Belastung durch Etikettierung, beispielsweise als „notorischer Besserwisser“.

    Im Falle der verfehlten Leistungsmotivation kann es zu regelrechten Kämpfen um die Hausaufgaben kommen. In der Schule kann es durch unermüdliches Nachfragen, Unterrichtsstörung bis zum Clownverhalten oder Nebenbeschäftigungen bis hin zum Abschalten zu Konflikten mit Lehrern kommen.

    Im innerpsychischen Bereich erscheint die Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) als maßgeblich, die bei bis zu 17,8 Prozent aller Kinder gestellt wird. Bei Hochbegabten ist ADHS jedoch umstritten. Einige Autoren halten die Diagnosestellung bei Hochbegabten für gerechtfertigt. Andere beschreiben gar die Behandlung von Kindern, die die Diagnosen Hochbegabung, Autismus und ADHS in sich vereinen. Viele jedoch erwähnen jedoch eine mögliche Überlappung der ADHS-Symptomatik mit bestimmten Charakteristika der Hochbegabung, die zu einer ADHS-Fehldiagnose führen können: Hochbegabte Kinder zeigen demnach Unaufmerksamkeit eher in nicht herausfordernden Lernsituationen, während „echte“ ADHS-Symptome typischerweise unabhängig von der Umgebung auftreten. Viele der ADHS-Kinder weisen eine höhere Kreativität auf.

    Viele Hochbegabte sind zudem von Hochsensitivität betroffen, sprich eine schnellere, tiefere und feinere Verarbeitung der Sinneswahrnehmung. Die Betroffenen haben deutlich niedrigere Reizschwellen und sind übererregbar. Somit besteht das Problem der Reizüberflutung. Hochbegabte Kinder erleben ihre Umwelt und ihre Gefühlsregungen potenziert und weisen gleichzeitig eine geringere emotionale Stabilität auf.  Häufig wird jedoch übersehen, dass die emotionale Reife altersgemäß sein kann, jedoch in ihrer Diskrepanz zur kognitiven Entwicklung dazu unreif wirkt. Kinder schaffen es, sich woanders angepasst und ruhig verhalten, um dann zum Leidwesen ihrer Familien zu Hause die Spannung abzulassen. Mehr Informationen zu diesem Thema finden sich in meinem Blog über Hochsensitivität.

    Erhöhte nervliche Erregung, insbesondere wenn der Betreffende nicht weiß, woher diese nervliche Erregung kommt, kann zu erhöhter Unsicherheit und Ängstlichkeit führen. Angst ist immer geprägt durch einen körperlichen Anteil wie Herzklopfen und Schwitzen, einen gedanklichen, gefühlsmäßigen Anteil, beispielsweise der Vorstellung, sterben zu müssen, und einen Verhaltensanteil, zum Beispiel Flucht. Sie kann Kinder in ihrem Funktionieren äußerst beeinträchtigen und blockieren. Ebenso treten psychosomatische Beschwerden in Kombination mit vielen Störungsbildern auf. Spannungskopfschmerzen, Migräne, Bauchschmerzen bis hin zu Bettnässen und Tics werden daher häufig geschildert.

    Im schlimmsten Falle endet eine solch negative Entwicklung in Suizidalität. Die Kinder und Jugendlichen sehen keinen Ausweg mehr. Diese anschauliche Verdeutlichung möglicher Leidenswege hochbegabter Kinder stammt von Rahe:

    Britta Weinbrandt - Bachelorarbeit zur Elternberatung hochbegabter Kinder - Leidensweg hochbegabter Kinder nach Rahe

    Um eine solche Negativspirale zu verhindern, erscheint es außerordentlich wichtig, Entwicklungsauffälligkeiten jeglicher Art ernst zu nehmen und ihnen auf den Grund zu gehen.

    Hinweise zur Förderung hochbegabter Kinder

    Um im individuellen Fall einer positiven Entwicklung weiter förderlich sein zu können, gibt es eine Auswahl (therapeutischer) Hilfsmöglichkeiten und auch bestehender Hilfsorganisationen, an die man sich zwecks weiter führender Beratung und Intervention wenden kann:

    • Einen besonders wichtigen Schritt stellt die Anregung zur Ausübung eines selbst gewählten Hobbys dar, in dem die Kinder ihre Stärken spüren und positive Erfahrungen machen können. Hier kann es vorkommen, dass manche Kinder sich einen recht gefüllten Wochenplan aussuchen, andere verweigern sämtliche Angebot, die ihnen gemacht werden.
    • Jutta Billhardt vom Verein Hochbegabtenförderung riet hochbegabten Kindern generell aufgrund der häufig beobachteten motorischen und emotionalen Asynchronien zur Durchführung einer Ergotherapie. Diese gibt es in Gruppen- oder Einzeltherapien, die die Förderung der fein- und grobmotorischen Körper- und Bewegungsplanung und -Koordination zum Ziel haben. Auch hier kann die Entwicklung allgemeiner Arbeits- und Lerntechniken stattfinden, ebenso die Förderung der Kreativität im Sinne von Problemlösungsverhalten und Entwicklung von Anpassungsstrategien. Die Kinder können in eigenen Aufgaben zielbewusst auf ein (gemeinsames) Ergebnis oder Produkt hinarbeiten, Teamfähigkeit erwerben und Freundschaften schließen, um dadurch Selbstvertrauen und Handlungkompetenz zu erlangen. Unter Umständen, wenn beispielsweise starke motorische Unsicherheiten und ein angestrengtes Schriftbild beobachtet werden, empfiehlt sich eine Händigkeitsberatung.
    • Im Bereich der Physiotherapie bieten sich beispielsweise Psychomotorikkurse und die Förderung der sensorischen Integration an. Der Verlauf des neuromotorischen Aufrichtungsprozesses und eventuell vorhandene Ersatzmotorikmuster beziehungsweise persistierende frühkindliche Reflexe sollten abgeklärt werden. Ihre Therapie ist aus der Vojta-Therapie begründet. Auch die Durchführung einer Bobath-Therapie käme der Forderung von Billhardt um Unterstützung der motorischen Entwicklung entgegen.
    • Das Erlernen von Entspannungstechniken erscheint zum Abbau von Sekundärsymptomatiken sinnvoll.
    • Die Durchführung einer Gesprächspsychotherapie oder eine kognitiv-verhaltenstherapeutische Intervention ist zum Beispiel in Fällen depressiver oder verhaltensauffälliger Entwicklung ebenfalls angebracht. Psychologische Hilfen können kind- oder familienzentriert angedacht werden.
    • Erziehungsberatungsstellen und Schulpsychologische Dienste stehen zur Verfügung. An den Kultusministerien der Länder gibt es Ansprechpartner und Beratungslehrer für die verschiedenen Schulformen. Weitere regionale Beratungsstellen finden sich, häufig an den lokalen Universitäten und Universitätskliniken. Und auch die beiden großen Elternverbände führen Beratungen durch: Der Hochbegabtenförderung e.V. bietet zudem spezielle Förderkurse für hochbegabte Kinder und die DGhK organisiert regionale Elterntreffen sowie bundesweite Familientreffen.
    • Es gibt spezielle Schulen, die sich auf die Hilfe hochbegabter Kinder spezialisiert haben. In Hamburg sind dies die Brecht-Schule, die hochleistende Kinder aufnimmt, und die OKO Private School Talent-Schule Hamburg, die sich in einem einzigartigen Konzept zusätzlich auch der Underachiever annimmt.
    • Generell erscheint es sinnvoll, Kontakt zu anderen Betroffenen aufzunehmen. Eltern werden entlastet, wenn sie im Austausch mit anderen erfahren, dass sie mit den Herausforderungen, mit denen sie durch die Andersartigkeit ihrer Kinder konfrontiert sind, nicht allein sind. Die Vorurteile, die einem mit hochbegabten Kindern begegnen können, sind nicht zu unterschätzen. Viele denken, dass Eltern sich für etwas Besseres halten oder dass sie ihre Kinder dressieren, Stichwort Tenniseltern oder Helikoptereltern.

    Insoo Kim Berg und Therese Steiner formulieren Vorannahmen darüber, was Eltern und Kinder sich im Umgang miteinander wünschen: Eltern wollen stolz auf ihr Kind sein und einen guten Einfluss auf ihr Kind haben, sie möchten positive Dinge über es hören und wissen, was ihr Kind gut kann. Sie wollen ihm eine gute Ausbildung und Erfolgschancen eröffnen und sehen, dass die Zukunft ihres Kindes gleich gut oder besser sein wird, als die ihrige war. Außerdem wünschen sie sich eine gute Beziehung zu ihrem Kind. Kinder wiederum möchten, dass ihre Eltern stolz auf sie sind, sie wollen ihre Eltern und andere Erwachsene erfreuen und akzeptierter Teil des sozialen Kontextes sein, in dem sie leben. Kinder wollen neue Dinge lernen, aktiv sein und an Aktivitäten anderer teilhaben, sie wünschen sich, dass sie ihre Meinungen und Entscheidungen artikulieren und eine Wahl treffen können, wenn sich ihnen die Gelegenheit dazu darbietet.

    Die tatsächliche Situation, in der hochbegabte und hochsensitive Eltern und Kinder sich befinden, führt jedoch dazu, dass sie von anderen sehr oft schräg angeguckt werden, da sie die Kinder sich vielfach unerwartet verhalten und in kein Raster gesteckt werden können. Viele Menschen sind nicht sensibilisiert für die Probleme, die hochbegabte Kinder erleiden können. Und im Kontakt mit anderen bleiben diese Ressentiments meist unausgesprochen, welches Begegnungen für die Eltern mitunter schwierig machen kann. Es ist insbesondere für Kinder eine furchtbare Erfahrung, Ablehnung zu erfahren, die sich auf das Wesen der Kinder an sich bezieht. Ich möchte an dieser Stelle gern ein Plädoyer über die Einzigartigkeit von Kindern halten und verdeutlichen, dass Kinder sich ihre Gedankenwelt nicht aussuchen können. Niemand entscheidet sich dafür, sich mit den Dingen zu beschäftigen, mit denen er sich beschäftigt, vor allem nicht als Sechsjähriger in der heutigen Welt. Kinder brauchen von uns Antworten, mit denen wir ihnen zeigen, dass wir sie ernst nehmen.

    Insbesondere Donata Elschenbroich hat sich mit ihrer Zusammenfassung des „Weltwissen der Siebenjährigen“ sehr eingehend damit beschäftigt und den Entwurf einer ersten Liste gewagt.

    Ich kenne unzählige Familien, die nur mit gleichermaßen Betroffenen überhaupt über das Thema reden können. Ich hatte daher aufgrund meiner eigenen Erfahrungen das Bedürfnis, mich mit Eltern, Angehörigen und pädagogischen Fachkräften sowie meinen Berufskollegen über unsere Erfahrungen auszutauschen, damit wir dem, was auf uns zukommen kann, bestmöglich begegnen können. So entstanden die Seminare „Hochbegabte Kinder – eine Herausforderung im pädagogischen Alltag“ und „Hochbegabte Kinder in der logopädischen Therapie“.

    Seit September 2017 biete ich zusätzlich über die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e.V. einen Gesprächskreis Hochbegabung und Hochsensitivität in Güster an, der sich monatlich trifft, zur Zeit online. Hier können nach dem Motto „Anders zu sein ist auch irgendwie normal… wenn man sich mit Anderen zusammentut!“ auf Wunsch der Teilnehmer verschiedenste Themen angesprochen werden, wie:

    • individueller praxis- und lösungsorientierter Austausch in lockerer Runde
    • Klärung von Fragen und Informationen rund um die Themen „Hochbegabung“ und „Hochsensitivität“
    • Verbesserung von Beziehung und Kommunikation
    • Chancen und Risiken der Entwicklung (Motivation und Selbstwirksamkeit)
    • Forder- und Fördermöglichkeiten
    • Beschäftigung mit Fachliteratur

    Die Texte wurden größtenteils meiner 2012 entstandenen Bachelorarbeit „Hintergründe und Praxis der Elternberatung in der logopädischen Therapie hochbegabter Kinder“ aus dem Studium der Angewandten Therapiewissenschaften entnommen. Dort sind ebenfalls alle Quellenangaben verzeichnet.

    Kommunikation mit Demenzerkankten

    Die Betreuung demenzkranker Menschen fordert alle Beteiligten. Die Beziehung wird durch Kommunikationsprobleme zusätzlich belastet, da Demenzerkrankte je nach Erkrankungsdauer Schwierigkeiten haben können, Gesprächen zu folgen oder immer wieder dieselben Fragen stellen.

    In dieser Seminarreihe werden Kommunikationsstrategien vorgestellt, durch die gezielt individuelle Stärken der Demenzerkrankten erkannt und genutzt werden können, um zu einem entspannteren Miteinander zu gelangen. Frustrierende Kommunikationserlebnisse werfen die Erkrankten auf ihre Schwächen zurück. Ein ressourcenbewusster Umgang beugt hingegen dem Verstummen vor.

    Trainingsziele

    • Steigerung des Wissens der pflegenden Angehörigen zum Thema Kommunikation mit Menschen mit Demenz
    • Verbesserung der Kommunikationskompetenz der pflegenden Angehörigen mit dem Erkrankten
    • Reduktion der wahrgenommenen Belastung der pflegenden Angehörigen in der häuslichen Pflege
    • Steigerung der Lebensqualität der Patienten mit Demenz

    Kommunikation bei Demenz

    Jede Demenzerkrankung ist so individuell wie der betroffene Mensch und sein Umfeld.
    Typische Symptome entstehen durch degenerative Veränderungen des Gehirns:

    • Orientierungsprobleme im Alltag
    • Zunehmende Gedächtnisstörungen
    • Probleme bei der Alltagsbewältigung
    • Verlust der Selbständigkeit
    • Verhaltensänderungen und Wesensänderungen

    Im Rahmen einer Demenzerkrankung verändern sich auch die Fähigkeiten zur Kommunikation.

    Veränderungen der Kommunikation bei Menschen mit Demenz

    Bisher selbstverständliche Schritte werden schwierig oder unmöglich:

    • Wortfindungsstörungen erschweren das Formulieren der eigenen Gedanken
    • Es wird schwieriger, die Aufmerksamkeit dem Gesprächspartner zuzuwenden
    • Sprachverständnisprobleme treten auf
    • Gesprächsinhalte werden schnell vergessen

    Erhalten bleiben in der Regel die non-verbale Kommunikationsfähigkeit und das Verständnis für die ausgedrückten Emotionen.

    Trainingsinhalte – Themen

    Das Training wendet sich an die versorgenden und pflegenden Angehörigen von Menschen, die an Demenz erkrankt sind.

    Austauschen und Kennenlernen
    • Der Erfahrungsaustausch der Teilnehmer ist ein wichtiger Grundstein des Trainings
    • Die individuellen Situationen, Probleme und Lösungen erhalten Raum im Rahmen der Gruppenarbeit

    Was ist Demenz?
    • Ursachen und Symptome
    • Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten

    Für sich selbst sorgen
    • Entlastungsmöglichkeiten
    • Unterstützungsangebote

    Kommunikation mit Menschen mit Demenz
    • Stärken und Schwächen in der Kommunikation erkennen
    • Wieder Sicherheit in der Kommunikation mit dem Betroffenen gewinnen
    • Strategien für Senden und Empfangen von Nachrichten erlernen

    Kooperation mit Pflegekräften
    • Möglichkeiten der Zusammenarbeit kennenlernen

    Durchführung des Trainingsprogramms

    Ablauf
    • Gruppenabende für Angehörige von Menschen mit Demenz
    • 1 mal pro Woche Training mit einer spezialisierten Gerontologopädin
    • 8 Termine à 90 Minuten

    Methodisches Vorgehen
    • Informationen/ Vorträge
    • Kleingruppenarbeit
    • Selbsterfahrungen
    • Erfahrungsaustausch in Kleingruppen und im Plenum als wichtiger Bestandteil

    Angebot

    Kommunikationstraining bei Demenz – Angehörigenprogramm zur Pflegeunterstützung.
    Dauer: 8 Gruppentreffen à 90 Minuten.
    Teilnehmer: 5 – 12 Angehörige

    Ort: Praxis für Logopädie und Arts & Change-Coaching Britta Weinbrandt, Am Dorfplatz 7 in 21514 Güster

    Ich biete es auf Anfrage je nach Ihrer Lebenssituation zu verschiedenen Zeiten an.

    Kosten: Über die Krankenkasse / Heilmittelverordnung vom behandelnden Arzt

    Verordnung des Trainingsprogramms
    Über eine ärztliche Heilmittelverordnung für Logopädie für den betroffenen Demenzerkrankten mit folgenden Angaben:
    Diagnoseschlüssel: SP5
    Diagnose: Störung der Sprache nach Abschluss der Sprachentwicklung
    Leitsymtomatik: Störung der Kommunikation mit Wortfindungsstörungen und Störungen des Sprachverständnisses
    90 min, 8x, 1x pro Woche, Gruppe

    Quelle/Literatur
    Haberstroh, J.; Pantel, J., (2011). Kommunikation bei Demenz – TANDEM Trainingsmanual. Berlin: Springer Verlag
    (Vom Bundesministerium für Gesundheit gefördertes Leuchtturmprojekt für Demenz)

    Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in meinem Artikel „Gefühle werden nicht dement“.